Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300955/3/Gf/Mu

Linz, 17.08.2010

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 11. Kammer unter dem Vorsitz von Dr. Weiß, den Berichter Dr. Grof und den Beisitzer Dr. Pree über die Berufung des x, vertreten durch die RAe x, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried i.I. vom 2. Juli 2010, GZ Pol96-5-2010, wegen einer Übertretung des Oö. Polizeistrafgesetzes zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried i.I. vom 2. Juli 2010, GZ Pol96-5-2010, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe in Höhe von 3.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 200 Stunden) verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer GmbH zu vertreten habe, dass diese am 20. Jänner 2010 in x insgesamt sechs Personen ein Gebäude zwecks Ausübung der Prostitution zur Verfügung gestellt habe, ohne dies mindestens zwei Monate zuvor bei der Gemeinde angezeigt zu haben; dadurch habe er eine Übertretung des § 2 Abs. 3 lit. c und d des Oö. Polizeistrafgesetzes, LGBl.Nr. 36/1979, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 77/2007 (im Folgenden: OöPolStG) begangen, weshalb er nach § 10 Abs. 1 lit. c OöPolStG zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die vom Rechtsmittelwerber vertretene GmbH mit Schreiben vom 2. Dezember 2009 um die Genehmigung zur Errichtung eines Erotikstudios im verfahrensgegenständlichen Gebäude angesucht habe, diese jedoch mit Schreiben des Bürgermeisters der Gemeinde x vom 7. Jänner 2010 versagt worden sei. Dennoch sei im Zuge einer polizeilichen Kontrolle am 20. Jänner 2010 festgestellt worden, dass dort die Prostitution ausgeübt worden sei.

Daher sei über den Beschwerdeführer mit Straferkenntnis vom 2. Februar 2010, GZ Pol96-5-2010, eine Geldstrafe von 3.000 Euro verhängt worden. Weil der
Oö. Verwaltungssenat der dagegen erhobenen Berufung jedoch mit der Begründung, dass die beabsichtigte Prostitutionsausübung oder –anbahnung in einem ausschließlich von Prostituierten bewohnten oder benutzten Gebäude ein konstitutives Tatbestandsmerkmal darstellt, stattgegeben hat, sei daher am 27. April 2010 eine dementsprechend modifizierte Verfolgungshandlung (Aufforderung zur Rechtfertigung) gesetzt worden. Diese sei vom Rechtsmittelwerber allerdings
ignoriert worden, weshalb das Strafverfahren in der Folge ohne dessen Anhörung durchzuführen und sodann das (nunmehr neuerlich angefochtene) Straferkenntnis vom 2. Juli 2010 zu erlassen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses ihm am 8. Juli 2010 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 16. Juli 2010 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

Darin wird vorgebracht, dass weder feststehe, dass im Zuge der polizeilichen Kontrolle am 20. Jänner 2010 eine gewisse Anzahl von Freiern im Gebäude anwesend noch, dass einer der Räume als Folterkammer ausgestattet gewesen oder dass das Gebäude ausschließlich von Prostituierten bewohnt oder benutzt worden sei. Außerdem könne eine bloß einmalige Tätigkeit nicht als gewerbsmäßige Prostitution qualifiziert werden. Schließlich seien im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses lediglich die verba legalia ohne entsprechende Konkretisierung wiedergegeben worden. 

Aus diesen Gründen sowie im Hinblick darauf, dass ohnehin bereits eine rechtskräftige Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates vorliege, wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Ried zu GZ Pol96-5-2010; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen auch gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall, weil eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eine Kammer zu entscheiden.

3. Über die vorliegende Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1.1. Nach § 2 Abs. 1 OöPolStG hat u.a. derjenige, der beabsichtigt, ein Gebäude für die Ausübung von Beziehungen zur sexuellen Befriedigung anderer Personen zu Erwerbszwecken (Prostitution) zur Verfügung zu stellen, diesen Umstand – soweit eine derartige Tätigkeit nicht ohnehin gemäß § 2 Abs. 3 lit. c OöPolStG verboten ist – der Gemeinde mindestens zwei Monate vor Aufnahme der Prostitution anzuzeigen; die Gemeinde hat in der Folge die Verwendung des Gebäudes zu einem derartigen Zweck innerhalb von zwei Monaten ab dem Einlangen der Anzeige zu untersagen, wenn auf Grund der örtlichen Verhältnisse zu befürchten ist, dass dadurch die Nachbarschaft in unzumutbarer Weise belästigt oder das örtliche Gemeinwesen gestört wird oder sonstige öffentliche Interessen, insbesondere solche der Ruhe, Ordnung und Sicherheit oder des Jugendschutzes, verletzt werden.

Gemäß § 10 Abs. 1 lit. c i.V.m. § 2 Abs. 3 lit. c OöPolStG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 14.500 Euro bzw. mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen, der in Gebäuden mit mehr als einer Wohnung die gesamte Wohnung, Teile derselben oder sonstige Räumlichkeiten für Zwecke der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution zur Verfügung stellt oder eine derartige Verwendung gestattet oder duldet; eine Verwaltungsübertretung liegt jedoch nicht vor, wenn und solange die Prostitution in Gebäuden angebahnt oder ausgeübt wird, die ausschließlich von Personen bewohnt oder benützt werden, die die Prostitution ausüben.

Nach § 10 Abs. 1 lit. c i.V.m. § 2 Abs. 3 lit. d OöPolStG begeht auch derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 14.500 Euro bzw. mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen, der die in § 2 Abs. 1 OöPolStG vorgesehene Anzeige nicht erstattet.

3.2. Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer zunächst folgendes Straferkenntnis (vom 2. Februar 2010, GZ Pol96-5-2010) erlassen:

 

"Sie sind als handelsrechtlicher Gesellschafter der x GmbH, mit dem Sitz in x, x, dafür verantwortlich, dass am 20.01.2010 das Gebäude x, x, den Prostituierten ..... für Zwecke der Ausübung von Beziehungen zur sexuellen Befriedigung anderer Personen zu Erwerbszwecken (Prostitution) zur Verfügung gestellt wurde, obwohl dies nicht mindestens zwei Monate vor Aufnahme der Prostitution der Gemeinde x angezeigt wurde.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 2 Abs. 1 Oö. Polizeistrafgesetz

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von 3.000,00 Euro

 

Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 200 Stunden

Gemäß § 2 Abs. 3 lit. d iVm. § 10 Abs. 1 lit. c Oö. Polizeistrafgesetz"  

Nach Aufhebung dieses Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens durch den Oö. Verwaltungssenat mit Erkenntnis vom 8. April 2010, GZ VwSen-300935/3/Gf/Mu, hat die belangte Behörde das nunmehr angefochtenen Straferkenntnis vom 2. Juli 2010, GZ Pol96-5-2010, erlassen, das folgenden Spruch aufweist:

 

"Sie sind als handelsrechtlicher Gesellschafter der x GmbH, mit dem Sitz in x, x, dafür verantwortlich, dass am 20.01.2010 das Gebäude x, x, ein Gebäude, das ausschließlich von Personen bewohnt oder benützt wurde bzw. wird, die die Prostitution ausüben und in dem auch kein Gastgewerbe oder die Privatzimmervermietung ausgeübt wird, den Prostituierten ..... für Zwecke der Ausübung von Beziehungen zur sexuellen Befriedigung anderer Personen zu Erwerbszwecken (Prostitution) zur Verfügung gestellt wurde, obwohl dies nicht mindestens zwei Monate vor Aufnahme der Prostitution der Gemeinde x angezeigt wurde.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 2 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 3 lit. d und lit. c Oö. Polizeistrafgesetz, LGBl.Nr. 36/1979, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 77/2007

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von 3.000,00 Euro

 

Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 200 Stunden

Gemäß § 2 Abs. 3 lit. d und lit. c iVm. § 10 Abs. 1 lit. c Oö. Polizeistrafgesetz"

Aus der Zusammenschau der beiden Straferkenntnisse ergibt sich unzweideutig, dass sich diese (wie die hier kursiv dargestellten Wortfolgen des zweiten Bescheides belegen) lediglich dadurch unterscheiden, dass die im Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 8. April 2010, GZ VwSen-300935/3/Gf/Mu, gerügten Spruchmängel nunmehr formal korrigiert wurden; allein durch die zusätzliche Anführung des bloßen Gesetzestextes ist jedoch noch kein materiell neuer Tatvorwurf entstanden.

Die seitens der belangten Behörde hier gewählte Vorgangsweise wäre somit nur dann gesetzeskonform gewesen, wenn der Oö. Verwaltungssenat deren frühere Entscheidung bloß aufgehoben, zugleich jedoch nicht auch das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 VStG eingestellt hätte.

Da der Oö. Verwaltungssenat mit dem vorangeführten Erkenntnis jedoch explizit auch die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens – nämlich gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG – verfügt hat, war sohin i.S.d. § 24 VStG i.V.m. § 68 Abs. 1 AVG die neuerliche Erlassung eines Straferkenntnisses in derselben Sache nicht mehr zulässig (vgl. z.B. auch VwGH v. 28. Oktober 1998, Zl. 97/03/0010).

3.3. Der gegenständlichen Berufung war daher schon aus diesem Grund gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben und das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr.  W e i ß

 

 


Rechtssatz:

 

VwSen-300955/3/Gf/Mu vom 17. August 2010

 

§ 68 Abs. 1 AVG; § 45 VStG

 

Unzulässigkeit der neuerlichen Erlassung eines Straferkenntnisses, mit dem lediglich die vom UVS gerügte Spruchkorrektur in formaler Hinsicht vorgenommen wird, der UVS das ursprüngliche Straferkenntnis jedoch nicht nur aufgehoben, sondern zudem auch das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt hatte.

 

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