Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401087/5/BMa/Th

Linz, 14.09.2010

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Gerda Bergmayr-Mann über die Beschwerde der X, Staatsangehörige des Iran, vertreten durch X, X International Österreich, X, vom 6. September 2010 (eingebracht beim Oö. Verwaltungssenat am
8. September 2010) wegen Rechtswidrigkeit der Schubhaftverhängung und Anhaltung in Schubhaft durch den Bezirkshauptmann von Linz-Land zu Recht erkannt:

 

 

      I.      Der Beschwerde wird insofern Folge gegeben, als die Anhaltung der Beschwerdeführerin in Schubhaft seit 24. August 2010 für rechtswidrig erklärt und festgestellt wird, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorliegen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

 

  II.      Der Bund hat der Beschwerdeführerin den beantragten Verfahrensaufwand in Höhe von 673,80 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs.1 und 83 Abs.2 und 4 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 135/2009) iVm §§ 67c und 79a AVG 1991 und der UVS-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2008.


Entscheidungsgründe:

 

1. Folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt ist aus dem per Mail übermittelten Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land und der Beschwerde ableitbar:

 

1.1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf), eine Staatsangehörige des Iran, ist schlepperunterstützt am 25. Juni 2010 von ihrem Wohnort in X im Iran, gemeinsam mit ihrem Gatten, X, abgereist und wurde am 11. August 2010 am Flughafen Linz, beim Versuch nach London zu fliegen aufgegriffen. Anlässlich ihres schlepperunterstützten Aufenthalts in Wien wurde sie vom Schlepper mit rumänischen Personalausweisen ausgestattet. Bereits ca. eine Woche vor ihrem Aufgriff am Flughafen Linz hat sie versucht, gemeinsam mit ihrem Ehegatten vom Flughafen Wien nach London zu fliegen. Dieser Versuch war jedoch erfolglos und die Bf wurde wiederum schlepperunterstützt betreut. Für sie und ihren Mann wurden Tickets für einen Flug von Linz nach London vom Schlepper besorgt. Beim Passieren der Sicherheitskontrolle wurden die Personalausweise der Ehegatten kontrolliert und als Fälschung erkannt. Anlässlich der niederschriftlichen Befragung durch die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land gab die Bf an, sie habe einen iranischen Reisepass, der sich aber im Iran befinde. In der Niederschrift scheint nicht auf, dass sie zum Vorhandensein weiterer Dokumente befragt wurde.

Anlässlich ihrer niederschriftlichen Befragung bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land gab sie am 12. August 2010 als Vor- und Familiennamen "X" an. Die Bf hatte keine Meldeadresse in Österreich, sie besaß kein Bargeld und hat auch keine Verwandten im Bundesgebiet. Sie wollte gemeinsam mit ihrem Gatten nach London fliegen, weil dort ein Onkel ihres Ehegatten lebt, der ihnen Unterstützung zugesagt hat.

 

1.2. Am 12. August 2010 wurde die Beschwerdeführerin nach Erlassung des Schubhaftbescheids des Bezirkshauptmanns von Linz-Land vom 12. August 2010, Sich47-15-1-2010, in Schubhaft genommen zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung sowie zu ihrer Abschiebung.

Die Schubhaft wurde gemäß § 76 Abs.1 FPG wegen Fluchtgefahr verhängt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Bf sei mit Hilfe eines professionellen Schleppers illegal nach Österreich eingereist, mit dem Ziel, weiter nach Großbritannien (London) zu reisen. Sei verfüge über keine gültigen Reisedokumente, keinen Einreise- oder Aufenthaltstitel oder sonstige Ausweispapiere. Sie habe keinen Wohnsitz im Bundesgebiet und ihre Identität gelte als nicht gesichert. Sie habe keine Barmittel zur Verfügung und könne keinen Krankenversicherungsschutz nachweisen. Familienangehörige oder Verwandte habe sie in Österreich keine und sie habe sich bisher auch nicht gescheut, illegal in der Anonymität in Österreich zu leben.

 

1.3. Die Beschwerdeführerin wurde am 12. August 2010 zum Vollzug der Schubhaft in das Polizeianhaltezentrum Wels gebracht. Mit Fax vom 18. August 2010 wurde an die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land zu Handen X Kopien von (vermutlich) iranischen Ausweisen ohne Begleitschreiben oder nähere Erklärung übermittelt.

 

1.4. Am 24. August 2010 wurde von der Bf ein Asylantrag gestellt. Aus der niederschriftlichen Erstbefragung nach dem Asylgesetz vom 25. August 2010 geht hervor, dass als Dokumente die Kopie eines Personalausweises ausgestellt am 6. April 1989 im Registrieramt X und die Kopie von einer Heiratsurkunde, ausgestellt am 3. Juni 2010, ebenfalls im Registrieramt X, vorgelegt wurden. Als Familienname wurde X und als Vorname X angegeben. Als Grund dafür, dass sie bei der ersten Einvernahme bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land den Familiennamen abgeändert hatten, gab die Bf an, sie sei aufgrund der Müdigkeit nicht mehr in der Lage gewesen, den richtigen Namen zu nennen. Als Fluchtgrund gab sie an, dass ihr Mann Probleme im Iran habe, es seien politische Probleme.

Aus dem vorliegenden Akt ist nicht ersichtlich, dass die Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft nach Asylantragstellung durch die belangte Behörde geprüft wurde, obwohl dies von der belangten Behörde in der Gegenschrift vom 9. September 2010 angegeben wurde.

Aus einem Aktenvermerk vom 30. August 2010 geht hervor, dass die Bf wegen psychischer Probleme gemeinsam mit ihrem Mann in das PAZ Salzburg überstellt worden ist.

 

1.5. Mit Schreiben vom 6. September 2010, eingelangt beim Unabhängigen Verwaltungssenat am 8. September 2010, wurde Beschwerde gemäß § 82 FPG wegen Schubhaftverhängung und Anhaltung in Schubhaft erhoben. Begründend wurde die Unverhältnismäßigkeit der Haft und das Fehlen eines Sicherungszweckes angeführt. Weiters wurde dargelegt, die Verhängung der Schubhaft sei ein Verstoß gegen Artikel 9 EMRK, es hätten gelindere Mittel angewandt werden können und die Nichtverhängung gelinderter Mittel stehe im Widerspruch zur UNHCR-Richtlinie.

Abschließend wurde der Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Anhaltung in Schubhaft von Anfang an sowie der Feststellung des Nichtvorliegens der Voraussetzungen für die Schubhaft gestellt. Als Kosten wurden Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro und ein Schriftsatzaufwand in Höhe von 660,80 Euro beantragt.

 

1.6. Die belangte Behörde hat am 9. September 2010 eine Gegenschrift per E-Mail vorgelegt und den Verwaltungsakt am 10. September 2010 ebenfalls per E-Mail gesandt. Begründend wurden im Wesentlichen nochmals die Gründe der Schubhaftverhängung angeführt und mitgeteilt, dass Frau X einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe und eine Schubhaftverlegung der Bf und ihres Gatten in das Polizeianhaltezentrum Salzburg aufgrund psychischer Probleme der Bf organisiert wurde. Weiters wurde dargelegt, dass eine Verhältnismäßigkeitsprüfung sowohl zum Zeitpunkt der Schubhafterlassung als auch nach Einbringung des Asylantrages ordnungsgemäß durchgeführt worden sei und jedenfalls bis zur eventuellen Zuerkennung des Asylberechtigtenstatus ein Sicherungsbedarf gegeben sei, insbesondere deshalb, weil die beiden Personen auch nach deren Aufgriff falsche Angaben gegenüber der Behörde getätigt hätten.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat ergänzend erhoben, dass nicht nur die Bf alleine einen Asylantrag gestellt hat, sondern dass auch von ihrem Ehegatten, X, ein Asylantrag am 24. August 2010 eingebracht wurde. Der am 10. September 2010 über Anforderung durch den Unabhängigen Verwaltungssenat vorgelegte Ausdruck aus der Asylwerberinformationsdatei des Bundesministeriums enthält zwar noch keine solche Eintragung, weil aus dem Akt aber ersichtlich ist, dass auch vom Gatten der Bf ein Asylantrag eingebracht wurde, wurde die niederschriftliche Erstbefragung nach dem Asylgesetz vom 25. August 2010 und die Auskunft über den Verfahrensstand von der Erstaufnahmestelle West, Thalham 80, über Anforderung durch den Unabhängigen Verwaltungssenat am 10. September 2010 übermittelt.

 

2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die per E-Mail übermittelten Kopien des Aktes der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land zu Sich47-15-1-2010 und in die Beschwerdeschrift  sowie zusätzliche Erhebungen getätigt. Da sich bereits aus der Einsichtsnahme und den Erhebungen der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im übrigen gemäß § 83 Abs.2 Z1 FPG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Der unter Punkt 1.1. dieses Bescheids dargestellte Sachverhalt  wird dieser Entscheidung zugrunde gelegt. Dieser steht auch nicht in Widerspruch zum Beschwerdevorbringen.

Darüber hinaus wird festgestellt, dass die Beschwerdeführerin spätestens anlässlich ihrer niederschriftlichen Erstbefragung nach dem Asylgesetz am
25. August 2010 ihre Identität anhand einer Kopie ihres Personalausweises und ihrer Heiratsurkunde zweifelsfrei nachgewiesen hat sowie ihren vollständigen Namen genannt hat.

Mit Stellung des Asylantrages kommt der Beschwerdeführerin der Status gemäß § 1 Z1 des Grundversorgungsgesetzes-Bund 2005, BGBl. Nr. 405/1991 idF BGBl. I Nr. 122/2009, zu und die Beschwerdeführerin hat einen Anspruch auf Versorgung in einer Bundesbetreuungseinrichtung.

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin weiterhin nach England ausreisen will.

 

3.2. In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

3.2.1. Gemäß § 82 Abs 1 FPG hat der Fremde das Recht, mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung den unabhängigen Verwaltungssenat anzurufen,

  1. wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;
  2. wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde oder
  3. wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs 1 FPG idF BGBl I Nr. 122/2009 ist zur Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 82 Abs 1 Z 2 oder 3 der Unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel die Behörde ihren Sitz hat, welche die Anhaltung oder die Schubhaft angeordnet hat. In den Fällen des § 82 Abs 1 Z 1 richtet sich die Zuständigkeit nach dem Ort der Festnahme.

 

Nach § 83 Abs 2 FPG gelten die §§ 67c bis 67g sowie 79a AVG mit der Maßgabe, dass

  1. eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, und
  2. die Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates über die Fortsetzung der Schubhaft binnen einer Woche zu ergehen hat, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet.

 

Gemäß § 83 Abs 4 FPG hat der Unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

3.2.2. Im vorliegenden Fall hat die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land den Schubhaftbescheid erlassen und die Anhaltung in Schubhaft angeordnet. Der Oö. Verwaltungssenat ist daher örtlich zur Entscheidung zuständig.

 

Die Beschwerdeführerin wurde am 12. August 2010 in Schubhaft genommen und befindet sich seit diesem Zeitpunkt bis dato in verschiedenen PAZ.

 

Die am 8. September 2010 eingelangte Schubhaftbeschwerde ist daher zulässig.

 

3.2.3. Gemäß § 76 Abs.1 können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft verhängt werden, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Die Behörde kann gem. § 77 Abs.1 FPG von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass deren Zweck durch Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann.

 

Nach Abs. 3 leg.cit. kommt als gelinderes Mittel insbesondere die Anordnung in Betracht, in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen oder sich in periodischen Abständen bei dem Fremden bekannt gegebenen Polizeikommando zu melden.

 

Gemäß § 80 Abs 1 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Sie darf gemäß § 80 Abs 2 FPG nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Mit Ausnahme der Fälle des § 80 Abs 3 und 4 FPG darf die Schubhaft nicht länger als 2 Monate dauern.

 

Die Beschwerdeführerin ist iranische Staatsbürgerin und daher Fremde im Sinne des § 76 Abs.1. Sie wurde ohne gültige Ausweispapiere und mittellos in Österreich angehalten, als sie schlepperunterstützt eingereist war, sich hier illegal einen Zeitraum von mehreren Tagen aufgehalten hatte und wiederum schlepperunterstützt, durch einen Flug von Linz nach London, Österreich verlassen wollte. Überdies hat die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung über keinen Aufenthaltsort in Österreich verfügt, außer dem, der ihr vorübergehend vom Schlepper zur Verfügung gestellt wurde.

Die belangte Behörde hat damit zu Recht Fluchtgefahr angenommen und die Verhängung der Schubhaft ist zu Recht erfolgt.

Die Behörde konnte auch nicht gemäß § 77 Abs.1 FPG von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen, weil bei einer mittel- und obdachlosen Beschwerdeführerin, deren Identität zunächst noch unklar war und die auf Unterstützung durch bezahlte Schlepper zurückgreifen konnte, ein gelinderes Mittel, wie in bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, nicht anwendbar war.

Das sich auf Anwendung gelinderer Mittel beziehende Beschwerdevorbringen stellt ausschließlich auf den Zeitraum nach Stellung des Asylantrags ab (Seite 4 der Beschwerdeschrift: "Dies [gemeint: die Verhältnismäßigkeitsprüfung nach Asylantragstellung] hat die Behörde in meinem Fall versäumt, weshalb die Verhängung der Schubhaft ab diesem Zeitpunkt rechtswidrig ist."; Seite 6 der Beschwerdeschrift: "Die Schubhaft war vom Zeitpunkt der Asylantragstellung an rechtswidrig, .....), sodass eine Auseinandersetzung mit dem diesbezüglichen Beschwerdevorbringen für den Zeitraum vor Stellung des Asylantrags unterbleiben konnte.

 

Ein Sicherungsbedürfnis setzt die gerechtfertigte Annahme voraus, der Fremde werde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bzw. nach deren Vorliegen der Abschiebung (insbesondere) durch Untertauchen entziehen oder es/sie zumindest wesentlichen erschweren. Zur Prüfung des Sicherheitserfordernisses ist auf alle Umstände des konkreten Falles Bedacht zu nehmen, um die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens, als schlüssig anzusehen (VwGH 2006/21/0027).

 

Mit Stellung des Asylantrages war die Identität der Beschwerdeführerin geklärt und durch von ihr vorgelegte Kopien von Dokumenten nachgewiesen. Überdies hatte sie ab diesem Zeitpunkt einen Anspruch auf Bundesbetreuung gemäß § 2 Abs.1 Grundversorgungsgesetz-Bund 2005, sodass die Gründe, die ein gelinderes Mittel zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung ausgeschlossen haben, wie mangelnde Möglichkeit der Unterkunftnahme und Mittellosigkeit sowie die nicht gesicherte Identität, nicht mehr zum Tragen kommen. Die belangte Behörde hat zwar in ihrer Gegenschrift angeführt, eine Verhältnismäßigkeitsprüfung auch nach Stellung des Asylantrages durchgeführt zu haben, ein derartiger Vorgang ist aber aufgrund des vorliegenden Aktes nicht nachvollziehbar.

Aus dem Umstand, dass die Bf ihren Namen zunächst nur unvollständig angegeben hatte, kann nach Darlegung ihrer Identität nicht mehr geschlossen werden, sie werde sich dem fremdenpolizeilichen Verfahren entziehen und in die Anonymität abtauchen.

 

Zwar wird der Aussage der Fremden, in ein gewünschtes Zielland kommen zu wollen, nach der Judikatur des VwGH Bedeutung zugemessen. In diesem Fall ist aber ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin nur deshalb nach England weiterreisen wollte, weil Verwandte ihres Gatten dort ansässig sind. Primär ist es ihr darauf angekommen, ihren Gatten zu begleiten, der nach seinen Angaben wegen politischer Probleme mit der Todesstrafe zu rechnen hat. Nach Kenntnis der österreichischen Rechtslage hat sie in Österreich einen Asylantrag eingebracht, um ihren Aufenthalt zu legalisieren.

 

Die Anhaltung in Schubhaft war, nachdem die Identität der Bf von ihr belegt wurde und sie als Asylwerberin Anspruch auf Grundversorgung hat, nicht weiter begründet. Vielmehr hätte ab diesem Zeitpunkt mit gelinderen Mitteln, wie der Anordnung der Unterkunftnahme in bestimmten Räumen oder der Meldung in periodischen Abständen bei einem Polizeikommando, das Auslangen gefunden werden können.

Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit hätten auch die in der Schubhaft aufgetretenen gesundheitlichen Probleme der Bf berücksichtigt werden müssen. 

Aus diesem Grund liegen auch die maßgeblichen Voraussetzungen zur weiteren Anhaltung in Schubhaft zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht vor.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

5. Gemäß § 79a AVG iVm § 83 Abs.2 FPG hat die im Verfahren nach § 67c obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wird der angefochtene Verwaltungsakt wie im vorliegenden Fall jedenfalls teilweise für rechtswidrig erklärt, dann ist der Beschwerdeführer die obsiegende und die belangte Behörde die unterlegene Partei (§ 79a Abs.2 AVG).

 

Bei diesem Verfahrensergebnis war der Bf als der obsiegenden Partei gemäß dem § 79a Abs.5 AVG iVm. § 1 Z1 der geltenden Aufwandersatzverordnung 2008 der notwendige Schriftsatzaufwand in der von ihr beantragten Höhe und die von ihr zu entrichtende Eingabegebühr (§ 79a Abs.4 Z1 AVG) in ebenfalls der von ihr beantragten Höhe für die Beschwerde, insgesamt daher 673,80 Euro, zuzusprechen. Auf den in der UVS-Aufwandersatzverordnung 2008 angeführten zu entrichtende höheren Schriftsatzaufwand und die Eingabegebühr gemäß Gebührengesetz war nicht abzustellen, weil Aufwandersatz und Gebühren nicht in dem vollen Ausmaß beantragt wurden.

 

Analog dem § 59 Abs.4 VwGG 1985 war eine Leistungsfrist von zwei Wochen festzusetzen, zumal das Schweigen des § 79a AVG 1991 nur als planwidrige Lücke aufgefasst werden kann, sollte doch die neue Regelung idF BGBl. Nr. 471/1995 im Wesentlichen eine Angleichung der Kostentragungsbestimmungen an das VwGG bringen (vgl. Erl. zur RV, 130 BlgNR 19. GP, 14 f).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 


Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind Bundesstempelgebühren für die Beschwerde von 13,20 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

Mag. Bergmayr-Mann

 

Rechtssatz zu VwSen–401087/5/BMa/Th vom 14. September 2010:

 

§ 82 FPG:

Weil nicht festgestellt werden kann, dass die Fremde nach Stellung des Asylantrags in Österreich weiterhin nach England ausreisen möchte, konnte mit der Verhängung gelinderer Mittel, als der Aufrechterhaltung der Schubhaft, das Auslangen gefunden werden.

 

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