Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-281253/17/Kl/Pe

Linz, 08.09.2010

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn x, vertreten durch Rechtsanwalt x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 30.6.2010, Ge96-130-1-2009, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 18.8.2010, zu Recht erkannt:

 

 

I.  Der Berufung wird hinsichtlich Spruchpunkt 2) des angefochtenen Straferkenntnisses stattgegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Hinsichtlich Spruchpunkt 1) des angefochtenen Straferkenntnisses wird die Berufung hinsichtlich der Schuld abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Hinsichtlich des Strafausspruches wird der Berufung Folge gegeben und die verhängte Geldstrafe auf 1.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe auf 48 Stunden herabgesetzt.

 

II. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 100 Euro, das sind 10 % der verhängten Geldstrafe. Im Übrigen entfällt jeglicher Verfahrenskostenbeitrag.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 5, 19, 45 Abs.1 Z2 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II.: §§ 64, 65 und 66 VStG.

 


 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 30.6.2010, Ge96-130-1-2009, wurden über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) in zwei Fällen Geldstrafen von jeweils 1.500 Euro, Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 72 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung zu 1) § 3 Abs.1 und § 45 Abs.1 AM-VO iVm § 130 Abs.1 Z16 ASchG und zu 2) § 130 Abs.2 ASchG iVm § 93 Abs.2 ASchG iVm Spruchpunkt I.B) 13. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 20.6.2007, Ge20-65-2007, verhängt, und folgende Tat vorgeworfen:

„Die Firma x, mit Sitz in x, ist protokolliert beim Firmenbuch des Landesgerichtes Wels unter der Firmenbuchnummer x.

Sie waren zur Tatzeit, am 06.08.2009, innerhalb der Firma x handelsrechtlicher Geschäftsführer gemäß § 9 Abs.1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ. Als solches waren Sie für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften – gegenständlich des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG) und der Arbeitsmittelverordnung (AM-VO) durch die Firma x strafrechtlich verantwortlich. Demnach gelten Sie als Beschuldigter in diesem Verfahren.

Als Beschuldigter haben Sie folgende Verwaltungsübertretungen zu verantworten:

Anlässlich einer Unfallerhebung am 6. August 2009 wurde durch ein Organ des Arbeitsinspektorates Wels, in der Arbeitsstätte der x, x, festgestellt, dass

1) am 6. August 2009 die Blechstanze Nr. 992 670 Type ExP 60 als Arbeitsmittel zur Verfügung gestellt wurde, obwohl dieses nicht den Vorschriften des 4. Abschnittes der AM-VO (§ 45 Abs.1 AM-VO) dahingehend entsprochen hat, dass zwischen Stanzentisch und beweglichem Oberwerkzeug eine Quetschstelle vorhanden war und diese Gefahrenstelle nicht durch Verdeckungen, Verkleidungen oder Umwehrungen gegen gefahrbringendes Berühren gesichert war.

Dadurch hat der Arbeitgeber entgegen der zum ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG erlassenen Verordnung, der Arbeitsmittelverordnung – AM-VO, die Verpflichtung betreffend die Benutzung von Arbeitsmitteln verletzt.

Dies, obwohl ArbeitgeberInnen gemäß § 3 Abs.1 AM-VO nur solche Arbeitsmittel zur Verfügung stellen dürfen, die hinsichtlich Konstruktion, Bau und weiterer Schutzmaßnahmen den für sie geltenden Rechtsvorschriften über Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen entsprechen.

Zu diesen Rechtsvorschriften gehören die in den Anhängen A und B angeführten Vorschriften sowie der 4. Abschnitt.

Gemäß § 45 Abs.1 AM-VO müssen bewegte Teile von Arbeitsmitteln, die der Bearbeitung, Verarbeitung, Herstellung oder Zuführung von Stoffen oder Werkstücken dienen, wie Werkzeuge sowie bewegte Werkstücke, die Quetsch-, Scher-, Schneid-, Stich-, Fang-, Einzugs- oder andere Gefahrenstellen bilden, durch Verdeckungen, Verkleidungen oder Umwehrungen gegen gefahrbringendes Berühren gesichert sein, soweit dies der jeweilige Arbeitsvorgang zulässt. Dies gilt auch bei Einstell- und Nachstellarbeiten, die an in Gang befindlichen Betriebseinrichtungen durchgeführt werden müssen.

 

2) am 6. August 2009 die Blechstanze Nr. 992 670 Type ExP 60 ohne Abnahmeprüfung in Betrieb genommen wurde.

Dadurch hat der Arbeitgeber bescheidmäßige Vorschreibungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, und zwar, die im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 20. Juni 2007, GZ: Ge20-65-2007 unter Spruchpunkt I.B) 13. gemäß § 93 Abs.2 ASchG angeführte Auflage, wonach sämtliche Maschinen ohne Herstellererklärung und ohne CE-Kennzeichnung vor der Inbetriebnahme einer Abnahmeprüfung hinsichtlich der Einhaltung von Arbeitnehmerschutzbestimmungen zu unterziehen sind, nicht eingehalten.“

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Bw bis zur Zustellung des unrichtig benannten Bescheides vom 11.6.2010 an einen x keine Kenntnis vom gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren hatte. Auch die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 21.12.2009, abgefertigt am 22.12.2009, erreichte den Bw nicht, weil die Zustellung zu eigenen Handen per Adresse der x verfehlt war, weil der Bw zu diesem Zeitpunkt schon aus dem Unternehmen ausgeschieden war. Die weitere Aufforderung zur Rechtfertigung gemäß Aufgabeschein vom 12.1.2010, sandte die Behörde an die richtige Adresse, jedoch fand der Bw keine Hinterlegungsanzeige vor und konnte daher die Postsendung nicht beheben. Das rechtliche Gehör des Bw sei verletzt worden. Die x erwarb eine gebrauchte Maschine, die erst eingestellt werden musste. Sie wurde aus Deutschland und somit aus dem EU-Raum erworben. Der Bw ging davon aus, dass die Maschine, die in Deutschland vorher im Einsatz war, auch den Sicherheitsvorschriften Österreichs entspreche. Das Verschulden des Bw ist daher jedenfalls gering, weil ein entschuldbarer Rechtsirrtum vorlag. Der Vorwurf, die Auflage B)13. im gewerberechtlichen Bewilligungsbescheid missachtet zu haben, ist verfehlt, weil sich der Bescheid nur auf die am 20.6.2007 vorhandenen Anlagen bezieht. Zum damaligen Zeitpunkt war die gegenständliche Maschine nicht vorhanden. Im Übrigen werde ein atypischer Schadensverlauf geltend gemacht. Es gab keine Anweisung, die Maschine im eigentlichen Sinn in Betrieb zu nehmen, sondern nur die Maschine funktionsfähig zu machen. Es kam daher nicht beim bestimmungsgemäßen Betrieb zum Schaden, sondern bei Vorbereitungsarbeiten. Der Schlosser kletterte, ohne dazu angewiesen zu sein, auf die Maschine, weil sich diese nicht bewegte, und setzte sie dabei versehentlich in Gang. Da sich das Oberwerkzeug in geöffnetem Zustand befand, konnte er seine Füße zwischen Stanzentisch und Oberwerkzeug stellen. Auch eine vorschriftsmäßige Sicherung  der Quetschstelle hätte diesen Unfall nicht verhindert. Das Verhalten des Arbeiters war weder vorhersehbar noch war es angeordnet. Es liegt daher ein atypischer Kausalitätszusammenhang vor. Schließlich wird vorgebracht, dass der Bw zur Zeit 3.400 Euro netto monatlich 12 x im Jahr verdient, unbescholten ist, sorgepflichtig für ein Kind sowie eine teilzeitbeschäftigte Frau ist und er Verbindlichkeiten von 200.000 Euro abzudecken hat.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme, insbesondere in die der Anzeige beigeschlossenen Fotos, sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 18.8.2010, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden. Der Bw hat durch seinen Rechtsvertreter an der Verhandlung teilgenommen. Der Bw selbst und die belangte Behörde haben sich entschuldigt. Weiters hat das Arbeitsinspektorat Wels an der Verhandlung teilgenommen. Arbeitsinspektor x, x und x wurden als Zeugen einvernommen.

 

4.1. Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens steht als erwiesen fest:

Zum Tatzeitpunkt 6.8.2009 war der Bw handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma x mit Sitz in x. Sie hat eine Blechstanzmaschine Nr. 992 670 Type ExP 60 als alte gebrauchte Maschine aus Deutschland kurz vor dem 6.8.2009 für eine Fertigung von Einfassblechen als neue Produktionslinie zugekauft. Sie war kein Ersatz für eine bestehende Maschine, sondern ist sie zusätzlich in den Betrieb gekommen, um die neue Produktlinie zu fertigen. Die Maschine bzw. Stanze wies keine CE-Kennzeichnung auf. In der Firma gibt es eine Instandhaltungsabteilung und wurde die Maschine nach Ankauf der Instandhaltungsabteilung zur Vorbereitung, Adaptierung und Behebung der Sicherheitsmängel zugewiesen. Verantwortlicher Schlosser (Vorarbeiter) war der Arbeitnehmer x. Er hatte die Anordnung, die Maschine vorzubereiten, zu adaptieren und die Sicherheitsmängel zu beheben. Er ist von Beruf Maschinenschlosser. Es gab weder allgemeine noch besondere Sicherheitsanweisungen für die Adaptierungsarbeiten. Es liegt in seinem Ermessen, welche Arbeiten durchzuführen sind. Niemand sagt ihm, welche Sicherheitsmängel bestehen. Zu den Adaptierungsarbeiten zählte auch die Herstellung des benötigten Werkzeugs, das erst entwickelt werden musste. Ein Teil dieses Werkzeuges wurde außer Haus gefertigt, nämlich die Befestigungsplatte wurde fremdgefertigt. Das Werkzeug muss auf die Maschine und den zu stanzenden Teil abgestimmt werden. Es war dem Arbeitnehmer x auch bewusst, dass die Stanze schon beim Kauf Sicherheitsmängel aufwies. Am 6.8.2009 war das Blech für einen Probebetrieb eingespannt, es war ein komplettes Band eingespannt. Das Oberwerkzeug, wo gestanzt wird, ist beweglich. Im Normalbetrieb kommt man damit nicht in Berührung. Die Maschine hat eine Zwei-Handauslösung, sodass man mit der Hand nicht hinkommen kann. Sie besitzt eine mechanische Auslösung mit Hebeln. Da die Zwei-Handauslösung nicht funktionierte bzw. sich nicht bewegte, die Maschine nämlich hängen geblieben ist, kletterte der Arbeitnehmer auf die Maschine, um den Fehler zu beheben bzw. nach dem Grund zu sehen. Dabei befand er sich mit beiden Füßen im Werkzeug. Als er sich oben festgehalten hat, dürfte er bei einem kleinen mechanischen Hebel angekommen sein, der dann den Einzelhub auslöste. Der Arbeitnehmer hatte Sicherheitsschuhe (Stahlkappenschuhe) an. Er erlitt am linken Fuß bei allen fünf Zehen Brüche und am rechten Fuß war die große Zehe gebrochen. Der kleine Hebel, den der Arbeitnehmer erwischte und der den Hub auslöste, befindet sich in einer Höhe von ca. 2 m, sodass normalerweise nicht hinaufgereicht werden kann.

Die mechanische Zwei-Handauslösung funktioniert so, dass wenn die Hebel nach unten gehalten werden, die Maschine eine Stanzung nach der anderen macht, werden die Hebel losgelassen, wird der Hub fertiggemacht und kehrt die Maschine in die Ausgangsposition zurück. Die Maschine besitzt auch eine Fußbetätigung. Bei den Adaptierungsarbeiten wurde die Umschaltung zwischen Hand- und Fußbedienung probiert. Die Maschine wurde auch probeweise bereits vor dem Unfall betätigt. Es gibt für die Maschine kein Betriebshandbuch. Der Arbeitnehmer x brachte auf der Maschine einen Zettel an: „Testbetrieb – Inbetriebnahme nur von befugten Personen“. Der Arbeitnehmer hat keine speziellen Kenntnisse hinsichtlich sicherheitsrelevanter Normen. Ihm waren jedenfalls Sicherheitsmängel dahingehend aufgefallen, dass z.B. beim Riemengehäuse ein Teil der Verkleidung fehlt und auch vorne beim Werkzeug teilweise eine Schutzverkleidung hätte angebracht werden müssen. Der Arbeitnehmer ist auch nicht zuständig für eine Abnahme. Er weiß auch nicht, ob nach Fertigstellung der Adaptierungsarbeiten eine Abnahme erfolgt. Nach Fertigstellung der Adaptierung wird die Produktionsabteilung der Firma verständigt, dass die Maschine fertig ist und wird die Maschine zum Produktionsstandort gebracht.

Zum Unfallszeitpunkt war die Maschine noch nicht produktionsbereit und auch noch nicht am endgültigen Produktionsstandort. Es musste das Stanzwerkzeug, das von einer anderen Firma zugekauft wurde, ausprobiert werden und war das Werkzeug zum Unfallszeitpunkt auch probeweise befestigt und ein Probeblech eingespannt.

Eine Abnahme der Maschine war zum Unfallszeitpunkt nicht erkennbar. Auch wurde keine Sicherheitsanalyse durchgeführt. Bei den Stanzen handelt es sich üblicherweise um Universalstanzen, bei denen dann das konkret erforderliche Werkzeug eingebaut wird. Die Adaption ist dahingehend, dass das entsprechende Stanzwerkzeug eingebaut wird. Eine solche Adaptierung erfolgt immer bei Produktionsänderung. Nach dem Unfall wurde die Maschine außer Betrieb genommen, das heißt sie wurde vom Netz genommen. Sie wurde auch nicht mehr für die Produktion eingesetzt, sondern es wurde eine neue Maschine mit dem Baujahr 2009 angeschafft.

Unmittelbar Vorgesetzter des Arbeitnehmer x ist Herr x, der Abteilungsleiter der gesamten technischen Abteilung. Herr x war zum Unfallszeitpunkt im Haus, hat sich aber um die Maschine nicht gekümmert.

 

4.2. Diese Feststellungen gründen sich auf die glaubwürdigen und einander nicht widersprechenden Aussagen der einvernommenen Zeugen. Auch die der Anzeige beigeschlossenen Fotos untermauern die Feststellungen. Es bestehen seitens des Oö. Verwaltungssenates keine Zweifel, dass die Aussagen der Zeugen wahrheitsgemäß erfolgten und konnten diese Aussagen daher der Entscheidung zugrunde gelegt werden.

 

Die beantragte Beiziehung eines maschinentechnischen Sachverständigen zur Einholung eines Gutachtens, dass es sich um einen atypischen Kausalzusammenhang handelte und die Maschine bei ordnungsgemäßem Gebrauch entsprechend ihrer Ausstattung den Vorschriften des ASchG entsprach, war hingegen nicht erforderlich, weil diese Frage nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht entscheidungsrelevant ist. Es wird diesbezüglich auf die rechtliche Beurteilung verwiesen.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 130 Abs.1 Z16 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG, BGBl. Nr. 450/1994 idF BGBl. II Nr. 13/2007, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Verpflichtungen betreffend die Beschaffenheit, die Aufstellung, die Nutzung, die Prüfung oder die Wartung von Arbeitsmitteln verletzt.

 

Gemäß § 1 Abs.1 Arbeitsmittelverordnung – AM-VO, BGBl. II Nr. 164/2000 idF BGBl. II Nr. 309/2004, gilt diese Verordnung für Arbeitsstätten, auswärtige Arbeitsstellen und Baustellen, die unter das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) fallen.

 

Gemäß § 2 Abs.1 AM-VO sind Arbeitsmittel alle Maschinen, Apparate, Werkzeuge, Geräte und Anlagen, die zur Benutzung durch ArbeitnehmerInnen vorgesehen sind.

 

Benutzung im Sinne dieser Verordnung umfasst alle ein Arbeitsmittel betreffende Tätigkeiten, wie In- und Außerbetriebnahme, Gebrauch, Transport, Instandsetzung, Umbau, Instandhaltung, Wartung und Reinigung (§ 2 Abs.2 AM-VO).

 

Gemäß § 3 Abs.1 AM-VO dürfen ArbeitgeberInnen nur solche Arbeitsmittel zur Verfügung stellen, die hinsichtlich Konstruktion, Bau und weiterer Schutzmaßnahmen den für sie geltenden Rechtsvorschriften über Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen entsprechen. Zu diesen Rechtsvorschriften gehören die in den Anhängen A und B angeführten Vorschriften sowie der 4. Abschnitt.

 

Gemäß § 45 Abs.1 AM-VO müssen bewegte Teile von Arbeitsmitteln, die der Bearbeitung, Verarbeitung, Herstellung oder Zuführung von Stoffen oder Werkstücken dienen, wie Werkzeuge sowie bewegte Werkstücke, die Quetsch-, Scher-, Schneid-, Stich-, Fang-, Einzugs- oder andere Gefahrenstellen bilden, durch Verdeckungen, Verkleidungen oder Umwehrungen gegen Gefahr bringendes Berühren gesichert sein, soweit dies der jeweilige Arbeitsvorgang zulässt. Dies gilt auch bei Einstell- und Nachstellarbeiten, die an in Gang befindlichen Betriebseinrichtungen durchgeführt werden müssen.

 

5.2. Aufgrund des erwiesenen Sachverhaltes steht fest, dass am 6.8.2009 ein Arbeitnehmer die Blechstanze, also ein Arbeitsmittel, adaptiert hat, indem das Stanzwerkzeug adaptiert und ausprobiert wurde und eine Probestanzung vorgenommen wurde, und sohin ein Arbeitsmittel zur Verfügung gestellt bekommen hat, wobei das Stanzwerkzeug als Oberwerkzeug einen beweglichen Teil des Arbeitsmittels darstellt, zwischen Stanzentisch und beweglichem Oberwerkzeug eine Quetschstelle vorhanden war und diese Gefahrenstelle nicht durch Verdeckungen, Verkleidungen oder Umwehrungen gegen Gefahr bringendes Berühren gesichert war. Es war daher der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung einwandfrei erfüllt.

Wenn hingegen der Bw vorbringt, dass die Inbetriebnahme der Stanze nicht im normalen Produktionsprozess erfolgte, so ist ihm entgegenzuhalten, dass alle Arbeitsmittel, die zur Benutzung durch Arbeitnehmer vorgesehen sind, entsprechend zu sichern sind (§ 2 Abs.1 AM-VO). Unter Benutzung hingegen ist nach § 2 Abs.2 AM-VO jede ein Arbeitsmittel betreffende Tätigkeit zu verstehen, auch die In- und Außerbetriebnahme, Instandsetzung, Umbau usw. Es sind daher die Vorschriften der AM-VO nicht nur für den ordentlichen Produktionsbetrieb sondern auch für Vorbereitungsarbeiten, Umbau- und Adaptierungsarbeiten, Wartungs- und Reinigungsarbeiten anwendbar. Schon die Benutzung durch Arbeitnehmer bzw. das Zurverfügungstellen solcher Arbeitsmittel zur Benutzung durch Arbeitnehmer löst daher Vorkehrungs- und Sicherungspflichten des Arbeitgebers aus.

Der Einwand des Bw, dass im Normalbetrieb die Zwei-Handschaltung betätigt wird und daher ein Berühren der bewegten Teile bzw. Quetschstellen nicht möglich ist, zieht ebenfalls nicht. Wie das Beweisverfahren ergeben hat, ist für jeden Produktionsprozess bzw. für jede Produktlinie das Stanzwerkzeug entsprechend zu adaptieren, also eine entsprechende Form auszutauschen und dann auch mit dem entsprechenden zu stanzenden Material auszuprobieren. Bei solch einem Probebetrieb ist nicht ausgeschlossen, dass die ansonsten vorgesehene mechanische Zwei-Handschaltung bzw. Fußbetrieb nicht funktioniert und daher Arbeitnehmer bei bewegten Teilen händisch eingreifen. Dem Vorbringen ist aber auch die Aussage des Arbeitnehmers selbst entgegenzuhalten, der Sicherheitsmängel der Maschine angibt, insbesondere auch, dass vorne beim Werkzeug eine Schutzverkleidung angebracht hätte werden müssen. Dies wäre z.B. so vorzusehen gewesen, dass eine Verdeckung oder Verkleidung dergestalt anzubringen wäre, dass das Einbringen des Fußes oder anderer Körperteile zwischen Stanzwerkzeug und Stanztisch nicht möglich ist. Im Übrigen hatte auch das Beweisverfahren ergeben, dass eine Gefahrenanalyse auch für solche Adaptierungsarbeiten nicht stattgefunden hat und daher auch keine entsprechenden Abwehr- bzw. Schutzmaßnahmen festgelegt wurden.

 

5.3. Der Bw macht aber auch mangelndes Verschulden geltend, weil das Verhalten des Arbeiters weder vorhersehbar noch angeordnet worden war. Es wird ein atypischer Kausalitätszusammenhang eingewendet. Auch dieses Vorbringen enthebt den Bw seiner Verantwortung nicht.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinn der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Bw kein Entlastungsnachweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismittel oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.

Im Sinne der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Es wird zwar darauf Bedacht genommen, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt, es ist ihm vielmehr zuzubilligen, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Es ist der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Berufungswerber nach § 5 Abs.1 VStG obliegende Entlastungsnachweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen wird. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177, sowie vom 13.12.1990, 90/09/0141). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer „Oberaufsicht“ nicht aus (VwGH 30.6.1994, 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20.12.2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem genügt (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichteshofes vom 23.5.2006, 2005/02/0248). Insbesondere bemängelt der Verwaltungsgerichtshof, dass der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführung überprüft hätte. „Gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem Platz zu greifen. Im Beschwerdefall zeigt jedoch das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der hg. Judikatur vorhanden war“.

 

Wie als erwiesen festgestellt wurde, war der Arbeitnehmer sich selbst überlassen und bestimmte er, welche Adaptierungsmaßnahmen vorgenommen werden und welche Sicherungsmaßnahmen an der Maschine getroffen werden. Er hatte keine spezielle Ausbildung in sicherheitstechnischen Fragen. Auch ist erwiesen, dass sein unmittelbar vorgesetzter Abteilungsleiter sich nicht um die Maschine kümmerte und keine Anweisungen getroffen hat. Es ist daher ein Kontrollsystem überhaupt nicht vorhanden und wurde auch nicht unter Beweis gestellt. Der Bw hat kein Vorbringen gemacht, welche konkreten Maßnahmen er durchgeführt hat, um die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften gewährleisten zu können. Ein solches Vorbringen und auch die Unterbeweisstellung wäre aber erforderlich gewesen. Auch kann den Bw das Vorbringen, dass das Verhalten des Arbeiters weder vorhersehbar noch angeordnet war, nicht entlasten. Gerade für den Fall, dass Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen, hat das vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem Platz zu greifen. Gerade das zum Unfallszeitpunkt vom verunfallten Arbeitnehmer eigenmächtig gesetzte Verhalten zeigt jedoch, dass kein wirksames Kontrollsystem vorhanden war. Auch gab es keinerlei Anweisung, dass die Maschine nicht in Betrieb genommen werden darf. Auch das weitere Vorbringen, dass es sich um einen atypischen Kausalitätszusammenhang handelt, kann den Bw nicht von seiner Schuld befreien. Der Verwaltungsgerichtshof hat seiner Entscheidung vom 5.8.2009, Zl. 2008/02/0036-6, ausgeführt, dass „nicht der Unfall zur Beurteilung steht, sondern der Zustand der Maschine im angelasteten Zeitraum.“ Weiters führt er aus: „Aus § 45 Abs.1 AM-VO ergibt sich, welche Gefahrenstellen eines Arbeitsmittels gegen gefahrbringendes Berühren zu sichern sind. Führt man sich die in Rede stehende Maschine vor Augen, so bedarf es keines besonderen Fachwissens, um im Hinblick auf § 45 AM-VO  zu erkennen, dass ein laufendes Band, zu dem eine Berührungsmöglichkeit besteht - wie sich in der Folge  auch gezeigt hat –, eine Gefahrenstelle darstellt, die abzusichern ist. Von fehlendem Verschulden kann in Bezug auf die mangelnde Absicherung der Maschine daher keine Rede sein.“ Diese Ausführungen gelten sinngemäß auch für den konkreten Fall, da auch ein bewegtes Stanzwerkzeug, das nicht gegen Berührung abgesichert ist, zweifellos eine Gefahrenquelle darstellt. Es war daher auch vom Verschulden, nämlich von zumindest fahrlässiger Tatbegehung des Bw, auszugehen.

Auch der Umstand, dass die Stanze aus Deutschland gekauft wurde, enthebt den Bw seiner Sorgfaltspflicht nicht, den gesetzmäßigen Zustand der Maschine zu überprüfen und herzustellen.

 

5.4. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

Die belangte Behörde hat auf den Schutzzweck der Norm und daher auf den Unrechtsgehalt der Tat verwiesen und auch die nachteiligen Folgen der schweren Verletzung des Arbeitnehmers bei der objektiven Strafbemessung berücksichtigt. Hinsichtlich der subjektiven Strafbemessungsgründe hat sie die Unbescholtenheit strafmildernd gewertet. Die persönlichen Verhältnisse hat sie mit 4.000 Euro Nettoeinkommen monatlich und keinen Sorgepflichten zugrunde gelegt. Der Bw gibt nunmehr ein Einkommen von netto monatlich 3.400 Euro an und Sorgepflichten für ein Kind und die teilzeitbeschäftigte Gattin. Er führt auch Verbindlichkeiten in der Höhe von 200.000 Euro an. Nach den Ausführungen des Arbeitsinspektorates in der mündlichen Verhandlung ist weiters die unverzügliche Außerbetriebnahme mildernd zu werten sowie auch die zusätzliche Anschaffung einer neuen Stanze, wodurch in Zukunft keine Gefahr mehr besteht.

In Anbetracht der geänderten persönlichen Verhältnisse sowie auch der vorgebrachten Milderungsgründe, war daher gerechtfertigt, dass die verhängte Geldstrafe entsprechend herabgesetzt wird. Allerdings konnte eine weitere Herabsetzung nicht verfügt werden, da doch beträchtliche nachteilige Folgen eingetreten sind und der Schutzzweck der Norm in erheblichem Ausmaß verletzt wurde. Die nunmehr herabgesetzte Geldstrafe ist aber den persönlichen Verhältnissen angepasst sowie auch tat- und schuldangemessen und nicht überhöht. Sie ist erforderlich, um auch abschreckende Wirkung gegenüber anderen Arbeitgebern auszulösen.

Entsprechend war auch die Ersatzfreiheitsstrafe gemäß § 16 VStG herabzusetzen.

Ein erhebliches Überwiegen von Milderungsgründen war nicht festzustellen, sodass die Voraussetzungen nach § 20 VStG für eine außerordentliche Milderung nicht vorliegen.

Auch die kumulativ erforderlichen Voraussetzungen der Geringfügigkeit des Verschuldens und der unbedeutenden Folgen liegen nicht vor, sodass nicht nach § 21 VStG vorzugehen war.

 

5.5. Was die vom Bw geltend gemachten Verfahrensmängel anlangt, so ist dazu auszuführen, dass diese für das nunmehrige Berufungsverfahren irrelevant sind. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw durch die Berufungserhebung Gelegenheit zu einer Parteienäußerung ist daher das rechtliche Gehör gewahrt. Im Übrigen ist es zur Wahrung der Verjährungsfrist nicht erforderlich, dass Verfolgungshandlungen, wie sie die Aufforderung zur Rechtfertigung darstellt, auch tatsächlich beim Adressaten ankommen. Vielmehr ist von Relevanz, dass diese rechtzeitig (innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist), die Behördensphäre verlässt. Dies ist auch nach den Berufungsausführungen („abgefertigt am 22.12.2009) bzw. („Aufgabeschein vom 12.1.2010) schon einwandfrei erfüllt. Dass eine Erledigung der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 11.6.2010 irrtümlich an Herrn x ergangen ist, ist insofern rechtlich nicht erheblich, als mit 30.6.2010 ein richtig gestellter Bescheid abgesendet wurde und dem Bw auch zugegangen ist., welcher dann auch mit Berufung bekämpft wurde. Wesentlich ist, dass die die Fristhemmung auslösende Verfolgungshandlung gegen den Bw ergangen ist.

 

5.6. Zu Spruchpunkt 2) des Straferkenntnisses:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 20.6.2007, Ge20-65-2007-Gm, wurde der x die gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung einer gewerblichen Betriebsanlage, nämlich Errichtung und Betrieb eines Produktions- und Manipulationsgebäudes für Solaranlagen samt Bürogebäude, Parkplätzen und einer Stromerzeugungsanlage in x auf dem Grundstück x, KG x, unter folgenden Auflagen erteilt:

„B) Auflagen für den Arbeitnehmerschutz:

....

13.            Sämtliche Maschinen ohne Herstellererklärung und ohne CE-Kennzeichnung sind vor Inbetriebnahme einer Abnahmeprüfung hinsichtlich der Einhaltung von Arbeitnehmerschutzbestimmungen zu unterziehen.“

 

Wie der Bw zu Recht ausführt, wird mit einem Betriebsanlagengenehmigungsbescheid immer ein eingereichtes Projekt mit dem Stand des Genehmigungsdatums genehmigt. Alle in dem Projekt und daher im Genehmigungsbescheid nicht erfassten Anlagen, Maschinen usw. sind daher vom Genehmigungsbescheid nicht erfasst.

Aufgrund des Beweisverfahrens wurde als erwiesen festgestellt, dass die konkrete Stanzmaschine nach Erlassung des Genehmigungsbescheides, nämlich kurz vor dem 6.8.2009, zusätzlich für den Betrieb angeschafft wurde, nämlich für eine neue Produktlinie. Es ist daher diese Maschine nicht vom Genehmigungsbescheid vom 20.6.2007 erfasst. Es hat daher der Bw die ihm im Spruchpunkt 2) vorgeworfene Tat nicht begangen, weshalb das diesbezügliche Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen war.

Die Behörde wird aber aus verfahrenstechnischen Gründen darauf hingewiesen, dass schon nach den Bestimmungen der §§ 6ff AM-VO vorgesehen ist, dass Arbeitsmittel nur verwendet werden dürfen, wenn die für sie erforderlichen Prüfungen durchgeführt wurden. So sind gemäß § 8 Abs.1 Z22 AM-VO wiederkehrende Prüfungen für Stanzen vorgesehen. Weiters sieht § 9 Abs.1 AM-VO Prüfungen nach außergewöhnlichen Ereignissen vor.

 

6. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 100 Euro, das sind 10 % der nunmehr verhängten Strafe. Weil der Bw hinsichtlich Faktum 1) teilweise, nämlich hinsichtlich der Strafzumessung, und hinsichtlich Faktum 2) zur Gänze Erfolg hatte, entfallen Verfahrenskostenbeiträge zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß §§ 65 und 66 VStG.

 

7. Der Bescheidzustellung an die x in x kommt insofern keine Rechtswirkung zu und kann diese nicht gemäß § 9 Abs.7 VStG zur Haftung herangezogen werden, als nach dem jüngsten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 1.7.2010, Zl. 2008/09/0277, „ihr gegenüber auch im Spruch des das Strafverfahren gegen das Organ abschließenden Erkenntnisses ein Haftungsausspruch zu erfolgen hat; die Erlassung eines nachträglichen Haftungsbescheides kommt nicht mehr in Betracht. Erst durch den im Spruch des gegen das Organ ergehenden Straferkenntnisses enthaltenen normativen Abspruch über die Haftung der vertretenen Gesellschaft wird diese in einer der Exekution zugänglichen Weise zur Zahlung der gegen ihr Organ verhängten Geldstrafe samt Anhang verpflichtet. Liegt kein Haftungsausspruch vor, besteht auch keine Zahlungsverpflichtung der vertretenen Gesellschaft.“ Der Verwaltungsgerichtshof hat auch weiters ausgesprochen, dass eine solche normative Feststellung der Haftung nach § 9 Abs.7 VStG „auch nicht durch Aufnahme eines bloßen Hinweises auf diese Gesetzesbestimmung in die Zustellverfügungen oder gar nur durch die auch an die Gesellschaft erfolgte Zustellung der Strafbescheide ersetzt werden kann.“

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

Beschlagwortung: keine Prüfung des Kausalitätszusammenhanges, Kontrollsystem

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum