Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-560125/2/WEI/Fu/Sta

Linz, 19.08.2010

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des X, geb. X, X, vertreten durch die Sachwalterin X, pA. X, X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 17. März 2010, Zl. SH 10-1741-2010, betreffend den Ersatz von Kosten für soziale Hilfe nach § 46 Oö. Sozialhilfegesetz 1998 – Oö. SHG 1998 (LGBl Nr. 82/1998 zuletzt geändert mit LGBl Nr. 41/2008), zu Recht erkannt:

Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und allfälligen Er­lassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz zurück­ver­wiesen wird.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz – AVG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem bekämpften Bescheid vom 17. März 2010, Zl. SH 10-1741-2010, hat die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach über den Antrag des Sozialhilfeverbandes Rohrbach vom 7. Jänner 2010 auf Kostenersatz wie folgt abgesprochen:

 

"S p r u c h :

 

Dem Antrag wird Folge gegeben.

 

Herr X, geb. X, wh. im Bezirksseniorenheim X, X, vertreten durch seine Sachwalterin Frau x, p.A. x, Linz, ist verpflichtet,

 

innerhalb von zwei Wochen nach Rechtskraft dieses Bescheides den Betrag von € 12.483,56

 

aus seinem Vermögen als Kostenersatz für die Pflege und Betreuung im Bezirksseniorenheim x an den Sozialhilfeverband Rohrbach unter dem Verwendungszweck: 'SH10-1741-x' zu leisten.

 

..."

 

Die Behörde stützte ihren Bescheid auf folgende Rechtsgrundlagen: "§§ 45, 46, 52 Abs. 4 und 5 und 66 Oö. Sozialhilfegesetz 1998, LGBl. Nr. 118/1998, jeweils in der geltenden Fassung."

 

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass dem Berufungswerber (im Folgenden: Bw) mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 16. August 2000 soziale Hilfe in stationären Einrichtungen durch Aufnahme im Bezirksseniorenheim x gewährt worden sei. Der Bw befinde sich dort seit 1. August 2000. Da er die Heimkosten nicht zur Gänze aus Eigenmittel bezahlen könne, trage der Sozialhilfeverband Rohrbach als endgültiger Kostenträger einen Teil der Heimkosten. Bis einschließlich Oktober 2009 sei dem Sozialhilfeverband Rohrbach durch die Betreuung und Pflege im Seniorenheim x ein Reinaufwand von insgesamt € 19.507,98 entstanden.

 

Gemäß § 46 Abs 1 Oö. Sozialhilfegesetz 1998 sei der Empfänger sozialer Hilfe zum Ersatz der für ihn aufgewendeten Kosten verpflichtet, wenn er zu hinreichendem Einkommen oder Vermögen gelangt. Wie aus den der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vorgelegten Unterlagen hervorgehe, verfüge der Bw per 23. Oktober 2009 über ein Gesamtvermögen von € 19.783,56. Die Berechnung habe ergeben, dass € 12.483,56 an den Sozialhilfeverband Rohrbach als Kostenrückersatz zu leisten seien. Dies sei der Sachwalterin des Bw mit Bescheid vom 26. November 2009 mitgeteilt worden. Dieser Bescheid sei jedoch mit Bescheid vom 28. Jänner 2010 wieder aufgehoben und der Sachwalterin daraufhin ein Vergleichsangebot unterbreitet worden, welches jedoch abgelehnt worden sei. Daraufhin habe der Sozialhilfeverband Rohrbach den Antrag gestellt, schriftlich mit Bescheid über den Kostenrückersatz abzusprechen.

 

In rechtlicher Hinsicht führt die belangte Behörde aus, dass die im "§ 5 Abs. 7 Oö. Sozialhilfe-Verordnung" angeführte Bestimmung, wonach Geldbeträge bis zu insgesamt € 12.000 nicht zum Rückersatz herangezogen werden dürfen, hier nicht zur Anwendung komme, da sich dieser Betrag nur auf das Leistungsverfahren beziehe und nicht auf das Kostenersatzverfahren. Die Bestimmungen der mit 1. Jänner 2009 in Kraft getretenen Sozialhilfe-Verordnung seien daher in der Frage des Kostenersatzes nicht relevant. Vielmehr sei die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach berechtigt gewesen, das Vermögen des Bw bis auf den Betrag, der bei der Heimaufnahme vorhanden war, abzuschöpfen. Von Amts wegen sei jedoch darauf verzichtet und lediglich Vermögen über den Betrag von € 7.300, nämlich € 12.483,56, zum Rückersatz vorgeschrieben worden.

 

2. Gegen diesen, der Sachwalterin des Bw am 22. März 2010 zugestellten Bescheid richtet sich die am 1. April 2010 rechtzeitig zur Post gegebene Berufung.

 

In dieser wird festgestellt, dass es grundsätzlich richtig sei, dass der Bw gemäß § 46 Abs 1 Oö. SHG 1998 zum Ersatz der Kosten verpflichtet sei, der Bescheid wird jedoch der Höhe nach angefochten. Begründend werden zwei Argumente ins Treffen geführt:

 

Zum einen sei gemäß § 51 Abs 1 Oö. SHG 1998 vorgesehen, dass Ersatzansprüche gemäß § 46 Abs 1 Oö. SHG 1998 dann und insoweit verjähren, wenn seit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem die soziale Hilfe geleistet worden ist, bereits mehr als 3 Jahre verstrichen sind, wobei als maßgeblicher Zeitpunkt das Bescheiderlassungsdatum heranzuziehen sei. Die Behörde habe daher jedenfalls Beträge die vor dem 1. Jänner 2007 angefallen sind, nicht mehr zu berücksichtigen. Die Behörde erkläre jedoch nicht nachvollziehbar, welche Beträge aus welchen Zeiträumen an Heimkosten angefallen sind und welcher Anteil davon im Wege der 80/20 Teilung vom Betroffenen selbst bereits geleistet wurde. Dies sei für den Bw daher nicht transparent und entspreche nicht dem Rechtsstaatsgebot, da eine Überprüfung nicht möglich erscheine.

 

Zum anderen wird vorgebracht, dass für den Ersatztatbestand des hinreichenden Vermögens im § 46 Abs 1 Z 1 Oö. SHG 1998 die gleiche Grenze maßgebend sei, wie für die Beurteilung der Hilfebedürftigkeit nach § 9 Oö. SHG 1998, weshalb die Regelung über die Anrechenbarkeit von Einkommen oder Vermögen grundsätzlich auch bei der Beurteilung eines Ersatzanspruches gegen den Hilfeempfänger heranzuziehen sei. Da der Bw in einer stationären Einrichtung lebe, seien daher gemäß § 5 Abs 7 Oö. Sozialhilfeverordnung 1998 Geldbeträge bis zu insgesamt € 12.000 nicht zu berücksichtigen. Die Freigrenze sei daher entsprechend der bisherigen Vollzugspraxis der Behörden nicht nur im Leistungszuerkennungsverfahren, sondern auch im Kostenersatzverfahren anzuwenden, ansonsten sei jedenfalls die Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz zu prüfen gewesen. Diesbezügliche Erhebungen seien jedoch nicht erfolgt. Bei einem von der Behörde festgestellten Vermögen von insgesamt € 19.783,56 ergebe sich daher ein Kostenersatz in der Höhe von € 7.783,56. Darüber hinaus komme es hinsichtlich der Sach- und Rechtslage auf den Zeitpunkt der Entscheidung über den Kostenersatz an. Da es dem ausschließlichen Ermessen der Behörde obliege, ob und wann sie eine Abrechnung vornimmt, käme ein Abstellen auf den Zeitpunkt der Leistungszuerkennung bei der Gewährung eines Freibetrages einer Willkür gleich, weil damit der Hilfeempfänger von allen zukünftig vom Gesetzgeber beschlossenen Verbesserungen lebenslänglich ausgeschlossen wäre. Daher komme für die Berechnung des Freibetrages der § 5 Abs 7 Oö. Sozialhilfeverordnung 1998 idF LGBl 2009/128 zur Anwendung, so dass bei der Berechnung des Kostenersatzes eine Freigrenze von € 12.000 zu beachten sei.

 

Schließlich stellt der Bw den Antrag, dieser Berufung Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid aufzuheben, und einen Kostenersatz "- unter Anrechnung der Freigrenze in § 5 Abs. 7 Oö. SHV 1998 idF 2009/128 von € 12.000,- –" in der Höhe von € 7.783,56 an den Sozialhilfeverband Rohrbach für geleistete soziale Hilfe vorzuschreiben.

3.1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat den Verwaltungsakt samt Berufungsschrift ohne von der Möglichkeit einer Berufungsvorentscheidung Gebrauch zu machen – dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 22. April 2010 zur Entscheidung vorgelegt.

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt und die Berufung. Gemäß § 67d Abs 2 Z 1 AVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

3.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten und unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens festgestellt, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt nach der Aktenlage nicht vollständig geklärt ist.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ergibt sich aus der Bestimmung des § 66 Abs 3 Oö. SHG 1998, wonach der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich über Berufungen gegen Bescheide gemäß § 52 in zweiter Instanz entscheidet.

 

4.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Oö. Sozialhilfegesetzes 1998 (LGBl. Nr. 82/1998 idF LGBl. Nr. 41/2008) lauten auszugsweise wie folgt:

 

"§ 9

Einsatz der eigenen Mittel, Kostenbeitrag

 

            (1) Die Leistung sozialer Hilfe hat unter Berücksichtigung des Einkommens und des verwertbaren Vermögens der hilfebedürftigen Person, bei sozialer Hilfe zur Pflege auch unter Berücksichtigung der pflegebezogenen Geldleistungen, zu erfolgen, es sei denn, dies wäre im Einzelfall mit der Aufgabe sozialer Hilfe unvereinbar oder würde zu besonderen Härten führen.

 

            (2) – (8) ...

 

            (9) Die Landesregierung hat durch Verordnung nähere Vorschriften über den Einsatz der Mittel und über den Kostenbeitrag zu erlassen. Diese Verordnung hat insbesondere zu regeln:

            1. inwieweit Einkommen und verwertbares Vermögen Hilfebedürftiger sowie des im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegatten (Lebensgefährten) gemäß Abs. 3 nicht zu berücksichtigen sind, wobei auf die Ziele dieses Landesgesetzes und vergleichbare Regelungen nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) Bedacht zu nehmen ist;

            2. unter welchen Voraussetzungen und in welchem Ausmaß für persönliche Hilfe Kostenbeiträge zu leisten sind, wobei bei Kostenbeiträgen des Ehegatten auf die Grenzen der Ersatzpflicht Angehöriger (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2) Bedacht zu nehmen ist."

 

Im 7. Hauptstück (§§ 45 bis 52) des Oö. SHG 1998 geht es um den Ersatz für geleistete soziale Hilfe und den Übergang von Ansprüchen.

 

Nach der allgemeinen Bestimmung des § 45 Abs 1 Oö. SHG 1998 haben für Kosten sozialer Hilfe, auf die ein Rechtsanspruch besteht, Ersatz zu leisten, soweit hiefür nicht bereits vom Hilfebedürftigen Kostenbeiträge nach § 9 Abs 7 Oö. SHG 1998 geleistet wurden oder solche ausgeschlossen sind:

1.  der Empfänger sozialer Hilfe;

2.  die Erben des Empfängers sozialer Hilfe;

3.  dem Empfänger sozialer Hilfe gegenüber unterhaltspflichtige Angehörige;

4.  Personen, denen gegenüber der Empfänger sozialer Hilfe Rechtsansprüche zur Deckung jenes Bedarfes besitzt, der die Leistung sozialer Hilfe erforderlich gemacht hat;

5.  Personen, denen der Empfänger sozialer Hilfe Vermögen geschenkt oder sonst ohne entsprechende Gegenleistung übertragen hat.

 

Die im gegenständlichen Fall einschlägige Vorschrift des Oö. SHG 1998 lautet:

 

"§ 46

Ersatz durch den Empfänger sozialer Hilfe und seine Erben

 

            (1) Der Empfänger sozialer Hilfe ist zum Ersatz der für ihn aufgewendeten Kosten verpflichtet, wenn

            1. er zu hinreichendem Einkommen oder Vermögen (§ 9) gelangt;

            2. nachträglich bekannt wird, daß er zur Zeit der Hilfeleistung hinreichendes Einkommen oder Vermögen hatte;

            3. im Fall des § 9 Abs. 6 die Verwertung von Vermögen nachträglich möglich und zumutbar wird.

 

            (2) Von der Ersatzpflicht nach Abs. 1 sind ausgenommen:

            1. Kosten für soziale Hilfe, die während einer Tätigkeit im Rahmen der Hilfe zur Arbeit geleistet wurde;

            2. die Kosten für soziale Hilfe, die gemäß § 18 bei Schwangerschaft oder Entbindung sowie gemäß § 19 geleistet wurde;

            3. die Kosten für soziale Hilfe, die für die Zeit vor Erreichung der Volljährigkeit geleistet wurde;

            4. Kosten für soziale Hilfen, deren Wert im Kalenderjahr in Summe das Dreifache des Richtsatzes für Alleinstehende (§ 16 Abs. 3 Z. 1 lit. a) nicht übersteigt, soweit es sich dabei nicht um Hilfe in stationären Einrichtungen handelt.

 

            (3) Die Verbindlichkeit zum Ersatz der Kosten sozialer Hilfe nach Abs. 1 geht gleich einer anderen Schuld auf den Nachlaß des Empfängers sozialer Hilfe über. Die Erben des Hilfeempfängers haften für den Ersatz der Kosten sozialer Hilfe nur bis zur Höhe des Wertes des Nachlasses. Sie können gegen Ersatzforderungen nicht einwenden, daß der Ersatz vom Hilfeempfänger gemäß Abs. 2, § 45 Abs. 2 und § 52 Abs. 2 nicht hätte verlangt werden dürfen."

 

Nach § 51 Abs 1 Oö. SHG 1998 verjähren Ersatzansprüche nach den §§ 46 bis 48 Oö. SHG 1998, wenn seit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Hilfe geleistet worden ist, mehr als drei Jahre verstrichen sind. Ersatzansprüche auf Grund von Schenkungen auf den Todesfall verjähren nach drei Jahren nach dem Tod des Geschenkgebers. Die Verjährung wird unterbrochen, wenn die Geltendmachung des Kostenersatzes gemäß § 52 dem Ersatzpflichtigen zugegangen ist.

 

Die Geltendmachung von Ansprüchen nach dem 7. Hauptstück des Oö. SHG 1998 regelt § 52. Dieser lautet (auszugsweise):

 

"§ 52

Geltendmachung von Ansprüchen

 

            (1) ...

 

            (2) Ansprüche gemäß §§ 46 bis 49 dürfen nicht geltend gemacht werden, wenn dadurch die wirtschaftliche Existenz der leistungspflichtigen Person und der ihr gegenüber unterhaltsberechtigten Angehörigen sowie des Lebensgefährten gefährdet wird. Die Landesregierung kann nach Maßgabe der Aufgaben und Ziele dieses Landesgesetzes durch Verordnung nähere Bestimmungen über die Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz erlassen.

 

            (3) Von der Geltendmachung von Ansprüchen gemäß §§ 46 bis 49 kann abgesehen werden, wenn das Verfahren mit unverhältnismäßig hohen Kosten oder einem unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand verbunden wäre.

 

            (4) Die Träger sozialer Hilfe können über Ansprüche gemäß §§ 46 bis 49 Vergleiche mit den Ersatzpflichtigen abschließen. Vergleichen kommt, wenn er von der Behörde, die gemäß Abs. 5 über den Anspruch zu entscheiden hätte, beurkundet wird, die Wirkung eines gerichtlichen Vergleiches (§ 1 Z. 15 Exekutionsordnung) zu.

 

            (5) Kommt über Ansprüche gemäß §§ 46 bis 48 ein Vergleich nicht zustande, hat auf Antrag des Trägers sozialer Hilfe nach Abs. 1 die Behörde (§ 66) mit schriftlichem Bescheid über den Anspruch zu entscheiden.

 

            (6) ..."

 

§ 5 der Oö. Sozialhilfeverordnung 1998, StF LGBl Nr. 118/1998, zuletzt geändert durch LGBl Nr. 128/2009 (im Folgenden Oö. SHV 1998), regelt den Einsatz der eigenen Mittel und Freibeträge und lautet auszugsweise wie folgt:

 

"§ 5

Einsatz der eigenen Mittel, Freibeträge

 

            (1) ...

 

            (2) Bei Festsetzung des Ausmaßes von Leistungen sozialer Hilfe durch Hilfe in stationären Einrichtungen (§ 17 Abs. 2 Z. 2 des Oö. SHG 1998) sind folgende Einkünfte nicht zu berücksichtigen:

            1. 20% einer allfälligen Pension, Rente oder anderer Ruhe- oder Versorgungsgenüsse (einschließlich allfälliger Zulagen und Zuschläge) und

            2. die Sonderzahlungen (13. und 14. Monatsbezug) und

            3. 10% des Betrages der Stufe 3 eines Pflegegeldes nach dem Oö. Pflegegeldgesetz oder bei Pflegegeld nach dem Bundespflegegeldgesetz - BPGG, BGBl. Nr. 110/1993, der vom Anspruchsübergang gemäß § 13 BPGG nicht erfaßte Betrag oder

            4. 10% des Betrages des Pflegegeldes der Stufe 3, wenn dadurch ein Anspruch auf Sozialhilfe vermieden wird.

 

            (3) – (6) ...

 

            (7) Bei Leistung sozialer Hilfe durch Hilfe in stationären Einrichtungen sind über Abs. 3 hinaus Geld oder Geldeswert bis zu insgesamt 12.000 Euro und kleinere Sachwerte nicht zu berücksichtigen."

 

4.3. Aufgrund des gescheiterten Vergleichsversuchs zwischen dem Sozialhilfeverband Rohrbach und dem Bw und aufgrund des Antrags des Sozialhilfeverbandes vom 7. Jänner 2010 war die belangte Behörde gemäß § 52 Abs 5 Oö. SHG 1998 zuständig, über den Kostenersatz nach § 46 Oö. SHG 1998 zu entscheiden. Daran ändert auch die Tatsache, dass die belangte Behörde schon am 26. November 2009 einen Kostenersatzbescheid erlassen hat, nichts, weil sie diesen Bescheid aufgrund der am 10. Dezember 2009 dagegen eingebrachten Berufung im Rahmen der ihr zustehenden Berufungsvorentscheidung wegen Verfahrensmängel selbst behoben hat. Deshalb liegt auch keine entschiedene Sache vor.

 

Nach § 46 Abs 1 Oö. SHG 1998 ist der Empfänger sozialer Hilfe zum Ersatz der für ihn aufgewendeten Kosten verpflichtet, wenn er zu hinreichendem Einkommen oder Vermögen (§ 9) gelangt (Z 1), nachträglich bekannt wird, dass er zur Zeit der Hilfeleistung hinreichendes Einkommen oder Vermögen hatte (Z 2), oder im Fall des § 9 Abs 6 die Verwertung von Vermögen nachträglich möglich und zumutbar wird (Z 3). Im gegenständlichen Fall stützte die belangte Behörde ihre Entscheidung auf § 46 Abs 1 Z 1 Oö. SHG 1998.

 

4.4. Gemäß § 66 Abs 2 AVG kann die Berufungsbehörde den angefochtenen Be­scheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheids an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurück­verweisen, wenn der der Berufungsbehörde vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Ver­handlung unvermeidlich scheint.

 

Dies trifft aus folgenden Gründen auf den vorliegenden Fall zu:

 

Da dem Sozialhilfeverband Rohrbach von 1. August 2000 bis einschließlich Oktober 2009 Kosten in der Höhe von € 19.507,98 entstanden seien, habe nach Ansicht der belangten Behörde der Sozialhilfeverband für diese Kosten einen Anspruch auf Kostenrückersatz.

 

Allerdings sieht § 51 Abs 1 Oö, SHG 1998 vor, dass Ersatzansprüche gemäß § 46 Abs 1 Oö. SHG 1998 dann bzw. insoweit verjähren, wenn seit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem die soziale Hilfe geleistet worden ist, bereits mehr als drei Jahre verstrichen sind. Dies dürfte im gegenständlichen Fall zumindest hinsichtlich eines Teiles der geleisteten sozialen Hilfe zutreffen, da der Pauschalbetrag sämtliche Kosten seit 1. August 2000 umfasst. Eine genaue, objektiv nachvollziehbare Auflistung der angefallenen Kosten ist im Akt nicht enthalten, weshalb nicht feststellbar ist, in welchem Zeitraum welche Kosten angefallen sind und welcher Teil der Kosten allenfalls aufgrund der Verjährung überhaupt nicht mehr erstattungsfähig ist. Im Rahmen des von der belangten Behörde durchzuführenden ergänzenden Ermittlungsverfahren wird es erforderlich sein, die tatsächlich angefallenen Kosten genau und zeitlich nachvollziehbar aufzustellen, sowie dem Kostenersatz nur jene angefallenen Kosten zu Grunde zu legen, die noch nicht verjährt sind.

 

Des Weiteren bringt die Behörde von Amts wegen einen Betrag von € 7.300 in Abzug, ohne dabei klarzustellen, auf welcher gesetzlichen Grundlage dieser Abzug letztlich basiert. Denn zum einen vertritt die belangte Behörde die Ansicht, dass der Freibetrag des § 5 Abs 7 Oö. SHV 1998 im Kostenersatzverfahren überhaupt nicht anzuwenden sei. Zum anderen entspricht der Betrag von € 7.300 jedoch genau dem des § 5 Abs 7 Oö. SHV 1998 in der Fassung vor dem LGBl. Nr. 127/2008. Durch die Novelle LGBl. Nr. 127/2008 ist im § 5 Abs 7 der Betrag von € 7.300 auf € 12.000 angehoben worden.

 

Im Rahmen des ergänzenden Ermittlungsverfahrens und des neu zu erlassenden Bescheides wird die belangte Behörde daher genauer auf die Frage, ob der Betrag des § 5 Abs 7 Oö. SHV 1998 auch im Kostenersatzverfahren anzuwenden ist, einzugehen haben.

 

Die belangte Behörde wird diesbezüglich festzustellen haben, ob bereits im Leistungsverfahren ein Freibetrag berücksichtigt wurde. Denn dies geht im gegenständlichen Verfahren aus den vorgelegten Akten nicht hervor. Es kann den Akten auch nicht entnommen werden, ob der Bw zu seinem Vermögen erst nach dem 1. August 2000 gelangt ist, oder ob dieses Vermögen (bzw. Teile davon) damals schon vorhanden war, jedoch erst später hervorgekommen ist. Im gegenständlichen Fall fehlt eine exakte und nachvollziehbare Aufstellung des Vermögens des Bw, weshalb die belangte Behörde gehalten ist, diesbezüglich weitere Ermittlungen anzustellen und Klarstellungen vorzunehmen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich verweist hinsichtlich der Frage der Anwendbarkeit des § 5 Abs 7 Oö. SHG 1998 auf die diesbezügliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zum Oö. SHG 1973, welche auch auf das Oö. SHG 1998 übertragbar ist. Entsprechend den Materialien zum Oö. SHG 1998 werden die Ersatztatbestände nur deutlicher systematisiert und entsprechen auch die generellen Ausnahmen von der Ersatzpflicht der früheren Rechtslage. Das Wesentliche der für den Hilfeempfänger schon im § 50 Oö. SHG 1973 geltenden Ersatzpflichten blieb unverändert (vgl. AB Blg 206/1998 Oö. LT, 25. GP, 22 zu § 46).

 

Nach dem Verwaltungsgerichthof war für den Ersatztatbestand des "hinreichenden Vermögens" im § 50 Abs 1 Oö. SHG 1973 die gleiche Grenze maßgebend wie für die Beurteilung der Hilfebedürftigkeit nach § 9 Oö. SHG 1973, weshalb die Regelungen über die Anrechenbarkeit von Einkommen oder Vermögen grundsätzlich auch bei der Beurteilung eines Ersatzanspruches gegen den Hilfeempfänger heranzuziehen sind (vgl VwGH 26.01.2000, 97/08/0655). Wie der Verwaltungsgerichthof in der zitierten Entscheidung unter Hinweis auf Pfeil, Österreichisches Sozialhilferecht, Seite 406, zur vergleichbaren Oö. Sozialhilfeverordnung 1993 (LGBl Nr. 100/1992 idF Nr. 121/1996) weiter ausführte, handelt es sich bei dem in Frage stehenden Freibetrag (damals im Fall der Heim- oder Anstaltunterbringung ATS 50.000,-- gemäß § 9 Abs 2 lit. d Oö. Sozialhilfeverordnung 1993) um ein geschütztes, der Verwertung entzogenes Vermögen. Von diesem generell geschützten Vermögen ist jenes sog. "Schonvermögen" zu unterscheiden, dessen Verwertung dem Hilfesuchenden vorerst nicht möglich oder nicht zumutbar ist, wie das nach oberösterreichischem Recht etwa beim Eigenheim der Fall sein kann.

 

Im Ergebnis ist auf Basis dieser Judikatur der bei Leistung sozialer Hilfe in stationären Einrichtungen vorgesehene Freibetrag des § 5 Abs 7 Oö. SHG 1998 auch im Kostenersatzverfahren als ein dem Haftungsfonds entzogenes Vermögen zu betrachten. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat dem in seinen Erkenntnissen vom 16. April 2010, Zl. VwSen-560123/2/Gf/Mu, und vom 04. Mai 2010, Zl. VwSen-560126/2/Gf/Mu, nicht widersprochen, sondern sich nur gegen eine doppelte Begünstigung des Hilfeempfängers im Leistungs- und Ersatzverfahren ausgesprochen.

 

Für den Fall, dass zugunsten des Hilfeempfängers im Leistungsverfahren noch kein Freibetrag iSd § 5 Abs 7 Oö. SHG 1998 berücksichtigt wurde, ist ein solcher erstmals im Kostenersatzverfahren zu berücksichtigen, weil es sonst zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Benachteiligung kommen würde, wie die Berufung mit Recht kritisiert hat.

 

4.5. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichthofs (vgl VwGH 29.10.2007, 2006/10/0108) ist das Ausmaß des anrechenfrei bleibenden Vermögens des Hilfeempfängers nach der im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides geltenden Rechtslage zu bemessen, weil die Berufungsbehörde wie die Erstbehörde in der Sache zu entscheiden hat, ob und in welchem Ausmaß der Hilfeempfänger aus seinem Sparvermögen die Kosten der ihm gewährten Sozialhilfe zu ersetzen hat. Da es nicht um den Abspruch zu einem bestimmten Zeitpunkt oder über einen bestimmten Zeitraum, sondern um die aktuelle Begründung einer Zahlungsverpflichtung des Hilfeempfängers geht, ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde maßgeblich. Auch die belangte Behörde hat daher bei Erlassung eines neuen Bescheides die Oö. SHV 1998 in der zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung geltenden Fassung anzuwenden.

 

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass erspartes Vermögen, welches sich aus den bei Festsetzung der Sozialhilfe nicht zu berücksichtigenden Einkünften gemäß § 5 Abs 2 Oö. SHV 1998 ergibt (beispielsweise hat der Bw die ihm zu belassenden 20 % seiner Pension, Rente oder anderer Ruhe- und Versorgungsgenüsse angespart), im Kostenersatzverfahren durchaus als erlangtes Vermögen berücksichtigt werden kann. Denn entsprechend der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu den Vorschriften der Sozialhilfegesetze der Länder über die Heranziehung des Vermögens des Hilfeempfängers sind auch Ersparnisse aus dem freien 20%igen Einkommensanteil als Vermögen des Hilfeempfängers zu behandeln, das die Grundlage für einen Ersatzanspruch bilden kann. Es ist dabei nicht maßgeblich, aus welchen Quellen Ersparnisse gebildet wurden. Auch wenn die Ersparnisse aus Einkommensteilen gebildet wurden, die bei der Gewährung von Sozialhilfe außer Ansatz zu bleiben haben, sind sie als Vermögen im Sinne der Regelungen über die Heranziehung des Vermögens bei der Leistung von Kostenersatz anzusehen (vgl mwN VwGH 26.01.2000, 97/08/0655; VwGH 29.04.2002, 98/03/0289; VwGH 23.04.2007, Zl. 2007/10/0011)). Für den Freibetrag nach § 5 Abs 7 Oö. SHV gilt dies jedoch – wie bereits ausgeführt – nicht, weil es dabei sich um geschütztes und der Verwertung entzogenes Vermögen handelt (VwGH 29.10.2007, 2006/10/0108).

 

4.6. Die Durchführung von zusätzlichen Ermittlungen erscheint für die Klärung der maßgeblichen Sachlage unerlässlich. Letztlich ausschlaggebend für die Zurückverweisung ist aber auch der Umstand, dass mit einer mündlichen Verhandlung und unmittelbaren Beweisaufnahme durch den Unab­hängigen Verwaltungssenat selbst keine Ersparnis an Zeit und Kosten im Sinn des komplementären Tatbestands des § 66 Abs 3 AVG verbunden wäre. Im Gegenteil gebieten es die Grundsätze der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kosten­ersparnis (vgl § 39 Abs 2 letzter Satz AVG), die notwendigen ergänzenden Ermittlungen durch die – mit dem vorliegenden Fall vertraute – belangte Behörde vor­nehmen zu lassen.

 

Zusätzlich würde bei Durchführung des notwendigen ergänzenden Ermittlungsverfahrens durch den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich der dem Bw nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs generell zustehende gerichtliche Rechtsschutz, insofern entzogen werden, als der (gemäß Art 130 und 131 B-VG zur allfälligen Überprüfung zuständige) Verwaltungsgerichtshof - im Gegen­satz zum Unabhän­gigen Verwaltungssenat (vgl Art 129a B-VG iVm §§ 67a ff AVG) - im Wesentlichen nur als Revisionsinstanz und nicht als Tatsacheninstanz einge­richtet ist. Es ist daher davon auszugehen, dass die neuerliche Prüfung und Er­gänzung des Sachverhalts durch die Administrativbehörde zu erfolgen hat, sodass für den Bw eine allfällige nachfolgende (umfassende) Prüfungsmöglichkeit durch Un­abhängigen Ver­waltungssenat gewahrt bleibt.

 

Aus all diesen Gründen war der Berufung gemäß § 66 Abs 2 AVG mit der Maßgabe stattzugeben, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen war.

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr. W e i ß

 

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