Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252509/6/Kü/Ba

Linz, 07.09.2010

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des Herrn X, vertreten durch Rechtsanwalt X, X, vom 10. Juni 2010 gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 17. Mai 2010, Gz: 0037752/2009, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes zu Recht erkannt:

 

I.        Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.    Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:    § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF            iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991      idgF.

zu II.:  § 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 17. Mai 2010, Gz: 0037752/2009, wurden über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 18 Abs.12 iVm § 28 Abs.1 Z 5 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) zwei Geldstrafen in Höhe von jeweils 1.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit jeweils Ersatzfreiheitsstrafen von 33 Stunden verhängt.

 

Dem Straferkenntnis lag folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Sie haben als Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 VStG nach außen zur Vertretung berufenes Organ der Firma X GmbH, X, X ver­waltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass von dieser Firma als Arbeitgeber zumindest am 03.07.2009 um 22:30 Uhr am Gelände der 'X', X, X die nachfolgend angeführten ausländischen Staatsbürger als Imbissstandbetreuer ge­gen Entgelt - siehe dazu bei den einzelnen Personen - beschäftigt wurden, obwohl Ihnen für diese Arbeitnehmer weder eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüssel­kraft oder eine Entsendebewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung oder EU-Entsendebestätigung ausgestellt wurde oder die Ausländer weder eine Arbeitserlaubnis noch einen Befreiungsschein oder 'Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt' oder einen Aufenthaltstitel 'Daueraufenthalt-EG' oder einen Niederlassungsnachweis besitzen:

1.     Frau X, geboren X, wohnhaft X, X, Staatsangehörigkeit russische Föderation, Entgelt € 100,00 pro Monat und

2.     Herr X, geboren X, wohnhaft X, X, Staatsangehörigkeit Ukraine, Entgelt € 400,00 pro Monat."

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Rechtsvertreter des Bw eingebrachte Berufung, mit der das Straferkenntnis zur Gänze angefochten wird.

 

Begründend wurde vorgebracht, dass vorliegend § 18 Abs.12 AuslBG zugunsten des Bw eingreife. Frau X und Herr X seien ordnungsgemäß zu einer Beschäftigung in Deutschland über die Dauer der Entsendung nach Österreich hinaus zugelassen und beim entsendenden Unternehmen rechtmäßig beschäftigt gewesen. Die österreichischen Lohn- und Arbeitsbedingungen sowie die sozial­versicherungsrechtlichen Bestimmungen seien eingehalten worden.

 

3. Die Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat mit Schreiben vom 24.6.2010 die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Die gegenständliche Berufung wurde dem Finanzamt Linz als weiterer Verfahrenspartei in Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht. Vom Finanzamt Linz wurde am 6. August 2010 eine Stellungnahme zum Berufungsvorbringen abgegeben.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.2 VStG entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit der Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 3 Abs.1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.

 

Gemäß § 18 Abs.12 AuslBG ist für Ausländer, die von einem Arbeitgeber mit Betriebssitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union zur Erbringung einer vorübergehenden Dienstleistung in das Bundesgebiet entsandt werden, keine Entsendebewilligung erforderlich. Die beabsichtigte Entsendung ist jedoch vom Ausländer oder von dessen Arbeitgeber oder vom inländischen Auftraggeber des Arbeitgebers vor der Arbeitsaufnahme bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice, in deren Sprengel die Arbeitsleistungen erbracht werden, anzuzeigen. Die zuständige regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat die Anzeige binnen zwei Wochen zu bestätigen (EU-Entsendebestätigung). Sie hat die Entsendung zu untersagen, wenn

1.   der Ausländer im Staat des Betriebssitzes nicht ordnungsgemäß und dauerhaft seit mindestens einem Jahr in einem direkten Arbeitsverhältnis zum entsendenden Arbeitgeber steht oder mit diesem keinen unbefristeten Arbeitsvertrag abgeschlossen hat oder nicht über die entsprechenden Bewilligungen des Entsendestaates für die Beschäftigung von Drittstaatsangehörigen verfügt oder

2.   die österreichischen Lohn- und Arbeitsbedingungen, insbesondere gemäß § 7b Abs. 1 und 2 des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes (AVRAG), BGBl. Nr. 459/1993, oder die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen nicht eingehalten werden.

 

Nach § 28 Abs.1 Z 5 lit.a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 18 Abs. 12 als Arbeitgeber mit Betriebssitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union einen Ausländer ohne Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates des EWR ohne EU-Entsendebestätigung im Inland beschäftigt.

 

4.2. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den Sprucherfordernissen nach § 44a Z 1 VStG ist die Tat so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit verst Senaten VwSlg 11.466 A/1984 und VwSlg 11.894 A/1985). Im Spruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Eine Umschreibung bloß in der Begründung reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (vgl mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2003], 1522, Anm 2 zu § 44a VStG).

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs hat die Rechtsmittelbehörde nach § 66 Abs 4 AVG (iVm § 24 VStG) nicht die Befugnis, dem Beschuldigten eine andere Tat als die Erstbehörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln (vgl allgemein VwGH 19.5.1993, Zl. 92/09/0360; VwGH 25.3.1994, Zl. 93/02/0228; VwGH 28.2.1997, 95/02/0601). Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde ist durch den Abspruchsgegenstand des angefochtenen Bescheids beschränkt. Eine Abänderungsermächtigung besteht nur im Rahmen der Sache iSd § 66 Abs 4 AVG (vgl etwa VwGH 25.9.1992, Zl. 92/09/0178; VwGH 23.11.1993, Zl. 93/04/0169; VwGH 8.2.1995, Zl. 94/03/0072; VwGH 3.9.1996, Zl. 96/04/0080). Dabei ist Sache des Berufungsverfahrens die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs im Bescheid der Unterbehörde bildet (vgl u.A. VwGH 24.3.1994, Zl. 92/18/0356; VwGH 23.10.1995, Zl. 94/04/0080; VwGH 29.10.1996, Zl. 96/07/0103; VwGH 19.3.1997, Zl. 93/11/0107). Ein Austausch wesentlicher Tatbestandsmerkmale führt zur Anlastung einer anderen Tat und ist daher unzulässig (vgl VwGH 20.11.1997, Zl. 97/06/0170).

 

4.3. Der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses, in welchem dem Bw die Beschäftigung ausländischer Staatsangehöriger ohne erforderliche arbeitsmarkt­rechtliche Bewilligungen angelastet wird, zielt offensichtlich auf die Übertretung des § 28 Abs.1 Z 1 lit.a iVm § 3 Abs.1 AuslBG ab. Die Nennung der verletzten Verwaltungsvorschriften in Spruchpunkt II. des Straferkenntnisses, und zwar des § 28 Abs.1 Z 5 lit.a iVm § 18 Abs.12 AuslBG, welcher auch dem Strafantrag des Finanzamtes Linz vom 24. August 2009 entspricht, enthält andere Tatbestands­merkmale als jene, die im Spruch des Straferkenntnisses ausgeführt sind.

 

Die gemäß § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG auch für das Verwaltungsstrafver­fahren geltende Berechtigung der Berufungsbehörde, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, schließt nach der ständigen Rechtsprechung des Ver­waltungsgerichtshofes nicht auch die Befugnis der Rechtsmittelbehörde mit ein, den Beschuldigten eine andere Tat anzulasten als diejenige, die bereits Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens gewesen ist (vgl. VwGH 19.5.1993, Zl. 92/09/0360). Von der Erstinstanz wurde dem Bw die Beschäftigung aus­ländischer Staatsangehöriger ohne die erforderlichen arbeitsmarktbehördlichen Bewilligungen angelastet, obwohl sich aus dem Strafantrag ergibt, dass im gegenständlichen Fall eine Entsendung ausländischer Arbeitskräfte von einem Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes zur Erbringung einer vorübergehenden Arbeitsleistung vorliegt. Eine weitere Bezugnahme auf die Tatbestandsmerkmale des § 18 Abs.12 AuslBG ist in der Tatbeschreibung nicht enthalten. In diesem Sinne war es daher dem Unabhängigen Verwaltungssenat verwehrt, eine der verletzten Verwaltungsvorschrift entsprechende Tatbeschreibung vorzunehmen, weshalb der Berufung insgesamt Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

 

Es war somit wie im Spruch zu entscheiden.

 

5. Aufgrund der Einstellung des Strafverfahrens entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

 

 

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