Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300895/2/WEI/Sta

Linz, 09.08.2010

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des X X, X, X, vertreten durch X, Obmann der "X", X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Gmunden vom 17. Juli 2009, Zl. Pol 96-57-2009, wegen einer Verwaltungsübertretungen nach dem § 5 Abs 1 Oö. Polizeistrafgesetz – Oö. PolStG (LGBl Nr. 36/1979 idF LGBl Nr. 94/1985, zuletzt geändert mit LGBl Nr. 77/2007) zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Der Berufung wird in der Schuldfrage teilweise Folge gegeben und der zu unbestimmt gehaltene letzte Satz im Schuldspruch aufgehoben. Im Übrigen wird sie abgewiesen und der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses bestätigt.

 

              Aus Anlass der Berufung wird die Geldstrafe auf 400 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 85 Stunden reduziert.

 

II.              Der Berufungswerber hat im Verfahren erster Instanz einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 40 Euro zu leisten. Im Berufungsverfahren entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines weiterer Kostenbeitrags.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG; § 64 Abs 1 und 2 und § 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Gmunden wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"Sie haben es als Halter der auf dem Areal Ihrer Straußenzucht gehaltenen Strauße zu verantworten, dass diese am 19.04.2009, 16:30 Uhr, in X, X, in einer Weise beaufsichtigt bzw. verwahrt wurden, dass durch die Tiere dritte Personen gefährdet oder über das zumutbare Maß hinaus belästigt wurden, indem einer der von Ihnen gehaltenen Vögel aus dem umzäunten Gehege entweichen und unbeaufsichtigt herumlaufen konnte.

Beim Eintreffen der Polizeistreife x 1', welche von der Polizeistreife 'X 2' zur Unterstützung gerufen wurde, befand sich der Strauß gerade im Bereich X – X. Er hat dort mehrmals die Fahrbahn der X Landesstraße (L1312) betreten und den Fahrzeugverkehr stark gefährdet. Es kam dabei zu mehreren gefährlichen Situationen, wo PKW Lenker gerade noch rechtzeitig ausweichen oder abbremsen konnten, um mit dem Tier nicht zu kollidieren. In weiterer Folge gelang es dem Tier bis in das Ortsgebiet von X vorzudringen und hat dabei wiederum mehrere Male den öffentlichen Verkehr enorm gefährdet."

 

Dadurch erachtete die belangte Behörde den § 5 Abs 1 iVm § 10 Abs 2 lit b) Oö. PolStG als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretungen eine Geldstrafe in Höhe von 500 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 100 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurde dem Bw gemäß § 64 VStG der Betrag von 50 Euro vorgeschrieben.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw zu Händen seines Rechtsvertreters am 21. Juli 2009 zugestellt wurde, richtet sich die per Telefax am 31. Juli 2009 bei der belangten Behörde außerhalb der Amtsstunden rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 31. Juli 2009, mit der die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens angestrebt wird. Mit dieser Eingabe wird auch im Strafverfahren Pol 96-46-2009 unter Punkt 1 Berufung erhoben und im Punkt 3. ein Vorbringen nach Aufforderung zur Rechtfertigung im Verfahren Pol 96-100-2009 erstattet.

 

Die Begründung der Berufung zum Punkt 2 lautet:

 

"Zum Vorfall 2: Aus dem Akt ist nicht zu entnehmen, wer der PKW-Fahrer war, 'der gerade noch 'rechtzeitig ausweichen' oder 'abbremsen' konnte.

So belastende Angaben müßten auf alle Fälle konkretisiert werden. Was sollen auch die Begriffe 'Mehrere Male den öffentlichen Verkehr enorm gefährdet' ohne nähere Konkretisierung?

 

Herr X bedauert, daß hin und wieder ein Straußvogel aus dem Gehege schlüpft. Für gewöhnlich hält sich so ein Ausreißer in der Nähe des Geheges auf. Es ist eine seltene Ausnahme, daß sich ein Vogel vom Gehege entfernt. Das kommt nur dann vor, wenn er gejagt wird.

Auch eine Verwaltungsbehörde ist zur Beachtung des Rechtsgrundsatzes 'In dubio pro reo' verpflichtet und sollte daher in der Wortwahl vorsichtiger und gerechter sein."

 

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende Gang des Verfahrens und wesentliche S a c h v e r h al t :

 

2.1. Mit Anzeige (GENDIS-Anzeige) der Polizeiinspektion (PI) X vom 24. April 2009, Zl. A1/000005860/01/2009, wurde der Bw wegen des Verdachts der nicht ordnungsgemäßen Verwahrung von Tieren nach § 5 Oö. PolStG angezeigt, weil am 19. April 2009 um 16:30 Uhr ein frei laufender männlicher Strauß von der Straußenfarm des Bw im Bereich X – X angetroffen wurde, der mehrmals auf die Fahrbahn der X Landesstraße (L1312) lief und den Fahrzeugverkehr stark gefährdete. Es sei zu gefährlichen Situationen gekommen, wobei mehrere herannahende PKW-Lenker gerade noch ausweichen konnten, ohne mit dem Tier zu kollidieren. Zwei Polizeistreifen (X 1 und X 2 mit je zwei Polizeibeamten) hätten versucht, den herannahenden Fahrzeugverkehr zu warnen und den Strauß wieder ins freie Feld zu scheuchen, um einen Unfall zu verhindern. Der Strauß habe später die Rayonsgrenze zu X überquert und sei schließlich bis ins Ortsgebiet von X vorgedrungen, wo er wiederholt den öffentlichen Verkehr enorm gefährdet hätte. Das Tier sei schließlich von einem alarmierten Jäger als Maßnahme der Gefahrenabwehr getötet worden (Hinweis auf Bericht der PI X an die BH Wels-Land).

 

Im gesonderten Bericht der PI X vom 21. April 2009, Zl. A1/5860/2009-MM, wird der belangten Behörde zur Kenntnis gebracht, dass die Polizeistreife "X 1" (KI X und RI X) am Nachmittag des 19. April 2009 von der Streife "X 2" zur Unterstützung auf die X Landesstraße L1312 gerufen wurde. Beim Eintreffen der Beamten vor Ort sei ein männlicher Strauß im Gemeindegebiet von X im Bereich X-X auf einem Feld neben der Landesstraße frei herumgelaufen. Bereits nach kurzer Zeit sei der Strauß auf die Landesstraße gelaufen, wobei es mehrmals zu äußerst gefährlichen Situationen mit herannahenden Fahrzeugen, deren Lenker gerade noch rechzeitig abbremsen oder ausweichen konnten, gekommen sei. Die Polizeistreifen hätten versucht, den Strauß teils mit den Dienstwägen, teils zu Fuß wieder ins freie Feld zu scheuchen. Da der Strauß aber immer wieder auf die Fahrbahn lief sei der herannahende Fahrzeugverkehr gewarnt und die Absicherung der Gefahrenstellen mit Blaulicht vorgenommen worden. Der Strauß habe in der Folge das Ortsgebiet von X erreicht und die Beamten der PI X verständigten einen Jäger, der den Strauß erlegte, worüber ein Bericht an die BH Linz-Land ergehe.

 

Über Ersuchen der belangten Behörde, die schadhaften Stellen im Zaun des Straußengeheges zu dokumentieren wurden von der Polizei Farblichtbilder gemacht. Zu den 10 Lichtbildern der Beilage wird ausgeführt, dass beim Zaun an mehreren Stellen festgestellt worden sei, dass sich der untere erste Draht in einer Höhe von ca. 70 cm befinde, wodurch Strauße aus dem Gehege gelangen können. Auf den Lichtbildern Nr. 2 und Nr. 3 werden Stellen dokumentiert, bei denen der unterste Draht erst in einer Höhe von ca. 70 cm angebracht ist. Eine ähnliche Bodenhöhe zeigt auch das Lichtbild Nr. 6. Auf dem Bild Nr. 3 ist auch noch eine Grube bzw Bodenvertiefung in unmittelbarer Nähe vorhanden, weshalb Strauße aus dem Gehege schlüpfen könnten. Auf den Bildern Nr. 4 und 5 sieht man 2 Strauße außerhalb des Geheges in der Nähe des Zaunes. Weitere Bilder zeigen Strauße mit kreisförmigen Verletzungen oder Geschwüren im Brustbereich.

 

2.2. Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 6. Mai 2009, zugestellt am 12. Mai 2009, hat die belangte Behörde dem Bw die Tat genauso wie im angefochtenen Straferkenntnis angelastet.

 

Dazu erstattete der Bw durch seinen Rechtsvertreter die Rechtfertigung vom 16. Mai 2009. Darin wird behauptet, der Bw könne es sich nicht erklären, wieso immer wieder Straußvögel das Gehege verlassen können. Gerade in den letzten Wochen habe er wiederholt die Umzäunung des Geheges überprüft. Seine einzige Erklärung, die Straußvögel balzen im Frühling und raufen um die Weibchen. Bei diesen Paarungskämpfen reißen sie den Zaun nieder, was sich kaum völlig verhindern lasse.

 

Den Vorschlag des Bw, die Abstände der Zaunpflöcke zu verringern, hätte man seitens der belangten Behörde abgelehnt. Die Drähte dürften nicht zu sehr gespannt werden. Bei der ersten Umzäunung hätten die Holzsteher laut Amtstierarzt 1,80 m über dem Erdboden haben müssen. Später hätten sie 2 m haben müssen. Dies sei die neue Vorschrift. Der Bw bemühe sich und wechsle die Holzsteher nach und nach aus. Die weiteren Ausführungen befürworten die vom Bezirkshauptmann vorgeschlagene Hofbegehung und streben an, den Tierarzt und gerichtlich beeideten Sachverständigen Dr. X, der Spezialist für Wildtiere sei, beizuziehen. Der Bw zähle sehr auf dessen Vorschläge. Er sei auch sehr interessiert, das Gehege so abzusichern, dass es nach menschlichem Ermessen keine Straußvögel mehr verlassen können.

 

2.3. In weiterer Folge hat die belangte Behörde das angefochtene Straferkenntnis vom 17. Juli 2009 erlassen und unter Hinweis auf die Anzeige der PI X vom 24. April 2009 betont, dass der angelastete Sachverhalt in eigener dienstlicher Wahrnehmung von Polizeibeamten festgestellt wurde. Der Rechtfertigung wird entgegnet, dass bei einer ordnungsgemäßen Straußenhaltung der Zaun so beschaffen sein müsste, dass er bei Paarungskämpfen nicht niedergerissen werden könne. Der Bw habe auch nicht bestritten, dass ein von ihm gehaltener Strauß entlaufen sei und dabei mehrfach den öffentlichen Verkehr gefährdet habe. Der Bw habe bereits 9 rechtkräftige Verwaltungsvorstrafen wegen mangelhafter Tierhaltung und Gefährdung oder unzumutbarer Belästigung Dritter nach dem § 5 Oö. PolStG. Geringes Verschulden liege nicht vor.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt und dabei unter Berücksichtigung des Vorbringens des Bw festgestellt, dass der angelastete Sachverhalt im Wesentlichen unbestritten geblieben ist.

 

3.2. Dem erkennenden Verwaltungssenat ist aus dem mit h. Erkenntnis vom 27. August 2009, Zl. VwSen-300837/18/WEI/Se (BH Gmunden zu Zl. Pol 96-57-2008), entschiedenen Berufungsverfahren bekannt, dass ein ausgewachsener männlicher Straußenvogel mit einer auffälligen Verletzung im Brustbereich vermutlich von Rangkämpfen mit anderen Hähnen am frühen Nachmittag des 10. März 2008 im nicht umzäunten Garten des X auftauchte und sich aggressiv verhielt.

 

Dem damaligen Polizeibericht der PI X vom 18. März 2008, Zl. B6/4221/2008-Ste, war eine Lichtbildbeilage 2 vom 27. März 2008 über den damaligen Zustand der Umzäunung der Straußenfarm des Bw angeschlossen. Auf den insgesamt 8 Lichtbildern konnte man morsche und bereits umgefallene Steher und unzureichende Drahtverbindungen erkennbar. Bild Nr. 8 zeigt einen freilaufenden Strauß in der Nähe, aber außerhalb des Geheges, der auf Grund der unzureichenden Umzäunung entlaufen konnte.

 

3.3. In der damals am 14. Juli 2009 durchgeführten Berufungsverhandlung erläuterte der Amtstierarzt Mag. X der belangten Behörde aus fachlicher Sicht, dass die vom Bw praktizierte Straußenhaltung in einem einheitlichen Gehege ohne Abtrennungen durch Zwischenzäune zwecks Gruppenhaltung unweigerlich zum Problem von Rangkämpfen zwischen den Hähnen und damit zu Verletzungen der Tiere und zur Unruhe innerhalb der Herde führt. Normalerweise muss man die Straußenvögel in verschiedenen Gruppen halten, welche nach Alter und Geschlecht differenziert werden. Weil diese Erfordernisse einer ordnungsgemäßen Haltung vom Bw nicht erfüllt werden, seien Konflikte vorprogrammiert. Auch die Bodenvegetation innerhalb des Geheges sei im schlechten Zustand, weshalb die Tiere bei Gelegenheit Grünfutter außerhalb des Geheges suchen. Aus diesen Gründen und auch wegen der mangelhaften Umzäunung kommt es immer wieder zu Ausbrüchen von erwachsenen Straußenvögeln.

 

Zur Gefährlichkeit von Straußenvögel führte der Amtstierarzt aus, dass ein ausgewachsener Strauß etwa 80 bis 90 kg wiege und eine Laufgeschwindigkeit von etwa 60 km/h erreiche. Der Umgang mit diesen Tieren sei den Leuten in unseren Breiten fremd, weshalb man sich leicht falsch verhalten und einen eher als unberechenbar einzuschätzenden Strauß allenfalls auch unbewusst provozieren könne. Gefährlich sind Fußtritte von einem solchen Vogel, der über erhebliche Zehen wie größere Reptilien verfügt. Auch der Schnabel sei nicht zu unterschätzen und könne Menschen verletzen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 5 Abs 1 Oö. PolStG (idF LGBl Nr. 94/1985 und LGBl Nr. 147/2002) begeht u.A. eine Verwaltungsübertretung, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet,

 

wer als Halter eines Tieres dieses in einer Weise beaufsichtigt oder verwahrt, dass durch das Tier dritte Personen gefährdet oder über das zumutbare Maß hinaus belästigt werden.

 

Den Materialien (vgl AB Blg 448/1985 zum kurzschriftlichen Bericht Oö. LT, 22. GP, 3) ist zu entnehmen, dass sich eine landesgesetzliche Regelung betreffend das Halten von Tieren nicht mehr nur auf gefährliche Tiere beschränken sollte und Missstände nicht mehr ortspolizeilichen Regelungen der Gemeinden überlassen bleiben sollten. Vielmehr sprach sich der Ausschuss für allgemeine innere Angelegenheiten des Oö. Landtages dafür aus, eine Beaufsichtigung oder Verwahrung von Tieren, die so mangelhaft erfolgt, dass sie Gefährdungen oder Belästigungen dritter Personen zur Folge hat, in Zukunft für strafbar zu erklären. Dritte Personen seien dabei alle, die nicht unmittelbar dem Haushalt des Tierhalters angehören.

 

Nach hM ist Tierhalter, wer die tatsächliche Herrschaft über das Verhalten des Tieres ausübt und über Verwahrung und Beaufsichtigung entscheidet (vgl näher mwN Dittrich/Tades, MGA ABGB³³, E 18ff zu § 1320; Reischauer in Rummel², Rz 7 f zu § 1320 ABGB). Auf eine bestimmte rechtliche Beziehung zum Tier (etwa das Eigentumsrecht) kommt es dabei nicht an. Wie der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat, sind die faktischen Verhältnisse der Herrschaft über das Tier (Aufzucht, Ernährung, Unterbringung, Pflege und gesundheitliche Betreuung) für den Begriff des Haltens entscheidend (vgl VwGH 30.7.1992, 88/17/0149).

 

Dass der Bw als Betreiber einer Straußenfarm auch Halter der Strauße ist, steht außer Frage. Er kommt als Täter der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs 1 Oö. PolStG in Betracht, zumal die belangte Behörde die Ausnahme nach § 8 leg.cit. für das Halten von Tieren im Rahmen der ortsüblichen land- und forstwirtschaftliche Produktion zutreffend verneint hat.

 

Zum Deliktscharakter des § 5 Abs 1 Satz 1 Oö. PolStG hat der Oö. Verwatungssenat schon in der Vergangenheit die Ansicht vertreten (vgl VwSen-300417 vom 25.06.2002, VwSen-300442 vom 5.09.2002; VwSen-300518 vom 30.06.2004), dass es sich bei dieser Verwaltungsübertretung nach der gewählten grammatikalischen Konstruktion mit Hauptsatz und Folgesatz um ein Erfolgsdelikt handelt, bei dem die mangelhafte Haltung des Tieres zu einer in der Außenwelt erkennbaren (konkreten) Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung Dritter führen muss. Aus den Gesetzesmaterialien (vgl AB zur Oö. Polizeistrafgesetznovelle 1985, Blg 448/1985 zum kurzschriftlichen Bericht Oö. LT, 22. GP, 3) geht auch hervor, dass nicht jede mangelhafte Tierhaltung, sondern nur eine solche, die Gefährdungen oder Belästigungen dritter Personen zur Folge hat, in Zukunft strafbar sein sollte.

 

4.2. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den Sprucherfordernissen nach § 44a Z 1 VStG ist die Tat so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit verst. Senaten VwSlg 11.466 A/1984 und VwSlg 11.894 A/1985). Dabei sind die Anforderungen an Tatort- und Tatzeitumschreibung von Delikt zu Delikt und je nach den Begleitumständen verschieden und an Rechtsschutzüberlegungen zu messen (vgl u.a. im Anschluss an verst. Senat VwSlg 11.894 A/1985; VwGH 29.9.1993, 93/02/0046; VwGH 31.1.1995, 95/05/0008; VwGH 9.9.1998, 97/04/0031). Im Spruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Eine Umschreibung bloß in der Begründung reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (vgl mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] 1522, Anm 2 zu § 44a VStG).

 

Die Berufung hat den angelasteten Sachverhalt zwar im Grunde nicht bestritten, zum Tatvorwurf aber kritisiert, dass die belastenden Angaben zur Gefährdung des Verkehrs durch den entlaufenen Strauß des Bw nicht näher konkretisiert worden seien. Mit dieser Kritik der mangelnden Spruchkonkretisierung ist die Berufung nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenats teilweise im Recht.

 

Die Umschreibung, dass der Strauß im Bereich X – X die Fahrbahn der X Landesstraße mehrmals betreten und den Fahrzeugverkehr stark gefährdete, weil PKW-Lenker dem Vogel gerade noch rechtzeitig ausweichen oder abbremsen konnten, hält das erkennende Mitglied für ausreichend und nach den gegebenen Umständen noch bestimmt genug, um den Bw in die Lage zu versetzen, ein Vorbringen als Gegendarstellung zu erstatten.

 

Dass es zu gefährlichen Verkehrssituationen gekommen sein musste, belegt nämlich schon der Umstand, dass die Besatzungen von zwei Polizeistreifen vor Ort einschritten, wiederholt versuchten, den Strauß ins Feld zu verscheuchen, herannahende Fahrzeuglenker warnen und mit Blaulicht die Fahrbahn sichern mussten. In einer solchen Situation, in der die Verkehrssicherung absolute Priorität hatte und nur mit Mühe ein Verweilen des Straußes im Fahrbahnbereich und ein Unfall zu verhindern war, konnte auch nicht erwartet werden, dass die Polizeibeamten noch betroffene Fahrzeuglenker ermitteln und befragen. Hinsichtlich der nach allgemeiner Lebenserfahrung naheliegenden Gefährdungssituation, die für den Verkehr beim Betreten der Fahrbahn einer Landesstraße durch einen aufgebrachten Strauß zu erwarten ist, genügt dann die auf der eigenen dienstliche Wahrnehmung der Polizeibeamten beruhende Umschreibung der Situation wie im Spruch. Rechtsschutzüberlegungen erfordern insofern keine strengere Betrachtungsweise.

 

Allerdings erreicht die ganz allgemeine Formulierung "... ins Ortsgebiet von ... vorzudringen und hat dabei wiederum mehrerer Male den öffentlichen Verkehr enorm gefährdet." im letzten Satz des Spruches ein Niveau qualifizierter Unbestimmtheit, das keinerlei konkrete Umstände einer Gefahrensituation enthält und somit auch keine konkrete sachbezogene Einlassung des Bw ermöglicht. Eine so pauschale Anlastung nimmt das Ergebnis der Gefährdung vorweg, ohne dafür Sachverhaltselemente und damit die für eine Subsumtion unter das Tatbestandsmerkmal "dass ... dritte Personen gefährdet werden" erforderlichen Merkmale anzugeben. Sie erscheint im Strafverfahren auf dem Boden rechtsstaatlicher Grundsätze als unbrauchbar. Deshalb hatte der letzte Satz im Schuldspruch zu entfallen.

 

4.3. Im Umfang der zu bestätigenden Tatanlastung hat der Bw den Tatbestand der nicht ordnungsgemäßen Verwahrung eines Tieres mit nachfolgender Gefährdung dritter Personen gemäß § 5 Abs 1 Oö. PolStG erfüllt. Diese Verwaltungsübertretung hat der Bw auch schuldhaft begangen, weil er aus zahlreichen Vorfällen in der Vergangenheit (vgl neben den 9 einschlägigen Vorstrafen im aktenkundigen Verzeichnis der belangten Behörde auch die h. Erkenntnisse vom 26.08.2009, Zl. VwSen-300834/15/WEI/Se, vom 27.08.2009, Zlen. VwSen-300837/18/WEI/Se, 300838/17/WEI/Se, sowie vom 28.01.2010, Zl. VwSen-300869/2/WEI/Sta), bei denen immer wieder Strauße aus seiner Straußenfarm entweichen und andere Personen belästigen oder gefährden konnten, offenbar nicht die notwendigen Konsequenzen gezogen, die Haltungsbedingungen zur Vermeidung von Rangkämpfen oder der Futtersuche außerhalb des Geheges nicht verbessert und die Mängel in der Umzäunung nicht rechtzeitig behoben hat.

 

Im Ergebnis steht daher fest, dass der Bw die dargelegte Verwaltungsübertretung sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht erfüllt hat.

 

4.4. Im Rahmen der Strafbemessung war nach der Strafbestimmung des § 10 Abs 2 lit b) Oö. PolStG bei einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Oö. PolStG von einer Strafdrohung bis zu 1.450 Euro auszugehen. Die belangte Behörde ging unter Hinweis auf frühere Verwaltungsstrafverfahren zu den persönlichen Verhältnissen des Bw von einer Landwirtschaft mit Einheitswert von 23.000 Euro, keinem weiteren Vermögen und keinen Sorgepflichten aus. Diesen persönlichen Verhältnissen hat der Bw im Verfahren nicht widersprochen.

 

Straferschwerend wertete die belangte Behörde 9 einschlägige rechtskräftige Verwaltungsübertretungen wegen § 5 Abs 1 Oö. PolStG und weitere nicht näher spezifizierte Verwaltungsstrafen nach § 38 iVm § 24 Tierschutzgesetz (Verstöße gegen Tierhaltungsverordnungen). Abgesehen von der Unbestimmtheit hält der erkennende Verwaltungssenat die Nichteinhaltung von Haltungsbedingungen im Verhältnis zu § 5 Oö. PolStG nicht für einschlägig und daher insofern nicht für erschwerend. Strafmildernd war kein Umstand zu werten.

 

Der erkennende Verwaltungssenat hat im gegenständlichen Fall den Schuldspruch durch Aufhebung des letzten Satzes eingeschränkt, weil eine Gefährdung dritter Personen durch den entlaufenen Strauß in Bezug auf das Ortsgebiet von X nicht konkret dargestellt wurde. Damit vermindert sich auch insgesamt das Gewicht des erhobenen Tatvorwurfs. Diese Unrechtsminderung musste bei der Strafzumessung berücksichtigt werden.

 

Bei den gegebenen Strafzumessungsgründen und vor allem im Hinblick auf die bisherigen Vorstrafen erscheint eine Geldstrafe in Höhe von 400 Euro, die noch im unteren Bereich des Strafrahmens liegt, jedenfalls angemessen und aus präventiven Überlegungen erforderlich, um den Bw von einschlägigen weiteren Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

 

Die für den Fall der Uneinbringlichkeit gemäß dem § 16 Abs 2 VStG innerhalb von zwei Wochen festzusetzende Ersatzfreiheitsstrafe war im angemessenen Verhältnis zur verminderten Geldstrafe auf 85 Stunden zu reduzieren.

 

5. Im Ergebnis war der Berufung teilweise Folge zu geben, der Schuldspruch einzuschränken und die Strafe entsprechend zu reduzieren. Im Berufungsverfahren entfiel damit gemäß § 65 VStG ein weiterer Kostenbeitrag.

 

Im erstinstanzlichen Strafverfahren vermindert sich der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG auf den Betrag von 40 Euro (10 % der Geldstrafe).

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. W e i ß

 

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