Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-165008/10/Zo/Jo

Linz, 30.08.2010

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des X vom 01.04.2010 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 19.03.2010, Zl. VerkR96-7598-2009, wegen einer Übertretung der StVO nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 19.08.2010 und sofortiger Verkündung der Entscheidung zu Recht erkannt:

 

 

I.             Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.           Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag in Höhe von 16 Euro zu bezahlen (das sind 20 % der von der Erstinstanz verhängten Geldstrafe).

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG;

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 17.01.2009 um 10.50 Uhr auf der A9 bei km 27,950 in Fahrtrichtung Graz als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen X die durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 31 km/h überschritten habe. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 52 lit.a Z10a StVO begangen, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO eine Geldstrafe in Höhe von 80 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 8 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber aus, dass im Verfahren der Standort der Geschwindigkeitsbeschränkung und des Radargerätes lediglich mit "Cirka-Angaben" bezeichnet worden sei, was nicht genau genug sei. Es fehle auch der Nachweis, dass das Radargerät tatsächlich entsprechend den Verwendungsbestimmungen aufgestellt gewesen sei. Es gebe lediglich einen Ausschnitt aus dem Radarfoto, weshalb nicht überprüft werden könne, ob sich das Fahrzeug im Auswertebereich befinde und es fehle auch der Bezug zum Eichschein.

 

Es sei ihm weder das Protokoll betreffend die Wechselverkehrszeichen noch der in der Verordnung zitierte Plan zur Kenntnis gebracht worden. Er könne deshalb nicht überprüfen, ob die Verkehrszeichen tatsächlich an den richtigen Stellen angebracht gewesen seien. Die Verkehrszeichen im Tunnel seien zu klein und zu hoch angebracht, weshalb ein Kundmachungsmangel vorliegen würde.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Linz-Land hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 19.08.2010. An dieser haben weder der Berufungswerber noch ein Vertreter der Erstinstanz teilgenommen. Es wurde der Meldungsleger, RI Schober, als Zeuge vernommen sowie der Verfahrensakt verlesen.

 

4.1. Daraus ergibt sich der folgende für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte zur Vorfallszeit den im Spruch angeführten PKW auf der A9 in Fahrtrichtung Graz. Eine Radarmessung bei km 27,950 mit dem Radargerät der Marke X ergab eine Geschwindigkeit von 117 km/h, wobei nach Abzug der Messtoleranz von 5 % ein vorwerfbarer Wert von 111 km/h verbleibt. Dieses Gerät war zum Messzeitpunkt entsprechend den im Akt befindlichen Eichschein ordnungsgemäß geeicht, die Nummer des verwendeten Gerätes ergibt sich aus der Anzeige. Zum Messort bei km 27,950 ist festzuhalten, dass sich dieser aus der Zeugenaussage des Polizeibeamten sowie der im Akt befindlichen Lichtbildbeilage ergibt. Das Radargerät war offenbar kurz vor km 28,0 aufgestellt. Aus dem in der Verhandlung eingesehenen Plan ergibt sich, dass der Hungerbichltunnel bei km 27,939 endet und das Radargerät kurz nach dem Tunnelende aufgestellt war. Das Radargerät war links neben der Fahrbahn parallel zur Randlinie aufgestellt und die Überprüfungen am Beginn der Messung ergaben die einwandfreie Funktion des Gerätes. Entsprechend dem im Akt befindlichen Radarfoto befindet sich das Fahrzeug des Berufungswerbers im Auswertebereich.

 

Die gegenständliche Geschwindigkeitsbegrenzung wurde vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie am 14.08.2003 zu Zl. GZ138009/69-II/ST5/03 verordnet. Dabei wurden jene Verkehrsbeschränkungen verordnet, die sich aus einem näher angeführten Plan ergeben, wobei dieser Plan einen integrierenden Bestandteil der Verordnung bildet. In den gegenständlichen Originalplan wurde Einsicht genommen und es ergibt sich daraus, dass am Beginn des Hungerbichltunnels bei km 27,414 eine 100 km/h-Beschränkung sowie bei km 27,619 eine 80 km/h-Beschränkung verordnet sind. Beide Beschränkungen sind mit Wechselverkehrszeichen kundgemacht, wobei auch eine Beschränkung auf 50 oder 30 km/h möglich ist. Am Ende des Hungerbichltunnels ist ein weiteres Wechselverkehrszeichen (50 oder 30 km/h) verordnet. Zu diesen Wechselverkehrszeichen bestimmt die Verordnung, dass jeweils die aus der Darstellung des Verkehrszeichens ersichtlichen zulässigen Höchstgeschwindigkeiten verordnet werden. Die in der Legende ersichtlichen Beschränkungen stellen nur andere mögliche Schaltzustände dar. Festzuhalten ist, dass die jeweiligen km-Angaben im Plan genau und nicht als "Cirka-Angaben" angeführt sind.

 

Eine Anfrage an die Autobahnmeisterei X im Mai 2010 ergab, dass das Wechselverkehrszeichen im Tunnel (das betrifft die konkrete 80 km/h-Beschränkung) Außenmasse von 55 x 55 cm hat und die Höhe von der Fahrbahnkante bis zur Unterkante des Wechselverkehrszeichens ca. 2,2 m beträgt. Der Schaltzustand des Wechselverkehrszeichens am 17.01.2009 um 10.50 Uhr war zum Zeitpunkt dieser Anfrage nicht mehr gespeichert. Dazu gab der Zeuge an, dass er vor Beginn der Radarmessungen den Hungerbichltunnel in Fahrtrichtung Graz durchfahren hatte und dabei die Geschwindigkeitsbeschränkungen auf 100 km/h und 80 km/h aktiviert waren. Bereits im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens wurde ihm nach Rücksprache von der Autobahnmeisterei X bestätigt, dass am 17.01.2009 um 10.50 Uhr die Verkehrszeichen laut Verordnung – also 100 km/h am Tunnelanfang sowie 80 km/h im Tunnel – aktiviert waren. Die (mögliche) Beschränkung am Tunnelende (50 bzw. 30 km/h) war nicht aktiviert.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Das Verkehrszeichen gemäß § 52 Z10a StVO 1960 zeigt an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

 

§ 44 Abs.1a StVO 1960 lautet: Werden Verkehrsverbote, Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrserleichterungen für den Fall zeitlich nicht vorherbestimmbarer Verkehrsbedingungen (wie etwa Regen, Schneefall, besondere Verkehrsdichte) verordnet und erfolgt die Kundmachung dieser Verordnung im Rahmen eines Systems, das selbsttätig bei Eintritt und für die Dauer dieser Verkehrsbedingungen die entsprechenden Straßenverkehrszeichen anzeigt (Verkehrsbeeinflussungssystem), so kann der in Abs.1 genannte Aktenvermerk entfallen. In diesem Fall ist jedoch sicherzustellen, dass der Inhalt, der Zeitpunkt und die Dauer der Anzeige selbsttätig durch das System aufgezeichnet werden; diese Aufzeichnungen sind entweder in elektronisch lesbarer Form zu speichern oder in Form von Ausdrucken aufzubewahren. Parteien iSd § 8 AVG ist auf Verlangen ein Ausdruck der Aufzeichnungen oder eine Kopie des Ausdrucks auszufolgen.

 

Gemäß § 48 Abs.5 StVO darf der Abstand zwischen dem unteren Rand eines Straßenverkehrszeichens und der Fahrbahn bei seitlicher Anbringung nicht weniger als 0,60 m und nur in Ausnahmefällen mehr als 2,5 m, bei Anbringung oberhalb der Fahrbahn nicht weniger als 4,5 m und nur in Ausnahmefällen mehr als 5,5 m betragen, sofern sich aus den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes bei einzelnen Straßenverkehrszeichen nichts anderes ergibt.

 

5.2. Die Geschwindigkeitsmessung erfolgte mit einem geeichten und ordnungemäß verwendeten Radarmessgerät. Das Fahrzeug des Berufungswerbers befindet sich im Auswertebereich. Das Messergebnis von 111 km/h kann daher der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden, weshalb der Berufungswerber die ihm vorgeworfene Übertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten hat.

 

Zur verordneten Geschwindigkeitsbeschränkung ist darauf hinzuweisen, dass diese Beschränkung durch den Verweis auf einen Plan eindeutig bestimmt und nachvollziehbar ist. Entgegen dem Berufungsvorbringen sind die jeweiligen Kilometerangaben beider Verkehrszeichen exakt. Bezüglich der Radarmessung kommt es auf wenige Meter nicht an, weil die Überschreitung jedenfalls innerhalb des verordneten Beschränkungsbereiches erfolgte und die Angabe "bei km 27,950" genau genug ist. Immerhin hat der Berufungswerber bei der von ihm eingehaltenen Geschwindigkeit innerhalb einer Sekunde ca. 30 m zurückgelegt, sodass nicht ersichtlich ist, weshalb eine metergenaue Angabe des Messortes von Bedeutung sein soll.

 

Die Anbringung der Verkehrszeichen seitlich neben der Fahrbahn in einer Höhe von 2,2 m ist gemäß § 48 Abs.5 StVO 1960 zulässig. Zur Größe der Verkehrszeichen ist festzuhalten, dass im Tunnel tatsächlich kleinere Verkehrszeichen verwendet wurden als außerhalb des Tunnels, nämlich mit einem Außendurchmesser von 55 cm. Dies offenbar deshalb, um einen ausreichenden seitlichen Abstand vom Fahrbahnrand herzustellen. Aus den im Akt befindlichen Fotos ergibt sich klar, dass die Beschränkung von weitem gut erkennbar ist. Es liegt daher kein Kundmachungsmangel iSd § 48 StVO vor.

 

Bei Wechselverkehrszeichen müssen der Inhalt, der Zeitpunkt und die Dauer der angezeigten Beschränkungen selbsttätig durch das System aufgezeichnet und gespeichert werden. Diese Bestimmung dient offenbar dazu, um auch im Nachhinein die jeweils tatsächlich geltende Beschränkung feststellen zu können. Im konkreten Fall fehlen diese Aufzeichnungen, allerdings hat das Beweisverfahren ergeben, dass tatsächlich jene Beschränkung im Wechselverkehrszeichen ersichtlich war, deren Überschreitung dem Berufungswerber vorgeworfen wird (nämlich die 80 km/h-Beschränkung). Dies ergibt sich einerseits aus der Aussage des Polizeibeamten, welcher den Tunnel ca. 25 min vor der konkreten Messung durchfahren hatte und auch aus der Auskunft eines Mitarbeiters der Autobahnmeisterei während des erstinstanzlichen Verfahrens. Weiters ist zu berücksichtigen, dass beim konkreten Wechselverkehrszeichen die 80 km/h-Beschränkung die höchstmögliche Beschränkung ist, weshalb sich die fehlenden Aufzeichnungen auch aus diesem Grund nicht zum Nachteil des Berufungswerbers auswirken können. Ein kompletter Ausfall des Verkehrszeichens ist aufgrund der Angaben der Autobahnmeisterei X im erstinstanzlichen Verfahren auszuschließen.

 

Es gibt daher keine formellen Hindernisse, welche eine Bestrafung des Berufungswerbers ausschließen würden. Das Verfahren hat auch keine Umstände ergeben, welche sein Verschulden ausschließen könnten, weshalb gemäß § 5 Abs.1 VStG von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die gesetzliche Höchststrafe für die konkrete Übertretung beträgt gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 726 Euro. Die Erstinstanz hat zutreffend die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers als strafmildernd gewertet, wobei Straferschwerungsgründe fehlen. Im Hinblick auf die Höhe der Überschreitung ist der Unrechtsgehalt der Übertretung nicht mehr als bloß geringfügig anzusehen. Es ist daher eine spürbare Geldstrafe erforderlich.

 

Sowohl general- als auch spezialpräventive Überlegungen sprechen gegen eine Herabsetzung der Strafe. Diese entspricht auch den persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers, wobei entsprechend der erstinstanzlichen Einschätzung ein monatliches Einkommen von 1.200 Euro bei keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten zugrunde gelegt wird, weil der Berufungswerber dieser nicht widersprochen hat.

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum