Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300896/2/WEI/Sta

Linz, 10.08.2010

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des X X, geb. X, Straußenzüchter, X, vertreten durch X, Obmann der X", X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 17. Juli 2009, Zl. Pol 96-46-2009, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 5 Abs 1 Oö. Polizeistrafgesetz – Oö. PolStG (LGBl Nr. 36/1979 idF LGBl I Nr. 94/1985, zuletzt geändert mit LGBl Nr. 77/2007) zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG eingestellt

 

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG; § 66 Abs 1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 17. Juli 2009 hat die belangte Behörde den Berufungswerber (im Folgenden kurz Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

 

"Sie haben als Halter der auf dem Areal Ihrer Straußenzucht gehaltenen Strauße zu verantworten, dass diese am 09.04.2009, 12:07 Uhr, in X, X, in einer Weise beaufsichtigt bzw. verwahrt wurden, dass durch die Tiere dritte Personen gefährdet oder über das zumutbare Maß hinaus belästigt wurden, indem zwei der von Ihnen gehaltenen Vögel aus dem umzäunten Gehege entweichen und unbeaufsichtigt herumlaufen konnten.

Einer dieser Vögel ist auf der Straße herumgelaufen, wodurch sich ein vorbeikommender Autofahrer über das zumutbare Maß belästigt fühlte."

 

Dadurch erachtete die belangte Behörde § 5 Abs 1 iVm § 10 Abs 2 lit b) Oö. PolStG als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe in Höhe von 500 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 100 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurde dem Bw gemäß § 64 VStG der Betrag von 50 Euro (10 % der Geldstrafe) vorgeschrieben.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw zu Händen seines Rechtsvertreters am 21. Juli 2009 zugestellt wurde, richtet sich die per Telefax am 31. Juli 2009 bei der belangten Behörde außerhalb der Amtsstunden rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 31. Juli 2009, mit der die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens angestrebt wird. Mit dieser Eingabe wird auch im Strafverfahren Pol 96-57-2009 unter Punkt 2 Berufung erhoben und im Punkt 3. ein Vorbringen nach Aufforderung zur Rechtfertigung im Verfahren Pol 96-100-2009 erstattet.

 

Die Begründung der Berufung zum Punkt 1 lautet:

 

"Zum Vorfall 1:  Durch die Straußvögel wurden dritte Personen gefährdet und belästigt.

                        Ein vorbeifahrender Autofahrer sei ebenfalls belästigt worden.

Aus dem Akteninhalt geht nicht die Identität der 'belästigten' Personen hervor.

Ebenso fehlt der Name des 'vorbeikommenden Autofahrers'."

 

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende Gang des Verfahrens und Sachverhalt:

 

2.1. Mit Anzeige (GENDIS-Anzeige) der Polizeiinspektion (PI) X vom 14. April 2009, Zl. A1/000005271/01/2009$4, wurde der Bw wegen des Verdachts der nicht ordnungsgemäßen Haltung und Verwahrung von Straußenvögeln angezeigt, wobei als Begehungszeit der "09.04.2009/12.07" und als Tatort "Acker-Feld im Bereich X" angegeben ist.

 

Zum Sachverhalt führt die Anzeige aus:

 

Unter "Tatbeschreibung" :

 

"X X unterließ es seine Strauße in geeigneter Weise zu beaufsichtigen und zu verwahren, weshalb am 09.04.009 um 12:07 zwei ausgewachsenen Tieren gelang, aus dem Gehege zu laufen.

 

Unter "Weitere Mitteilung":

 

"Am 09.04.2009 um 12:07 wurde der BLS X durch einen Autofahrer angezeigt, dass ein Strauß auf der Straße läuft. Beim Eintreffen von X 1 (X, X) um 12:30 Uhr befand sich ein Strauß auf der Straße und ging am Zaun entlang. Ein weiterer Strauß wurde außerhalb des süd-westlichen Teiles des Geheges gesichtet. Dieser befand sich sitzend knapp außerhalb des Geheges. X wurde angetroffen. Dieser wollte gerade einen Strauß einfangen. Auf die Frage hin, warum er keinen anderen Zaun aufstellt, gab dieser an, dass er keinen anderen Zaun aufstellen kann. Er dürfe keine weiteren Pfosten einschlagen."

 

2.2. Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 30. April 2009 hat die belangte Behörde dem Bw die Tat genau so wie im angefochtenen Straferkenntnis angelastet.

 

Sein Rechtsvertreter X teilte mit Schreiben vom 16. Mai 2009 nach Rücksprache mit dem Bw zum Tatvorwurf mit, dass es unerklärlich wäre, wie am 11. Oktober 2008 ein einzelner Straußenvogel das Gehege verlassen konnte. Der Bw könne es sich nicht erklären, wieso immer wieder Straußvögel das Gehege verlassen können. Gerade in den letzten Wochen habe er wiederholt die Umzäunung des Geheges überprüft. Seine einzige Erklärung, die Straußvögel balzen im Frühling und raufen um die Weibchen. Bei diesen Paarungskämpfen reißen sie den Zaun nieder, was sich kaum völlig verhindern lasse.

 

Den Vorschlag des Bw, die Abstände der Zaunpflöcke zu verringern, hätte man seitens der belangten Behörde abgelehnt. Die Drähte dürften nicht zu sehr gespannt werden. Bei der ersten Umzäunung hätten die Holzsteher laut Amtstierarzt 1,80 m über dem Erdboden haben müssen. Später hätten sie 2 m haben müssen. Dies sei die neue Vorschrift. Der Bw bemühe sich und wechsle die Holzsteher nach und nach aus. Die weiteren Ausführungen befürworten die vom Bezirkshauptmann vorgeschlagene Hofbegehung und streben an, den Tierarzt und gerichtlich beeideten Sachverständigen Dr. X, der Spezialist für Wildtiere sei, beizuziehen. Der Bw zähle sehr auf dessen Vorschläge. Er sei auch sehr interessiert, das Gehege so abzusichern, dass es nach menschlichem Ermessen keine Straußvögel mehr verlassen können.

 

Um im gegenständlichen Verfahren Stellung nehmen zu können, müsste man den genaueren Sachverhalt kennen, wobei sowohl die Belästigung als auch die Gefährdung konkretisiert werden müsse. Für den Fall einer Verwaltungsstrafe beantragte der Rechtsvertreter die Aktenübersendung an das Gemeindeamt X.

 

2.3. Die belangte Behörde übermittelte den Verwaltungsstrafakt an das Gemeindeamt X mit dem Ersuchen, dem Rechtsvertreter des Bw nachweislich Akteneinsicht zu gewähren. Das Marktgemeindeamt nahm nach Akteneinsicht die Niederschrift vom 18. Juni 2009 mit dem Rechtsvertreter des Bw auf, in der dieser darauf hinweist, dass sich auch ein ausgebrochener Strauß in der Nähe des Geheges aufhalte und immer wieder versuche, zu den anderen Straußen zu gelangen, es sei denn, er werde von einem Hund oder "homo sapiens" gejagt. Dass sich die Straußvögel in der Nähe des Geheges aufhalten, werde im gegebenen Fall auch von der Anzeige bestätigt.

 

Zur Frage: Warum kein anderer Zaun? wird ausgeführt, dass der Sachbearbeiter der belangten Behörde dem Bw nicht erlaubt habe, zwischen zwei Pflöcken einen weiteren Stützpflock einzuziehen, weil dadurch die Drähte zu sehr gespannt werden und so eine Gefahr für die Straußvögel wären. Straußvögel seien ungefährliche Tiere, was auch der Landesveterinär X von Salzburg, Facharzt für Wildtiere, bestätige.

 

2.4. In weiterer Folge hat die belangte Behörde das angefochtene Straferkenntnis vom 17. Juli 2009 erlassen und unter Hinweis auf die Anzeige der PI X vom 14. April 2009 betont, dass der angelastete Sachverhalt in eigener dienstlicher Wahrnehmung von Polizeibeamten festgestellt wurde. Der Rechtfertigung wird entgegnet, dass bei einer ordnungsgemäßen Straußenhaltung der Zaun so beschaffen sein müsste, dass er bei Paarungskämpfen nicht niedergerissen werden könne. Der Bw hätte auch nicht bestritten, dass zwei von ihm gehaltene Tiere entlaufen seien und dabei eine Person bzw PKW-Lenker über das zumutbare Maß hinaus belästigt worden wäre. Der Bw habe bereits 9 rechtkräftige Verwaltungsvorstrafen wegen mangelhafter Tierhaltung und Gefährdung oder unzumutbarer Belästigung Dritter nach dem § 5 Oö. PolStG. Geringes Verschulden liege nicht vor.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt und dabei unter Berücksichtigung des Vorbringens des Bw festgestellt, dass das angefochtene Straferkenntnis schon aus rechtlichen Gründen aufzuheben ist.

 

4. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 5 Abs 1 Oö. PolStG (idF LGBl Nr. 94/1985 und LGBl Nr. 147/2002) begeht u.A. eine Verwaltungsübertretung, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet,

 

wer als Halter eines Tieres dieses in einer Weise beaufsichtigt oder verwahrt, dass durch das Tier dritte Personen gefährdet oder über das zumutbare Maß hinaus belästigt werden.

 

Den Materialien (vgl AB Blg 448/1985 zum kurzschriftlichen Bericht Oö. LT, 22. GP, 3) ist zu entnehmen, dass sich eine landesgesetzliche Regelung betreffend das Halten von Tieren nicht mehr nur auf gefährliche Tiere beschränken sollte und Missstände nicht mehr ortspolizeilichen Regelungen der Gemeinden überlassen bleiben sollten. Vielmehr sprach sich der Ausschuss für allgemeine innere Angelegenheiten des Oö. Landtages dafür aus, eine Beaufsichtigung oder Verwahrung von Tieren, die so mangelhaft erfolgt, dass sie Gefährdungen oder Belästigungen dritter Personen zur Folge hat, in Zukunft für strafbar zu erklären. Dritte Personen seien dabei alle, die nicht unmittelbar dem Haushalt des Tierhalters angehören.

 

Nach hM ist Tierhalter, wer die tatsächliche Herrschaft über das Verhalten des Tieres ausübt und über Verwahrung und Beaufsichtigung entscheidet (vgl näher mwN Dittrich/Tades, MGA ABGB³³, E 18ff zu § 1320; Reischauer in Rummel², Rz 7 f zu § 1320 ABGB). Auf eine bestimmte rechtliche Beziehung zum Tier (etwa das Eigentumsrecht) kommt es dabei nicht an. Wie der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat, sind die faktischen Verhältnisse der Herrschaft über das Tier (Aufzucht, Ernährung, Unterbringung, Pflege und gesundheitliche Betreuung) für den Begriff des Haltens entscheidend (vgl VwGH 30.7.1992, 88/17/0149).

 

Zum Deliktscharakter des § 5 Abs 1 Satz 1 Oö. PolStG hat der Oö. Verwatungssenat schon in der Vergangenheit die Ansicht vertreten (vgl VwSen-300417 vom 25.06.2002, VwSen-300442 vom 5.09.2002; VwSen-300518 vom 30.06.2004), dass es sich bei dieser Verwaltungsübertretung nach der gewählten grammatikalischen Konstruktion mit Hauptsatz und Folgesatz um ein Erfolgsdelikt handelt, bei dem die mangelhafte Haltung des Tieres zu einer in der Außenwelt erkennbaren (konkreten) Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung Dritter führen muss. Aus den Gesetzesmaterialien (vgl AB zur Oö. Polizeistrafgesetznovelle 1985, Blg 448/1985 zum kurzschriftlichen Bericht Oö. LT, 22. GP, 3) geht auch hervor, dass nicht jede mangelhafte Tierhaltung, sondern nur eine solche, die Gefährdungen oder Belästigungen dritter Personen zur Folge hat, in Zukunft strafbar sein sollte.

 

4.2. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den Sprucherfordernissen nach § 44a Z 1 VStG ist die Tat so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit verst. Senaten VwSlg 11.466 A/1984 und VwSlg 11.894 A/1985). Dabei sind die Anforderungen an Tatort- und Tatzeitumschreibung von Delikt zu Delikt und je nach den Begleitumständen verschieden und an Rechtsschutzüberlegungen zu messen (vgl u.a. im Anschluss an verst. Senat VwSlg 11.894 A/1985; VwGH 29.9.1993, 93/02/0046; VwGH 31.1.1995, 95/05/0008; VwGH 9.9.1998, 97/04/0031). Im Spruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Eine Umschreibung bloß in der Begründung reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (vgl mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] 1522, Anm 2 zu § 44a VStG).

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Rechtsmittelbehörde nach § 66 Abs 4 AVG (iVm § 24 VStG) nicht die Befugnis, dem Beschuldigten eine andere Tat als die Erstbehörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln (vgl allgemein VwGH 25.3.1994, 93/02/0228; VwGH 19.5.1993, 92/09/0360; VwGH 28.2.1997, 95/02/0601). Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde ist durch den Abspruchsgegenstand des angefochtenen Bescheides beschränkt (vgl VwGH 23.11.1993, 93/04/0169). Eine Abänderungsermächtigung besteht nur im Rahmen der Sache iSd § 66 Abs 4 AVG (vgl etwa VwGH 25.9.1992, 92/09/0178; VwGH 8.2.1995, 94/03/0072; VwGH 3.9.1996, 96/04/0080). Dabei ist Sache des Berufungsverfahrens die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs im Bescheid der Unterbehörde bildet (vgl u.a. VwGH 24.3.1994, 92/18/0356; VwGH 23.10.1995, 94/04/0080; VwGH 29.10.1996, 96/07/0103; VwGH 19.3.1997, 93/11/0107). Ein Austausch wesentlicher Tatbestandsmerkmale führt zur Anlastung einer anderen Tat und ist daher unzulässig (vgl VwGH 20.11.1997, 97/06/0170).

 

4.3. Die Berufung rügt, dass die Identität des vorbeikommenden Autofahrers aus dem Akteninhalt nicht hervorgeht. In der Stellungnahme des Bw vom 16. Mai 2009 wurde schon zur Aufforderung zur Rechtfertigung kritisiert, dass der genaue Sachverhalt für eine Stellungnahme fehlt und die Belästigung oder Gefährdung nicht konkretisiert worden ist. Mit diesem Einwand ist der Bw auch nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenats im Recht.

 

Wie der unabhängige Verwaltungssenat schon im Erkenntnis vom 28. Jänner 2010, VwSen- 300869/2/WEI/Sta, betont hat, ist beim Tatbestand des § 5 Abs 1 Oö. PolStG zwischen Gefährdungs- und Belästigungsvariante zu unterscheiden.

 

Im Falle der Gefährdung dritter Personen infolge mangelhafter Verwahrung eines Tieres muss ein Ereignis vorliegen und umschrieben werden, aus dem eine nahe Gefahr für ein persönliches Rechtsgut abgeleitet werden kann. Für so einen Vorfall lassen sich aus der dürftigen Aktenlage keine hinreichenden Anhaltspunkte ableiten. Die Darstellung in der Polizeianzeige enthält den Hinweis auf den Anruf eines unbekannt gebliebenen Autofahrers und bezeichnet nicht einmal die öffentliche Straße, auf der der Strauß gelaufen sein soll. Vielmehr wird durchaus widersprüchlich zum Sachverhalt unter "Weitere Mitteilung" als Tatortbeschreibung "Acker-Feld im Bereich X" in X angegeben. Die Polizeistreife "X 1" hat um 12:30 Uhr nur einen Strauß entlang eines Zaunes gehen und einen weiteren Strauß knapp außerhalb des Geheges sitzend gesehen. Der Bw wurde angetroffen, als er gerade einen Strauß einfangen wollte. Eine Gefährdung oder Belästigung dritter Personen wurde nach der Anzeige von den Polizeibeamten selbst nicht wahrgenommen. Deshalb ist die Behauptung im Straferkenntnis über die angeblich eigene dienstliche Wahrnehmung des angelasteten Sachverhalts durch die Beamten schlechthin verfehlt. Irgendwelche Beweismittel sind dem vorgelegten Akt ebenfalls nicht zu entnehmen. Schon in tatsächlicher Hinsicht liegt demnach ein nicht genügend ermittelter Sachverhalt vor.

 

4.4. Außerdem ist die Spruchfassung auch in Bezug auf die Belästigungsvariante des § 5 Abs 1 Oö. PolStG unzulänglich geblieben. Schon durch die Formulierung "... wodurch sich ein vorbeikommender Autofahrer über das zumutbare Maß hinaus belästigt fühlte" verkennt die belangte Behörde die Rechtslage. Denn es kommt rechtlich nicht darauf an, wie sich ein Autofahrer fühlte. Vielmehr ist die Frage der unzumutbaren Belästigung objektiv und nicht nach dem subjektiven Empfinden eines Betroffenen zu beurteilen (vgl bereits VwSen- 300869/2/WEI/Sta). Um überempfindliche Reaktionen auszuscheiden, ist als Maßstab vom Empfinden eines objektiven Beobachters auszugehen, der über die Umstände des Einzelfalls informiert ist, und zu fragen, ob dieser Beobachter im konkreten Verhalten des Tieres eine nicht mehr tolerierbare und damit unzumutbare Belästigung gesehen hätte.

 

Im gegenständlichen Verfahren sind keinerlei Einzelheiten zur angeblichen Belästigungssituation bekannt geworden, geschweige denn im Spruch objektiv umschrieben worden. Es fehlt daher nicht nur an der gemäß § 44a Z 1 VStG erforderlichen Spruchkonkretisierung, sondern überhaupt an einem ausreichend ermittelten Sachverhalt, der einer Subsumtion unter den Tatbestand des § 5 Abs 1 Oö. PolStG zugänglich ist.

 

5. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die belangte Behörde den deliktstypischen Erfolg des § 5 Abs 1 Oö. PolStG in keiner Weise gemäß § 44a Z 1 VStG durch Umstände des Einzelfalles konkretisiert und mit der notwendigen Bestimmtheit umschrieben hat. Schon deshalb war das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 3 VStG einzustellen. Aus dem vorgelegen Verwaltungsstrafakt war auch keine eindeutig konkretisierte und damit taugliche Verfolgungshandlung erkennbar, weshalb nach Ablauf der Sechsmonatefrist des § 31 Abs 2 VStG auch längst Verfolgungsverjährung eingetreten ist.

 

Bei diesem Ergebnis entfällt auch gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. W e i ß

 

 

 

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