Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-531062/2/Re/Ba

Linz, 29.09.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung der x vom 15. Juli 2010 gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 30. Juni 2010, Gz 501/M101052; 0023776/2010 ABA Mitte, betreffend eine Untersagung gemäß § 345 Abs.9 GewO 1994  zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird keine Folge gegeben. Der bekämpfte Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 30. Juni 2010, Gz 501/M101052; 0023776/2010 ABA Mitte, wird inhaltlich bestätigt, im Spruch konkretisiert und lautet:

"Die mit Eingabe vom 2. Juni 2010 von der x nach § 81 Abs. 2 Z 9 GewO 1994 angezeigte Änderung der Betriebsanlage im Standort x, Grundstück Nr. x der KG x, betreffend 'Bau 30 Technikumsversuch AMBA-3', entspricht nicht den geforderten gesetzlichen Voraussetzungen und wird deren Durchführung untersagt."

Den Rechtsgrundlagen wird § 345 Abs.9 angefügt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG)

§§ 359a und 345 Abs.9 iVm 81 Abs.3 iVm 81 Abs.2 Z 9 Gewerbeordnung 1994 (GewO)

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat mit dem Bescheid vom 30. Juni 2010, Gz 501/M101052; 0023776/2010 ABA Mitte, im Zusammenhang mit einer Anzeige der x vom 2. Juni 2010 betreffend eine das Emissionsverhalten der Anlage nicht nachteilig beeinflussende Änderung "die Durchführung der angezeigten Änderung, die das Emissionsverhalten der Anlage nicht nachteilig beeinflusst, vom 2.6.2010" untersagt. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, bei der Änderung handle es sich im Konkreten um den Technikumsversuch AMBA-3. Es handle sich dabei um eine Intermediat für einen Wirkstoff und werde AMBA-3 durch Reaktion von AMBA-2 mit Isoamylnitrit und Kalium-tert-ButOH generiert und anschließend mit H2O extrahiert wird. Bei dieser Produktion entstehen Abwässer, die aus dem Herkunftsbereich der Anlage A der Indirekteinleiterverordnung stammen und daher grundsätzlich einer wasserrechtlichen Bewilligung bedürften. Die derzeit für den Bau 30 geltende wasserrechtliche Bewilligung sei mit Bescheid vom 7. März 2005 erteilt worden. Weder im dazugehörigen Projekt noch im Bescheid sei die gegenständliche Produktion mit den erforderlichen Vorreinigungsanlagen genehmigt. Abwässer mit wassergefährdenden Inhaltsstoffen seien eindeutig Emissionen, die nachteilige Auswirkungen auf das Emissionsverhalten der Betriebsanlage hätten.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat die x mit Eingabe vom 15. Juli 2010, bei der belangten Behörde per email am selben Tage eingelangt und somit innerhalb offener Frist eingebracht, Berufung erhoben. Diese im Wesentlichen mit der Begründung, der angefochtene Bescheid werde damit begründet, dass die Voraussetzungen für ein Anzeigeverfahren nicht vorlägen, weil die Abwässer durch die geltende wasserrechtliche Bewilligung nicht genehmigt seien. Bei der Produktion von AMBA-3 handle es sich um einen zeitlich begrenzten routinemäßigen Technikumsversuch im Technikum Bau 30. Die dabei anfallenden Abwässer seien in den vorgelegten Unterlagen dargestellt. Für diese Abwässer gelten die wasserrechtlichen Bewilligungsbescheide des Magistrates der Stadt Linz vom 22. März 2004 idgF und vom 7. März 2006 idgF. Der erste Bescheid decke die Ableitung der im x anfallenden Abwässer (sämtliche organisch belasteten betrieblichen Abwässer, häuslichen Abwässer und verschmutzten Niederschlagswässer) nach Vorreinigung in der BAV in den Umleitungskanal der x; der zweite Bescheid decke u.a. die Ableitung von betrieblichem Abwasser aus den Bauten 30 und 49 im Rahmen des ersten Bescheides und würden beide Bescheide keine Einschränkungen auf bestimmte Produktionen oder Technikumsversuche enthalten. Bisher seien diese Bescheide immer so ausgelegt worden, dass das eingeräumte Maß der Wasserbenutzung auch für künftige Produktionen und Technikumsversuche gelte. In der Verhandlungsschrift zum zweiten Bescheid sei vom Amtssachverständigen festgehalten, dass beim Bau 30 wegen des Technikumscharakters eine taxative Aufzählung der hergestellten Produkte nicht möglich sei. Als mögliche Herkunftsbereiche seien dort AEV Pharmazeutika, AEV Organische Chemikalien, AEV Laboratorien und AEV Pflanzenschutzmittel genannt. Die gegenständlichen Abwässer seien der AEV Pharmazeutika zuzuordnen. Da durch die Abwässer aus dem Technikumsversuch AMBA-3 das mit diesen Bescheiden eingeräumte Maß der Wasserbenutzung nicht über­schritten werde, sei deren Ableitung wasserrechtlich genehmigt. Im angefochtenen Bescheid sei nicht begründet, in welcher Hinsicht das genehmigte Maß der Wasserbenutzung überschritten werde und daher die Genehmigungs­pflicht ausgelöst werde. Beantragt werde, den bekämpften Bescheid ersatzlos aufzuheben und die angezeigte Änderung zur Kenntnis zu nehmen.

 

3. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz als belangte Behörde hat diese Berufungsschrift gemeinsam mit dem zu Grunde liegenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde hat dabei keine inhaltlichen Äußerungen zum Berufungsvorbringen abgegeben und keinen Widerspruch im Sinne des § 67h Abs.1 AVG erhoben.

 

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich durch Einzelmitglied ergibt sich aus § 359a GewO 1994  iVm § 67a  Abs.1 AVG.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu  Gz 501/M101052; 0023776/2010 ABA Mitte.

 

Im Grunde des § 67d Abs.1 AVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mangels Erfordernis abgesehen werden.

 

4. Erwägungen des Unabhängigen Verwaltungssenates:

Gemäß § 81 Abs.2 Z 9 ist eine Genehmigungspflicht nach Abs.1 jedenfalls dann  nicht gegeben, wenn Änderungen das Emissionsverhalten der Anlage nicht nachteilig beeinflussen.

 

Gemäß § 81 Abs.3 GewO 1994 sind der Ersatz solcher gleichartiger Maschinen, Geräte oder Ausstattungen gemäß Abs.2 Z 5, wegen deren Verwendung die Anlage einer Genehmigung bedürfte, sowie Änderungen gemäß Abs.2 Z9 der zur Genehmigung der Anlage zuständigen Behörde vorher anzuzeigen. Das ersetzte Geräte, die ersetzte Maschine, die ersetzte Ausstattung oder die den Nachweis der Gleichartigkeit dienenden Belege sind bis zur Erlassung des Bescheides gemäß § 345 Abs.8 Z 8 aufzubewahren.

 

Gemäß § 345 Abs.8 Z 6 GewO 1994 hat die Behörde, bei der gemäß Abs. 1, 2 und 4 die Anzeigen zu erstatten sind, die Anzeigen gemäß § 81 Abs. 3 binnen zwei Monaten nach Erstattung der Anzeige mit Bescheid zur Kenntnis zu nehmen; dieser Bescheid bildet einen Bestandteil des Genehmigungsbescheides.

 

Gemäß § 345 Abs.9 leg.cit. hat die Behörde, wenn vorgeschriebene Anzeigen erstattet werden, obwohl die jeweils geforderten gesetzlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind, unbeschadet eines Verfahrens nach §§ 366 ff dies mit Bescheid festzustellen und die Maßnahme oder die Tätigkeit, die Gegenstand der Anzeige ist, zu untersagen.

 

Dem vorliegenden Verfahrensakt der belangten Behörde ist zu entnehmen, dass die Berufungswerberin mit Eingabe vom 2. Juni 2010 eine Anzeige nach § 81 Abs.2 Z 9 GewO 1994 betreffend Bau 30 Technikumsversuch AMBA-3 eingebracht hat. Beschrieben wurde das Vorhaben als Technikumsversuch zur Synthese von  AMBA-5, wobei die Herstellung von AMBA-3 durch Umsetzung von AMBA-2 mit Isoamylnitrit und Kaliumtert-butanolat als Base erfolge. Das Produkt falle als Feststoff aus, werde jedoch mit H2O extrahiert und als Lösung in H2O isoliert.

 

Laut Projektsüberprüfungsergebnis des umwelttechnischen Amtssachver­ständigen­dienstes würden sämtliche bei der Produktion von AMBA-4 gebildeten Abgase, ausgenommen jene aus der Kabine A-809, in der TNV des Bau 52 thermisch behandelt. Die relevanten Behälter der Produktion seien mit Abgaskondensatoren zur Emissionsminderung ausgestattet. Die beim Ansprechen von SVs entstehenden Abgase würden über das bestehende Blowdown System geführt.

Bei der Produktion von AMBA-3 fallen folgende Abfälle an:

Mutterlauge

LM-Gemisch (halogenfrei):                 SN 55370             16.000 kg

Anlagenreinigung (MeOH):                 SN 55315               2.000 kg

 

Vom Amtssachverständigen für Gewässerschutz wird in dessen Stellungnahme vom 14. Juni 2010 betreffend Technikumsversuch AMBA-3 festgestellt, dass die vorgelegten Unterlagen nicht beurteilbar seien. Es fehlten detaillierte Angaben zu den gewässerschutztechnischen Sicherheitsvorkehrungen beim Transport zwischen Lager Bau 55 und Produktionsbau 30 für die als stark wassergefährdend eingestuften Stoffe AMBA-2 in Toluol und AMBA-3 Lösung. Es könne nicht beurteilt werden, ob die Abwasseremissionen dem Stand der Technik entsprechen, weil die hydraulische Abwasserentstehung inkl. der erforderlichen Maßnahmen zur Abwasserminimierung nicht beschrieben sei.

Festgestellt wird vom Amtssachverständigen für Gewässerschutz darüber hinaus, dass die Abwässer aus der Produktion von AMBA-3 unter die AEV Pharmazeutika fallen und somit gemäß Anlage A der Indirekteinleiterverordnung der wasserrechtlichen Genehmigungspflicht unterliegen. Die gegenständliche Produktion sei den Unterlagen zur wasser­rechtlichen Genehmigung für den Bau 30 nicht enthalten, weshalb ein entspre­chender Antrag auf wasserrechtliche Genehmigung erforderlich sei. Der Produktionsbeginn sei somit erst nach Vorliegen der wasserrechtlichen Genehmigung erlaubt.

 

Vom anlagentechnischen Amtssachverständigen wird festgehalten, dass der Prozess sicher betrieben werden könne und keine Erhöhung des Gefahrenpo­tentials gegenüber dem genehmigten Zustand darstellen.

 

Diese fachlichen Äußerungen der beigezogenen Amtssachverständigen wurden der Berufungswerberin mit Schreiben der belangten Behörde vom 16. Juni 2010 mit der Gelegenheit zur Stellungnahme binnen Frist zur Kenntnis gebracht. Innerhalb offener Frist ist eine Äußerung der Berufungswerberin hiezu nicht mehr eingelangt.

 

Dem gesamten Verfahrensakt und den Äußerungen der Berufungswerberin und der belangten Behörde ist übereinstimmend und unbestritten zu entnehmen, dass bei der geplanten und angezeigten Produktion von AMBA-3 Abwässer anfallen. Da es sich dabei darüber hinaus um – ebenfalls unbestrittenermaßen – Abwässer mit Inhaltsstoffen handelt, welche grundsätzlich einer wasserrechtlichen Bewilligung für deren Ableitung bedürfen, handelt es sich hiebei jedenfalls um Emissionen der Anlage, welche das Gesamtemissionsverhalten der Anlage nachteilig beeinflussen, und zwar unabhängig davon, ob diese in eine Kanalisation oder direkt in einen Vorfluter eingeleitet werden.

Wenn im gegenständlichen Verfahren zwischen Behörde und Berufungswerberin die Frage diskutiert wird, ob die nunmehr zusätzlich anfallenden Abwässer im bereits bestehenden wasserrechtlichen Konsens bereits enthalten sind oder nicht bzw. ob diese Abwässer nunmehr einer neuerlichen wasserrechtlichen Bewilligung bedürfen, so ist hiezu festzustellen, dass es sich hiebei nicht um die Kernfrage des gegenständlichen Anzeigeverfahrens nach § 81 Abs.2 Z 9 GewO 1994 handelt.

 

Vielmehr ist im gegenständlichen Verfahren ausschließlich zu klären, ob mit der geplanten Änderung Emissionen verbunden sind und ob dadurch das Emissionsverhalten der Anlage nachteilig beeinflusst wird. Diese Frage ist im gegenständlichen Verfahren eindeutig zu bejahen, da sowohl projektsgemäß als auch in den Äußerungen der Amtssachverständigen und der Konsenswerberin selbst unbestritten bleibt und festgehalten wird, dass bei der verfahrensgegenständlichen geplanten Produktion von AMBA-3 Abwässer (Emissionen) anfallen. Unbestritten steht auch fest, dass es sich hiebei eben um Abwässer handelt, die in dieser Qualität/Quantität bisher noch nicht angefallen sind.

Im gegenständlichen Verfahren auf der Grundlage des § 81 Abs.2 Z9 GewO 1994 war daher nicht zu klären, ob diese, bei der Produktion von AMBA-3 anfallenden Abwässer wasserrechtlich bewilligungspflichtig bzw. in der Folge bewilligungsfähig oder in einem bestehenden wasserrechtlichen Konsens enthalten sind, sondern, ob überhaupt zusätzliche Abwässer anfallen, die somit  das gesamte Emissionsverhalten der Anlage  nachteilig – da zusätzlich anfallend – beeinflussen. Da diese Frage zu bejahen ist, war insgesamt wie im Spruch zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

In diesem Verfahren sind für die Einbringung der Berufung Gebühren in der Höhe von 13,20 Euro  angefallen.

 

 

Dr. Reichenberger

 

 

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