Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165277/13/Br/Th

Linz, 21.09.2010

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau X, vertreten durch die Rechtsanwälte X, der Bezirkshauptmannschaft Wels Land vom 29. Juni 2010, AZ.: VerkR96-3358-1-2010, nach der am 15.9.2010 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

 

I.             Die Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

II.   Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

I.:    § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009 – AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungs­straf­gesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009 – VStG.

II.:   § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit dem o.a. Straferkenntnis wider die Berufungswerberin eine Geldstrafe in Höhe von 150 Euro und im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 72 Stunden  verhängt, wobei ihr zur Last gelegt wurde folgende Verwaltungsübertretung begangen zu haben:

Tatzeit: 05.02.2010, 11.30 Uhr (Unfallszeit)

Tatort: Thalheim bei Wels, X X 1, Parkplatz

Fahrzeug: PKW Audi, Kennzeichen X

Übertretung:

Sie sind mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden und haben weder ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle verständigt, noch haben Sie den anderen Beteiligten bzw. dem Geschädigten Ihren Namen und Ihre Anschrift nachgewiesen.“

 

 

1.1. Die Behörde erster Instanz führte begründend folgendes aus:

Aus den unten geschilderten Gründen ist die von Ihnen zu verantwortende Übertretung des § 4 Abs. 5 StVO als erwiesen anzusehen, da Sie durch Ihr Verhalten weder der Meldepflicht des § 4 Abs. 5 StVO entsprachen, noch (alternativ) mit Ihrem Unfallgegner die Daten ausgetauscht haben, obwohl Sie dazu ohne Weiteres die Gelegenheit gehabt hätten.

 

Am 5.2.2010 um 12.05 Uhr zeigte der Unfallbeteiligte und Unfallgeschädigte X der Polizeiinspektion Thalheim bei Wels an, dass er seinen PKW Honda, X am Parkplatz der XX parkte und auf seine Tochter im PKW wartete. Plötzlich (Tatzeit: 11.30 Uhr) hörte er wie jemand eine Tür gegen die rechte Fahrzeugseite seines PKW schlug. Der Polizei gegenüber gab er an, dass er die Dame darauf ansprach, diese dessen Angaben jedoch bestritt und sofort weg fuhr.

Sie gaben der Polizei gegenüber an, dass Sie am Parkplatz der XX parkten, aber wenn Sie die Türe öffnen, die Hand immer an der Außenseite des PKW anlegten, damit Sie kein anderes Fahrzeug beschädigen. Mit Sicherheit sei ein kleiner Spalt zwischen den Autos gewesen. Als Sie Ihr Auto starteten, habe der Herr im anderen Auto neben Ihnen zu schreien begonnen und behauptet, Sie seien an seinem Auto "angeburt“ (angestoßen). Sie hätten dies verneint, er habe dann weitertelefoniert und Sie seien dann gefahren, weil er nichts mehr sagte und Sie hätten sich dann gedacht, was sollen Sie noch tun, wenn er telefoniere.

 

Von der Polizei wurde bei Ihrem Fahrzeug eine minimale Lackabsplitterung am Ende der Leiste im Bereich der Fahrertür festgestellt, wobei nicht bekannt ist, ob diese Beschädigung aktuell sei. Beim Fahrzeug des Beschuldigten wurde ein 2-3 cm großer Kratzer auf der Leiste der rechten Hintertüre festgestellt und lichtbildlich dokumentiert. Der Unfallbeteiligte und Anzeiger Schön gab in der bei der Polizeiinspektion Thalheim/Wels aufgenommenen Niederschrift abschließend an: "Der Schaden ist zwar nicht groß, aber sie hätte zumindest stehen bleiben können und gemeinsam mit mir begutachten können."

 

Aufgrund der Angaben im Verkehrsunfallbericht der Polizeiinspektion Thalheim/Wels und den glaubwürdigen Angaben in der Niederschrift des Unfallbeteiligten wurde über Sie mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land wegen der Übertretung des § 4 Abs.5 StVO eine Geldstrafe verhängt, gegen die Sie am 27.5.2010 Einspruch erhoben. Am 8.6.2010 wurde der Unfallbeteiligte und Anzeiger Schön an die Bezirkshauptmannschaft geladen, welche die bei der Polizeiinspektion Thalheim/Wels aufgenommenen Angaben zur Zeugenaussage erhob. Ergänzend gab er an, dass es sich bei der Beschädigung an seinem PKW um eine lackierte Gummileiste handelte, die ohne Zweifel erst durch diesen Vorfall beschädigt wurde, der Schaden sei allerdings nicht groß. Die Anzeige erhob er deswegen, weil die Schadensverursacherin es nicht der Mühe wert fand, sich den Schaden gemeinsam mit ihm anzusehen. Den Anstoß nahm er jedenfalls akustisch und physisch deutlich war.

 

Sie wurden von der Beweisaufnahme (zeugenschaftliche Niederschrift) verständigt, gleichzeitig wurden Sie um Bekanntgabe der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse aufgefordert. Am 21.6.2010 gaben Sie folgende Stellungnahme ab:

1. Der Vorwurf wird bestritten, die Ihnen zur Last gelegte Übertretung wurde nicht begangen.

2. Es wird bestritten, dass eine Fahrzeugberührung stattfand.

3. Die Beschuldigte parkte ihr Fahrzeug in ausreichenden Abstand. Die einzige Reaktion des Anzeigers habe in der Weiterführung seines Telefonates bestanden.

4. Die Aussagen des Anzeigers seien widersprüchlich; beide PKW standen parallel, es hätte einen Schaden auf Höhe der vorderen Beifahrertüre und nicht ein Kratzer sondern eine Delle entstehen müssen. Die beim Fahrzeug des Anzeigers vorhandenen Schäden seien nicht auf das Verhalten der Beschuldigten rückführbar.

Aus den angeführten Gründen wurde zur Beweisführung eine Stellprobe der Fahrzeuge, ein KFZ-technisches Gutachten, ein Lokalaugenschein und die Einvernahme der Beschuldigten beantragt.

 

Darüber hat die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land Folgendes erwogen:

Norm:

S 4 Abs. 5 StVO:

Wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, haben die im Abs.1 genannten Personen die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs. 1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

 

Judikatur:

Zweck des § 4 ist es nicht, an Ort und Stelle festzustellen, ob ein Sachschaden von einem Unfall herrührt, ob die Angaben des am Unfall Beteiligten stimmen und überhaupt das Verschulden an einem Unfall zu klären, sondern um den am Unfall beteiligten Fahrzeuglenkern die Möglichkeit zu geben, ohne unnötigen Aufwand und Schwierigkeiten klarstellen zu können, mit wem man sich hinsichtlich der Schadensregelung in der Folge auseinander zu setzen haben wird. VwGH 19. 12.1975, 2085/74; 25. 1. 2002, 2001/02/0240.

 

Faktum ist, dass es sich bei gegenständlicher Angelegenheit um einen Verkehrsunfall mit (geringem) Sachschaden handelt, wobei vom Anzeiger glaubwürdig vorgebracht wird, dass an seinem Fahrzeug durch Ihr Verhalten ein geringer Schaden verursacht wurde.

 

Faktum ist auch, dass Sie sich mit diesem Beschädigungsvorwurf am Unfallort als Unfallbeteiligte auseinander zusetzen hatten. Gemäß oben zitierter Judikatur ist es Zweck des § 4 StVO lediglich festzustellen, wer der Unfallgegner ist, mit dem man sich im gegebenen Fall (zivilrechtlich) auseinanderzusetzen hat. Die Schuldfrage ist hernach (zivilrechtlich) zu klären.

 

Gemäß Judikaktur des VwGH ist als Verkehrsunfall jedes plötzliche, mit dem Straßenverkehr ursächlich zusammenhängende Ereignis anzusehen, welches sich auf Straßen mit öffentlichem Verkehr zuträgt und einen Personen- oder Sachschaden zur Folge hat. Im gegenständlichen Fall liegt ein geringer Parkschaden durch das Anstoßen einer Türe an einem anderen Fahrzeug vor, der sich auf der öffentlichen Verkehrsfläche Parkplatz bei der X X 1 ereignete.

 

Da weder der Datenaustausch mit dem anderen Unfallbeteiligten vorgenommen wurde und Sie sich in der Folge von der Unfallstelle entfernen, noch Sie ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle verständigen, haben Sie eine Übertretung des § 4 Abs. 5 StVO zu verantworten.

 

Sowohl in der Zeugenvernehmung bei der Polizeiinspektion Thalheim bei Wels, als auch bei der Vernehmung an der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land gibt der Anzeiger an, dass der Schaden nicht groß sei (aufgrund der polizeilichen Aufnahme und der Lichtbilder handelt es sich um einen 2-3 cm großen "Kratzer" auf der Leiste der rechten Hintertüre). Auch eine nur geringfügige Beschädigung, wie das Verbiegen einer Stoßstange oder leichte Lackschäden, verpflichtet zur Verständigung der nächsten Sicherheitsdienststelle (VwGH 4. 10. 1973, 1229/72, ZVR 1974/148; 25. 4. 2001, 2001/03/0100) bzw. zum Austausch der Daten der Unfallbeteiligten am Unfallort.

Als Grund der Anzeige gibt der Anzeiger glaubwürdig an, dass Sie als Unfallbeteiligte nicht mit ihm gemeinsam den angeblich von Ihnen Schaden verursachten Schaden begutachteten, sondern wegfuhren. Aufgrund dieses Faktums erhob er die Anzeige bei der nächsten Polizeiinspektion.

 

Sie gaben der Polizei gegenüber an, dass Sie wahrnahmen, dass der Anzeiger "weitertelefonierte", sind aber in der Folge vom Unfallort weggefahren. Sie gaben an, dass Sie sich gedacht haben, was soll ich noch tun, wenn er telefoniert. Zum Zeitpunkt des Wegfahrens wussten Sie allerdings, dass Sie mit dem Vorwurf des Anzeigers konfrontiert waren, dass Sie an seinem Auto "angeburt" sind und Sie mit einem Beschädigungsvorwurf konfrontiert waren.

 

Mit einem solchen Vorwurf konfrontiert, wäre es richtig gewesen und ohnehin vom Gesetz gefordert, ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeiinspektion zu verständigen, damit Sie der Pflicht des § 4 Abs.5 StVO voll entsprechen, da ja vom Anzeiger ein Sachschaden behauptet wurde. Wie bereits ausgeführt, ist es nicht Zweck des § 4 StVO, die Schuldfrage an Ort und Stelle zu klären. Der Zweck dieser Norm ist es einzig, sicherzustellen, mit wem man sich ggf. (zivilrechtlich) auseinander zu setzen haben wird.

Da Sie weder (unverzüglich) die Anzeige erhoben, noch sich dem alternativ geforderten Datenaustausch widmeten, war Ihnen durch Ihr Verhalten zumindest Fahrlässigkeit vorzuwerfen.

 

Gemäß § 5 Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Aus den oben angegebenen Gründen erscheinen die von Ihrem Rechtsvertreter geforderte Stellprobe der Fahrzeuge, das Kfz-technisches Gutachten und der Lokalaugenschein entbehrlich, da "ein Sachschaden", wenn auch ein geringer, vom Anzeiger glaubwürdig vorgebracht und auch von der Polizei lichtbildlich dokumentiert wurde. Das gegenständliche Verwaltungsstraf­verfahren bezieht sich also einzig auf Ihr, dem § 4 Abs.5 StVO widersprechendem Verhalten, indem Sie weder den Unfall mit (vom Anzeiger vorgebrachtem) Sachschaden ohne unnötigen Aufschub der Polizei meldeten, noch sich am Austausch der Daten mit dem anderen Unfallbeteiligten beteiligten.

 

Zur Strafbemessung wird folgendes ausgeführt:

 

§ 19 VStG regelt die Bemessung der zu verhängenden Strafe. Darin heißt es unter Abs. 1.: Grundlage für die Bemessung der Strafe ist stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Unstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. In Abs. 2 wird ausgeführt: Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Im Zuge der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme wurden Sie gleichzeitig aufgefordert, bis zum vorgegebenen Termin Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familien­verhältnisse anzugeben, widrigenfalls diese wie folgt geschätzt werden: Einkommen: 1.500 Euro, kein Vermögen, kein Sorgepflichten. Im Rahmen Ihrer Stellungnahme haben Sie darüber keine Angaben vorgenommen, da Sie vielmehr begehrten, das Verfahren gem. § 45 VStG einzustellen.

 

Gemäß § 99 Abs.3 lit.b StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer in anderer als der in Abs.2 lit. a bezeichneten Weise gegen die Bestimmungen des § 4 verstößt, insbesondere (...) den bei einem Verkehrsunfall entstandenen Schaden nicht meldet (...). Die von der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land darüber verhängte Geldstrafe in Höhe von 150 Euro schöpft den Strafrahmen nur zu einem Bruchteil aus, ist also keineswegs überhöht.

 

Die verhängte Geldstrafe erscheint unter Berücksichtigung der vorgenannten Umstände schuld- und unrechtsangemessen. Der Milderungsgrund der verwaltungsrechtlichen Unbescholtenheit kommt Ihnen zugute. Aus individualpräventiven Gründen wird von einer allfälligen Herabsetzung der Geldstrafe kein Gebrauch gemacht, zumal sich Ihr Einspruch gegen die Schuld und nicht gegen die Höhe der Geldstrafe richtet.

 

Die Höhe dieser Geldstrafe sollte ausreichen, Sie in Hinkunft von der Normübertretung dieser Art abzuhalten.

 

Die Entscheidung über die Kosten des Strafverfahrens gründet sich auf die im Spruch zitierte Gesetzesstellen.

 

 

2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung tritt die Berufungswerberin durch deren ausgewiesenen Rechtsvertreter dem Schuld- u. Strafausspruch mit folgenden Ausführungen entgegen:

In umseits bezeichneter Rechtssache erhebt die Beschuldigte gegen das im Verfahren zu VerkR96-3358-1-2010 ergangene Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 29.06.2010, zugestellt am 12.07.2010, binnen offener Frist das ordentliche Rechtsmittel der

Berufung

 

an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

 

Die obgenannte Entscheidung wird vollinhaltlich aus den Rechtsmittelgründen der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvor­schriften angefochten.

 

Zur Rechtswidrigkeit des Inhaltes / Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfah­rensvorschriften

 

Die belangte Behörde hat im Spruch der angefochtenen Entscheidung ausgesprochen, dass die Beschuldigte mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammen­hang gestanden sei und weder ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle verständigt habe, noch den anderen Beteiligten bzw dem Geschädigten ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen habe.

 

a) Eine Verletzung des § 4 Abs 5 StVO liegt jedenfalls nur dann vor, wenn bei einem Verkehrsunfall mit Sachschaden von der, im ursächlichen Zusammenhang mit diesem Unfall, stehenden Person die nächste Polizeidienststelle nicht ohne unnötigen Aufschub verständigt Wird (vgl VwGH 91/18/0088).

 

Die Nichtbekanntgabe von Name und Anschrift an Unfallbeteiligte/Geschädigte erfüllt nicht den Tatbestand des § 4 Abs 5 StVO._

 

Der im Spruch und in der Begründung festgehaltene Alternativvorwurf ist daher jedenfalls nicht berechtigt.

 

b) Gemäß § 44a VStG hat der Spruch eines Straferkenntnissen, sofern er nicht auf Einstellung lautet, nachfolgende Elemente zu enhalten:

 

1. die als erwiesen angenommene Tat;

2. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;

3. die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;

4. den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;

5. im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten.

Der im angefochtenen Straferkenntnis ausgesprochene Alternatiworwurf der Unterlassung der Anzeigeerstattung bei der nächsten Sicherheitsdienststelle oder des Nachweises von Name und Anschrift gegenüber dem Geschädigten widerspricht 5 44a Z1 VStG und belastet den angefochtenen Bescheid mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes (vgl VwGH 2007/02/0105).

 

c) Gemäß § 4 Abs 5 StVO begeht eine Verwaltungsübertretung wer es unterlässt bei einem Verkehrsunfall mit Sachschaden die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen.

 

Unabdingbare Voraussetzung für die Erfüllung des Tatbestandes des § 4 Abs.5 StVO ist daher ein Verkehrsunfall mit Sachschaden. Gerade ein Sachschaden ist aber im gegen­ständlichen Fall nicht entstanden;

 

Die Beschuldigte stieg am 05.02,2010 um ca 11.30 Uhr in das von ihr am Parkplatz der XX abgestellten Pkw ein, wobei sie ihre linke Hand an die Außenseite ihrer Fahrertüre legte, um eine allfällige Berührung mit nebenstehenden Autos jedenfalls zu verhindern. Das angrenzend parkende Kfz stand in einem ausreichenden Abstand zum Pkw der Beschuldigten.

 

Die Beschuldigte, welche problemlos und ohne Verursachung irgendeines Schadens in ihr Kfz einstieg, bemerkte neben sich den Anzeiger, welcher telefonierte. Dieser ließ in weiterer Folge sein Seitenfenster herunter und behauptete, dass die Beschuldigte an seinem Fahrzeug angestoßen sei- Da zu keinem Zeitpunkt eine Berührung zwischen den Fahrzeugen stattgefunden hat, betonte die Beschuldigte, dass sie nicht am Fahrzeug angestoßen sei, woraufhin die einzige Reaktion des Anzeigenden die Wetterführung seines Telefonates war. Der Anzeigende stieg nicht aus seinem Wagen aus, er forderte die Beschuldigte auch nicht dazu auf dies zu tun bzw ihm ihre Personalien bekannt zu geben.

 

Die Beschuldigte vergewisserte sich in weiterer Folge, ob sie ihre Geldtasche in ihrer Handtasche, welche auf ihrem Beifahrersitz lag, eingesteckt hatte. Erst nachdem sie dies überprüft hatte, startete die Beschuldigte ihr Fahrzeug) parkte langsam aus und setzte dann ihre Fahrt fort. In dieser Zeitspanne von zumindest einigen Minuten hat der Anzeiger neben der Beschuldigten in Ruhe telefoniert.

Der Anzeiger behauptet demgegenüber in seiner Einvernahme vom 05.02.2010, dass die Beschuldigte die Fahrertüre gegen seine rechte hintere Beifahrertüre geschlagen habe. In weiterer Folge habe er einen Kratzer auf der rechten Beifahrertüre bemerkt. Polizeilicherseits wurde festgehalten, dass ein 2-3 cm umfassender Kratzer auf der Leiste der rechten vorderen (?) Hintertüre vorhanden sei.

 

Die Aussage des Anzeigenden ist nicht logisch. Die beiden involvierten Pkw standen parallel zueinander. Hätte die Beschuldigte die Türe auf das Auto des Anzeigenden geschlagen, so wäre es zu einem Schaden auf Höhe der vorderen Beifahrertüre des Anzeigers gekommen. Des Weiteren hätte die Beschuldigte eine Delle verursacht und nicht einen Kratzer, wobei in diesem Zusammenhang auffällig ist, dass seitens der ermittelnden Beamten Lackspuren vom Auto der Beschuldigten nicht festgestellt worden sind. Weiters bemerkenswert ist der Umstand, dass der Anzeiger in seiner Einvernahme angibt, dass der Kratzer auf der rechten Beifahrertüre, sohin auf der vorderen Beifahrertüre, sei.

 

Die Behauptungen des Anzeigers stehen im eklatanten Widerspruch zu den logischen Denkgesetzen, sind in sich widersprüchlich und entgegen den Ausführungen der belangten Behörde nicht glaubhaft.

 

Den Standpunkt der Beschuldigten stützt auch der Verkehrsunfallbericht der PI Thalheim, welche ausführt, dass zwar eine minimale Lackabsplitterung am Kfz der Beschuldigten vorhanden sei, jedoch nicht festgestellt werden könne, dass es sich um einen ..neuen" Schaden handle. Insofern die ermittelnden Beamten wenige Stunden nach dem Vorfall das Fahrzeug der Beschuldigten begutachteten ist diese Ausführung hervorzuheben, zumal neue Schäden an einem Fahrzeug für einen Beamten mit Sicherheit erkennbar sind. Ein neuer Schaden weist insbesondere noch keine Verschmutzungen auf und enthält Lackspuren von dem Auto, an welchem man angekommen ist. Beide Umstände wurden nicht festgehalten.

 

Die bei dem Fahrzeug des Anzeigers vorhandenen Schäden, sind nicht auf das Verhalten der Beschuldigten rückführbar. Sie hat weder ein rechtswidriges noch ein schuldhaftes Verhalten gesetzt und auch keinen Schaden am Fahrzeug des Anzeigers verursacht.

Hätte die Beschuldigte das ihr vom Anzeiger vorgeworfene Verhalten tatsächlich gesetzt, ist nicht erklärlich, weshalb dieser in aller Ruhe sein Telefonat fortsetzte und sich nicht um einen Austausch der Personalien bemühte. Die Beschuldigte hat hingegen angesichts der Behauptung des Anzeigers, bevor sie wegfuhr, zur Überprüfung ihrer eigenen Wahrnehmung die Seitentüre des anzeigerischen Kfz begutachtet und konnte keinen Schaden, sondern nur eine erhebliche Verschmutzung des Kfz, feststellen, sodass sie restlos überzeugt war, nicht am Fahrzeug des Anzeigers angekommen zu sein.

Zur (richtig wohl: zum …)Beweis dafür, dass es zu keinem Verkehrsunfall mit Sachschaden gekommen ist, hat die Beschuldigte etliche Beweise angeboten, und zwar:

- ihre Einvernahme

- eine Stellprobe der Fahrzeuge

- ein kfz-technisches Gutachten und

- die Durchführung eines Lokalaugenscheins.

 

Die belangte Behörde hat sich mit dem Vorbringen und den Einwendungen der Beschuldig­ten nicht auseinandergesetzt und die angebotenen Beweise nicht aufgenommen. Die Begründung der belangten Behörde, wonach die Beweise nicht aufgenommen werden müssten, weil der Anzeiger glaubwürdig vorgebracht habe, dass ein Sachschaden entstanden sei, rechtfertigt es nicht, die seiner Aussage widersprechenden Akteninhalte stillschweigend zu übergehen und Verwaltungsstraftatbestände als verwirklicht anzusehen.

 

Wären die Beweise aufgenommen worden, so wäre erwiesen gewesen, dass es zu keinem Verkehrsunfall mit Sachschaden gekommen ist und der Tatbestand des § 4 Abs 5 StVO mangels Erfüllung des Tatbildes nicht verwirklicht worden ist. Insbesondere das Sachver­ständigengutachten mit Stellprobe hätte bewiesen, dass die „Schäden" an den beteiligten , Fahrzeugen nicht korrespondieren. Es ist eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften im Vorgehen der belangten Behörde zu erblicken.

 

Zur Höhe der Strafe

 

Die belangte Behörde verhängte eine Geldstrafe in Höhe von € 150,-. Die Geldstrafe ist jedenfalls überhöht, da die Beschuldigte zum Einen unbescholten ist und zum Anderen gar nicht erkannt hat, dass - unter theoretischer Zugrundelegung eines Sachschadens - sie einen Schaden verursacht hat. Die Reaktion des Anzeigers ließ vielmehr den begründeten Schluss zu, dass auch dieser nicht von einem Schaden an seinem Kfz ausging. Nur so ist erklärlich, weshalb dieser minutenlang neben der Beschuldigten in seinem Auto sitzend telefonierte.

 

Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass eine Person, die davon ausgeht, dass ihr eine andere einen Schaden zugefügt hat, ihr Telefonat unterbricht und sich um die Begutachtung des Schadens kümmert. Das Weitertelefonieren ist ein eindeutiges Zeichen dafür, dass von keinem Schaden ausgegangen wird. Im Verhalten des Anzeigers ist ein „Mitverschulden" zu erblicken, welches zugunsten der Beschuldigten strafmildernde Auswirkungen haben muss.

 

Hätte der Anzeiger nicht weitertelefoniert und so signalisiert, dass das Thema „vermuteter Anstoß am Auto" erledigt wäre, wäre die Beschuldigte niemals weggefahren, sondern hätte die Situation an Ort und Stelle geklärt, sowie bei Vorliegen eines Sachschadens, welcher ausdrücklich bestritten wird, die nächste Polizeidienststelle informiert.

 

Die verhängt Strafe Ist aufgrund der gegebenen Milderungsgründe und der nicht vorhande­nen Erschwerungsgründe jedenfalls überhöht. Weder general- noch spezialpräventive Gründe machen die Verhängung einer Geldstrafe in der Höhe von € 150,-- erforderliche. Die Schuld der Beschuldigten wäre darüber hinaus jedenfalls als äußerst gering anzusehen, weiters von einer Strafe wäre daher, bei Anwendbarkeit des § 21 VStG, abzusehen.

 

Die Beschuldigte stellt daher nachstehende

 

ANTRÄGE:

 

Der unabhängige Verwaltungssenat für das Land Oberösterreich wolle

a)    das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos beheben und gemäß § 45 Abs.WstG die Einstellung des Verfahrens verfügen;

b)    in eventu nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung und Aufnahme der angebotenen Beweise das angefochtene Straferkenntnis beheben und die Einstellung des Verfahrens verfügen;

c)    in eventu von der Verhängung einer Strafe gemäß § 21 VStG absehen

d)    in eventu die verhängte Strafe mindern.

 

 

Innsbruck, am 20. Juli 2010                                                                           X.“

 

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser ist durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen (§ 51c VStG).

 

 

4. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war angesichts des vom der Berufungswerberin im Grunde bestrittenen Tatvorwurfes zwecks unmittelbarer Beweisaufnahme in Wahrung der durch Art. 6 EMRK intendierten Rechte durchzuführen (§ 51e Abs.1 Z1 VStG).  

Beweis erhoben wurde durch Verlesen des erstinstanzlichen Akteninhaltes, insbesondere die Sichtung der im Akt erliegenden Fotos, die zeugenschaftliche Vernehmung des Anzeigers X, sowie durch Vornahme einer Stellprobe mit den beteiligten Fahrzeugen in Verbindung mit der Sichtung des Schadensbildes. Die Höhe der angeblichen Kontaktstellen wurden bei der durchgeführten Stellprobe ausgemessen. Ebenfalls wurde hier von der behaupteten Kontaktstelle anlässlich der Berufungsverhandlung ein Foto angefertigt.

Die Berufungswerberin nahm entschuldigt an der Berufungsverhandlung persönlich nicht teil, sie wurde im Einvernehmen deren Rechtsvertreterschaft von ihrem Ehegatten, Herrn Dipl.-Ing. Dr. X, vertreten.

Die Behörde erster Instanz nahm ebenfalls entschuldigt an der Berufungsverhandlung nicht teil.

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Laut Anzeige ist es am 5.2.2010 um 11.30 Uhr am Parkplatz der X X 1 zwischen dem Fahrzeug der Berufungswerberin und dem links von ihr abgestellten Pkw des Zeugen X zu einem Kontakt gekommen, nachdem die Berufungswerberin offenkundig beim öffnen  der Fahrertür gegen die Zierleiste der rechten hinteren Tür des Fahrzeuges des Zeugen stieß. Dabei ist eine sichtbare Kontaktspur ohne Eindellung zurück geblieben. Dies könnte von der Berufungswerberin unbemerkt geblieben sein.

Am Fahrzeug der Berufungswerberin wurde seitens der Polizei bloß eine minimale Absplitterung an der Spitze der Zierleiste an der Türkante festgestellt.

 

 

5.1. Im Rahmen der Berufungsverhandlung erklärte der Zeuge die Situation dahingehend, dass er im Fahrzeug saß und mit seiner Frau telefonierte, als er plötzlich einen Anschlaggeräusch und auch eine leichte Stoßerschütterung an seinem Fahrzeug wahrnehmen konnte. Er blickte folglich nach rechts und sah die geöffnete Tür des Fahrzeuges der Berufungswerberin. Er öffnete das rechte Seitenfenster und informierte die weibliche Person neben seinem Fahrzeug sinngemäß dahingehend, dass  sie soeben mit der Tür gegen sein Fahrzeug geschlagen hätte.

Die Frau wies diesen Hinweis brüsk zurück, stieg in ihr Fahrzeug und parkte mit diesem nach rückwärts aus. Er sei folglich aus dem Fahrzeug gestiegen und habe gerade noch das Kennzeichen notieren können, als die Frau sich nach rechts von seinem Fahrzeug entfernte.

Aus diesem Grund habe er sich veranlasst gesehen die Polizei zu verständigen, welche den Vorfall dann zur Anzeige brachte.

Über Vorhalt des Vertreters der Berufungswerberin, wonach der Zeuge bei seiner Frau angerufen hätte und dabei sie sinngemäß der Lüge geziehen hätte, wurde vom Zeugen dahingehend beantwortet, dass dieser lediglich die Sache im guten Einvernehmen erledigen habe wollen. Das Telefonat sei jedoch von der Gegenseite eher unfreundlich und einsichtslos verlaufen, sodass auch er entsprechend reagierte und schließlich das Telefonat von sich aus einseitig beendet habe.

Über Befragen des Verhandlungsleiters über einen allfälligen Kostenvoranschlag betreffend Reparatur erklärte der Zeuge, es sei von einem Beseitigungsaufwand in der Höhe von 120 Euro die Rede gewesen. Weil dieses Verfahren noch offen war habe er den geringfügigen „Schaden“ noch nicht reparieren lassen.

 

 

5.2. Das „Schadensbild“ war aus der Sicht der Berufungsbehörde dahingehend zu umschreiben, dass jedenfalls keine Eindellung an der Zierleiste vorliegt, sondern eher nur eine Lackabriebspur vorzuliegen schien, welche sich gegebenenfalls sogar weitgehend oder gänzlich wegpolieren lassen könnte.

Die Höhe der Zierleiste liegt exakt in einer Höhe von 64 cm, während die Zierleistenhöhe des Fahrzeuges der Berufungswerberin bei 57 cm liegt. Aus der Sicht der Berufungsbehörde dürfte dieser Kontakt von der Türkante des Beschuldigtenfahrzeuges herbeigeführt worden sein, wobei an diesem in exakt dieser Höhe eine minimale Lackabschürfung feststellbar war, welche wohl bei vielen Fahrzeugen in diesem Umfang zu finden ist. Auch die Farbe des Fahrzeuges der Berufungswerberin ist grundsätzlich mit dem dunklen Fleck von maximal einen halben Quadratzentimeter an der Zierleiste des Zeugenfahrzeuges in Einklang zu bringen (die Pfeilspitzen im Bild verweisen auf die Kontaktspuren).

Letztlich hing die Beurteilung des Fahrzeugkontaktes nur davon ab ob dem Zeugen schön in der Darstellung seiner Wahrnehmung zu glauben ist.

 

 

5.2.1. Dies bejaht die Berufungsbehörde, zumal die Aussagen des Zeugen in jeder Richtung hin überzeugten. Der Zeuge legte sachlich nachvollziehbar den Vorfall dar, wobei sich auch das Kontaktbild  damit völlig in Einklang zu bringen ist. Der Zeuge machte einen soliden Eindruck, sodass ihm jedenfalls nicht zugesonnen wird, die Kontaktbehauptung wahrheitswidrig gemacht zu haben um allenfalls den kaum sichtbaren Schaden an seinem Fahrzeug „einfach irgend jemanden anzuhängen“.

Wenn sich weitere geringere Kontaktspuren innerhalb eines Zentimeters befinden, so schmälert dies die Logik der Zeugenaussage ebenfalls nicht. Ist dies doch durchaus darauf zurückzuführen, dass sich eine Tür beim Einsteigen bewegt und es dabei zu vertikalen und auch lateralen Scheuerbewegungen kommen kann, welche sich an der Zierleiste des Fahrzeuges des Zeugen nachvollziehen lassen.

Dem Zeugen ist daher zu folgen, wenn er den Anstoß an seiner Tür der Angezeigten zuordnete, die unmittelbar neben ihm die Fahrzeugtüre öffnete. Dies konnte er sehr wohl von seiner Fahrersitzposition am stehenden Fahrzeug trotz des Telefonierens wahrnehmen. Ein solcher Zwischenfall ist im übrigen durchaus nicht lebensfremd und sollte sich in aller Regel doch einvernehmlich und emotionslos beilegen lassen.

Das allenfalls die Berufungswerberin den Anstoß tatsächlich nicht wahrgenommen haben mag, ist jedoch andererseits ebenfalls nicht auszuschließen. Über den Hinweis des Zeugen hätte sich jedoch zumindest vorsorglich auf sein Ansinnen einlassen müssen, anstatt den Zeugen Schön mit seinen scheinbaren Schaden zurück zu lassen.

So wäre es weder zu rechtfertigen, noch entspricht es einem verkehrpartnerschaftlichen oder sozialadäquaten Verhalten, einen Mitmenschen mit einem derartigen Anliegen, sprichwörtlich „links liegen zu lassen“ und einfach davon zu fahren.

Die Wahrhaftigkeit und Solidität des Zeugen gelangte zuletzt auch dadurch zum Ausdruck, dass er sich im Lichte der Anregung anlässlich der im Rahmen der Berufungsverhandlung vorgenommenen Besichtigung, bereit erklärte, zu versuchen die Schürfspur wegzupolieren und darüber der Berufungsbehörde Mitteilung zu machen.

Mit Schreiben vom 20.9.2010, 17:17 Uhr (Email), gibt der Zeuge bekannt, dass er sich zwischenzeitig bemüht habe den „Schaden“ wegzupolieren und dieser jetzt nicht mehr sichtbar wäre.

Sohin kann von einem „verursachten Schaden“ letztlich nicht mehr ausgegangen werden.

 

 

5.3. Rechtliche Ausführungen:

Gemäß § 4 Abs.5 StVO 1960 haben, wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, die in Abs.1 genannten Personen die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs.1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

Als Verkehrsunfall gilt jedes plötzliche, mit dem Straßenverkehr ursächlich zusammenhängende Ereignis anzusehen, welches sich auf Straßen mit öffentlichem Verkehr zuträgt und einen Personen- oder Sachschaden zur Folge hat (VwGH 20.4.2001, 99/02/0176 u.a.).

Die Anhalte- und Meldepflicht setzt einerseits einen Vorfall (Verkehrsunfall) und andererseits ein Wissen (müssen) eines solchen voraus. Dabei ist aber nicht unbedingt das positive Wissen vom Verkehrsunfall und vom ursächlichen Zusammenhang erforderlich, sondern es genügt – da der Anwendungsbereich des § 4 StVO in diesem Zusammenhang nicht ausdrücklich auf die Schuldform des Vorsatzes beschränkt ist (§ 5 VStG) – wenn die betreffende Person bei gehöriger Aufmerksamkeit den Verkehrsunfall und den ursächlichen Zusammenhang hätte erkennen können (siehe Pürstl - Somereder, Kommentar zur StVO, 11. Auflage, S 69 Rn 34, sowie – unter vielen – VwGH 23.5.2002, 2001/03/0417, VwGH 13.2.1991, 90/03/0114 mit Hinweis auf VwGH 9.9.1981, 81/03/0125 u. VwGH 31.1.1986, 85/18/0367).

 

 

5.3.1. Der Berufung kommt letztlich aber dennoch Berechtigung zu! Von einem Sachschaden kann nämlich dann nicht (mehr) gesprochen werden, wenn der frühere Zustand am betroffenen Fahrzeug ohne nennenswerten Aufwand wieder hergestellt werden kann. Dies ist etwa - anders als bei einem Lackschaden oder einer bleibenden Verformung eines seiner Teile oder einer Abschürfung an einem Gummigriff, mögen diese Schäden auch nur geringfügig sein - bei bloßer Beschmutzung oder einer wegwischbaren Kontaktspur oder einem herausgerissenen Gummiwulst aus einer Stoßstange, falls der Gummi hiebei keine dauernde Beschädigung erlitten hat, der Fall (VwGH 22.3.1991, 86/18/0135 mit Hinweis auf VwGH-Erk. v. 31.10.1990, 90/02/0119 und die dort zitierte Vorjudikatur).

Vor dem Hintergrund der vom Zeugen nachgereichten Mitteilung über dessen erfolgreiches Bemühen das Schadensbild durch Wegpolieren beseitigt zu haben, ist auch hier von keinem Schadensereignis mehr auszugehen.

Demnach war letztlich das Verwaltungsstrafverfahren mangels Tatbestand nach § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

 

                                           Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

                                                      Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichts­hof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220  Euro zu entrichten.

 

                                                           

 

Dr.  B l e i e r

 

 

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