Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522645/3/Zo/Jo

Linz, 23.08.2010

 

                                                                                                                                                        

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des X, vom 28.07.2010 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 13.07.2010, Zl. VerkR20-1549-1998, wegen Entziehung der Lenkberechtigung und begleitender Maßnahmen zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und das Verwaltungsverfahren eingestellt.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a Abs.1 AVG iVm

§§ 7 Abs.1, Abs.3 Z1, 24 Abs.1 Z1 und Abs.3, 26 Abs.2 Z1, 30 Abs.1 und 32 Abs.1 FSG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr hat mit dem angefochtenen Bescheid dem Berufungswerber die Lenkberechtigung für die Klasse B für die Dauer von 6 Monaten, gerechnet ab Zustellung des Mandatsbescheides (06.05.2001) entzogen. Weiters wurde der Berufungswerber verpflichtet, eine Nachschulung durchzuführen sowie eine verkehrspsychologische Stellungnahme und ein amtsärztliches Gutachten über seine gesundheitliche Eignung beizubringen. Dem Berufungswerber wurde das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen für denselben Zeitraum ausdrücklich verboten und es wurde ihm das Recht aberkannt, während der Dauer der Entziehung von einer ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen. Einer Berufung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber aus, dass er den angeführten PKW gar nicht gelenkt habe und aufgrund seines Gipses auch nicht habe fahren können. Er habe die Untersuchung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt verweigert, weil gar kein begründeter Verdacht bestanden habe, dass er den PKW gelenkt habe. Der Polizeibeamte habe mit seiner geschockten Frau gesprochen und auf den Grund des Anrufes sei überhaupt nicht eingegangen worden. Ein Polizist habe ihn zum Alkotest aufgefordert, obwohl er diesem erklärt habe, dass er nicht gefahren sei und wegen seines Gipses auch nicht habe fahren können.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Urfahr-Umgebung hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Befragung der Zeugin X. Bereits daraus ergibt sich, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, weshalb eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht erforderlich ist. Diese wurde auch nicht beantragt.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Der Berufungswerber kam am Abend des 06.04.2010 von einem Gasthaus nach Hause, woraufhin es zu einer offenbar heftigen Auseinandersetzung mit seiner Gattin X gekommen ist. Im Zuge dieser Auseinandersetzung verständigte der Berufungswerber die Polizei und es wurden der Berufungswerber sowie dessen Gattin von den beiden Polizeibeamten getrennt befragt. Dabei gab die Gattin des Berufungswerbers entsprechend der Polizeianzeige an, dass ihr Gatte mit dem PKW nach Hause gekommen sei. Der augenscheinlich alkoholisierte Berufungswerber wurde von den Polizeibeamten deshalb zum Alkotest aufgefordert, welchen er mit der Begründung verweigerte, dass er nicht mit seinem PKW gefahren sei.

 

Wegen dieser Verweigerung des Alkotests wurde der Berufungswerber von der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung rechtskräftig wegen einer Übertretung des § 5 Abs.2 StVO 1960 bestraft. Dies deshalb, weil er aufgrund der Angaben seiner Gattin verdächtig war, den PKW in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben.

Der Berufungswerber bestritt jedoch während des gesamten Führerscheinentzugsverfahrens, den PKW tatsächlich selber gelenkt zu haben. Er gab auch jene Person als Zeugen bekannt, welche ihn damals angeblich nach Hause gebracht hat. Die Gattin des Berufungswerbers gab auf Befragen durch den UVS an, dass sie dem Polizisten gegenüber tatsächlich angegeben habe, dass ihr Gatte mit dem PKW nach Hause gekommen sei. Sie habe ihren Mann jedoch nicht mit dem PKW fahren gesehen sondern sei auf diesen erst aufmerksam geworden, als er bereits im Haus gewesen sei. Sie habe zwar vermutet, dass ihr Gatte mit dem PKW selbst gefahren sei, habe dies jedoch nicht gesehen. Es sei durchaus möglich, dass er von einem Bekannten nach  Hause gebracht worden sei. Aufgrund seiner damaligen Verletzung (Gips beim linken Fuß) sei er häufig von Bekannten gefahren worden, weil er selbst nur schwer habe fahren können.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 7 Abs.1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1.       die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

2.       sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 gilt gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG insbesondere, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen hat und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 StGB zu beurteilen ist.

 

Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1.     die Lenkberechtigung zu entziehen oder

2.     die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diesfalls ist gemäß § 13 Abs. 5 ein neuer Führerschein auszustellen.

 

Gemäß § 24 Abs.3 FSG hat die Behörde unbeschadet der Bestimmungen des Abs.3a eine Nachschulung anzuordnen, wenn die Entziehung in der Probezeit oder wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 oder 1a StVO 1960 erfolgt. Bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 ist unbeschadet der Bestimmungen des Abs.3a zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme anzuordnen. Wurde eine dieser Anordnungen innerhalb der festgesetzten Fristen nicht befolgt, oder wurden die zur Erstellung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde nicht beigebracht, oder wurde die Mitarbeit bei der Absolvierung der begleitenden Maßnahmen unterlassen, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung.

 

Gemäß § 26 Abs.2 Z1 FSG ist die Lenkberechtigung auf die Dauer von mindestens sechs Monaten zu entziehen, wenn beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges erstmalig ein Delikt gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 begangen wird.

 

5.2. Wie sich aus der gesetzlichen Formulierung des § 7 Abs.3 Z1 FSG und auch des § 26 Abs.2 Z1 FSG ergibt, besteht ein Führerscheinentzugsgrund (nur) dann, wenn jemand ein Fahrzeug (tatsächlich) lenkt oder in Betrieb nimmt und dabei eine Übertretung des § 99 Abs.1 bis 1b StVO begangen hat. Dem gegenüber besteht die Verpflichtung zur Durchführung eines Alkotests bereits dann, wenn eine bestimmte Person lediglich verdächtig ist, in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Kraftfahrzeug gelenkt zu haben. Dies bedeutet, dass die Verweigerung des Alkotests auch dann strafbar ist, wenn eine bestimmte Person bloß im Verdacht steht, ein Kraftfahrzeug gelenkt zu haben, wobei die Strafbarkeit auch dann bestehen bleibt, wenn sich dieser Verdacht im Nachhinein nicht bestätigt. Für die Entziehung der Lenkberechtigung kommt es jedoch entscheidend darauf an, ob der Betroffene das Kraftfahrzeug auch wirklich gelenkt oder in Betrieb genommen hat.

 

Es war daher im gegenständlichen Verfahren zu überprüfen, ob der Berufungswerber den PKW selbst gelenkt hat oder – so wie er behauptet -  von einem Bekannten nach Hause gebracht wurde. Der entsprechende Verdacht ergab sich aus den Angaben der Gattin des Berufungswerbers anlässlich der Amtshandlung. Dazu gab die Zeugin  jedoch im Berufungsverfahren nachvollziehbar und glaubwürdig an, dass sie ihren Gatten nicht beim Lenken des PKW gesehen hat. Sie hat diesen erst wahrgenommen, nachdem er bereits ins Haus gekommen war. Sie hatte lediglich vermutet, dass er selbst mit dem PKW gefahren sei, konnte diese Vermutung aber nicht auf eigene Wahrnehmungen stützen. Der Berufungswerber selbst bestritt hingegen von Anfang an, den PKW gelenkt zu haben. Er machte dazu auch einen Zeugen namhaft, welcher ihn nach Hause gebracht haben soll. Die Einvernahme dieses Zeugen war jedoch nicht mehr notwendig, weil die einzige Belastungszeugin ihre Aussage bereits entsprechend abgeschwächt hatte. Es darf nicht übersehen werden, dass tatsächlich niemand den Berufungswerber beim Lenken des PKW beobachten konnte. Unter Abwägung all dieser Umstände ist es durchaus möglich, dass der Berufungswerber den PKW tatsächlich nicht selbst gelenkt hat, dies auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass er aufgrund seines Gipses ohnedies nur schwer mit dem PKW hätte fahren können.

 

Die Entziehung der Lenkberechtigung wäre jedoch nur dann gerechtfertigt, wenn der Berufungswerber seinen PKW tatsächlich selbst gelenkt hätte, was aber nicht beweisbar ist. Es war daher seiner Berufung stattzugeben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 16,80 Euro angefallen.

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

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