Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300909/2/WEI/Ba

Linz, 03.09.2010

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des X X, geb. X, X, gegen das Straferkenntnis des  Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 21. August 2009, Zl. 0019001/2009, wegen Übertretung des Tierschutzgesetzes zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

 

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG.

Zu II.: § 66 Abs. 1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 21. August 2009 hat die belangte Behörde den Bw wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"Der Beschuldigte, Herr X X, geboren am X, wohnhaft: X, hat als Halter des Hundes Husky Rufname X, geb. X, weibl. X, Hundemarkennummer X, welcher sich zum Tatzeitpunkt in seiner Fürsorge und Obhut befand, nachstehend angeführte Übertretung des Tierschutzgesetzes verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten:

Der Beschuldigte hat am 29.04.2009 um 12:30 Uhr einem in seiner Aufsicht befindlichen Hund (Husky) eine Stichverletzung zugefügt. Das Tier wurde im Hof des Gebäudes X, X von Mitgliedern der Tierrettung aufgefunden und zur Behandlung in die Tierarztpraxis gebracht. Dort wurde eine 5 cm lange und bis auf das Schulterblatt reichende Stichverletzung festgestellt. Gem. § 5 Abs. 1 Tierschutzgesetz ist es verboten, einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen oder es in schwere Angst zu versetzen.

Gem. § 9 Tierschutzgesetz hat, wer ein Tier erkennbar verletzt oder in Gefahr gebracht hat, soweit ihm dies zumutbar ist, dem Tier die erforderliche Hilfe zu leisten oder, wenn das nicht möglich ist, eine solche Hilfeleistung zu veranlassen.

Der Beschuldigte hat zum o.a. Zeitpunkt an o.a. Ort dem in seiner Aufsicht befindlichen Tier eine Stichverletzung und diesem dadurch ungerechtfertigt Schmerzen zugefügt. Weiters hat er die erforderliche Hilfeleistung unterlassen indem er weder das Tier versorgt bzw. für die erforderliche Versorgung durch eine dritte Person gesorgt hat."

 

Durch diese Tatanlastung, die gar keine Gliederung im Spruch aufweist, erachtete die belangte Behörde "ad 1.§ 5 Abs. 1 iVm § 38 Abs. 1 Z. 1 iVm Abs. 2 Tierschutzgesetz" und "ad 2. § 9 iVm § 38 Abs. 3 Tierschutzgesetz" als verletzte Verwaltungsvorschriften und verhängte deswegen Strafen gemäß § 38 Abs 1 und 2 Tierschutzgesetz "ad 1." von 2.000 Euro (90 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) und gemäß § 38 Abs 3 Tierschutzgesetz "ad 2." von 600 Euro (54 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe). Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurde der einheitliche Betrag von 260 Euro (10% der Geldstrafen) vorgeschrieben.

 

1.2. In der Begründung verweist die belangte Strafbehörde auf die Anzeige des Gesundheitsamts, Abteilung Veterinärwesen, vom 30. April 2009 und auf ein im Akt befindliches Foto vom verletzten Tier. Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 22. Mai 2009, zugestellt durch Hinterlegung am 27. Mai 2009, sei die im Spruch dargestellte Verwaltungsübertretung angelastet worden. Der Beschuldigte habe sich nicht gerechtfertigt. Das Verfahren habe daher gemäß § 42 VStG ohne seine weitere Anhörung durchgeführt werden können.

 

Für die belangte Behörde sei der im Spruch dargestellt Sachverhalt auf Grund der Aktenlage sowie des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens erwiesen. Welche weiteren Verfahrensschritte und Ermittlungen durchgeführt wurden, wird allerdings nicht angegeben.

 

Die belangte Behörde erließ ohne weitere Ermittlungen das angefochtene Straferkenntnis vom 21. August 2009 und meinte zur Schuldfrage, dass gemäß § 5 VStG fahrlässiges Verhalten genüge und dass der Beschuldigte ein Ungehorsamsdelikt begangen hätte, wobei der Schuldentlastungsbeweis vom Beschuldigten nicht erbracht worden wäre.

 

2.1. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 21. September 2009 eigenhändig zugestellt wurde, richtet sich die von der belangten Behörde niederschriftlich am 23. September 2009 mit dem Bw aufgenommene Berufung, die inhaltlich wie folgt lautet:

 

Ich erhebe Berufung gegen das Straferkenntnis GZ: X vom 21.08.2009

Ich möchte zu den Vorwürfen im Erkenntnis wie folgt Stellung nehmen:

Die Wohnung, in der ich lebte gehörte meiner Mutter. Ich musste die Wohnung räumen. Es lagen sehr viel Gerümpel und Scherben sowie Besteck und Messer herum. X war sehr nervös und lief ständig herum. Dabei muss sie sich irgendwo verletzt haben. Daraufhin ging ich mit ihr nach draußen. Dass sie verletzt war, wusste ich. Beim Zurückgehen am Gang war Blut. An das Datum kann ich mich nicht genau erinnern, jedenfalls war es ca. 09:00 Uhr früh. Ich verständigte von meinem Mobiltelefon aus die Tierrettung. Die Nummer stand im Telefonbuch oder bekam ich über die Auskunft, genau weiß ich das heute nicht mehr. In der Zwischenzeit ging ich zum Wirten in der Nähe (X) und wartete dort auf das Eintreffen der Tierrettung. Dies dauerte ca. ein Bier lang. Ich wollte in der Tierrettung mitfahren, was mir verwehrt wurde, da im Auto kein Platz war. Gegen Mittag rief ich beim Tierarzt Dr. X (die Nummer erfuhr ich über die Tierrettung) an, welche mir mitteilte, dass ich keine Auskunft bekomme. Diese teilte mir auch die Anzeigenlegung mit.

Ich konnte mir bis 10.06.2009 keine Post holen, da ich von 14.05. bis 10.06.09 im Krankenhaus war und hatte somit keine Mitteilung über die Einleitung des Verfahrens. Bis 01.07.2009 war obdachlos in der Notschlafstelle aufhältig. Seit 01.07.09 bin ich im B37.

Zusammenfassend möchte ich sagen, dass ich meiner Hündin weder eine Verletzung zugefügt habe. Auch habe ich sofort Hilfe geleistet bzw. für die Versorgung über die Tierrettung gesorgt. Einzig dass ich vielleicht etwas zu spät reagiert habe, kann mir zum Vorwurf gemacht werden.

 

2.2. Die belangte Behörde hat die Berufung samt ihrem Verwaltungsstrafakt, und zwar einen vollständigen Ausdruck des elektronisch geführten Aktes, am 28. September 2009 dem Oö. Verwaltungssenat zur Berufungsentscheidung vorgelegt, ohne eine Gegenschrift zu erstatten.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt Einsicht genommen und einen äußerst dürftigen Akteninhalt vorgefunden, der den von der belangten Behörde im Spruch angenommenen Sachverhalt nicht trägt und auch keine Beweisaufnahmen, ja nicht einmal zielführende Beweisquellen enthält.

 

Die Zustellung der Aufforderung zur Rechtfertigung ist nicht ausgewiesen, obwohl eine Hinterlegung am 27. Mai 2009 erfolgt ist. Der Bw hat vorgebracht, dass er zum Hinterlegungszeitpunkt und bis 10. Juni 2009 im Krankenhaus war. Er war demnach ortsabwesend und die Hinterlegung konnte deshalb nicht gemäß § 17 Abs 3 Zustellgesetz die Wirkung einer Zustellung haben. Außerdem habe er die Wohnung in der X räumen müssen und wäre bis 1. Juli 2009 obdachlos gewesen. Er habe keine Mitteilung über die Einleitung des Verfahrens erhalten. Von der belangten Behörde wurde dies im Vorlageschreiben weder kommentiert noch bestritten. Sie hat auch nicht nachgewiesen, dass dem Bw die Aufforderung zur Rechtfertigung tatsächlich zugekommen sein musste, so dass der Zustellmangel geheilt worden wäre. Aus dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt ergeben sich dazu keine Anhaltspunkte. Deshalb hätte die Strafbehörde das Strafverfahren nicht gemäß § 42 VStG ohne weitere Anhörung des Beschuldigten durchführen dürfen und liegt schon insofern ein ganz wesentlicher Verfahrensmangel vor.

 

Nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenats war das angefochtene Straferkenntnis schon nach der Aktenlage aus tatsächlichen, aber auch aus rechtlichen Gründen aufzuheben.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 38 Abs 1 Tierschutzgesetz - TSchG (BGBl I Nr. 118/2004 zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 35/2008) begeht im Fall der Z 1 eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis 7.500 Euro, im Wiederholungsfall bis 15.000 Euro, zu bestrafen,

 

wer einem Tier entgegen § 5 Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst zufügt.

 

Gemäß § 5 Abs 1 TSchG ist es verboten einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen oder es in schwere Angst zu versetzen. Der Absatz 2 zählt beispielsweise Fälle auf, die nach Ansicht des Gesetzgebers als Verstoß gegen den § 5 Abs 1 TSchG gelten. Ein solcher Fall des Absatz 2 liegt gegenständlich nicht vor.

 

Wer ein Tier erkennbar verletzt oder in Gefahr gebracht hat, den trifft nach § 9 TSchG eine Hilfeleistungspflicht. Er hat dem Tier, soweit zumutbar, die erforderliche Hilfe zu leisten oder, wenn das nicht möglich ist, eine solche Hilfeleistung zu veranlassen. Ein Verstoß gegen § 9 wird als Verwaltungsübertretung nach § 38 Abs 3 TSchG mit Geldstrafe bis 3.750 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 7.500 Euro, geahndet.

 

Nach § 38 Abs 7 TSchG liegt eine Verwaltungsübertretung nicht vor, wenn eine in Abs 1 bis 3 bezeichnete Tat den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.

 

4.2. Gemäß § 222 Abs 1 Z 1 StGB begeht das gerichtlich strafbare Vergehen der Tierquälerei und ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen,

 

wer ein Tier roh misshandelt oder ihm unnötige Qualen zufügt.

 

Eine Misshandlung ist eine nachteilige physische Einwirkung, die sich als erheblicher Angriff auf den Körper des Tieres darstellt. Die Misshandlung muss im dem Sinne roh sein, dass nach dem Ausmaß und der Intensität der Tätlichkeit und der zugefügten Schmerzen in Verbindung mit dem Fehlen eines vernünftigen und berechtigten Zwecks auf eine gefühllose Gesinnung des Täters geschlossen werden kann. Auch eine einmalige kurze Schmerzzufügung kann den Begriff erfüllen (vgl Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB3 [1992] § 222 Rz 3; Philipp in Wiener Kommentar2, § 222 [Austauschheft 2005] Rz 34 u 38, jeweils mwN). Es handelt sich bei diesem Delikt um ein Erfolgsdelikt mit zumindest kurzer Schmerzzufügung im Fall des § 222 Abs 1 Z 1 Fall 1 (vgl Philipp aaO, § 222 Rz 86).

 

Der Begriff der Zufügung unnötiger Qualen (§ 222 Z 1 2. Fall StGB) setzt eine gewisse Dauer der Schmerzen voraus, die nicht notwendig körperlich (auch Qualen infolge Hunger oder Angst genügen) sein müssen. Ein qualvoller Zustand ist aber nicht erforderlich. Das Merkmal "unnötig" soll klarstellen, das sozialadäquates Verhalten wie maßvoller Einsatz von Zwangsmaßnahmen zur Erziehung oder Erwirkung von zumutbaren Arbeitsleistungen oder Gehorsam des Tieres nicht erfasst wird (vgl näher Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB3, § 222 Rz 4 f; Philipp in Wiener Kommentar2, § 222 Rz 39 ff, jeweils mit Beispielen).

 

4.3. Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde im Ergebnis ohne Beweisaufnahmen nur auf Grund einer Verdachtslage nach einem E-Mail der Veterinärabteilung vom 30. April 2009 ein Straferkenntnis gegen den Bw erlassen. Nach dieser elektronischen Anzeige des Amtstierarztes Dr. X wegen des Verdachts der Tierquälerei wurde der Bw am 29. April 2009 um 12:30 Uhr in einer anonymen telefonische Anzeige beschuldigt, einem Husky eine Stichverletzung zugefügt zu haben. Den Hund habe er anschließend schwer verletzt im Hof des Gebäudes abgelegt. Unbekannte hätten die Tierrettung verständigt, die den Hund dann in die Tierarztpraxis der Dr. X brachte. Auf die telefonische Nachfrage des Amtstierarztes berichtete Frau Dr. X, dass der Hund von der Tierrettung (Frau X) in die Praxis gebracht worden sei. Er habe eine Stichverletzung im Schulterbereich gehabt und sich in durchaus kritischem Zustand befunden. Der Bw habe bei einer Rücksprache der Tierärztin gegenüber erklärt, wenn die Kosten zu hoch wären, solle sie das Tier einschläfern.

 

Aus einem handschriftlichen Aktenvermerk ergibt sich eine Tiefe der Stichverletzung bis zum Schulterblatt und eine Länge von 5 cm. Aus einem aktenkundigen, Lichtbild auf qualitativ schlechter schwarz-weiß Fotokopie in DIN A4 ist ein erheblicher Einstich im Schulterbereich des Hundes ersichtlich. Weiter tatsächliche Umstande sind dem vorgelegten Akt nicht zu entnehmen. Abgesehen von der anonymen Anzeige und der Verletzung des Hundes sind keine weiteren Fakten gesichert. Es ist auch kein Zeuge bekannt, der aus eigener Wahrnehmung über das Verhalten des Bw berichten kann.

 

Zu der von der belangten Behörde angenommenen Unterlassung der Hilfeleistung nach Zufügung der Stichverletzung durch den Bw gibt es im vorgelegten Akt ebenfalls kein zuverlässiges Beweisergebnis. Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass nach der Aktenlage überhaupt nicht geklärt worden ist, wer die Tierrettung verständigte. Der Bw hat in der Berufung bekanntlich behauptet, dass er die Tierrettung angerufen habe, nachdem er die Verletzung des Hundes bemerkte. Er hätte sogar mit der Tierrettung mitfahren wollen, was ihm aber verwehrt worden sei. Diese Einlassung des Bw ist denkmöglich und nach der Aktenlage nicht widerlegbar, weil die belangte Behörde zu diesem Thema keine Erhebungen vorgenommen oder Beweise aufgenommen hat.

 

Die auf einer bloßen Verdachtslage beruhenden Anlastungen der Strafbehörde sind nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenates mit der Unschuldsvermutung iSd Art 6 Abs 2 EMRK und dem auch im Verwaltungsstrafverfahren zu beachtenden Grundsatz "in dubio pro reo" unvereinbar.

 

4.4. Selbst wenn man mit der belangten Behörde davon ausgeht, der Bw hätte seinem Husky mit dem Rufnamen X eine 5 cm lange und bis zum Schulterblatt reichende Stichverletzung zugefügt und ihn anschließend einfach im Hof abgelegt und seinem Schicksal überlassen, so könnte ein solches Verhalten niemals als ein bloßes Ungehorsamsdelikt iSd § 5 Abs 1 VStG gedeutet werden, wie die Strafbehörde in ihren rechtlichen Ausführungen zur Schuldfrage aber völlig rechtsirrig vermeint. Eine solche Annahme ist rechtlich verfehlt und auch lebensfremd. Dem Hund wäre nämlich durch eine gefährliche Handlung des Bw die beschriebene schwere Verletzung und damit ein mit Schmerzen und Leiden verbundener Schaden iSd § 5 Abs 1 TSchG zugefügt worden, der sich als ein in der Außenwelt erkennbarer Erfolg darstellte. Es läge deshalb zweifellos ein Erfolgsdelikt vor.

 

Außerdem könnte man schon nach der allgemeinen Lebenserfahrung ein solches Täterverhalten nicht als bloße Fahrlässigkeit ansehen. Worin soll die Nachlässigkeit oder das bloße Versehen des Täters liegen? Die belangte Behörde bleibt insofern auch jegliche Antwort durch Konkretisierung einer Sorgfaltswidrigkeit schuldig. Wenn die belangte Behörde schon von einer durch den Bw dem Hund zugefügten Stichverletzung ausgeht, so hätte sie nach Art und Ausmaß der Verletzung des Hundes auch annehmen müssen, dass die Zufügung dieser Verletzung mit großer Wahrscheinlichkeit mutwillig und damit vorsätzlich erfolgt sein musste. Dies umso mehr, wenn der Bw auch verdächtigt wird, den schwer verletzten Hund einfach im Hof abgelegt zu haben, ohne sich weiter um ihn zu kümmern. Auf ein vorsätzliches Verhalten des Täters scheint auch die vom Amtstierarzt wiedergegeben anonyme Anzeige abzustellen. Schließlich könnte man die Angaben der Frau Dr. X, wonach der Bw ihr erklärt hätte, sie möge den Hund bei zu hohen Kosten einschläfern, auch so deuten, dass dem Bw nicht mehr allzu viel an dem Hund gelegen war, er ihn möglicherweise los werden wollte.

 

All diese von der belangten Behörde selbst angenommenen Umstände sprechen viel eher für die vorsätzliche Begehung des Vergehens der Tierquälerei nach § 222 Abs 1 Z 1 StGB (vgl dazu unter Punkt 4.2.) durch den Bw als für die Möglichkeit einer Fahrlässigkeitsvariante. Laut Anzeige des Amtstierarztes war die Stichverletzung des Hundes schwer und sein Zustand als kritisch zu bezeichnen, vielleicht auch dadurch, dass er möglicherweise mit der blutenden Verletzung länger im Hof lag, bevor von Unbekannten die Rettung gerufen wurde. Einen solchen Schaden kann man einem Tier wohl nur aus roher und gefühlloser Gesinnung zufügen. Die Annahme dieser rohen Gesinnung des Bw würde durch den von der belangten Behörde angenommenen Umstand des Ablegens im Hof des Hauses X, ohne für die erforderliche Hilfe zu sorgen, noch erhärtet.

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat geht daher zum einen davon aus, dass die belangte Behörde ihr Straferkenntnis mit schwerwiegenden Verfahrensmängeln belastet und kein Ermittlungsverfahren mit ordnungsgemäßer Beweisaufnahme durchgeführt hat, das in tatsächlicher Hinsicht den Spruch des Straferkenntnisses tragen könnte. Zum anderen wäre aus rechtlicher Sicht der in der spruchmäßigen Tatanlastung der belangten Behörde zum Ausdruck kommende Sachverhalt in Verbindung mit weiteren Indizien aus der Aktenlage als ein Fall der Tierquälerei nach dem § 222 Abs 1 Z 1 StGB anzusehen. Damit läge im Sinne der Subsidiaritätsklausel des § 38 Abs 7 TSchG wiederum keine Verwaltungsübertretung vor, weil ein in die Zuständigkeit der Gerichte fallendes Verhalten des Täters die Annahme einer Verwaltungsübertretung ausschlösse.

 

Im Ergebnis konnte aus den dargelegten tatsächlichen und rechtlichen Gründen von keiner Verwaltungsübertretung nach dem Tierschutzgesetz ausgegangen werden, weshalb das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen war. Bei diesem Ergebnis entfiel auch gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. W e i ß

 

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