Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164923/2/Zo/Eg

Linz, 17.08.2010

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des X, vertreten durch X, vom 12.3.2010, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 19.2.2010, Z. VerkR96-64448-2009, wegen einer Übertretung der StVO 1960  zu Recht erkannt:

 

 

I.             Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.           Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG;

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 20.9.2009  um 08.37 Uhr, mit dem PKW, Kennzeichen: X, im Bereich der Gemeinde Seewalchen am Attersee, Autobahn A 1, bei km 234.144 in Fahrtrichtung Wien außerhalb des Ortsgebietes die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 52 km/h überschritten habe. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 52 lit.a Zif.10a StVO 1960 begangen, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs.2e StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 180 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 84 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 18 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung machte der Berufungswerber  zusammengefasst geltend, dass es keinen Beweis für die Geschwindigkeitsüberschreitung gäbe. Der Umstand, dass eine Baustelle bestanden habe und Beschränkungen entsprechend einem Plan angeordnet gewesen seien, beweise nicht, dass die Beschränkung ordnungsgemäß erfolgt sei, die Verkehrszeichen tatsächlich aufgestellt waren und nicht etwa durch Wind oder Wetter umgefallen gewesen seien.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Vöcklabruck hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie den Akt der BH Vöcklabruck betreffend die ggstdl. Verkehrsbeschränkungen zu Zl. VerkR01-1900-2008 (diese Akteneinsicht erfolgte zu einem gleich gelagerten Fall, VwSen-164801). Daraus ergibt sich, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, weshalb gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG keine Verhandlung notwendig ist.

 

4.1. Daraus ergibt sich der folgende für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte zur Vorfallszeit den im Spruch geführten PKW auf der A1. Er hielt bei km 234.144 in Fahrtrichtung Wien eine Geschwindigkeit von 112 km/h ein. Dieser Umstand ist aufgrund der Radarmessung erwiesen. Entsprechend den vor Ort aufgestellten Verkehrszeichen war lediglich eine Geschwindigkeit von 60 km/h erlaubt.

 

Zu dieser Geschwindigkeitsbeschränkung ist Folgendes auszuführen:

 

Die gegenständliche Geschwindigkeitsbeschränkung wurde mit Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 2.9.2008 angeordnet. In dieser Verordnung wurden zur Durchführung von Bauarbeiten (Generalerneuerung der A 1 Regau-Seewalchen) die aus den Plänen für die Bauphasen 1 bis 6 ersichtlichen Verkehrsbeschränkungen, Verkehrsgebote und -verbote für die Zeiträume verordnet, die aus dem Bescheid vom 2.9.2008 hervorgehen. Für den ggstdl. Bereich wurde dabei ein Geschwindigkeitstrichter angeordnet, wobei die  100 km/h-Beschränkung bei km 234,808, die 80 km/h-Beschränkung bei km 234,558 und die 60 km/h-Beschränkung bei km 234,358 begonnen haben. Dieser Geschwindigkeitstrichter wurde erstmals in der Bauphase 2 eingerichtet und durch Aufstellen der Verkehrszeichen zwischen 23. und 26.9.2008 in Kraft gesetzt.

 

Die Geschwindigkeitsbeschränkungen waren in dieser Form auch während der Bauphase 3 gültig, allerdings hat die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck mit Verordnung vom 3.3.2009, Zl. VerkR01-1900-16-2008 angeordnet, dass die 60 km/h-Beschränkung erst bei km 234,108 beginnt. Dadurch wurde die vorher bestehende 80 km/h-Beschränkung bis km 234,108 verlängert. Diese abgeänderte Verordnung wurde durch das Entfernen der entgegenstehenden 60 km/h-Tafeln durch die Autobahnmeisterei Seewalchen am 03.03.2009 kundgemacht.

 

Nach der Bauphase 4, welche nur einen kurzen Bauabschnitt zur Änderung der Verkehrsführung betraf, wurden in der Zeit vom 26. bis 28.5.2009 die Verkehrszeichen für die Bauphase 5 entsprechend dem bereits am 2.9.2008 verordneten Bauplan aufgestellt. Die Verkehrszeichen für die 60 km/h-Beschränkung wurden daher bei km 234,358 angebracht. Allerdings hatte die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck diese Verordnung bereits vor dem Aufstellen der Verkehrszeichen durch die Verordnung vom 19.5.2009 abgeändert. Durch diese Abänderungsverordnung wurde für die Bauphase 5 angeordnet, dass die 80 km/h-Beschränkung bis km 233,908 verlängert wurde und die 60 km/h-Beschränkung erst dort begann. Bei der Aufstellung der Verkehrszeichen wurde diese Abänderungsverordnung jedoch aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen nicht beachtet.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Das Verkehrszeichen gemäß § 52 lit.a Abs.10a StVO "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" zeigt an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

 

Die Prüfung ordnungsgemäß kundgemachter Verordnungen steht dem UVS gemäß Art. 129 Abs. 3 B-VG nicht zu. Sofern der UVS Zweifel an der sachlichen Richtigkeit einer ordnungsgemäß kundgemachten Verordnung hat, hat er die Möglichkeit, diese durch den Verfassungsgerichtshof überprüfen zu lassen. Ist eine Verordnung jedoch nicht gehörig kundgemacht, so hat sie der UVS nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH nicht anzuwenden. Daraus ergibt sich, dass der UVS die Frage der Kundmachung der jeweiligen Verordnung zu prüfen hat.

 

5.2.  Verkehrsbeschränkungen werden gemäß § 44 Abs.1 StVO durch das Anbringen der entsprechenden Straßenverkehrszeichen kundgemacht. Dabei kommt es nach der Rechtsprechung des VwGH zwar nicht auf das völlig exakte Aufstellen der Verkehrszeichen an, wenn der Aufstellungsort des Verkehrszeichens aber wesentlich von jener Stelle abweicht, die in der Verordnung vorgegeben wurde, ist die Verordnung nicht gehörig kundgemacht (vgl. zB. VwGH vom 25.1.2002, Zl. 99/02/0014). Im ggstdl. Fall ist die Geschwindigkeitsbeschränkung für die Bauphase 5 durch das Aufstellen der Verkehrszeichen zwischen 26. und 28.5.2009 in Kraft gesetzt worden. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Behörde ihre ursprüngliche Verordnung vom September 2008 durch die Verordnung vom 19.5.2009 abgeändert, weshalb dieser geänderte Verordnungstext hätte kundgemacht werden müssen. Das ist aber nicht geschehen, weshalb das Verkehrszeichen, welches den Beginn der 60 km/h-Beschränkung anzeigte, bei Km 234,358 statt richtig bei Km 233,908 aufgestellt wurde. Die Geschwindigkeitsbeschränkung für die Bauphase 5 wurde daher nicht ordnungsgemäß kundgemacht und darf deshalb vom UVS nicht angewendet werden. Eine Bestrafung wegen Überschreitens der 60 km/h-Beschränkung ist also nicht möglich.

 

Am Radarstandort hätte nach dem Willen der Verkehrsbehörde eine 80 km/h -Beschränkung gelten sollen. Das Überschreiten dieser Geschwindigkeit kann dem Berufungswerber jedoch ebenfalls nicht vorgeworfen werden, weil innerhalb des beabsichtigten Geltungsbereiches der 80 Km/h-Beschränkung eine 60 Km/h-Tafel aufgestellt war und daher auch die 80 Km/h-Beschränkung nicht ordnungsgemäß kundgemacht war.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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