Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-165256/6/Br/Th

Linz, 06.09.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, vertreten durch Dr. X, Rechtsanwalt, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 9. Juli 2010, Zl. VerkR96-3546-2010, nach der am 6.9.2010 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, zu Recht:

 

 

I.     Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass beim zur Last liegenden Lenken von einem Alkoholisierungsgrad von mehr als 0,6 mg/l, jedoch weniger als 0,8 mg/l auszugehen ist.

Die Strafnorm hat § 99 Abs.1a StVO 1960 zu lauten hat.

Die Geldstrafe wird unter Anwendung des § 20 VStG auf 600 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf sieben Tage ermäßigt.

 

II.   Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich demnach auf 60 Euro. Für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.:   § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert         durch BGBl. I Nr. 135/2009 – AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 20, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e    Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr.            135/2009 – VStG.

Zu II.:  § 65  VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Wider den Berufungswerber wurde mit dem o.a. Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen, wegen der Übertretung nach § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.600 Euro und im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafe von siebzehn (17) Tagen verhängt, weil er am 24.04.2010, 23:45 Uhr, den Pkw Ford Focus, mit dem Kennzeichen X,  in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe wobei seine mit geeichten Alkomaten gemessene Atemluft einen Alkoholgehalt von 0,83 mg/l betragen habe.

 

 

1.1. Die Behörde erster Instanz begründete den Schuldspruch mit folgenden Erwägungen:

Sie haben am 24. April 2010 um 23 Uhr 45 in Bad Schallerbach auf Straßen mit öffentlichem Verkehr, insbesondere auf dem Parkplatz vor dem Anwesen Weiserstraße 3 das Kraftfahrzeug der Marke Ford mit dem Kennzeichen X in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt. Zudem haben Sie auf dieser Fahrt einen Verkehrsunfall verschuldet, indem Sie beim Rückwärtsfahren den PKW mit dem Kennzeichen X streiften.

 

Die Tatsache der Alkoholisierung ist aufgrund des am Tattag um 0 Uhr 36 durchgeführten Alkotestes, der einen Alkoholgehalt Ihrer Atemluft von 0,83 mg/l (niedrigster Wert) ergeben hat, erwiesen.

 

Beweiswürdigung:

 

Der festgestellte Sachverhalt gründet sich auf die Anzeige der Polizeiinspektion Bad Schallerbach vom 28. April 2010, insbesondere dem beiliegenden Messstreifen des durchgeführten Alkotests.

 

Ihrer nunmehrigen Einlassung, wonach Sie 2 bis 3 Achteln gespritzten Weißwein als Nachtrunk konsumiert hätten, wird keine Beachtung geschenkt. Wer sich nämlich auf einen sogenannten "Nachtrunk" beruft, hat entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH 26.4.1991, 91/18/0005, 25.5.2007. 2007/02/0141 u.a.) Art und Menge eines solcherart konsumierten Alkohols dezidiert zu behaupten und zu beweisen. Sie haben lediglich angegeben 2 bis 3 Achteln gespritzten Weißwein konsumiert zu haben. Diese Angaben sind jedoch nicht entsprechend konkret im Sinne der zitierten Rechtsprechung.

 

Zudem kommt noch, dass Sie diese Angaben erstmals in Ihrer Vorstellung tätigen. Nach der ständigen Rechtsprechung hat jedoch derjenige, der sich auf einen Nachtrunk beruft, von sich aus bei der ersten sich bietenden Gelegenheit darauf hinzuweisen.

 

Weiteres ist der Anzeige zu entnehmen, dass Sie zuletzt um 23 Uhr Alkohol konsumiert haben. Ihren nunmehrigen Ausführungen, dass Sie im Zeitraum von 23 Uhr 15 bis 0 Uhr 20 alkoholische Getränke zu sich genommen hätten, wird im Rahmen der freien Beweiswürdigung kein Glauben geschenkt. Entspricht es doch der allgemeinen Lebenserfahrung, dass zeitlich früher gemachte Angaben eher der Wahrheit entsprechen als später getätigte.

Aus den vorstehend genannten Gründen erübrigt sich daher auch die beantragte Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachten.

 

 

Rechtliche Beurteilung:

 

Gemäß § 5 Abs.1 StVO darf, wer sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet, ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

Eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. a StVO begeht und ist mit einer Geldstrafe von 1 600 Euro bis 5 900 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,6 Promille oder mehr, oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,8 mg/l oder mehr, beträgt.

 

Aufgrund der evidenten Tatsache, dass Sie ein Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt haben, haben Sie das Ihnen angelastete Delikt in objektiver Hinsicht verwirklicht.

 

Sie haben auch die subjektive Tatseite der angelasteten Verwaltungsübertretung erfüllt, wobei von einem zumindest bedingt vorsätzlichem Verhalten im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG auszugehen ist. Sie haben auch kein Tatsachenvorbringen erstattet, das geeignet wäre, glaubhaft zu machen, dass Sie an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift des § 5 Abs. 1 StVO kein Verschulden trifft.

 

Ihre Strafbarkeit ist daher gegeben.

 

Zur Strafbemessung ist folgendes auszuführen:

 

Grundlage für die Bemessung der Strafe ist gemäß § 19 Abs. 1 VStG stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Es liegen keine Vormerkungen die zum gegenständlichen Vorfallszeitpunkt in Rechtskraft erwachsen gewesen und noch nicht getilgt sind vor. Dies ist als mildernd zu werten. Sonstige Milderungs- oder auch Erschwerungsgründe liegen nicht vor.

 

Bei der Strafbemessung wurde die behördlich vorgenommene Schätzung (1.200 € monatliches Nettoeinkommen, kein Vermögen, keine Sorgepflichten) zugrunde gelegt.

 

Zur Schätzung Ihrer Verhältnisse in Bezug auf Einkommen, Vermögen und Sorgepflichten darf in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen werden, dass Sie bei der Einschätzung dieser Verhältnisse es sich Ihrer unterlassenen Mitwirkungspflicht zuzuschreiben haben, sollte die Behörde bei dieser Einschätzung zu Ihrem Nachteil Umstände unberücksichtigt gelassen haben, die ohne Ihre Mitwirkung dem hs. Amt nicht zur Kenntnis gelangen konnte (VwGH 14.1.1981, ZI. 3033/80).

 

 

Nach § 20 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) 1991 kann die Mindeststrafe bei beträchtlichem Überwiegen der Milderungs- über die Erschwerungsgründe bis zur Hälfte unterschritten werden. Bei der Beurteilung der Frage des "beträchtlichen Überwiegens der Milderungsgründe" kommt es nicht auf die Zahl, sondern das Gewicht und die Bedeutung im Zusammenhang mit dem Sachverhalt an (vgl. VwGH 27.02.1992, 92/01/0095).

 

Wie oben bereits ausgeführt, war lediglich Ihre Unbescholtenheit als mildernd zu berücksichtigen. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH-Erk. vom 17.12.2004, ZI. 2004/02/0298) kann jedoch bei einer Übertretung wie der Gegenständlichen dem alleinigen Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit kein solches Gewicht beigemessen werden, dass -selbst bei Fehlen von Erschwerungsgründen - § 20 VStG anzuwenden wäre; es kann nämlich keine Rede davon sein, dass die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen. Mit einer außerordentlichen Strafmilderung konnte daher nicht vorgegangen werden.

 

Gemäß § 21 VStG kann die Behörde von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

 

Der Unrechtsgehalt der von Ihnen gesetzten Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 StVO wird als sehr hoch eingestuft, da gerade Übertretungen der Alkoholbestimmungen zu den schwerwiegendsten Übertretungen der Straßenverkehrsordnung gehören. Von einem geringfügigen Verschulden kann daher nicht ausgegangen werden.

 

Es wurde die gesetzliche Mindeststrafe verhängt. Diese ist als schuld- und tatangemessen zu betrachten und stellt auch das notwendige Maß dessen dar, um Sie in Zukunft von der Begehung ähnlicher Übertretungen abzuhalten.

 

Die Entscheidung über die Kosten des Strafverfahrens stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.“

 

 

2. Der Berufungswerber tritt dem angefochtenen Straferkenntnis mit seiner fristgerecht durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung entgegen und führt aus:

In der umseits bezeichneten Rechtssache erhebe ich binnen offener Frist das Rechtsmittel der Berufung und begründe dieses wie folgt:

 

1. Mein Beweisantrag, es möge durch einen Sachverständigen ermittelt werden, welchen Einfluss der Konsum von 2-3 Achteln Weißwein im Zeitraum von 23.15 Uhr bis 0.20 Uhr auf den um 0.36 Uhr gemessenen Atemluftgehalt hatte, wurde nicht erledigt.

Dazu kommt, dass ein Einvernahme meiner Person vor der Behörde unterblie­ben ist, obwohl bereits aus der Anzeige (GZ Al/0000004213/01/2010) hervor­geht, dass ich nur zum Umparken auf den Parkplatz gegangen bin und danach wieder in das Lokal, um weiter zu trinken (AS 3 f der Anzeige). Daraus ergibt sich, dass die um 00:36 durchgeführte Atemluftgehaltmessung nicht aussagekräftig ist und der Gehalt im Tatzeitpunkt jedenfalls unter 0,8 mg/l lag.

 

2. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen bedient sich der Beweiswür­digung unzulässigerweise eines Rückgriffs auf die Judikatur, und will aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes einen konkreten Sachverhalt ableiten und geht rechtsirrig davon aus, dass der Stellungnahme des Beschuldigten, einen Nachtrunk vorgenommen zu haben, keine Beachtung zukomme.

 

Insofern ist auch unrichtig, dass die Angabe, „2 bis 3 Achteln" Weißwein kon­sumiert zu haben, nicht ausreichend konkret ist. Diese Angabe ist nämlich je­denfalls insofern ausreichend konkret als ein Nachtrunk von „mindestens 2 Achteln" vorgebracht wurde. Eine weitere Konkretisierung ist logisch nicht möglich.

Hinsichtlich der Ansicht, dass ich mich über den Nachtrunk sogleich erklären hätte müssen, weise ich darauf hin, dass ich keinen Anlass hatte, dies vorzu­bringen. Jedenfalls ergibt sich aus der Einvernahme des Gruppeninspektors X, dass der Nachtrunk bei der Amtshandlung kein Thema war.

 

Auch in der Anzeige ist dokumentiert, dass über Art und Menge des Nachtrunks kein Beweis aufgenommen wurde, dieses Feld wurde im Gegensatz zu allen anderen Feldern freigelassen.

Ich konnte also vor Erhalt des Entzugsbescheides - und mangels rechtlichen Gehörs bis jetzt noch nicht - meinen Nachtrunk geltend machen.

 

Hinsichtlich des angegebenen Endzeitraums des Alkoholkonsums mit 23.00 Uhr ist festzuhalten, dass dies ja nur der Zeitraum vor der Inbetriebnahme des KFZ betrifft. Ein Widerspruch mit der Tatsache, dass ein Nachtrunk erfolgt ist, wie die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vermeint, liegt somit nicht vor.

 

Das Verfahren ist somit insofern mangelhaft geblieben und wäre durch das beantragte Sachverständigengutachten und die Einvernahme meiner Person zu ergänzen gewesen.

Darüber hinaus wurden die schon in der Anzeige dokumentierten Aussagen im Bescheid gar nicht berücksichtigt, was ebenfalls eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens darstellt.

3. Ich möchte nochmals ausdrücklich betonen, dass ich beim Umparken das andere Kfz nur derart leicht touchiert habe, dass es minimal beschädigt wurde! Somit konnte ich das Anstreifen bzw den „Verkehrsunfall" gar nicht bemerken. Das ist auch der Grund, weshalb ich ohne weiteres ins Lokal zurückging und ich auch die Angabe, ich hätte ein Kfz beschädigt, somit einen Sachschaden ver­ursacht, gar nicht ernst genommen habe, ich konnte also nicht davon ausgehen, dass eine Verkehrsunfallaufnahme bzw eine Alkoholmessung notwendig wer­den würde (vgl auch VwGH vom 09.09.1968, Z 620/68: „Die Verpflichtung zur Meldung einer Sachbeschädigung setzt das Wissen um diese voraus; die bloße Tatsache einer Beschädigung allein bewirkt noch keine Meldepflicht.").

 

3. Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Unrechtsgehalt der Verwal­tungsübertretung nicht nur nicht sehr hoch ist, sondern im Gegenteil sehr ge­ringfügig. Die Inbetriebnahme eines KFZ auf einem Parkplatz zum bloßen Umparken erfolgt naturgemäß mit sehr geringer Geschwindigkeit und ohne besondere Gefahr, der „Verkehrsunfall" war ein bloßes Touchieren eines ge­parkten Kfz! Im Zusammenhang mit meiner Unbescholtenheit und mit meinem geringen Netto-Einkommen wäre daher die Mindeststrafe gem. § 20 VStG zu unterschreiten gewesen, wobei ich noch einmal darauf verweise, dass selbst wenn im Tatzeitpunkt der gemessene Alkoholgehalt vorgelegen wäre, nur eine sehr geringfügige Überschreitung des gesetzlichen Grenzwertes für die heran­gezogene Strafbestimmung vorgelegen wäre.

 

Ich beantrage daher,

1.   den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben.

 

2.   In eventu unter Berücksichtigung des Nachtrunks von mindestens 2 Achteln gespritzten Weißwein das Verfahren durch Einholung eines Sachverständigen-Gutachtens und meine Einvernahme zu ergänzen.

 

3.   In eventu die Strafe gem. § 99 Abs.lb StVO iVm § 20 VStG auf  € 400,- zu mindern.

 

4.   in eventu jedenfalls gem. § 20 VStG die verhängte Strafe in der Höhe von € 1.600,00 auf die Hälfte zu mindern.

 

Wels, am 13.07.2010                                                                        X

 

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Verlesung der inhaltsgleichen erstinstanzlichen Aktenlage  im Verfahren zu VwSen-522631. Der den Atemlufttest durchführende Polizeibeamte GI X wurde auch im Rahmen des Berufungsverfahrens als Zeuge einvernommen. Im Vorfeld wurde die der Nachtrunkerantwortung zu Grunde liegende Alkoholsubstanz mittels sogenannten Alkorechner errechnet.

Der Berufungswerber wurde als Beschuldigter gehört. Ebenfalls nahm eine Vertreterin der  Behörde erster Instanz an der Berufungsverhandlung teil. 

 

 

4. Sachverhaltslage:

Der Berufungswerber verursachte zu dem im Spruch genannten Zeitpunkt einen geringfügigen Parkschaden, nachdem er sein Fahrzeug von einem Parkplatz des Heimbringerdienstes wegstellte, nachdem er dazu  im Lokal persönlich vom Lenker  eines Fahrzeuges des Heimbringerdienstes, auf dessen Parkplatz er sein Fahrzeug abgestellt hatte, aufgefordert wurde. Dabei kam es zu einer von ihm offenbar unbemerkt gebliebenen leichten Streifung (Beschädigung) eines dort ebenfalls geparkten Fahrzeuges. Anlässlich dieses „Umparkvorganges“ legte der 500 m von diesem Lokal entfernt wohnende Berufungswerber insgesamt nur 30 m zurück. Auf dem Rückweg ins Lokal wurde er von einer ihm unbekannten Person auf den verursachten Parkschaden angesprochen. Dies ignorierte er jedoch.

Im Lokal kosumierte er dann noch zwei Achtel Wein, ehe er, diesmal über Lautsprecher, abermals aus dem Lokal gebeten wurde.

Vor dem Lokal erwartete ihn die Polizei. Er wurde mit dem Vorwurf des Pakrschadens konfrontiert und es wurde vor Ort ein sogenannter Vortest und anschließend um 0:38 Uhr auf der Polizeiinspektion Schallerbach ein Alkotest – mit dem bekannten Ergebnis - durchgeführt.

 

 

4.1. Die Behörde erster Instanz folgte dem bereits im Rahmen einer schriftlichen Stellungnahme vorgetragenen Einwand eines weiteren Alkoholkonsums mit dem Hinweis auf die Judikatur nicht, weil dieser nicht auch bereits gegenüber dem einschreitenden Polizeibeamten erwähnt und exakt bewiesen  worden sei. Diesbezüglich verwies die Behörde erster Instanz im nunmehr angefochtenen Straferkenntnis auch auf die einschlägige Judikatur.

Aus der Sicht der Berufungsbehörde ist der Verantwortung des Berufungswerbers aber durchaus zu folgen gewesen. So ist es einerseits nicht wirklich gesichert, dass der Berufungswerber überhaupt über sein Konsumverhalten nach dem Vorfall dezidiert gefragt wurde. Dies vermochte der Meldungsleger, wie auch schon in seiner Zeugenaussage vor der Behörde erster Instanz am 7.6.2010, auch anlässlich der Berufungsverhandlung nicht mit Sicherheit darzustellen. Er vermeinte wohl eher schon danach gefragt zu haben, aber sicher konnte er dies nicht sagen. Der Meldungsleger erinnerte sich über die eher geringe Auskunftsfreudigkeit des Berufungswerbers anlässlich der Amtshandlung.

Das die exakten Zeiten und Quanten eines Alkoholkonsums anlässlich eines ganzen Abends, insbesondere bei einer nicht unerheblichen Alkohohlbeeinträchtigung nicht evident sind, ist wohl nicht zu verleugnen. Vielmehr erscheint es vor dem Hintergrund des bloß kurzzeitigen Verlassens des Lokals zum Wegstellen des Fahrzeuges durchaus logisch,  das am Tisch befindliche Getränk nach der Rückkehr weiterkonsumiert und noch Getränke nachbestellt zu haben.

Der bisher gänzlich unbescholtene  Berufungswerber machte im Rahmen der Berufungsverhandlung auch einen durchaus soliden Eindruck, wobei im auch darin gefolgt werden kann, dass er im Wissen seines Alkoholkonsums den Heimweg über 500 m nicht mehr mit dem Pkw, sondern zu Fuß tätigen hätte wollen. Ebenfalls konnte er angesichts des ihm nicht evident gewordenen Parkschadens nicht mit einer polizeilichen Konfronation rechnen, sodass die nur vage beantworteten Fragen zu seinem Alkoholkonsum vor und nach dem Vorfall um 23:45 Uhr, seiner Glaubwürdigkeit, über den Konsum von Alkohol auch noch nach der bloß ganz kurzen Unterbrechung seines Lokalbesuches, keinen Abbruch tun.

So ist es auch durchaus realistisch, dass er, nachdem er von einer ihm bekannten Person [dem Lenker des Heimbringerdienstes] zum Wegstellen seines Pkw´s aufgefordert wurde, sein Getränk am Tisch stehen ließ und anschließend  dieses wieder weiter genossen hat. Vielmehr wäre es eher lebensfremd, hätte er im Gegensatz zu seinem offenkundig bis dahin als wohl offensiv bezeichenbaren Trinkverhalten nichts mehr getrunken.  

Wollte die Behörde erster Instanz dem vom Berufungswerber eingewendeten Konsum von Wein nach dem Umstellen seines Fahrzeuges, lediglich mit dem Hinweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keinen glauben schenken, würde sie den Sinn dieser Judikatur verkennen. Diese besagt im Ergebnis, dass es keinen Verfahrensmangel darstellt, wenn einem Nachtrunkeinwand nicht gefolgt wird, der nicht ehest und nicht in einer nachvollziehbaren Deutlichkeit erhoben wird.

Dem kann jedoch nicht der Inhalt einer  bindenden Beweisregel der Gestalt zugesonnen werden, dass die Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung nicht den Denkgesetzen folgend im Sinne des  Grundsatzes eines „fair trial“ auf den Einzelfall bezogen die Beweislage zu würdigen hätte und sich bloß auf die Judikatur berufen bräuchte.

Hier gab doch der Meldungsleger selbst im Rahmen seiner zeugeschaftlichen Befragung vor der Behörde erster Instanz an, er könne zu den Angaben des Berufungswerbers über den Nachtrunk „nicht mehr mit Sicherheit sagen, ob diesbezüglich der Proband gefragt wurde.“  

Die zitierte Judikatur besagt auch nicht, dass ein Nachtrunk völlig exakt erfasst werden müsste um überhaupt anerkennbar zu sein. Dies muss jedenfalls dann gelten, wenn – so wie hier – ein Trinkverhalten noch keinen Bezug zu einem verfahrensrelevanten Ereignis herstellen lässt. Sonst müsste letztlich im Ergebnis jeder nach einer Fahrereignis stattfindende Alkoholkonsum gleichsam vorsichtshalber notiert werden um nicht Gefahr zu laufen diesen gegebenenfalls nicht mehr exakt benennen zu können.

Es kann daher nur der Beweiswürdigung im Einzelfall obliegen, ob ein Nachtrunk mit den realen Lebensabläufen in Einklang zu bringen und letztlich glaubwürdig ist oder nicht.

 

Demnach ergibt sich unter der Annahme des im Rahmen der Berufungsverhandlung vom Berufungswerber eingeräumten Alkoholkonsums eine zum Lenkzeitpunkt erwiesene Beeinträchtigung durch Alkohol lediglich im Umfang von mehr als 0,6 mg/l aber weniger als 0,8 mg/l.

Dieses Ergebnis wurde mit einem sogenannten Alkoholrechner unter Berücksichtigung der physischen Parameter des Berufungswerbers (93 kg Körpergewicht, 175 cm Körpergröße, in einer Zeit von knapp einer Stunde) rückgerechnet.

Der dem Berufungswerber nach dem Umstellen seines Fahrzeuge geglaubte Konsum von noch zwei Achtel Wein führt bei ihm nach gesamter Resorption zu einer Blutalkoholkonzentration von 0,27 Promillen. Dieses Ergebnis ist vom Messergebnis abzuziehen, wobei der zwischenzeitig innherhalb einer knappen Stunden wiederum erfolgte Abbau von zumindest 0,1 Promille zum Messergebnis hinzuzurechnen ist. Daraus folgt letztlich, dass nur von einem als gesichert geltenden Blutalkoholwert von 1,53 Promillen [entspricht ~ 0,765 mg/l] ausgegangen werden kann. 

 

Dem Berufungswerber war daher in seiner Verantwortung zu folgen gewesen. Sein Beweisantrag auf Beiziehung eines Sachverständigen zwecks Rückrechnung wurde letztlich nicht mehr aufrecht erhalten.  Angesichts der vom Messergebnis her unbestrittenen Faktenlage waren keine weiteren Beweise zu führen.

 

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

Der Strafrahmen des nunmehr zu Anwendung gelangenden § 99 Abs.1a StVO 1960 reicht von 1.200 Euro bis 4.400 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit von zehn Tagen bis sechs Wochen Ersatzfrei­heitsstrafe.

 

 

5.1. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind überdies die nach dem Zweck der Straf­drohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegen­einander abzuwägen und auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berück­sichtigung der Eigenart des Verwaltungs­strafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

 

5.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich stellt zunächst fest, dass den sogenannten "Alkohol- und Drogendelikten" ein besonderer Unrechtsgehalt, welcher in aller Regel im hohen Potential der Gefährdung der Gesundheit und des Lebens anderer Menschen durch Lenken eines Fahrzeuges in einem alkohol- oder drogenbeeinträchtigten Zustand zu Grunde liegt, beizumessen ist. Der Gesetzgeber hat diesbezüglich einen entsprechend strengen Strafrahmen vorgesehen.

Für den Fall des beträchtlichen Überwiegens der Milderungsgründe kann nach § 20 VStG die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden. Bei der Beurteilung der Frage des "beträchtlichen Überwiegens der Milderungsgründe" kommt es nicht auf die Zahl, sondern auf das Gewicht der Milderungsgründe an (VwGH 15.12.1989, 89/01/0100).

 

Zusammenfassend wird festgestellt, dass die nunmehr verhängte Strafe den Kriterien des § 19 VStG entspricht, general­präventiven Überlegungen standhält und vor dem Hintergrund, dass hier der Tatunwert weit hinter dem mit einer derartigen Übertretung in aller Regel verbundenen Unwertgehalt zurückblieb, auch mit dieser Geldstrafe das Auslangen gefunden werden kann. Der Berufungswerber zeigte sich nicht zuletzt auch unrechtseinsichtig.

Im Gegensatz zur offenkundigen Annahme der Behörde erster Instanz, sah sich die Berufungsbehörde angesichts des bloß über fremde Internvention erfolgten Umparkens des Pkw und der damit verbundenen Bewegung am Parkplatz von 30 m ohne jede weitere Lenkabsicht, ist unter Bedachtnahme auf das Sachlichkeitsgebot eine volle Ausschöpfung der gesetzlichen Möglichkeiten der Reduzierung des Strafausmaßes unter Anwendung des § 20 VStG durchaus geboten (vgl. h. Erk. v. 08.02.2005, VwSen-160237/5/Br/Wü, sowie v. 9.2.1998, VwSen-105157/5/BR).

Die Anwendung des § 20 VStG steht seit Aufhebung des § 100 Abs.5 StVO 1960  durch den Verfassungsgerichtshof (VfGH 9. Oktober 1997, G 216/96) auch für sogenannte Alkoverfahren offen. Diese Rechtsnorm darf daher für Alkoholverfahren nicht gleichsam als totes Recht gelten.

Bei vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen besteht  darauf insbesondere ein Rechtsanspruch (vgl. etwa VwGH vom 31.1.1990, 89/03/0027, VwGH 21.5.1992, 92/09/0015 und VwGH 2.9.1992, 92/02/0150).

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum