Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281174/15/Py/Pe/Hu

Linz, 27.07.2010

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn x, vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 13.7.2009, GZ. 0047045/2008, wegen einer Übertretung des Bauarbeitenkoordinationsgesetzes (BauKG), nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 14.7.2010 zu Recht erkannt:

 

I.   Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 400 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 9 Stunden herabgesetzt werden.

 

II. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 10 % der neu bemessenen Geldstrafe, das sind 40 Euro. Für das Berufungsverfahren ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG, BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

zu II.: § 64 Abs. 1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 13.7.2009, GZ 47045/2008, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 10 Abs.1 Z4 und § 5 Abs.2 Z1 BauKG eine Geldstrafe in der Höhe von 500 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 11 Stunden, verhängt.

 

Überdies wurde der Bw gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 50 Euro (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

 

Dem Straferkenntnis liegt nachstehender Tatvorwurf zugrunde:

 

„Der Beschuldigte, x, geborgen am x, wohnhaft: x, hat folgende Verwaltungsübertretung als verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der x zu vertreten:

Die x mit dem Sitz in x hat am 28.7.2008 als Baustellenkoordinator beim Bauvorhaben ‚Zubau Fa. x’ nicht darauf geachtet, dass die Arbeitgeber den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan anwenden. Am 28.7.2008 war ein Arbeitnehmer der x im Randbereich der Geschoßdecke über dem 2. Obergeschoß im wesentlichen Bereich des Zubaus bei einer möglichen Absturzhöhe von ca. 9 m mit Abschalungsarbeiten beschäftigt, ohne dass die im Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan vorgesehen Absturzsicherungen und das vorgesehene Arbeitsgerüst vorhanden waren.“

 

2. Dagegen hat der Bw rechtzeitig Berufung eingebracht und das Straferkenntnis seinem gesamten Umfang nach angefochten. Begründend wurde ausgeführt, dass die Bestimmungen des BauKG dahingehend zu interpretieren seien, dass der Planungs- und Baustellenkoordinator kein Oberbeauftragter für den Arbeitnehmerschutz sei. Er sei dazu verpflichtet, die für die Koordination von mehreren Arbeitgebern und Selbständigen untereinander zu sorgen, während für die Arbeitssicherheit die jeweiligen Auftraggeber zuständig seien. Weiters wurde eine unrichtige Sachverhaltsfeststellung und ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren bemängelt, weshalb die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt wurde.

 

3. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 14.7.2010, an welcher der Bw und sein Rechtsvertreter sowie ein Vertreter des Arbeitsinspektorates Linz teilgenommen haben. Die belangte Behörde hat sich entschuldigt. Weiters wurden die Zeugen x, x und Arbeitsinspektor x geladen und einvernommen.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Da die Berufung anlässlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung auf die Strafhöhe eingeschränkt wurde, ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen und ist es daher dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, hierauf einzugehen.

 

5.2. Gemäß § 10 Abs.1 Z4 Bauarbeiterkoordinationsgesetz – BauKG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, begeht, wer als Baustellenkoordinator die Verpflichtungen nach § 5 verletzt.

 

Gemäß § 5 Abs.2 Z1 BauKG hat der Baustellenkoordinator darauf zu achten, dass die Arbeitgeber den Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan anwenden.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafbemessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die von der Behörde nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, die Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist.

 

5.4. Im angefochtenen Straferkenntnis wurden über den Bw eine Geldstrafe von 500 Euro verhängt. Die Strafbemessung erfolgte nach den Bestimmungen des § 19 VStG. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurden im angefochtenen Straferkenntnis mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 2.000 Euro und keinen Sorgepflichten zugrunde gelegt. Als mildernd wurde die bisherige Unbescholtenheit des Bw gewertet, straferschwerende Gründe lagen nicht vor.

 

Als mildernd ist im gegenständlichen Verfahren jedoch zudem die lange Dauer des Verwaltungsstrafverfahrens zu werten. Diesbezüglich hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 26. Juni 2008, Zl. B304/07 ausgesprochen, dass die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach der Rechtsprechung des EGMR nicht abstrakt, sondern im Lichte der besonderen Umstände jedes einzelnen Falles zu beurteilen ist. Die besonderen Umstände des Einzelfalles ergeben sich aus dem Verhältnis und der Wechselwirkung verschiedener Faktoren. Neben Faktoren, welche die Verfahrensdauer beeinflussen, nämlich die Schwierigkeit des Falles, das Verhalten des Beschwerdeführers und das Verhalten der staatlichen Behörden in dem bemängelten Verfahren, ist auch die Bedeutung der Sache für den Beschwerdeführer relevant (vgl. VfSlg. 17.307/2004; 17.582/2005, 17.644/2005). Nicht eine lange Verfahrensdauer schlechthin führt zu einer Verletzung, sondern nur eine Verzögerung, die auf Versäumnis der staatlichen Organe zurückzuführen ist. Der Rechtsprechung des EGMR ist daher keine fixe Obergrenze für die Angemessenheit der Verfahrensdauer zu entnehmen, ab deren Überschreitung jedenfalls eine Verletzung des Art.6 Abs.1 EMRK anzunehmen wäre (vgl. VfSlg. 16.385/2001 mH auf die Rechtsprechung des EGMR).

 

Im gegenständlichen Verfahren sind seit der Tatbegehung und der Erlassung des Erkenntnisses des Oö. Verwaltungssenates zwei Jahre vergangen, sodass von keiner iSd Art.6 Abs.1 EMRK zu qualifizierenden noch gänzlich angemessenen Verfahrensdauer auszugehen war. Dieser Umstand war daher als Milderungsgrund iSd § 24 Abs.2 StGB bei der Strafbemessung entsprechend zu werten.

 

Neben dem Umstand, dass der Bw keine einschlägigen Verwaltungsvorstrafen im Zeitpunkt der Tatbegehung aufweist, sei ihm ebenfalls zugute zu halten, dass er die Verwaltungs­übertretung grundsätzlich eingestanden hat und wesentlich an der Erhebung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes mitwirkte.

 

Dem Oö. Verwaltungssenat erscheint daher die nunmehr verhängte Geldstrafe von 400 Euro noch als tat- und schuldangemessen und geeignet, den Bw künftighin von der Begehung gleichartiger Übertretungen abzuhalten, wobei der Bw darauf hingewiesen wird, dass bei weiteren Übertretungen mit der Verhängung empfindlich höherer Geldstrafen zu rechnen ist.

 

5.5. Von der Anwendung der Bestimmungen der §§ 20 und 21 VStG bzw. weitergehenden Herabsetzung war abzusehen, zumal die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nicht gegeben gewesen.

 

Entsprechend der Herabsetzung der Geldstrafen war auch gemäß § 16 VStG die Ersatzfreiheitsstrafe herabzusetzen.

 

6. Gemäß § 64 war der Kostenbeitrag zum Verfahren vor der belangten Behörde entsprechend der nunmehr verhängten Geldstrafe mit 10 % der verhängten Strafhöhe neu festzusetzen. Da die Berufung hinsichtlich des Strafausmaßes Erfolg hatte, entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag zum Berufungsverfahren.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Andrea Panny

 

 

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