Linz, 06.09.2010
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufungen des Herrn X, vertreten durch Herrn RA , X, vom 19. August 2010
1) gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried/Innkreis vom 30. Juli 2010, VerkR96-3716-2010 (= VwSen-165343), wegen Übertretung der StVO 1960,
2) gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried/Innkreis vom 30. Juli 2010, VerkR96-3707-2010 (= VwSen-165344), wegen Übertretung der StVO 1960,
zu Recht erkannt:
Den Berufungen wird jeweils Folge gegeben, die angefochtenen Straferkenntnisse behoben und beide Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.
Rechtsgrundlage:
§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z1 und 66 VStG
Entscheidungsgründe:
1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis VerkR96-3716-2010 wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 52 lit.a Z10 lit.a iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 80 Euro (24 Stunden EFS) verhängt, weil er am 10. Dezember 2009 um 12.55 Uhr den Pkw X auf der B148 bei Strkm 8.416, Gemeinde St. Georgen bei Obernberg am Inn, gelenkt und die im angeführten Bereich, welcher außerhalb eines Ortsgebietes liege, die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 25 km/h überschritten habe.
Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 8 Euro auferlegt.
Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis VerkR96-3707-2010 wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 52 lit.a Z10 lit.a iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 60 Euro (18 Stunden EFS) verhängt, weil er am 23. Dezember 2009 um 18.30 Uhr den Pkw X auf der B148 bei Strkm 8.416, Gemeinde St. Georgen bei Obernberg am Inn, gelenkt und die im angeführten Bereich, welcher außerhalb eines Ortsgebietes liege, die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 15 km/h überschritten habe.
Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 6 Euro auferlegt.
2. Gegen beide Straferkenntnisse hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufungen eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurden. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).
3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er könne zu den vorgeworfenen Geschwindigkeiten nicht Stellung nehmen, weil er das Fahrzeug in beiden Fällen nicht gelenkt habe. Die gesetzliche Pflicht des Zulassungsbesitzers zur Auskunftserteilung bestehe zwar in Österreich, verstoße aber gegen die deutsche Rechtsordnung, weshalb die Behörde möglicherweise in Kenntnis dieses Umstandes von einer Bestrafung wegen § 103 Abs.2 KFG Abstand genommen habe und ihn nun wegen des Grunddeliktes bestrafen wolle. Objektive Anhaltspunkte für eine Lenkereigenschaft seinerseits gebe es nicht und eine Entscheidung in "freier Beweiswürdigung" dahingehend sei aufgrund fehlender Anhaltspunkte bzw in Frage kommender Varianten ausgeschlossen. Er habe das Fahrzeug nicht selbst gelenkt und ihn wegen der fehlenden Angaben als Lenker anzunehmen, finde bei noch so extensiver Betrachtung keine Deckung. Beantragt wird Verfahrenseinstellung in beiden Fällen.
4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz und in rechtlicher Hinsicht erwogen:
Der auf den Bw zugelassene Pkw wurde in den genannten Fällen im Bereich einer Geschwindigkeitsbeschränkung auf 70 km/h von einem stationären Radargerät gemessen. Es existieren zwei Radarfotos, die aber nicht den Lenker zeigen. Eine Anhaltung erfolgte in beiden Fällen nicht.
Der Bw hat ebenso in beiden Fällen die Auskunftsersuchen gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 damit beantwortet, er selbst sei nicht gefahren, und sich darauf berufen, er sei als deutscher Staatsangehöriger nicht zu so einer Auskunftserteilung verpflichtet.
Die Erstinstanz hat im Wege der Beweiswürdigung nach österreichischen Rechtsvorschriften eine Auskunftsverpflichtung bejaht und "in freier Beweiswürdigung" angenommen, er habe das Fahrzeug jeweils selbst gelenkt, weil er eben nicht entsprechend mitgewirkt habe.
Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ist Tatsache, dass ein Lenker in beiden Fällen nicht feststeht und der Bw zwar nach österreichischen Rechtsvorschriften gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 zu einer Auskunftserteilung (mit allen Konsequenzen) verpflichtet ist, nicht aber nach deutscher Rechtsordnung, weshalb derartige Strafen in Deutschland nicht vollstreckt werden. Aus der aus der Sicht des Bw zurecht erfolgten Nichtmitwirkung den Schluss zu ziehen, er könne nur selbst den auf ihn zugelassenen Pkw gelenkt haben, ist etwas weit hergeholt und findet in den vorliegenden Beweismitteln, nämlich dem jeweiligen nur den Pkw von hinten zeigenden Radarfoto, keine Deckung.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden, wobei naturgemäß Verfahrenskostenbeiträge nicht anfallen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Mag. Bissenberger
Beschlagwortung:
Deutscher Staatsbürger, keine Auskunft nach § 103 Abs.2 KFG, Schluss auf Lenkereigenschaft des Zulassungsbesitzers allein aufgrund Radarfoto von hinten nicht gedeckt -> Einstellung.