Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165290/14/Bi/Kr

Linz, 05.10.2010

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, vertreten durch Herrn RA X, vom 23. Juli 2010  gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Wels-Land vom 15. Juli 2010, VerkR96-5570-2010, wegen Übertretung der StVO 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 21. September 2010 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungs­entschei­dung) zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z1 und 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1950 eine Geldstrafe von 45 Euro (36 Stunden EFS) verhängt, weil er am
3. Dezember 2009, 15.40 Uhr, den Pkw, Kz X, auf der Westautobahn A1 bei km 249.479, Gemeinde Strass iA, in Richtung Wien gelenkt und die auf Auto­bahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 15 km/h über­schritten habe, wobei die in Betracht kommende Messtoleranz bereits zu seinen Gunsten abgezogen worden sei.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 4,50 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am
21. September 2010 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw, seines Rechtsvertreters X und der Zeugin X (A) durchgeführt. Ein Vertreter der Erstinstanz ist nicht erschienen. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet.

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er sei zum  damaligen Zeitpunkt nicht der Lenker gewesen. Dafür wurde die Zeugin A geltend gemacht und Verfahrens­einstellung beantragt.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen münd­lichen Berufungsverhandlung, bei der der Bw und sein Rechtsvertreter gehört, die Ausführungen der Erstinstanz in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses berücksichtigt und die oben genannte Zeugin unter aus­drücklichem Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB einvernommen wurde.

 

Das Beweisverfahren hat ergeben, dass der auf die X in X zugelassene Pkw X am 3. Dezember 2009 um 15.40 Uhr auf der Westautobahn A1 bei km 249.479 in Richtung Wien fahrend mittels geeichtem stationären Radar MUVR 6FA Nr.697 mit einer Geschwindigkeit von 153 km/h gemessen wurde. Nach Abzug der vorgeschriebenen Toleranzen (5% aufgerundet) wurde ein Geschwindigkeitswert von 145 km/h, sohin eine Über­schreitung der auf Autobahnen erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 15 km/h der Anzeige und später dem Tatvorwurf zugrunde gelegt.

 

Die Zulassungsbesitzerin wurde von der Tatort-Behörde, der BH Vöcklabruck, mit Schreiben vom 26. März 2010 zu einer Lenkerbekanntgabe gemäß § 103 Abs.2 KFG veranlasst, worauf mit Schreiben vom 8. März 2010 die Auskunft erteilt wurde, dass der Bw der Lenker zum angegebenen Zeitpunkt gewesen sei.

Gegen diesen erging die Strafverfügung vom 26. März 2010 mit dem Tatvorwurf der Geschwindigkeitsüberschreitung. Der Bw brachte gegen die Strafverfügung fristgerecht einen mit 10. April 2010 datierten Einspruch ein. Da er seinen Wohnsitz im Zuständigkeitsbereich der Erstinstanz hat, wurde das Verfahren mit 19. April 2010 gemäß § 29a VStG dorthin abgetreten.

 

Mit Schreiben von 27. April 2010 wurde der Bw seitens der Erstinstanz vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt und ihm das Radarfoto und der Eich­schein des Radargerätes zur Kenntnis gebracht mit der Einladung zur Abgabe einer Stellungnahme.

Erstmals mit Schreiben vom 5. Mai 2010 wurde unter Hinweis auf die Vollmacht des nunmehrigen Rechtsvertreters von diesem Akteneinsicht begehrt, worauf diese bei der BPD Linz am 28. Mai 2010 erfolgte und dem Rechtsvertreter eine dreiwöchige Frist zur Abgabe der Stellungnahme eingeräumt wurde, dh bis
18. Juni 2010. Da eine solche bei der Erstinstanz nicht einlangte, erging das nun­mehr angefochtene Straferkenntnis vom 15. Juli 2010.

 

In der Berufung verwies der Rechtsvertreter auf eine angebliche der Erstinstanz übermittelte Stellungnahme vom 2. April 2010, mit der Aktenzahl der Erstinstanz VerkR96-5570-2010 versehen, und rügte die Untätigkeit der Erstinstanz im Hinblick auf die längst beantragte Zeugeneinvernahme als "schweren Stoff­sammel­mangel" und die Nichtverwertung der Stellungnahme als unzulässigen Eingriff in das ver­fassungs­gesetzlich gewährleistete Recht nach Art.6 EMRK, weil die Nichtver­wertung aus Verschulden der Erstinstanz nicht geschehen sei. Weiters wurde die Behauptung aufgestellt, die genannte Zeugin habe den Pkw gelenkt, weil er ihr vom Bw überlassen worden sei.

 

In der Verhandlung wurde vorgebracht, dass nicht die Zeugin den Pkw gelenkt habe, sondern die Zeugin ist Zahnärztin mit einer Ordination in X und am Vorfallstag sei der Bw ab 14.00 Uhr bei ihr in der Ordination gewesen und habe dort in Anwesenheit der Zeugin und ihrer Mitarbeiterinnen eine Hygieneschulung durchgeführt, die den ganzen Nachmittag gedauert habe. Sowohl der Bw persön­lich als auch die Zeugin bestätigten diese Schulung am 3. Dezember 2009.

 

Mit Schreiben des UVS vom 10. August 2010 wurde die X in X genauer zur am 8. März 2010 erteilten Lenkerauskunft befragt, worauf mit Schreiben vom 30. August 2010 um Mitteilung ersucht wurde, in welcher Höhe und auf welches Konto die Strafe zu überweisen sei; die Überweisung  werde umgehend durchgeführt.

Das Schreiben ist aus der Sicht des UVS zweifellos als Eingeständnis einer unrichtig gegebenen Lenkerauskunft anzusehen.  Damit ist die Lenkereigenschaft des Bw zur Vorfallszeit, auch unter Zugrundelegung der von der Zeugin gestützten Verantwortung des Bw, zumindest nicht mit der für ein Verwaltungs­strafverfahren erforderlichen Sicherheit erweisbar. In rechtlicher Hinsicht war daher spruch­gemäß zu entscheiden, wobei naturgemäß auch Verfahrenskosten­beiträge nicht anfallen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

 

Bw war nicht sicher Lenker zum Tatzeitpunkt, weil auch Zeugin für Tatzeit -> Einstellung im Zweifel (Lenkerauskunft durch Dienstgeber wegen Zuteilung d. Firmen-Pkw an Bw, keine Rückfrage)

 

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