Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-164953/9/Fra/Ka/Gr

Linz, 01.07.2010

 

Mitglied, Berichter/in, Bearbeiter/in:                                                                                                                               Zimmer, Rückfragen:

Johann Fragner, Dr., Hofrat                                                                               2A18, Tel. Kl. 15593

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn X, geb. X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 5. Februar 2010, VerkR96-1803-2009, betreffend Übertretung des 14 Abs.8 FSG 1960, zu Recht erkannt:

 

I. Die Berufung wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Schuldspruch wie folgt zu lauten hat: "Sie haben am 10. Juni 2009 um 18:35 Uhr in der Gemeinde X auf der X, bei Straßenkilometer X, den Personenkraftwagen mit dem amtlichen Kennzeichen X mit einem Blutalkoholgehalt von mehr als 0,5 g/l (0,59 Promille) gelenkt, obwohl das Lenken von Kraftfahrzeugen nur erlaubt ist, wenn der Alkoholgehalt des Blutes weniger als 0,5 g/l (0,5 Promille) beträgt. Sie haben dadurch
§ 14 Abs.8 FSG verletzt."

 

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem OÖ. Verwaltungssenat einen Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe (44 Euro) zu entrichten.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 44a Z1 VStG; § 16 und 19 VStG.

Zu II: § 64 Abs.1 u. 2 VStG

 


Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 14 Abs. 8 FSG gemäß § 37a leg.cit. eine Geldstrafe von 220 Euro
(EFS 100 Stunden) verhängt, weil er am 10. Juni 2009 um 18:35 Uhr in der Gemeinde X auf der X bei Straßenkilometer X, den Personenkraftwagen mit dem amtlichen Kennzeichen X mit einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,66 Promille gelenkt hat, obwohl das Lenken von Kraftfahrzeugen nur erlaubt ist, wenn der Alkoholgehalt der Atemluft weniger als 0,50 Promille beträgt. Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 Prozent der verhängten Geldstrafe sowie als Ersatz der Barauslagen für die Untersuchung des Armenvenenblutes durch die Gerichtsmedizin X ein Betrag von 300 Euro vorgeschrieben.

 

 

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach – als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 2.000  Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c erster Satz VStG).

 

I.3. Der Bw stellt in seinem Rechtsmittel außer Streit, dass gegen ihn ein Strafantrag wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs.1 und Abs.3 (§ 81 Abs.1 Z.2 des StGB) erhoben und ein Strafverfahren beim Bezirksgericht Rohrbach eingeleitet wurde. Zu Beginn der Hauptverhandlung am 27. Oktober 2009 habe die Bezirksanwältin den Strafantrag auf § 88 Abs.1 des StGB modifiziert und in der Folge des Verfahren gegen ihn diversionell erledigt, nachdem er sich bereit erklärt habe, eine Geldbuße von 500 Euro zu bezahlen, wie auch die Pauschalkosten des Gerichtes und die Gebühren des Kfz-Sachverständigen. Er vertrete jedoch die Rechtsansicht, dass eine Verurteilung im Verwaltungsstrafverfahren trotzdem ausgeschlossen sei, dies im Hinblick auf den Grundsatz des Doppelbestrafungsverbotes, weil das Verfahren aus dem gleichen Tatvorwurf wegen § 88 StGB gegen ihn geführt wurde und letztlich im gerichtlichen Verfahren nur eine Qualifikation des § 88 weggefallen ist und er, um eine Verfahrenseinstellung zu erreichen, eine Geldbuße von 500 Euro zwecks diversioneller Erledigung bezahlt habe. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte daher kein Verwaltungsstrafverfahren gegen ihn eingeleitet werden dürfen.

 

Die erstinstanzliche Behörde vermeine, es stehe außer Streit, dass er am
10. Juni 2009 um 18:40 Uhr das Fahrzeug mit einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,66 Promille gelenkt habe. Aus dem Gutachten des gerichtsmedizinischen Institutes Salzburg-Linz wird ein Alkoholgehalt des Blutes von 0,66 Promille festgestellt. In diesem Gutachten wird von einem Zeitpunkt der Blutabnahme am 10. Juni 2009 um 21:45 Uhr ausgegangen, hochgerechnet der ermittelnde Wert von 0,35 Promille zum Unfallszeitpunkt beim einem Abbauwert von 0,10 Promille pro Stunde mit 0,66 Promille. Im Abschlussbericht des Bezirkspolizeikommandos Rohrbach vom 01. August 2009 ist jedoch auf Seite 25 des Aktes ausdrücklich vermerkt, dass ein Alkotest an der Unfallstelle bei ihm aus medizinischen Gründen nicht möglich war, aber deutlicher Alkoholgeruch festgestellt wurde, weshalb am 10. Juni 2009 um 21:00 Uhr ein Alkotests mittels Alkomaten im Krankenhaus X durchgeführt wurde, der aber auf Grund von Atemproblemen nicht verwertbar war, weshalb eine Blutabnahme dort sogleich veranlasst wurde. Entgegen diesem Gutachten erfolgte die Blutabnahme knapp eine Stunde früher, somit um 21:00 Uhr, sodass hier der Blutalkoholgehalt zum Unfallszeitpunkt bei ca. 0,57 Promille gelegen ist. Dies ergebe sich aus dem beantragten Strafakt des Bezirksgerichtes Rohrbach 1U23/09f, welcher von der belangten Behörde nicht beigeschafft wurde und deshalb Verfahrensvorschriften verletzt wurden. Er beantrage sohin, den angefochtenen Bescheid als rechtswidrig aufzuheben.

 

Der Bw stellt zudem außer Streit, dass die Vorschreibung von 300 Euro als Ersatz der Barauslagen für die Untersuchung des Armvenenblutes nicht angefochtenen wird.

 

I.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

I.4.1. Zur behaupteten Verletzung des Doppelbestrafungsverbotes:

 

Das Bezirksgericht Rohrbach teilte mit Schreiben vom 12.01.2010,
Zl: 1U23/09f-14, der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach mit, dass in der Strafsache gegen X, 1U23/09f, der Strafantrag des Bezirksanwaltes auf fahrlässige Körperverletzung gemäß § 88 Abs.1 StGB in der Verhandlung vom 27. Oktober 2009 modifiziert wurde. Die ursprüngliche Qualifizierung nach Abs.3 iVm § 81 Abs.1 Z.2 StGB in dieser Gesetzesstelle (Fahren im alkoholisierten Zustand) wurde fallen gelassen, zumal nach dem Gutachten lediglich ein Blutalkoholgehalt von 0,66 Promille festgestellt wurde. Da somit nur mehr eine fahrlässige Körperverletzung angeklagt war, der Angeklagte ein Schuldgeständnis ablegte, wurde mit einer Diversion vorgegangen und nach Bezahlung der Geldbuße wurde das Verfahren endgültig eingestellt.

 

Mit dem Doppelbestrafungsverbot hat sich der VfGH in mehreren Gesetzprüfungsverfahren befasst und ausgesprochen, dass eine Regelung, wonach eine Tat, durch die mehrere Delikte verwirklicht werden (Idealkonkurrenz) nicht dem in Artikel 4 des 7 ZP – EMRK festgelegten Verbot der Doppelbestrafung widerspricht (vgz. VfSzg. 14.696/1996,15.128/1998, 15.199/1998, 15.293/1998).

 

Eine Strafdrohung oder eine Strafverfolgung wegen einer strafbaren Handlung wird demnach im Hinblick auf Art. 4 des 7 ZP. – EMRK erst unzulässig (vgl. VfSlg. 14.696/1996),

 

" wenn sie bereits Gegenstand eines Strafverfahrens war; dies ist der Fall, wenn der herangezogene Deliktstypus den Unrechts- und Schuldgehalt eines Täterverhaltens vollständig erschöpft, sodass ein weitergehendes Strafbedürfnis entfällt, weil das eine Delikt den Unrechtsgehalt des anderen Deliktes in jeder Beziehung mitumfasst (Kienapfel, Grundriss des österreichischen Strafrechts, 6.Auflage, 1996, 245)... Strafverfolgungen bzw. Verurteilungen wegen mehrerer Delikte, die auf Straftatbeständen fußen, die einander wegen wechselseitiger Subsidiarität, Spezialität oder Konsumtion jedenfalls bei eintätigem Zusammentreffen ausschließen, bilden verfassungswidrige Doppelbestrafungen, wenn und weil dadurch ein- und dieselbe strafbare Handlung strafrechtlich mehrfach geahndet wird. (Vgl. zur Annahme bloßer Scheinkonkurrenzen, um dem Vorwurf der Doppelbestrafung zu entgehen, OGH – verst. Senat – 21. November 1991, 14 Os127/90 ist = RZ 1993/47, unter Berufung auf Burgstaller, Die Scheinkonkurrenz im Strafrecht, JBl 1978, S 393 ff; 459 ff.)."

 

Gemäß § 88 Abs.1 StGB ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafen bis zu 180 Tagessätze zu bestrafen, wer fahrlässig einen anderen am Körper verletzt oder an der Gesundheit schädigt.

 

Gemäß § 88 Abs.3 StGB ist in den in § 81 Abs.1 Z.1 bis 3 bezeichneten Fällen der Täter mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe mit bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.

 

§ 81 Abs.1 StGB lautet u.a.:" Wer fahrlässig den Tod eines anderen herbeiführt

  1. unter besonders gefährlichen Verhältnissen,
  2. nachdem er sich vor der Tat, wenn auch nur fahrlässig, durch Genuss von Alkohol oder den Gebrauch eines anderen berauschenden Mittels in einen die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließenden Rauschzustand versetzt hat, obwohl er vorgesehen hat oder hätte vorhersehen können, dass ihm eine Tätigkeit bevorstehe, deren Vornahme in diesem Zustand eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit oder die körperliche Sicherheit eines anderen herbeizuführen oder zu vergrößern geeignet sei, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen."

 

§ 81 Abs.1 Z.2 StGB stellt sohin eine besondere Übernahmsfahrlässigkeit unter Strafe: Der Täter ist zur Tatzeit durch ein berauschendes Mittel zwar in seinen körperlichen oder geistigen Funktionen beeinträchtigt, aber nicht zurechnungsunfähig. Eine Beeinträchtigung des Fahrzeuglenkers wird im gerichtlichen Strafverfahren ab einem Blutalkoholgehalt von 0,8 Promille oder einem Alkogehalt der Atemluft ab 0,4 mg/l unwiderleglich vermutet. Liegt der Alkogehalt darunter, ist die Beeinträchtigung nachzuweisen.

 

Gemäß § 89 StGB ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen zu bestrafen, wer in den § 81 Abs.1 Z.1 bis 3 bezeichneten Fällen, wenn auch nur fahrlässig, eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit oder die körperliche Sicherheit eines anderen herbeiführt.

 

§ 89 StGB setzt sich sohin im vorliegenden Zusammenhang aus folgenden verschiedenen Tatbestandselementen zusammen: Aus der fahrlässigen Gefährdung des Lebens, der Gesundheit oder der körperlichen Sicherheit eines anderen und aus den nach § 81 Abs.1 Z.2 StGB unzulässigen Maß der Alkoholisierung (ab 0,8 Promille).

 

Gemäß § 14 Abs.8 FSG darf ein Kraftfahrzeug nur in Betrieb genommen oder gelenkt werden, wenn beim Lenker der Alkoholgehalt des Blutes weniger als 0,5 g/l (0,5 Promille) oder der Alkogehalt der Atemluft weniger als 0,25 mg/l beträgt. Bestimmungen, die für den betreffenden Lenker geringere Alkoholgrenzwerte festsetzen ,bleiben unberührt.

 

Gemäß § 5 Abs.1 StVO 1960 darf, wer sich in einem Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

 

Gemäß § 5 Abs.1a StVO 1960 treten, wenn in anderen Gesetzen an die Beeinträchtigung durch Alkohol oder an das Vorliegen eines die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließenden Rauschzustandes zivilrechtliche Rechtswirkungen oder Auswirkungen im Bereich des gerichtlichen Strafrechtes geknüpft werden, diese nur in den Fällen des Abs.1 oder beim dritten oder häufigeren Verstoß innerhalb eines Zeitraumes von zwölf Monaten ab dem ersten Verstoß gegen § 14 Abs.8 FSG, BGBl. I Nr. 120/1997, ein.

 

Gemäß § 5 Abs.1a StVO 1960 sollen sohin zivil- und strafrechtliche Konsequenzen nur in den Fällen des § 5 Abs.1 1960 (somit bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 Promille) oder ab dem dritten Verstoß innerhalb eines Zeitraume von zwölf Monaten ab dem ersten Verstoß gegen § 14 Abs.8 FSG eintreten. Somit blieb es im gerichtlichen Strafrecht für Fahrzeuglenker bei der 0,8 Promille Beeinträchtigungsgrenze; eine Beeinträchtigung nach § 81 Abs.1 Z2 StGB liegt – im Gegensatz zur Beeinträchtigungsgrenze nach dem FSG – erst ab diesem Wert vor.

 

Es finden sich sohin im ggst. Zusammenhang zwei verschiedene Straftatbestände mit jeweils unterschiedlichen Schutzzwecken. Die Tatbestandselemente der beiden Delikte gehen ua von unterschiedlichen Alkoholisierungsgraden aus, nämlich von einem verwaltungsrechtlich relevanten Blutalkoholgehalt von über 0,5 Promille und einem strafrechtlich relevanten von über 0,8 Promille. Die Tatbestände des StGB und die des FSG unterscheiden sich sohin in wesentlichen Elementen.

 

Die Frage des Vorliegens einer unter 0,8 Promille liegenden Alkoholisierungsgrenze war vom Bezirksgericht nicht zu beurteilen, weil sie gemäß § 5 Abs.1a StVO 1960 für das gerichtliche Strafverfahren keine Bedeutung hat.

 

Sehr wohl ist demgegenüber von den Verwaltungsbehörden zu beurteilen, ob der im Verwaltungsstrafverfahren Beschuldigte sein KFZ mit einem Blutalkoholgehalt von mehr als 0,5 Promille gelenkt hat. Das Bezirksgericht als Strafgericht hatte jedoch nicht die Alkoholisierung per se zu überprüfen, sondern ausschließlich, ob die Schwere der Alkoholisierung über 0,8 Promille Blutalkoholgehalt lag. Von der Verwaltungsbehörde ist das nach dem FSG maßgebliche Tatbestandselement, nämlich das Lenken eines KFZ mit einem Alkoholgehalt des Blutes von mehr als 0,5 Promille im Verwaltungsstrafverfahren zu prüfen. Der Umstand, dass das Bezirksgericht Rohrbach das Vorliegen einer Alkoholisierung von mehr als 0,8 Promille verneint hat, hindert die Verwaltungsbehörde nicht zu beurteilen, ob eine Alkoholisierung von mehr als 0,5 Promille vorlag, denn die unterschiedlichen Beweisergebnisse ändern nichts an der Verschiedenheit der beiden (unterschiedliche Schutzzwecke verfolgende) Delikte.

 

Die Annahme des Bw, die Bestrafung im Verwaltungsstrafverfahren habe zu einer unzulässigen Doppelbestrafung geführt trifft daher nicht zu, denn der Bw wurde vom Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung in einem die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließenden Rauschzustand freigesprochen, weil das Strafgericht es nicht als erwiesen ansah, dass seine Alkoholisierung so schwer war, dass sie gegen die zulässige Grenze nach dem StGB (0,8 Promille) verstoßen habe. Mangels Tatbestandsmäßigkeit dieser gerichtlich strafbaren Handlung war der Bw auch freizusprechen. Hingegen führte sein unbestritten die 0,5 Promille Grenze übersteigender Alkoholisierungsgrad zu Recht zu einer Bestrafung nach § 14 Abs.8 FSG. Der Bw wurde sohin nicht zweimal wegen ein und desselben Straftatbestandes verfolgt: Der Unrechts- und Schuldgehalt der Verwaltungsübertretung war vielmehr durch das gerichtliche Strafverfahren nicht vollständig erschöpft. Es bestand daher hinsichtlich dieser Übertretungen ein weitergehendes Strafbedürfnis (vgl. VfSlg. 15.821/2000). Das angefochtene Straferkenntnis verletzt sohin den Bw nicht in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht gemäß Art.4 des 7. ZP-EMRK.

 

Der Oö. Verwaltungssenat verweist darauf, dass sich der VfGH in seinem Erkenntnis vom 9.6.2006, B735/5-10, eingehend mit den oben genannten Darlegungen befasst hat.

 

I.4.2. Zum Alkoholisierungsgrad:

 

Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach ist im angefochtenen Straferkenntnis davon ausgegangen, dass der Bw zum Tatzeitpunkt das in Rede stehende Kraftfahrzeug mit einem Atemluftalkoholgehalt (gemeint wohl Blutalkoholgehalt) von 0,66 Promille gelenkt hat. Der Bw erachtet sich durch diese Feststellung beschwert und verweist auf das Gutachten des gerichtsmedizinischen Institutes Salzburg-Linz. In diesem Gutachten werde von einem Zeitpunkt der Blutabnahme am 10. Juni 2009 um 21:45 Uhr ausgegangen. Tatsächlich sei jedoch das Blut um 21:00 Uhr abgenommen worden. Der Blutalkoholgehalt habe daher zum Unfallszeitpunkt ca. 0,57 % Promille betragen.

 

Da diese Feststellung der Aktenlage entspricht, wurde vom X von der X ein Ergänzungsgutachten eingeholt. Herr X kommt in seinem Ergänzungsgutachten vom 26. April 2010, Zeichen: S 100793/Ke/Pro Ch 441/09 (L 090461), schlüssig zum Ergebnis, dass, ausgehend von der um 21:00 Uhr sichergestellten Armvenenblutprobe am
10. Juni 2009, welche zur Untersuchung gelangte, die Rückrechnung auf den Unfallszeitpunkt am 10. Juni 2009 um 18:35 Uhr eine Blutalkoholkonzentration von 0,59 Promille ergibt. Der . Verwaltungssenat hat mit Schreiben vom
11. Mai 2010, VwSen-164593/6/Fra/Ka, das Parteiengehör gewahrt. Dieses Schreiben ist laut Zustellnachweis am 14. Mai 2010 beim Vertreter des Bw eingelangt. Der . Verwaltungssenat räumte dem Vertreter des Bw eine Frist von zwei Wochen zur Stellungnahme ein. Bis zum Zeitpunkt dieser Entscheidung ist beim . Verwaltungssenat keine Stellungnahme seitens des Vertreters des Bw eingelangt.

 

Da sohin unter Zugrundelegung des Ergänzungsgutachtens nicht von einem Blutalkoholgehalt des Bw zum Tatzeitpunkt von 0,66 Promille - wie dies noch die belangte Behörde angenommen hat – sondern von "lediglich" 0,59 Promille Blutalkoholgehalt auszugehen ist, war der Schuldspruch entsprechend zu modifizieren.

 

I.5. Strafbemessung:

 

Die belangte Behörde hat die Strafe unter Berücksichtigung der aktenkundigen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw festgesetzt. Als erschwerend hat sie keinen Umstand, als mildernd die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit gewertet.

 

Wenngleich der Blutalkoholgehalt des Bw zum Unfallszeitpunkt nicht 0,66 Promille (wie von der belangten Behörde angenommen), sondern "nur" 0,59 Promille betrug, ist eine Herabsetzung der Strafe nicht vertretbar, weil die belangte Behörde lediglich eine Strafe verhängt hat, die den Mindestsatz um zwei Euro übersteigt. Der Bw hat jedoch eine Blutalkoholkonzentration aufgewiesen, die beinahe 20 % über den höchst zulässigen Alkoholisierungsgrad lag.

 

Eine Herabsetzung der Strafe verbietet sich auch aus präventiven Gründen.

 

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Johann Fragner

 

 

 

 

 

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum