Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550543/15/Kl/Pe VwSen-550547/9/Kl/Pe

Linz, 07.09.2010

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 5. Kammer (Vorsitzende Mag. Michaela Bismaier, Berichterin Dr. Ilse Klempt, Beisitzer Mag. Thomas Kühberger) über den Antrag der x, vertreten durch x, vom 12.7.2010, auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung im Vergabeverfahren des Auftraggebers x betreffend das Vorhaben „x“ nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 26.8.2010, zu Recht erkannt:

 

 

Der Nachprüfungsantrag vom 12.7.2010, die Zuschlagsentscheidung vom 28.6.2010 für nichtig zu erklären, wird abgewiesen.

Gleichzeitig wird auch der Antrag auf Zuerkennung des Gebührenersatzes abgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlage:

§§ 1, 2, 3, 7 und 23 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 – Oö. VergRSG 2006, LGBl. Nr. 130/2006 iVm § 141 Bundesvergabegesetz 2006 – BVergG 2006, BGBl. I Nr. 17/2006 idF BGBl. I Nr. 15/2010 iVm § 74 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Mit Eingabe vom 12.7.2010  hat die x (im Folgenden: Antragstellerin) einen Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, zu untersagen, gestellt. Im Übrigen wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von insgesamt 2.400 Euro beantragt.

 

Begründend führte die Antragstellerin eingangs hiezu aus, dass die Auftraggeberin nach dem 4.3.2010 ein Vergabeverfahren zur Beschaffung prioritärer Dienstleistungen nach dem BVergG 2006 eingeleitet habe.

Die Angebotsunterlage (der 2. Stufe) sieht in Pkt. V.5. „Anforderungsprofil des Personals“ vor, dass das Personal, das zur Erfüllung der Aufgabe eingesetzt werde, folgenden Anforderungen gerecht werden muss.

„Das zur Erfüllung der Aufgaben verwendete Personal steht in einem vollversicherungspflichtigen Dienstverhältnis, auf welches das BAGS-Gehaltsschema Anwendung findet“.

Die Ausschreibungsunterlagen sehen vor, dass sämtliche zum Einsatz kommenden Personen in einem Dienstverhältnis zum Bieter (Auftragnehmer) stehen müssen, das dem BAGS-Kollektivvertrag unterliege. Unabhängig von der Frage der allgemeinen Rechtskonformität einer derartigen Festlegung wurde diese nicht angefochten und sei daher bestandsfest und Grundlage des weiteren Verfahrens.

In Pkt. VIII der Angebotsunterlage wurden die Zuschlagskriterien definiert. Zu den beiden Kriterien Preis und Qualität mit einer Gewichtung von je 50 % wurden sodann weitere Festlegungen getroffen. Dabei sei das Bewertungsschema zum Kriterium „Qualität“ lediglich sehr knapp dargestellt. Das Ende der Angebotsfrist sei für den 22.6.2010, 12.00 Uhr, festgelegt worden und habe die Antragstellerin fristgerecht ein ausschreibungs- und gesetzeskonformes Angebot gelegt.

Mit Schreiben vom 28.6.2010 sei der Antragstellerin mitgeteilt worden, dass beabsichtigt sei, der x mit einem Bewertungspreis von 627.850 Euro, den Zuschlag zu erteilen. Als Begründung hiefür wurde ausgeführt, dass der deutliche Preisvorteil bei gleichzeitig hohem Qualitätsnachweis die Gesamtbewertung ergeben habe. Das Ende der Stillhaltefrist wurde mit 12.7.2010 bekannt gegeben.

 

Bei der Angebotsprüfung hätte der Auftraggeberin auffallen müssen, dass das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin wegen einer nicht plausiblen Zusammensetzung des Gesamtpreises iSd § 129 Abs.1 Z3 BVergG 2006 ausgeschieden hätte werden müssen. Im Übrigen entspreche die bekannt gegebene Zuschlagsentscheidung nicht den gesetzlichen Anforderungen an die Begründungs- und Informationspflicht des § 131 Abs.1 BVergG 2006 und sei schon deswegen für nichtig zu erklären.

 

Durch die Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung erachte sich die Antragstellerin in ihrem Recht auf

-                     Teilnahme an einem rechtskonformen Vergabeverfahren

-                     ordnungsgemäße und rechtskonforme Durchführung, Fortsetzung und Beendigung des Vergabeverfahrens, dies auch unter Einhaltung der Grundsätze des fairen und lauteren Wettbewerbs sowie des Gleichbehandlungsgrundsatzes und der Nichtdiskriminierung

-                     rechtskonforme Prüfung und Beurteilung aller Angebote sowie der Vornahme des Ausscheidens von Angeboten von Mitbietern bei Vorliegen von Ausscheidensgründen

-                     Vornahme einer rechtskonformen - und auch gesetzeskonform ausgeführten - Zuschlagsentscheidung unter Heranziehung lediglich nicht auszuscheidender Angebote und

-                     Zuschlagserteilung,

verletzt.

 

Die Auftraggeberin hätte bei einem rechtskonformen Vorgehen das Vergabeverfahren ordnungsgemäß und gesetzeskonform gestalten und dabei das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin ausscheiden müssen. In der Folge hätte die Auftraggeberin die Zuschlagsentscheidung zugunsten der Antragstellerin treffen und nach Ablauf der Stillhaltefrist den Zuschlag erteilen müssen. Außerdem hätte die Auftraggeberin die Zuschlagsentscheidung jedenfalls gesetzeskonform ausführen und begründen müssen. Die vorliegende Zuschlagsentscheidung sei sohin jedenfalls rechtswidrig.

 

Infolge der gegenständlichen Rechtswidrigkeiten (insbesondere des Nichtausscheidens des Angebots der präsumtiven Zuschlagsempfängerin trotz Vorliegens von Ausscheidensgründen - und damit auch der Rechtswidrigkeit der Prüfung der Angebote) drohen der Antragstellerin erhebliche Schäden. Die Antragstellerin wäre bei Ausscheiden der Angebote der präsumtiven Zuschlagsempfängerin als Zuschlagsempfängerin auszuwählen gewesen, sodass durch ihre Nichtberücksichtigung ein entgangener Gewinn in Höhe von ca. 25.000 Euro zu entstehen drohe. Weiters seien der Antragstellerin durch die Angebotslegung erhebliche Kosten entstanden, die durch ihre Nicht­berücksichtigung frustriert zu werden drohen. Schließlich seien Kosten für die rechtsfreundliche Vertretung und die Pauschalgebühren in Höhe von 2.400 Euro als drohender Schaden anzuführen. Zudem drohe der Verlust eines Referenzprojektes.

 

Zu den Rechtswidrigkeiten wurde begründend vorgebracht, dass das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin jedenfalls einen im Verhältnis zur Leistung ungewöhnlich niedrigen Gesamtpreis aufweise. Es hätte daher das Angebot entsprechend § 125 Abs.3 BVergG 2006 einer vertieften Angebotsprüfung unterzogen und sodann aufgrund des Verwirklichens von Ausscheidenstat­beständen (insbesondere § 129 Abs.1 Z3 BVergG 2006)  ausgeschieden werden müssen. Die Antragstellerin habe selbstverständlich keine Kenntnis darüber, ob und welche Prüfungsschritte von der Auftraggeberin gesetzt worden seien sowie in welcher Weise der vorgereihte Bieter sein Angebot kalkuliert und sodann dazu Aufklärungen geleistet habe. Allerdings sei prima vista - und schon alleine aufgrund der Festlegungen der Auftraggeberin in der Angebotsunterlage - davon auszugehen, dass die Zuschlagsentscheidung daran leide, dass die Angebotsprüfung noch nicht rechtmäßig und vollständig erfolgt bzw. abge­schlossen worden sei und dass weiters jedenfalls das in Aussicht genommene Angebot gar nicht zuschlagsfähig sei, insbesondere da es mit Mängeln in der Preisgestaltung belastet und der Gesamtpreis nicht betriebswirtschaftlich nachvollzieh- und erklärbar sei.

 

Dabei stelle der vorliegende ungewöhnlich niedrige Gesamtpreis per se eine Auffälligkeit dar, die eine vertiefte Angebotsprüfung erforderlich gemacht habe. Unabhängig von den durch die Auftraggeberin durchgeführten Prüfschritten sei die Zuschlagsentscheidung zu Gunsten der präsumtiven Zuschlagsempfängerin daher rechtswidrig. Insbesondere sei im Hinblick auf den von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin angebotenen Gesamtpreis unter Berücksichtigung des Umfangs der ausgeschriebenen Leistung und die dafür in der Angebotsunterlage getroffenen Festlegungen die Einreichung eines Gesamtpreises von 627.850 Euro nicht rechtskonform möglich.

 

Selbstverständlich erfolge die Kalkulation von jedem Bieter individuell nach eigenen Gesichtspunkten. Angesichts der hier vorliegenden allgemeinen Rahmen­bedingungen könne der Gesamtpreis der präsumtiven Zuschlagsempfängerin allerdings auch objektiv nicht erklärbar sein. Insofern stoße ein vergaberechtlich zulässiger und angemessener Preis an eine objektive Grenze. Diese Grenze sei bei der präsumtiven Zuschlagsempfängerin jedenfalls überschritten.

 

Dazu sei zunächst einmal relevant, dass die Auftraggeberin die - bestandfeste - Festlegung getroffen habe, dass sämtliches zum Einsatz kommende Personal dem BAGS-Kollektivvertrag unterliegen müsse und daher gemäß dem BAGS-Gehaltsschema zu entlohnen sei. In diesem Zusammenhang sei sodann etwa auch auf § 84 BVergG 2006 zu verweisen, wonach sämtliche arbeits- und sozialrechtlichen Bestimmungen einzuhalten seien.

 

Mit diesen Vorgaben sei aber im Hinblick auf das mit der vorliegenden Ausschreibung festgelegte Leistungsbild und den Leistungsumfang unter Berücksichtigung des hohen Anteils des Personals an den Gesamtkosten der von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin angebotene Gesamtpreis nicht erzielbar. Dies unabhängig davon, wie die präsumtive Zuschlagsempfängerin ihr  Angebot und ihr Konzept im Detail ausgestaltet und strukturiert habe, wobei dazu etwa der angebotene Betreuungsschlüssel zu nennen sei. Alleine schon die gesetzes- und kollektivvertragskonformen Personalkosten müssten auf Grundlage objektiver Vorgaben über dem von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin angebotenen Gesamtpreis liegen.

 

Im Ergebnis sei es daher bei dem von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin angebotenen Gesamtpreis undenkbar, dass die Kalkulation in jede Richtung, also vor allem in obiger Hinsicht ordnungsgemäß erfolgt sei. Bereits aus diesen Gründen sei die angefochtene Zuschlagsentscheidung für nichtig zu erklären.

 

Die angeführten Aspekte sowie das darauf erfolgte Nichtausscheiden der präsumtiven Zuschlagsempfängerin werden ausdrücklich auch als Verfahrens­mangel, insbesondere als wesentlicher Mangel und als Rechtswidrigkeit des Prüfungs- und Bewertungsverfahrens geltend gemacht. Insofern habe die Auftraggeberin damit auch die Angebotsprüfung nicht ordnungsgemäß zu Ende geführt. Es könne schon aus diesem Grund nicht der Zuschlag auf das in Aussicht genommene Angebot erteilt werden.

 

Abrundend sei noch anzuführen, dass die Zuschlagsentscheidung selbst mangelhaft sei. So wäre für die Zuschlagsentscheidung auch eine gesetzes­konforme Begründung erforderlich gewesen. Eine Zuschlagsentscheidung habe jene Informationen zu enthalten, die es einem Bieter ermöglichen, einzuschätzen, ob die Zuschlagsentscheidung rechtens getroffen worden sei und ob ihre Bekämpfung aussichtsreich sei. Dies treffe auf die hier vorliegende knappe Begründung aber gerade nicht zu. Eine detaillierte Begründung könnte etwa nur dann entfallen, wenn sich aus der Angabe von Bewertungspunkten (die hier aber ebenfalls fehlen) die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebotes errechnen ließen.

 

Dem stehe es nicht entgegen, dass für die Antragstellerin ein spezieller Grund für die Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung auch ohne diese Information ersichtlich sei.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat das x als Auftraggeber am Nachprüfungsverfahren beteiligt. In der Stellungnahme vom 19.7.2010 wurde beantragt, den Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung als unzulässig zurückzuweisen, in eventu als unbegründet abzuweisen. Begründend wurde ausgeführt, dass die gegenständlichen Dienstleistungen am 29.4.2010 im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union und ebenfalls am 29.4.2010 in der Amtlichen Linzer Zeitung, Folge 9, bekannt gemacht wurden. Die Vergabe erfolgte in einem Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung. Der Zuschlag erfolgte auf das wirtschaftlich günstigste Angebot (Bestbieterprinzip), die Zuschlagskriterien samt Gewichtung wurden in der EU-Bekanntmachung angegeben. Fünf Teilnahmeanträge wurden eingereicht und die drei bestgereihten Teilnehmer, u.a. die Antragstellerin und die präsumtive Zuschlagsempfängerin zugelassen. Das Angebot hatte sowohl die methodische Vorgehensweise als auch ein finanzielles Angebot zu enthalten. Innerhalb der Angebotsfrist sind drei ausschreibungskonforme Angebote eingelangt. Im Zuge der Verhandlungen am 23.6.2010 wurden von den Bietern die Projekte präsentiert und Fragen der Auftraggebervertreter zu Angebot, Qualitätssicherung, etc. beantwortet. Der Antragstellerin wurde über Ersuchen die Möglichkeit eingeräumt, bis 25.6.2010 einen weiteren Nachlass auf den Angebotspreis zu geben. Mit Schreiben vom 25.6.2010, eingelangt am 28.6.2010, hat die Antragstellerin ein verbessertes Angebot gelegt, welches bei der Bewertung der Angebote berücksichtigt wurde. Die Prüfung und Bewertung der Angebote erfolgte entsprechend den Festlegungen hinsichtlich Preis zu 50 % und Qualität zu 50 %. Die Prüfung und Bewertung der Angebote hat ergeben, dass das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin das technisch und wirtschaftlich günstigste Angebot ist. Der Bewertungspreis des Angebotes der präsumtiven Zuschlagsempfängerin beträgt 627.850 Euro, der Bewertungspreis des Angebotes der präsumtiven Zuschlagsempfängerin 749.999,95 Euro. Das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin weist nicht nur einen wesentlich günstigeren Bewertungspreis auf als das Angebot der Antragstellerin, sondern ist auch in Bezug auf die angebotene „Methodische Vorgehensweise“ (= Qualität) insoweit als qualitativ besser zu bewerten, da dem Konzept der Antragstellerin zugrunde liegende Betreuungsschlüssel im Bereich der Maßnahmen sehr hoch ist (das heißt, dass die Anzahl der in Maßnahmen zu betreuenden Jugendlichen je Betreuer sehr hoch ist, konkret 140 Jugendliche je Betreuer). Die Zuschlagsentscheidung zugunsten der präsumtiven Zuschlagsempfängerin als Bestbieterin wurde am 28.6.2010 den Bietern bekannt gegeben.

Im Auftrag des Auftraggebers wird seit Jahren die Berufsausbildungsassistenz durchgeführt und es konnte daher der Auftraggeber aufgrund der bisherigen Kosten für die Berufsausbildungsassistenz und der in den letzten Jahren vorgelegten Abrechnungen der bisherigen Auftragnehmer unter Berücksichtigung der aktuellen ausschreibungsgegenständlichen Anzahl an zu betreuenden Personen, der ausschreibungsgegenständlichen Vertragslaufzeit und der kollektivvertraglichen Erhöhungen per 1.1.2010 vor Durchführung der Ausschreibung die voraussichtlichen Kosten für den Auftragszeitraum kalkulieren. Die Angebotspreise der Bieter lagen zum Teil über der Kostenschätzung, zum Teil unter dem geschätzten Auftragswert. Der relevante Angebotspreis der präsumtiven Zuschlagsempfängerin liegt nur geringfügig unter der geschätzten Auftragssumme. Ausgehend von den bisherigen Erfahrungswerten des Auftraggebers und in Vergleichen mit den sonst vorliegenden Unterlagen (insbesondere den eigenen Preisüberlegungen aus der Schätzung des Auftragswertes) und unter Berücksichtung der Marktverhältnisse, bestand für den Auftraggeber kein Anlass, an der Angemessenheit des Angebotspreises der präsumtiven Zuschlagsempfängerin zu zweifeln. Ein Vergleich mit den bisherigen Kosten für die Berufsausbildungsassistenz spricht vielmehr für die Angemessenheit des Angebotspreises der präsumtiven Zuschlagsempfängerin. Jeder Schätzung liegen schon begrifflich nur Erfahrungs- und Richtwerte zugrunde. Dass der Angebotspreis der Antragstellerin über dem Angebotspreis der präsumtiven Zuschlagsempfängerin liegt, begründet noch keine Verpflichtung des Auftraggebers zur vertieften Angebotsprüfung. Die Differenz zum (trotz Nachbesserung) wesentlich höheren (deutlich über der geschätzten Auftragssumme liegenden) Angebotspreis der Antragstellerin rechtfertigt weder die Annahme eines Unterangebotes der präsumtiven Zuschlagsempfängerin noch die Annahme eines überhöhten Angebotspreises der Antragstellerin. Die Annahme eines unplausiblen Preises oder das Ausscheiden eines Angebots aufgrund des Vergleichs mit den Angebotspreisen mit den anderen Bietern stünde im Widerspruch zu den Grundsätzen des fairen und lauteren Wettbewerbs, zumal es gerade nicht dem Auftraggeber obliegt, einen Preiswettbewerb der Bieter zu verhindern. Die Angemessenheitsprüfung nach § 125 BVergG 2006 ist eine Plausibilitätsprüfung; es muss daher nur geprüft werden, ob ein seriöser Unternehmer die angebotenen Leistungen zu den angebotenen Preisen erbringen kann, woran aus Sicht des Auftraggebers (u.a. vor dem Hintergrund der vorangegangenen eigenen Schätzungen zum Auftragswert) keine Zweifel bestehen mussten. Der Auftraggeber war daher entgegen der Auffassung der Antragstellerin zu einer vertieften Angebotsprüfung nicht verpflichtet. Darüber hinaus verkennt die Antragstellerin, dass die Angebotspreise nicht zwingend kostendeckend sein müssen. In diesem Zusammenhang übersieht die Antragstellerin auch die Tatsache, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin als gemeinnützige Organisation bei der Preisgestaltung andere Grundsätze anlegen kann als die Antragstellerin. Schließlich wurde darauf hingewiesen, dass Auftragsgegenstand nicht prioritäre Dienstleistungen sind, wofür gemäß § 141 Abs.1 BVergG 2006 nur bestimmte Paragraphen zur Anwendung kommen. Die Vergabe muss in einem transparenten Verfahren mit mehreren Bietern erfolgen. Diesen Anforderungen hat der Auftraggeber vollinhaltlich entsprochen. Die Bestimmungen über die Prüfung der Angebote und das Ausscheiden von Angeboten sind hingegen nicht anzuwenden. Zur bemängelten Begründung der Zuschlagsentscheidung wurde darauf hingewiesen, dass die kurze Begründung bei genauer Betrachtung sehr wohl alle notwendigen Informationen enthält. Da sowohl die Qualität des Angebotes der Antragstellerin als auch die Qualität des Angebotes der präsumtiven Zuschlagsempfängerin sehr hoch war und alle wesentlichen Qualitäts-Aspekte der Angebote im Wesentlichen als gleichwertig betrachtet wurden, war nämlich im Ergebnis (nur) der deutliche Preisunterschied ausschlaggebend bzw. maßgeblich für die Zuschlagsentscheidung des Auftraggebers. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung zu unterblieben, wenn die Entscheidung des Auftraggebers mit den Rechtsvorschriften im Einklang steht. Eine (bloß) unzutreffende Begründung des Auftraggebers reicht für eine Nichtigerklärung nicht aus. Im Übrigen ist dieser Umstand für den Ausgang des Vergabeverfahrens nicht von wesentlichem Einfluss, da der Umstand nicht geeignet war, ein anderes Ergebnis des Vergabeverfahrens zu bewirken. Auch gilt in diesem Zusammenhang die mangelnde Anwendbarkeit der herangezogenen Bestimmungen. Bei Vergabe nicht prioritärer Dienstleistungsaufträge gilt § 131 Abs.1 BVergG 2006 nicht und besteht daher keine Begründungspflicht.

Gleichzeitig wurden die angeforderten Unterlagen betreffend Bekanntmachung, Teilnahme, Ausschreibungsunterlagen samt Aufforderung zur Angebotsabgabe, Angebotsunterlagen der Antragstellerin und der präsumtiven Zuschlagsempfängerin, Protokoll über die Angebotsöffnung, Niederschriften im Vergabeverfahren über Verhandlungen einschließlich Angebotsbewertung sowie Schreiben über die Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung an alle Bieter vorgelegt und über Aufforderung weiters eine Zusammenstellung der geschätzten Kosten des Auftrages nachgereicht.

 

3. Mit Eingabe vom 23.7.2010, eingebracht nach den Amtsstunden und daher eingelangt am 26.7.2010, wurden von der x als präsumtive Zuschlagsempfängerin (im Folgenden: mitbeteiligte Partei) schriftliche Einwendungen erhoben und die Abweisung des Nachprüfungsantrages beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass unter der Bezeichnung „Berufsausbildungsassistenz“ ein Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung im Oberschwellenbereich zur Vergabe eines nicht prioritären Dienstleistungsauftrags durch das x durchgeführt wird. Die mitbeteiligte Partei sei ein großer und erfolgreicher gemeinnütziger sozialer Dienstleister in Oberösterreich und erfülle sie alle in der Ausschreibung genannten Eignungskriterien und sie habe die in der Ausschreibung genannten Nachweise erbracht. Es sei fristgerecht ein Teilnahmeantrag gestellt worden und wurde die mitbeteiligte Partei in der Folge zur Teilnahme am weiteren Verhandlungsverfahren zugelassen. Auftragsgegenstand sei laut Ausschreibungsunterlage die integrative Berufsausbildung von rund 350 benachteiligten Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen durch die Berufsausbildungsassistenz nach § 8b Abs.6 Berufsausbildungsgesetz (BAG). Der Zuschlag soll auf das wirtschaftlich günstigste Angebot erteilt werden; als Zuschlagskriterien sind in Punkt VIII. der Ausschreibungsunterlagen Preis und Qualität, die mit je 50 % bzw. einer Punkteanzahl von je 50 gleichmäßig gewichtet sind, festgelegt. Zusätzlich betonen die Ausschreibungsunterlagen, dass die Umsetzung des Auftrags auf besonders hohem Niveau von besonderer Bedeutung ist. Die mitbeteiligte Partei habe fristgerecht ein vollständiges und ausschreibungskonformes Angebot eingereicht. Der mitbeteiligten Partei wurde am 28.6.2010 mitgeteilt, dass beabsichtigt werde, ihr den Zuschlag zu erteilen. Dies wurde damit begründet, dass seitens der mitbeteiligten Partei durch einen deutlich günstigeren Preis bei gleichzeitig hohem Qualitätsnachweis die beste Gesamtbewertung erzielt wurde. Die Behauptung der Antragstellerin sei unsubstanziiert und unbegründet. Die mitbeteiligte Partei hat ihr Angebot zu einem angemessenen Preis kalkuliert und bei ihrer Kalkulation die gesetzlichen, kollektivvertraglichen sowie die aus den Ausschreibungsunterlagen sich ergebenden Vorgaben eingehalten. Es sei bei der Kalkulation äußerst gewissenhaft und sorgfältig vorgegangen worden und die mitbeteiligte Partei habe dabei ihre langjährige Erfahrung bei der Betreuung von Jugendlichen im Rahmen der Berufsausbildungsassistenz eingebracht. Dies habe ihr eine besonders präzise und kompetitive Anbotsstellung, insbesondere auch Kalkulation, ermöglicht. Auch sei zu berücksichtigen, dass es sich bei der mitbeteiligten Partei um eine gemeinnützige Gesellschaft handle, deren Tätigkeit im Unterschied zu jener der Antragstellerin eben nicht auf die Erzielung von Gewinnen, sondern lediglich auf Kostendeckung gerichtet ist. Im Ergebnis ist daher das Angebot der mitbeteiligten Partei sohin keineswegs unangemessen niedrig. Die Voraussetzungen für eine vertiefte Angebotsprüfung liegen hier nicht vor, da zum einen die mitbeteiligte Partei einen angemessenen Preis angeboten hat, und zum anderen zu berücksichtigen ist, dass die ins Treffen geführten Bestimmungen der §§ 125, 129 und 84 BVergG gar keine Anwendung finden, da es sich gegenständlich um eine Vergabe einer nicht prioritären Dienstleistung handle. Nicht prioritäre Dienstleistungsaufträge sind von Auftraggebern unter Beachtung der gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten sowie des Diskriminierungsverbotes zu vergeben.

Auch liege keine Mangelhaftigkeit der Zuschlagsentscheidung vor und gelte auch hier, dass § 131 BVergG vom Geltungsbereich für die Vergabe nicht prioritärer Dienstleistungen ausgenommen ist.

 

3.1. Die Antragstellerin hat mit Eingabe vom 18.8.2010 eine Replik eingebracht und in näherer Begründung ausgeführt, dass das BVergG 2006 umfassend anwendbar sei, unabhängig von einer Einordnung der ausgeschriebenen Dienstleistungen als nicht prioritäre Dienstleistung. Der Auftraggeber hat Festlegungen getroffen, das Vergabeverfahren nach den Vorschriften des BVergG für prioritäre Dienstleistungen durchzuführen, insbesondere hat er ein Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung – und zwar uneingeschränkt – festgelegt. Im Rahmen dieser Selbstbindung des Auftraggebers sind daher von allen Verfahrensbeteiligten sämtliche Vorschriften zu diesem durch das BVergG genau definierten Verfahrenstypus einzuhalten. Diese Festlegung des Auftraggebers samt der daraus folgenden Bindung aller Verfahrensbeteiligten an diese Festlegung, ergibt sich aus der Bekanntmachung und den Unterlagen der ersten Stufe des Verfahrens. Auch in den Angebotsunterlagen unter Punkt X. ist festgelegt: „Hinweis: Verhandlungsverfahren im Oberschwellenbereich mit vorheriger Bekanntmachung gem. BVergG 2006“. Darüber hinaus bezieht sich der Auftraggeber selbst an einer Vielzahl von Stellen auf die – bei nicht prioritären Dienstleistungen ohne entsprechende Festlegung eben nicht anwendbaren – Bestimmungen des BVergG für prioritäre Dienstleistungen, wie etwa auf die §§ 43, 70, 71 und 83 BVergG oder auch speziell auf einen Ausscheidenstatbestand des § 129 BVergG. Auch die konkret angefochtene Zuschlagsentscheidung vom 28.6.2010 verweist in deutlicher Weise auf seine getroffene Festlegung: „Das x gibt bekannt, dass gem. § 131 Bundesvergabegesetz der Zuschlag ....“. Es ist daher für die gegenständliche Vergabe jedenfalls das BVergG umfassend anzuwenden und somit auch Maßstab bei der Prüfung der Rechtskonformität des Vorgehens des Auftraggebers. Die Vergabe zu angemessenen Preisen sei ein allgemeiner Grundsatz des Vergabewesens (§ 19 Abs.1 BVergG), wobei die Bestimmung des § 125 BVergG wiederum eine Konkretisierung dieses Preisangemessenheitsprinzips darstellt. Selbst wenn das BVergG nicht umfassend anwendbar wäre, muss trotzdem gerade der Ausscheidenstatbestand des § 129 Abs.1 Z3 BVergG jedenfalls als Grundlage und Maßstab des Nachprüfungsverfahrens herangezogen werden. Bereits das (vollkommene) Fehlen einer vertieften Angebotsprüfung gemeinsam mit dem (vollkommenen) Fehlen einer Dokumentation über die Entscheidung der Nichtdurchführung der Preisprüfung, stellt einen unzureichenden Angebotsprüfvorgang auf Seiten des Auftraggebers dar, der zur Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung zu führen hat. Für ein nicht kostendeckendes Angebot müssen jedenfalls besondere Begründungen vorhanden sein. Die fehlende Gewinnerzielungsabsicht aufgrund der Gemeinnützigkeit der präsumtiven Zuschlagsempfängerin habe noch keine Auswirkung auf die gesetzlichen und kollektivvertraglichen Personalkosten. Insbesondere hat das Personal in einem voll versicherungspflichtigen Dienstverhältnis, auf welches das BAGS-Gehaltsschema Anwendung findet, stehen. Unter Berücksichtigung relevanter Parameter wie Betreuungsschlüssel, kollektivvertragliche Vorgaben des Auftraggebers, Qualifikation und Erfahrung des Personals, kann daher auf relativ einfache Weise ein objektiver Mindestkostenbetrag schon allein für den erforderlichen Personaleinsatz errechnet werden. Eine Modellrechnung wird vorgelegt. Dabei zeigt sich, dass bei der präsumtiven Zuschlagsempfängerin schon allein die Personalkosten den Angebotspreis übersteigen. Das Prüfungs- und Bewertungsverfahren stelle wesentliche Mängel und Rechtswidrigkeiten dar und hätte die präsumtive Zuschlagsempfängerin sohin ausgeschieden werden müssen. Auch sei die Zuschlagsentscheidung unzureichend begründet und schon deswegen nichtig zu erklären.

 

3.2. Die mitbeteiligte Partei hat in einer Replik vom 25.8.2010, eingelangt am 26.8.2010, dargelegt, dass schon in der EU-Bekanntmachung auf die Vergabe einer nicht prioritären Dienstleistung als Auftragsgegenstand hingewiesen wurde und daher gemäß § 141 Abs.2 BVergG trotz des Fehlens eines Typenzwangs für das Vergabeverfahren in einem transparenten und nicht diskriminierenden Verfahren die Vergabe zu erfolgen hat. Die Anlehnung an bestimmte Regelungen eines im BVergG geregelten Vergabeverfahrens oder gar deren teilweise analoge Übernahme ist weder unzulässig noch begründet es seine Selbstbindung hinsichtlich sämtlicher Bestimmungen des BVergG. Es komme daher nur ein verdünntes Vergaberegime zur Anwendung. Sofern überhaupt eine Selbstbindung des Auftraggebers eintreten kann, kann allenfalls hinsichtlich jener Bestimmungen des BVergG geschehen, deren Anwendbarkeit der Auftraggeber in der Ausschreibungsunterlage ausdrücklich festgelegt hat. Hinsichtlich seitens des Auftraggebers nicht herangezogener Bestimmungen des BVergG kann jedenfalls keine Selbstbindung eingetreten sein. Zu den in der Ausschreibungsunterlage nicht genannten Bestimmungen zählt auch § 125 BVergG, der die vertiefte Angebotsprüfung regelt. Vielmehr hat eine Angemessenheitsprüfung hinsichtlich des Angebots der mitbeteiligten Partei stattgefunden und hat die Preisangemessenheitsprüfung demnach ergeben, dass das Angebot der mitbeteiligten Partei im Bereich der vorgenommenen Kostenschätzung des Auftraggebers liegt, wobei das Angebot der mitbeteiligten Partei geringfügig unter der seitens des Auftraggebers geschätzten Auftragssumme liegt. Die langjährige Tätigkeit der mitbeteiligten Partei in diesem Bereich, hat ihr eine besonders genaue Preiskalkulation ermöglicht, sodass das Angebot der Antragstellerin preislich deutlich über jenem der mitbeteiligten Partei sowie auch über der Schätzung des Auftraggebers liegt. Die Gemeinnützigkeit der mitbeteiligten Partei wirke sich auf die Personalkosten aus, insbesondere im Bereich der Lohnnebenkosten, wo gesetzliche Ausnahmetatbestände hinsichtlich der Steuerpflicht gemeinnütziger Gesellschaften bestehen. Auch liege der behauptete Begründungsmangel der Zuschlagsentscheidung nicht vor, da gemäß § 141 Abs.5 BVergG der Auftraggeber die Zuschlagsentscheidung den im Verfahren verbliebenen Unternehmern bekannt zu geben hat. Eine Verpflichtung zur ausführlichen Begründung besteht daher bei der Vergabe nicht prioritärer Dienstleistungen nicht. Auch sei die Begründung nachvollziehbar und ausreichend und ließe sich daher für die Antragstellerin jedenfalls hinsichtlich des Preises, der nach der Begründung in der Zuschlagsentscheidung augenscheinlich den Vorsprung des Angebotes der präsumtiven Zuschlagsempfängerin gegenüber den Mitbewerbern maßgeblich ausgemacht hat, der Punkterückstand des eigenen Angebots leicht errechnen. Das Fehlen der Angabe der konkreten Punkteanzahl kann der Antragstellerin somit die Nachvollziehbarkeit des Vorsprungs des Angebots der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nicht erschweren.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie Einsichtnahme in die vorgelegten Schriftstücke und Unterlagen. Weiters wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung für den 26.8.2010 anberaumt und an diesem Tage durchgeführt, wobei die Antragstellerin, der Auftraggeber sowie die mitbeteiligte Partei jeweils mit ihren Vertretern teilgenommen haben.

 

Aufgrund der von den Parteien vorgelegten Unterlagen und der Parteienäußerungen steht als erwiesen fest:

 

4.1. Mit Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union vom 27.4.2010 und in der Amtlichen Linzer Zeitung vom 29.4.2010, Folge 9, wurde durch das x die „x“ für die Laufzeit von 24 Monaten als nicht prioritärer Dienstleistungsauftrag gemäß der Dienstleistungskategorie Nr. 24 im Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung im Oberschwellenbereich ausgeschrieben. In der Teilnahmefrist haben fünf Teilnehmer einen Teilnahmeantrag eingereicht und es wurden vom Auftraggeber die drei bestgeeigneten Teilnehmer ausgewählt und zur Angebotslegung eingeladen. Drei Angebote wurden innerhalb der Angebotsfrist eingereicht, darunter das Angebot der Antragstellerin und der mitbeteiligten Partei.

Von der mitbeteiligten Partei wurde ein Angebot zum Bewertungspreis von 627.850 Euro, von der Antragstellerin ein Angebot zum Bewertungspreis von 760.000 Euro gelegt.

 

Die Angebotsöffnung ergab, dass sämtliche Angebote rechtzeitig und vollständig sind.

Am 23.6.2010 wurden mit sämtlichen drei Bietern Bieterverhandlungen durchgeführt und anlässlich dieser Verhandlungen fünf – im Voraus vorbereitete und festgelegte – Fragenkomplexe betreffend Projektablauf, Qualitätssicherung, Evaluierung, Angebot (Betreuungsschlüssel, Nachbesserung beim Preis) und Werkvertrag behandelt. Hinsichtlich der Antragstellerin wurde eine Rekalkulation bzw. ein Nachlass auf den Bewertungspreis bis zum 25.6.2010, 10.00 Uhr ermöglicht. Hinsichtlich Werkvertrag wurde mit beiden Bietern über die Abrechnung gesprochen. Seitens der Antragstellerin wurde auf den für sie gültigen Kollektivvertrag „BABE (Bildungs-KV)“ hingewiesen. Die meisten Mitarbeiter fallen unter den KV-BABE und nur ein kleiner Teil in den BAGS-KV. Es wurde die Frage der Verrechnung diskutiert.

Mit Schreiben vom 25.6.2010, eingelangt am 28.6.2010, hat die Antragstellerin einen nachgebesserten Bewertungspreis von 749.999,95 Euro angeboten. Dieser wurde der Angebotsprüfung zugrunde gelegt.

 

Die Angebotsprüfung ergab eine Bewertung hinsichtlich des Preises (Gewichtung mit 50 %) für die Zuschlagsempfängerin mit 50 Punkten und für die Antragstellerin mit 41,5 Punkten. Die Qualität (Gewichtung mit 50 %) wurde anhand der Subkriterien Betreuungsschlüssel, Qualitätssicherungssystem und Abwicklung der Betreuungsphasen bewertet. Hinsichtlich des Betreuungsschlüssels waren maximal 25 Punkte vorgesehen, 15 Punkte für den Betreuungsschlüssel Maßnahmen und 10 Punkte für den Betreuungsschlüssel Lehrbetrieb. Hinsichtlich Qualitätssicherungssystem und Abwicklung der Betreuungsphasen waren jeweils maximal 12,5 Punkte vorgesehen. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin gab gemäß Angebot einen Betreuungsschlüssel von 1:38 als Durchschnittswert an, nämlich 1:30 im Lehrbetrieb und 1:60 für Maßnahmen und erhielt dafür jeweils die maximale Punkteanzahl. Das Verhältnis Lehrbetrieb zu Maßnahmen beträgt 40:60. Auch hinsichtlich der Förderstunden ist zwischen freiem Markt und Maßnahmen zu unterscheiden und je nachdem wird Einzelunterricht bzw. Gruppenunterricht gegeben. Die Antragstellerin gab im Angebot (inkl. Nachhilfe) einen Betreuungsschlüssel von 1:61 an, nämlich 1:140 für die Betreuung in Maßnahmen – Förderunterricht herausgerechnet – und 1:20 bis 1:30 in Lehrbetrieben und erhielt sie für Maßnahmen 8 Punkte, im Lehrbetrieb 10 Punkte, insgesamt 18 Punkte. Hinsichtlich Qualitätssicherungssystem und Abwicklung der Betreuungsphasen erhielten beide Bieter die jeweils höchste Punktezahl von 12,5 Punkten. Es ergab sich daher für die mitbeteiligte Partei eine Punktezahl von 100 Punkten, für die Antragstellerin von 84,5 Punkten.

 

Mit Schreiben vom 28.6.2010 wurde per E-Mail sämtlichen Bietern die Zuschlagsentscheidung zugunsten der mitbeteiligten Partei zum angebotenen Bewertungspreis von 627.850 Euro bekannt gegeben, wobei „dieser deutliche Preisvorteil bei gleichzeitig hohem Qualitätsnachweis die beste Gesamtbewertung ergibt“. Die Stillhaltefrist wurde bis 12.7.2010 bestimmt.

 

4.2. Die Angebotsunterlage „x“ wurde den Bietern am 7.6.2010 übermittelt. In Punkt II. der Angebotsunterlage (kurz: AU) ist festgelegt, dass jeweils nur eine Verhandlungsrunde vorgesehen ist. Gemäß Punkt III der AU sollen rund 350 benachteiligte Jugendliche bzw. junge Erwachsene laufend im Rahmen der Berufsausbildungsassistenz integriert werden. Beide Formen sollen vorrangig in Lehrbetrieben durchgeführt werden. Aufgrund von Erfahrungswerten betreffen rund 40 % der zu Betreuenden Jugendliche in Lehrbetrieben bzw. 60 % Jugendliche in sonstigen Betreuungseinrichtungen. In Punkt V.5. der AU wird zum Anforderungsprofil des Personals festgelegt: „Das zur Erfüllung der Aufgaben verwendete Personal steht in einem voll versicherungspflichtigen Dienstverhältnis, auf welches das BAGS-Gehaltsschema Anwendung findet“. Die Vertragsdauer wurde gemäß Punkt VI. der AU von 1.7.2010 bis 30.6.2012 festgelegt. Zum finanziellen Angebot (Punkt VII.) ist im Angebotsformular (Beilage 1) eine Grundpauschale (Kosten für 200 zu betreuende Personen), ein gestaffeltes Pro-Kopf-Entgelt (sobald mehr als 200 Personen betreut werden) und ein Nachhilfe-Stundensatz anzugeben. Es hat der Bieter einen Bewertungspreis unter der Annahme von 350 betreuten Personen (Grundpauschale + variable Teile gemäß gestaffeltem Pro-Kopf-Entgelt für > 200) und 22 Nachhilfestunden pro Person und Jahr zu kalkulieren. In Punkt VIII. der AU sind die Zuschlagskriterien festgelegt, wobei das Bestbieterprinzip festgelegt ist. Die Zuschlagskriterien Preis und Qualität werden jeweils mit 50 % bzw. 50 Punkten gewichtet. Das günstigste Angebot beim Preis wird durch die Rechnung: niedrigster gebotener Preis : Preis des zu bewertenden Angebotes x maximale Punkteanzahl errechnet. Die Beurteilung der Qualität erfolgt anhand der Subkriterien Betreuungsschlüssel, Qualitätssicherungssystem und Abwicklungsstrukturen betreffend Betreuungsphasen. Die Bewertung wird wie folgt durchgeführt: Das qualitativ hochwertigste und überzeugendste Konzept erhält die maximale Punkteanzahl. Die weiteren Konzepte erhalten abgestuft nach ihrer Qualität eine verminderte Punkteanzahl. Die Vergabe der gleichen Punkteanzahl an mehrere Bieter ist zulässig. Von besonderer Bedeutung ist die Umsetzung des Auftrages auf qualitativ hohem Niveau.

Der AU ist die Beilage 1 „Angebotsformular“ und die Beilage 2 „Bei der Auftragserfüllung konkret eingesetztes Schlüsselpersonal“ angeschlossen und vom Bieter auszufüllen.

 

4.3. Aufgrund der Parteienäußerungen in der öffentlichen mündlichen Verhandlung ist weiters davon auszugehen, dass schon die bisherige Ausschreibung der Berufsausbildungsassistenz inhaltlich der nunmehrigen Ausschreibung entsprach, allerdings der Umfang der zu betreuenden Personen sich nunmehr ändert. Auch war schon bisher der BAGS-Kollektivvertrag Grundlage. Es konnten daher die Erfahrungswerte der bisherigen Ausschreibungen und tatsächlichen Abrechnungen für die Berufsausbildungsassistenz, unter Berücksichtigung der nunmehrigen Lohnerhöhungen, herangezogen werden. Bei der Einstufung des Betreuungspersonals ist laut BAGS-KV zu unterscheiden zwischen Verwendungsgruppe 4 bis 6 und Verwendungsgruppe 8, wobei es sich bei der Verwendungsgruppe 8 um qualifiziertes Betreuungspersonal mit besonderer Ausbildung handelt, bei der Verwendungsgruppe 4 bis 6 handelt es sich bei Gruppe 4 um Personen noch in Ausbildung, bei Gruppe 6 um Personen mit abgeschlossener Ausbildung. Je nach Aufgabe, wie Leitung und Planerstellung, Umsetzung, Förderung (Nachhilfe) wird dann das Betreuungspersonal eingesetzt. Auch richtet sich der Personaleinsatz nach dem Förderbedarf jedes Jugendlichen, wobei der Förderbedarf hinsichtlich Maßnahme und freiem Markt (Lehrbetrieb) unterschiedlich ist. Der Lehrbetrieb erfordert einen höheren Personalbedarf. Bei der Nachhilfe wird sowohl Einzel- als auch Gruppennachhilfeunterricht vorgesehen. Die jeweilige Einschätzung hat aufgrund der bisherigen Erfahrungen zu erfolgen und ist demgemäß eine Prognose und Kalkulation aufzustellen.

Der Vorteil der Gemeinnützigkeit einer Einrichtung besteht in einer 3 % Kommunalsteuerbefreiung, im Entfall eines 0,36 % Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag sowie im Entfall eines Gewinnaufschlages. Am Markt im Sozialbereich ist zwischen 3 % und 5 %, maximal 10 % Gewinnaufschlag zu rechnen.

In der mündlichen Verhandlung wurde von der mitbeteiligten Partei eine Detailkalkulation für das Angebot vorgelegt, der Personal in der Verwendungsgruppe 6 und 8 zugrunde gelegt wurde. Die Antragstellerin legte ihrer Kalkulation Betreuungspersonal in den Verwendungsgruppen 5 bis 8 zugrunde.

Weder von der mitbeteiligten Partei noch von der Antragstellerin wurde seitens des Auftraggebers eine Detailkalkulation verlangt und es wurde daher auch keine Detailkalkulation dem Auftraggeber vorgelegt.

Die durchschnittliche Gruppengröße variiert je Bieter.

 

Anhand der von der mitbeteiligten Partei in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vorgelegten Detailkalkulation ist nachvollziehbar der prognostizierte Stundenaufwand je zu betreuender Person, aufgeschlüsselt nach Maßnahmen und Lehrbetrieb, dargestellt, woraus sich der im Angebot angeführte Betreuungsschlüssel (inkl. Nachhilfe) errechnet. Die erforderlichen Betreuungsstunden wurden auf Personal der Verwendungsgruppe 6 und 8 aufgerechnet und ergibt sich aus der jeweiligen Stundenanzahl für die jeweilige Verwendungsgruppe auch das daraus erforderliche Vollzeitäquivalent. Unter Zugrundelegung des errechneten Vollzeitäquivalents und des jeweiligen Kollektivvertragslohnes (unter Einbeziehung der Lohnerhöhungen) für die jeweilige Verwendungsgruppe, ergeben sich daraus die entsprechenden Lohnkosten. Bei diesen wurden allerdings die bereits erwähnten Vergünstigungen abgezogen. Bei der Förderung (Nachhilfe) wurde im Übrigen auch nachvollziehbar die Gruppenbildung berücksichtigt. Es ist daher einwandfrei der daraus errechnete, in der Zuschlagsentscheidung angegebene Bewertungspreis dargestellt.

Die von der Antragstellerin in Beilage C dargestellte Aufteilung des Personals auf 9,2 Vollzeitäquivalenten bei einem Betreuungsschlüssel von 1:38 stellt hingegen lediglich eine mögliche Variante von zu errechnenden Personalkosten dar, entspricht aber nicht jener, die die mitbeteiligte Partei angeboten hat.

Von einer ausdrücklichen ziffernmäßigen Darstellung der Kostenrechnung wird zur Wahrung des Betriebsgeheimnisses bzw. berechtigter Parteieninteressen Abstand genommen.

 

4.4. Mit Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 15.7.2010, VwSen-550544/4/Kl/Rd/Hu, wurde dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung stattgegeben und dem Auftraggeber die Erteilung des Zuschlags bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren, längstens aber bis 12.9.2010 untersagt.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 (Oö. VergRSG 2006) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesen (Vergabeverfahren), die gemäß Art.14b Abs.2 Z2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

 

Gemäß Art.14b Abs.2 Z2 lit.a B-VG ist die Vollziehung Landessache hinsichtlich der Vergabe von Aufträgen durch das Land. Das gegenständliche Nachprüfungs­verfahren unterliegt daher den Bestimmungen des Oö. VergRSG 2006.

 

Gemäß § 2 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 obliegt dem Unabhängigen Verwaltungs­senat die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs.1 leg.cit.

 

Gemäß § 2 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 ist der Unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagsentscheidung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z16 lit.a BVergG 2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Gemäß § 3 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 kann ein Unternehmer bzw. eine Unternehmerin bis zur Zuschlagserteilung bzw. zur Widerrufserklärung die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern ein Interesse am Abschluss eines den bundesgesetzlichen Bestimmungen auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens unterliegenden Vertrags behauptet wird und durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

 

Gemäß § 7 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 hat der Unabhängige Verwaltungssenat eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbare Entscheidung eines Auftraggebers bzw. einer Auftraggeberin mit Bescheid für nichtig zu erklären, wenn

  1. sie oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung den Antragsteller bzw. die Antragstellerin in dem von ihm bzw. ihr nach § 5 Abs.1 Z5 geltend gemachten Recht verletzt und
  2. diese Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.

 

Gemäß § 141 Abs.1 BVergG 2006 gelten für die Vergabe von nicht prioritären Dienstleistungsaufträgen durch Auftraggeber ausschließlich die Bestimmungen dieses Abschnittes, der erste Teil mit Ausnahme des § 2 Z16, die §§ 3 Abs.1, 6, 9, 10, 12 Abs.1 und 3, 13, 16, 20 Abs.2, 3 und 5, 21, 44, 49, 51, 98 und 140 Abs.9 sowie der 4. bis 6. Teil dieses Bundesgesetzes.

 

Gemäß § 141 Abs.5 BVergG 2006 gilt als gesondert anfechtbare Entscheidung jede nach außen in Erscheinung tretende Festlegung des Auftraggebers. Der Auftraggeber hat, außer in sachlich gerechtfertigen Ausnahmefällen, die Zuschlags- bzw. Widerrufsentscheidung den im Verfahren verbliebenen Unternehmern bekannt zu geben und eine angemessene, vom Auftraggeber festzusetzende Stillhaltefrist zu beachten. Der Zuschlag bzw. der Widerruf darf bei sonstiger Nichtigkeit bzw. Unwirksamkeit nicht innerhalb der festgesetzten Stillhaltefrist erteilt bzw. erklärt werden.

 

Der eingebrachte Nachprüfungsantrag vom 12.7.2010 richtet sich gegen die Zuschlagsentscheidung vom 28.6.2010. Die Zuschlagsentscheidung ist gemäß § 141 Abs.5 BVergG 2006 eine gesondert anfechtbare Entscheidung. In der Zuschlagsentscheidung wurde das Ende der Stillhaltefrist mit 12.7.2010 festgesetzt und wurde der Nachprüfungsantrag innerhalb der gemäß § 4 Oö. VergRSG 2006 festgesetzten Antragsfrist eingebracht. Der Antrag ist daher rechtzeitig. Auch die übrigen Antragsvoraussetzungen liegen vor. Der Antrag ist daher auch zulässig.

 

Zu der von der mitbeteiligten Partei behaupteten fehlenden Antragslegitimation der Antragstellerin wird unter Bezugnahme auf das Verhandlungsergebnis und die vorliegenden Unterlagen festgestellt, dass zwar seitens der Antragstellerin auf die Entlohnung eines Großteils der Mitarbeiter nach dem BABE-KV, und nur zum kleinen Teil nach dem BAGS-KV, hingewiesen wurde, dass dies aber nicht aussagt, dass das Angebot nur auf  Grundlage des BABE-KV kalkuliert und eingebracht wurde. Vielmehr ist den Unterlagen nicht zu entnehmen, dass der BAGS-KV nicht zugrunde gelegt worden wäre. Im Übrigen ergeben sich anhand der Unterlagen und des Akteninhaltes für den Oö. Verwaltungssenat keine Zweifel an der Antragslegitimation der Antragstellerin bzw. für einen Ausscheidenstatbestand, sodass von der Antragslegitimation der Antragstellerin auszugehen ist.

 

Aufgrund des geschätzten Auftragswertes ist von einer Vergabe eines Dienstleistungsauftrages im Oberschwellenbereich gemäß § 12 Abs.1 Z2 BVergG 2006 auszugehen.

 

Gemäß Anhang IV zum BVergG 2006, Kategorie 24, zählt zu den nicht prioritären Dienstleistungen „Unterrichtswesen und Berufsausbildung“ mit der CPC-Referenz-Nummer 92. Es handelt sich daher bei der ausgeschriebenen „Berufsausbildungsassistenz“ um einen nicht prioritären Dienstleistungsauftrag.

 

5.2. Gemäß § 141 Abs.2 BVergG 2006 sind nicht prioritäre Dienstleistungsaufträge von Auftraggebern unter Beachtung der gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten sowie des Diskriminierungsverbotes zu vergeben. Soweit dies aufgrund des Wertes und des Gegenstandes des Auftrages erforderlich erscheint, sind nicht prioritäre Dienstleistungsaufträge grundsätzlich in einem Verfahren mit mehreren Unternehmern, durch das ein angemessener Grad von Öffentlichkeit gewährleistet ist und das dem Grundsatz des freien und lauteren Wettbewerbes entspricht, zu vergeben. Von einer Bekanntmachung eines Verfahrens kann insbesondere Abstand genommen werden, wenn eine der in den § 30 Abs.2 bzw. § 38 Abs.2 Z2, 4 oder 5 genannten Voraussetzungen vorliegt.

 

Im Grunde des § 141 Abs.1 und Abs.2 BVergG 2006 ist ersichtlich, dass nicht prioritäre Dienstleistungsaufträge grundsätzlich nicht dem strengen Vergaberegime des BVergG 2006 unterliegen. Es sind lediglich die gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten und das Diskriminierungsverbot sowie das Transparenzgebot und der Grundsatz des freien und lauteren Wettbewerbs zu beachten.

 

In Ausformung des Transparenzgebotes sowie des Diskriminierungsverbotes, dem das Transparenzgebot dient, erhellt daher insbesondere im Grunde des letzten Satzes des § 141 Abs.2  BvergG 2006, dass nichts entgegensteht, die grundlegenden Bestimmungen des BVergG 2006 sinngemäß anzuwenden bzw. in Anlehnung an die Bestimmungen des BVergG 2006 ein grundsatzkonformes Verfahren durchzuführen. In diesem Sinne bestimmt daher der letzte Satz des Abs.2 des § 141 BVergG 2006, dass von einer Bekanntmachung aus den in § 30 Abs.2 BVergG 2006 genannten Gründen für den Oberschwellenbereich Abstand genommen werden kann. Daraus kann aber im Umkehrschluss angenommen werden, dass bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen eine Bekanntmachung jedenfalls auch dem angemessenen Grad von Öffentlichkeit entspricht. Entsprechend dieser Bestimmung hat daher auch der Auftraggeber eine EU weite Bekanntmachung durchgeführt und in dieser Bekanntmachung klar und deutlich auf die Kategorie 24, nicht prioritäre Dienstleistungen, hingewiesen. Als Vergabeverfahren wurde das Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung gewählt. Es kann daher schon im Grunde der Bestimmung des § 141 Abs.2 BVergG 2006 nicht davon ausgegangen werden, dass bei Einhaltung der Anordnung nach § 141 Abs.2 BVergG 2006 sodann die Anwendbarkeit des gesamten BVergG 2006 gegeben ist. Dass ein Vergabeverfahren wie ein nach Vergaberegime vorgeschriebenes Vergabeverfahren gewählt wurde, bedeutet noch nicht, dass damit auch sämtliche Bestimmungen des BVergG 2006 für anwendbar erklärt werden. So schadet auch nicht die Bezugnahme auf das BVergG  bzw. einzelne Bestimmungen des BVergG in Punkt 3.1. und 4.1. der Teilnahmeunterlage sowie in Punkt III. und Punkt X. der Angebotsunterlage, sind doch die Bestimmungen immer zu einem Begriff erklärend angefügt. Jedoch geht eine eindeutige ausdrückliche Erklärung der Anwendbarkeit des BVergG 2006 nirgends aus den Unterlagen hervor. Eine Bestimmung, dass das BVergG Anwendung findet, ist weder in der Bekanntmachung noch in der Teilnahmeunterlage noch in der Angebotsunterlage zu finden. Aus dem objektiven Erklärungswert der genannten Unterlagen, so wie sie von einem aufmerksamen durchschnittlichen dem Bieterkreis angehörenden Personenkreis gelesen werden muss, geht somit nicht hervor, dass die strengen Bestimmungen des BVergG auf die gegenständliche Auftragsvergabe Anwendung finden. Im Hinblick auf die geltend gemachten Beschwerdepunkte, nämlich nicht plausibel zusammengesetzter Gesamtpreis und sohin fehlende vertiefte Angebotsprüfung sowie mangelhafte Begründung der Zuschlagsentscheidung, bedeutet dies, dass weder § 125 BVergG 2006 noch § 131 BVergG 2006 Anwendung finden. Vielmehr sind die in § 141 Abs.2 BVergG 2006 aufgestellten allgemeinen Grundsätze Maßstab für die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Zuschlagsentscheidung. Dabei kommt zwar zur inhaltlichen Ausfüllung dieser Grundsätze eine sinngemäß ähnliche, aber in seiner Strenge wesentlich abgemilderte Form des strengen Vergaberegimes zur Anwendung.

 

5.3. Wie das Nachprüfungsverfahren anhand der vorgelegten Unterlagen sowie der Ausführungen in der mündlichen Verhandlung gezeigt hat, wurden im Zuge der Verhandlungsrunde von den Bietern vorbereitete standardisierte Detailangaben zum Angebot abgefragt. Aus den Angaben anlässlich der Verhandlungsrunde war der vom jeweiligen Bieter angegebene Betreuungsschlüssel sowie die Preisangaben nachvollziehbar und plausibel. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Oö. Verwaltungssenat wurde die Plausibilität der Preisangaben durch eine zusätzlich Detailkostenaufstellung untermauert. Die von der mitbeteiligten Partei angeführten Preise sowie der angebotene Bewertungspreis liegen nur unwesentlich unter den Schätzkosten des Auftraggebers. Entgegen den Ausführungen der Antragstellerin konnte sich der Auftraggeber aber auf bisherige Erfahrungswerte stützen, wurden doch auch in den Vorjahren entsprechende Dienstleistungsaufträge ausgeschrieben und vergeben und liegen auch die diesbezüglichen tatsächlichen Abrechnungen dem Auftraggeber vor. Anhand der vorliegenden Ergebnisse, umgesetzt auf die nunmehrige Anforderung von 350 zu betreuenden Jugendlichen und unter Zugrundelegung des neuen bzw. erhöhten Kollektivvertragssatzes kann daher sehr wohl auch vom Auftraggeber eine relativ genaue Kostenschätzung vorgenommen werden. Andererseits gelten diese Argumente auch für die mitbeteiligte Partei, die auch schon bisher dem Leistungsinhalt nach gleiche Aufträge ausgeführt hat und daher entsprechende Erfahrungswerte besitzt. Sie kann daher diese Erfahrungen in eine genauere Prognose und Kostenschätzung umsetzen. Es ist daher auch nicht verwunderlich, dass der Schätzpreis dem Bewertungspreis der mitbeteiligten Partei sehr nahe ist. Die mitbeteiligte Partei hat im Übrigen auch plausibel dargelegt, dass sie als gemeinnützige Einrichtung Preisvorteile genießt, die sie auch bei der Preisberechnung voll weitergibt. Dabei ist insbesondere eine Steuerbefreiung, Entfall des Zuschlags zum Dienstgeberbeitrag sowie der fehlende Gewinnzuschlag ins Treffen zu führen. Es kann daher der Oö. Verwaltungssenat nicht finden, dass der von der mitbeteiligten Partei gebotene Bewertungspreis nicht nachvollziehbar ist bzw. betriebswirtschaftlich nicht erklärbar ist. Vielmehr ist aus den vorgelegten Kalkulationsunterlagen die Preisgestaltung plausibel dargelegt.

Die Gewichtung des angebotenen Preises ist in Punkt VIII. der Angebotsunterlage genau dargestellt. Es ergeben sich daher aufgrund des Bestpreises 50 Punkte für die mitbeteiligte Partei und 41,5 Punkte für die Antragstellerin.

 

Im Hinblick auf das weitere Kriterium der Qualität, welches ebenfalls mit 50 Punkten gewichtet ist, ist festzustellen, dass die in der Angebotsunterlage bekannt gegebenen Subkriterien Betreuungsschlüssel, Qualitätssicherungssystem und Abwicklung gleichermaßen auf sämtliche Bieter angewendet wurden. Hinsichtlich des Subkriteriums Qualitätssicherungssysteme und Abwicklung wurden sowohl der mitbeteiligten Partei als auch der Antragstellerin jeweils die höchstmögliche Punktezahl von 12,5 Punkten vergeben. Beim Betreuungsschlüssel waren maximal 25 Punkte zu erzielen, nämlich 15 Punkte für Maßnahmen und 10 Punkte für den Lehrbetrieb. Da sowohl die Antragstellerin als auch die mitbeteiligte Partei beim Lehrbetrieb annähernde Betreuungsschlüssel bekannt gaben, wurden sie gleichermaßen mit der höchstmöglichen Punktezahl von 10 Punkten bewertet. Lediglich bei den Maßnahmen unterscheiden sich die Antragstellerin und die mitbeteiligte Partei, indem die mitbeteiligte Partei einen wesentlich höheren Betreuungsschlüssel bei Maßnahmen angibt. Dies wurde entsprechend bei der Gewichtung berücksichtigt, sodass die maximale Punkteanzahl von 15 Punkten auf die mitbeteiligte Partei und 8 Punkte auf die Antragstellerin entfielen.

Aufgrund der hohen Gewichtung des Preises mit 50 % ist aber ersichtlich, dass bei der tatsächlichen Bewertung der Antragstellerin mit lediglich 41,5 Punkten beim Preis auch die Vergabe der maximalen Punkteanzahl bei der Qualität ihr nicht  zum Erfolg verhelfen würde. Es kann daher nicht gefunden werden, dass bei der Bewertung der Angebote eine Ungleichbehandlung der Bieter erfolgte bzw. dass das Transparenzgebot nicht eingehalten wurde, sodass keine Verletzung der allgemeinen Grundsätze des Vergabeverfahrens festgestellt wurde und daher keine Rechtswidrigkeit vorliegt.

 

5.4. Zur behaupteten mangelhaften Begründung der Zuschlagsentscheidung ist ungeachtet des Umstandes, dass wie bereits ausgeführt wurde, § 131 BVergG 2006 nicht zur Anwendung kommt, darauf hinzuweisen, dass schon aus der Formulierung „dieser deutliche Preisvorteil bei gleichzeitig hohem Qualitätsnachweis“ eindeutig vorgibt, dass der deutliche Preisvorteil den Ausschlag gab. Anhand der genauen Berechnungsformel für die Punktevergabe beim Preis konnte daher die Antragstellerin aus dem Verhältnis ihres Bewertungspreises zum in der Zuschlagsentscheidung angegebenen Bewertungspreis der Bestbieterin ihre Punkteanzahl errechnen. Weiters ist aus der Formulierung ersichtlich, dass die Bestbieterin auch einen sehr hohen Qualitätsnachweis geliefert hat. Es war daher aus der Formulierung der Zuschlagsentscheidung auch für die Antragstellerin ersichtlich, dass selbst bei Erzielung der Höchstpunktezahl beim Kriterium Qualität sowohl durch die Antragstellerin als auch durch die mitbeteiligte Partei aufgrund der Gewichtung 50 % zu 50 % bei Preis und Qualität ein deutlicher Vorteil für die mitbeteiligte Partei im Grunde des Preisvorteils bestand.

Weil aber § 131 BVergG 2006 aufgrund der Bestimmung des § 141 Abs.1 BVergG 2006 nicht zur Anwendung gelangt und aus der Mitteilung der Zuschlagsentscheidung „gemäß § 131 Bundesvergabegesetz der Zuschlag“ noch nicht die volle Anwendbarkeit des BVergG herausgelesen werden kann, war aber die Zuschlagsentscheidung auch im Hinblick auf den § 141 Abs.5 BVergG 2006 ausreichend. Danach ist jedenfalls nur die Zuschlagsentscheidung den im Verfahren verbliebenen Unternehmern bekannt zu geben, ein näherer Inhalt ist nicht geregelt, mit Ausnahme, dass eine angemessene Stillhaltefrist vom Auftraggeber in der Zuschlagsentscheidung festzusetzen ist und diese Stillhaltefrist zu beachten ist. Selbst die Dauer der Stillhaltefrist ist nach § 141 Abs.5 BVergG 2006 nicht geregelt, sondern ist vom Auftraggeber je nach Vergabeverfahren angemessen festzusetzen. Wenn die angefochtene Zuschlagsentscheidung die im BVergG für den Oberschwellenbereich festgesetzte Stillhaltefrist von 14 Tagen wählt, so ist sie damit sicherlich gesetzeskonform vorgenommen, was jedoch nicht bedeutet, dass damit sämtliche Bestimmungen des BVergG Anwendung finden.

 

5.5. Im Grunde des Vorbringens der Antragstellerin war daher ein Verstoß gegen vergaberechtliche Grundsätze nicht festzustellen und die Zuschlagsentscheidung zugunsten der mitbeteiligten Partei rechtmäßig. Der Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung war daher abzuweisen.

 

6. Gemäß § 74 Abs.1 und 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG hat jeder Beteiligte die  ihm im Verwaltungsverfahren erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten und bestimmen die Verwaltungsvorschriften, inwiefern einem Beteiligten ein Kostenersatzanspruch gegen einen anderen Beteiligten zusteht.

 

Gemäß § 23 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 hat der Antragssteller bzw. die Antragstellerin, der bzw. die vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat wenn auch nur teilweise obsiegt, Anspruch auf Ersatz der gemäß § 22 entrichteten Gebühren durch den Auftraggeber bzw. die Auftraggeberin.

 

Da der Nachprüfungsantrag abzuweisen war und kein Obsiegen festzustellen war, entfällt ein Gebührenersatz. Der entsprechende Antrag war abzuweisen.

 

7. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 20,40 Euro für die Antragstellerin und in Höhe von 13,20 Euro für die mitbeteiligte Partei angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt jeweils bei.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 


 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

 

Beschlagwortung: nicht prioritäre Dienstleistung, kein strenges Vergaberegime, plausibler Gesamtpreis,

 

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