Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-240761/2/BP/Gr

Linz, 31.08.2010

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree aus Anlass der Berufung der X, X, gegen das Straferkenntnis des Bezirks­hauptmanns des Bezirks X, vom 12. August 2010, GZ.: VetR96-8-2-2010, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Tierseuchengesetz, zu Recht erkannt:

I.       Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis        aufgehoben.

II.     Die Berufungswerberin hat weder einen Beitrag zu den Kosten des          Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen    Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unab­hängigen        Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24, 44a und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 65f. VStG.
Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks x vom 12. August 2010, GZ.: VetR96-8-2-2010, wurde über die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) je eine Geldstrafe in Höhe von 50,-- Euro (Ersatzfreiheitsstrafe je: 8 Stunden) verhängt, weil sie, wie am 13. April 2010 in ihrem Anwesen in X, im Rahmen einer Kontrolle ihrer Tierhaltung durch den Amtstierarzt der belangten Behörde festgestellt worden sei,

1. in ihrem Anwesen ein Schwein (Zwergschwein) halte, ohne die entsprechenden Angaben wie jedenfalls Adresse und persönliche Daten von ihr als Tierhalterin sowie die Daten zur Tierhaltung (Kennzeichnung des Schweins) direkt beim Betreiber des Veterinärinformationssystems (VIS) angezeigt zu haben,

2. das in ihrem Anwesen gehaltene Schwein nicht dauerhaft gekennzeichnet habe, obwohl, ein Schwein, das als Heimtier gehalten werde, durch den Tierhalter auf eigene Kosten so früh wie möglich, spätestens aber im Alter von drei Monaten, dauerhaft gekennzeichnet werden müsse.

 

Als verletzte Rechtsgrundlagen werden § 63 Abs. 1 lit c des Tierseuchengesetzes 1909, RGBl. Nr. 177/1909, in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung des TSG BGBl. I Nr. 36/2008 iVm. § 1 Abs. 1 Z. 5 zweiter Satz (zu Tatvorwurf 1) bzw. § 7 und 1 Abs. 1 Z. 5 zweiter Satz (zu Tatvorwurf 2) der Tierkennzeichnungs- und Registrierungsverordnung 2009  (im Folgenden TKZVO, BGBl. II. Nr. 2091/2009, genannt.

 

Nach Schilderung des bisherigen Verfahrensganges und nach Darstellung der einschlägigen Rechtsgrundlagen geht die belangte Behörde sowohl vom Vorliegen der objektiven als auch der subjektiven Tatseite aus.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis erhob die Bw fristgerecht - im Rahmen einer vor der belangten Behörde am 16.August 2010 aufgenommenen Niederschrift – Berufung.

 

Darin führt sie zu Punkt 1 des angefochtenen Bescheides an, dass ihr von Seiten des Veterinärinformationssystems erklärt worden sei, ein Zwergschwein könne nicht beim VIS angezeigt werden, weshalb auch kein Markerl vergeben werden könne.

 

Zu Punkt 2 des angefochtenen Bescheides gibt sie an, dass sie das Schwein bereits von ihrem Tierarzt habe chippen lassen. Die Bw habe sich zudem bei anderen Zwergschweinhaltern erkundigt, welche mitgeteilt hätten, ihre Tiere ebenfalls nirgends gemeldet bzw. gekennzeichnet zu haben.  

 

 

2.1. Die belangte Behörde legte die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt mit Schreiben vom 20. August 2010 zur Berufungsentscheidung vor.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde. Nachdem sich bereits daraus ergab, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben war, hatte gemäß § 51e Abs. 2 VStG die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu entfallen.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem unter Punkt 1.1. dieses Erkenntnisses dargestellten entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus.

 

2.4. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 63 Abs. 1 lit c iVm. Abs. 2 des Tierseuchengesetzes, RGBl. 177/1909 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl. I Nr. 36/2008, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 1.450 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu
10 Tagen zu bestrafen, wer den Vorschriften der §§ 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 15a, 19, 20, 22, 24, 31a, 32 und 42 lit a – f oder den aufgrund dieser Bestimmungen erlassenen Anordnungen zuwiderhandelt.

 

Auf Basis der §§ 1 Abs. 2 und 5, 2c, 7, 8, 8a und 8b des Tierseuchengesetzes erging durch die Bundesministerin für Gesundheit die Tierkennzeichnungs- und Registrierungsverordnung 2009 TKZVO, BGBl. II Nr. 291/2009.

 

Gemäß § 1 Abs. 1 TKZVO gilt diese Verordnung

1. für die Registrierung Equiden-, Kamel-, Farmwild-, Geflügel-, und Kaninchenhaltung im Sinne dieser Verordnung,

2. für die Registrierung von Imkern,

3. für die Durchführung der Identifizierung von Equiden gemäß der Verordnung (EG) 504/2008 zur Umsetzung der Richtlinien 90/426/EWG und 90/427/EWG des Rates in Bezug auf Methoden zur Identifizierung von Equiden (ABl. L. Nr. 149 vom 7. Juni 2008, S.3), 

4. für die Kennzeichnung von Kamelen sowie

5. für die Kennzeichnung, Registrierung und Verbringungsmeldung von Schweinen, Schafen und Ziegen. Für Schweine, die als Heim- oder Zirkustiere gehalten werden und die die Voraussetzungen nach Abs. 2 erfüllen, gilt diese Verordnung nur insoweit, als diese durch den Tierhalter auf eigene Kosten so früh wie möglich, spätestens aber im Alter von drei Monaten dauerhaft gekennzeichnet werden müssen und der Tierhalter seinen Namen und seine Adresse sowie die Kennzeichnung der gehaltenen Schweine beim Betreiber des VIS innerhalb eines Monats anzuzeigen hat.

 

Gemäß Abs. 2 leg. cit. müssen Schweine, die als Zirkustiere verwendet werden, gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1739/2005 zur Festlegung der Veterinärbedingungen für die Verbringung von Zirkustieren zwischen Mitgliedstaaten (ABl. Nr. L 279 vom 22. Oktober 2005, S. 47) bei der Behörde registriert sein. Die Anwendung der Ausnahmebestimmung gemäß Abs. 1 Z. 5 für Schweine, die als Heimtiere (als Gefährte oder aus Interesse am Tier im Haushalt des Tierhalters) gehalten werden, ist nur zulässig, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

1. Die Tiere dürfen nicht von Personen gehalten werden, die einen Betrieb haben, in dem Klauentiere gehalten werden oder die mit solchen Personen in Hausgemeinschaft leben und

2. Die Tiere haben keinen Kontakt mit Klauentieren, die nicht als Heimtiere im Sinne dieser Verordnung gehalten werden und

3. Die Tiere sind nicht für die Schlachtung bestimmt und

4. Die Tiere nehmen an keinen Ausstellungen, Märkten oder anderen Veranstaltungen, bei denen Tiere aus verschiedenen Herkünften zusammentreffen, teil.

 

3.2. Nach der vom Verwaltungsgerichtshof zu § 44a Z. 1 VStG entwickelten Judikatur ist die dem Beschuldigten angelastete Tat im Spruch des Straferkenntnisses so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (vgl. VwSlg 11.466A/1984 und VwSlg 11.894A/1985, jeweils verstärkter Senat). Im Spruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Insbesondere ist dabei die Identität der Tat (Ort, Zeit und die näheren Umstände) möglichst genau zu beschreiben. Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis ist daher nicht nur von Delikt zu Delikt (vgl. z.B. VwGH vom 14. Februar 1985, Zl. 85/02/0013), sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an Rechtschutzüberlegungen zu messendes Erfordernis.

 

3.3. Nach § 1 Abs. 1 Z. 5 TKVZO ist ein unabdingbares Tatbestandselement, an das die Kennzeichnungs- bzw. Meldepflicht an den Betreiber des Veterinärinformationssystems knüpft, dass ein in Heimtierhaltung gehaltenes Schwein ein Alter von drei Monaten erreicht hat. Über dieses essentielle Sachverhaltselement, ohne dessen Vorliegen kein deliktisches Handeln bzw. Unterlassen vorgeworfen werden kann, findet sich im in Rede stehenden Spruch kein entsprechender Hinweis. Die bloße Wiedergabe des Verordnungstextes zu diesem Punkt belegt den Spruch des angefochtenen Bescheides mit einem Mangel, der, nachdem im gesamten bisherigen Verfahren diesbezüglich ebenfalls keine Konkretisierung erfolgt war, in der Unvollständigkeit des Tatvorwurfs mündet. Im vorliegenden Fall wurde somit den Vorgaben des § 44a VStG nicht genüge getan.   

 

3.4. Es war somit aus Anlass der Berufung der angefochtene Bescheid aufzuheben.

 

 

4. Bei diesem Ergebnis war der Bw nach § 65f. VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Bernhard Pree

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum