Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100590/11/Bi/Hm

Linz, 07.07.1992

VwSen-100590/11/Bi/Hm Linz, am 7.Juli 1992 DVR.0069264

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberöstrreich erkennt durch seine I. Kammer unter dem Vorsitz von Dr. Hans Guschlbauer sowie durch Dr. Roberth Konrath als Beisitzer und Mag. Karin Bissenberger als Berichterin über die Berufung des H G, V, B, vertreten durch RA Dr. M L, B , vom 3. April 1992 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 19. März 1992, VerkR96/4514/1991/Gz, aufgrund des Ergebnisses der am 7. Juli 1992 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als der Schuldspruch des Straferkenntnisses bestätigt, die verhängte Geldstrafe jedoch auf 6.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf sechs Tage herabgesetzt werden.

II. Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 600 S und ein Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24, 51 und 20 VStG, § 99 Abs.1 lit.b i.V.m. § 5 Abs.2 StVO 1960.

Zu II.: §§ 64 Abs.1 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit Straferkenntnis vom 19. März 1992, VerkR96/4514/1991/Gz, über Herrn H G, V, B wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs.2 i.V.m. § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 eine Geldstrafe von 13.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 13 Tagen verhängt, weil er am 27. Oktober 1991 um 20.36 Uhr den PKW auf der W L in O, Gemeinde S im , Bezirk B, in Richtung R bis zur W L in O, Gemeinde S, nächst Straßenkilometer 7,4 gelenkt und sich am 27. Oktober 1991 um 21.00 Uhr beim Haus O gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht, einem Gendarmeriebeamten, geweigert hat, die Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl aufgrund von Alkoholisierungsmerkmalen vermutet werden konnte, daß er sich bei der angeführten Fahrt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden hat, zumal er infolge unzureichender Beatmung einen ungültigen Test durchführte.

Gleichzeitig wurde er zur Leistung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 1.300 S verpflichtet.

2. Im fristgerecht eingebrachten Rechtsmittel macht der Beschuldigte geltend, er habe sich zum Zeitpunkt des Vorfalles wegen Grippe und Stirnhöhleneiterung im Krankenstand befunden und die Krankheit noch nicht überwunden gehabt. Wegen der dadurch verursachten Schwäche habe er sich zuvor sogar hinlegen müssen und habe beim Reversieren Schweißausbrüche bekommen. Er hätte sofort eingewilligt, einen Alkotest zu machen, jedoch sei die sofortige Durchführung nicht möglich gewesen, da das Gendarmeriefahrzeug keinen Alkomaten mithatte. Aus diesem Grund habe bei Kälte und Wind auf offener Straße und im freien Gelände gewartet werden müssen, bis ein zweites Gendarmeriefahrzeug mit dem Alkomat kam. Dieser habe kein positives Ergebnis angezeigt, worauf die Beamten offensichtlich enttäuscht verlangten, er solle nochmals hineinblasen. Er sei aber nicht mehr in der Lage gewesen, daß Alkogerät voll zu beatmen und habe auch den Beamten gegenüber erklärt, er wolle den Test nicht verweigern, aber es sei ihm nicht möglich, die erforderliche Atemluft aufzubringen. Er sei weder von einem Amtsarzt untersucht noch über die näheren Umstände seiner Krankheit befragt worden und seinem Verlangen auf Blutabnahme sei nicht entsprochen worden. Überdies sei auch seine Gattin bei der Amtshandlung anwensend gewesen und habe auch diese die Vorgangsweise der Beamten als unfähr empfunden. In Folge der Kälte und der Anwendung im Freien, seien auch beim Gerät selbst Störfaktoren vorgelegen bzw. nicht auszuschließen und die Vorgangsweise der Atemluftprobe auf offener Straße widerspreche der Atemalkoholmessgeräteverordnung. Er beantrage die zeugenschaftliche Einvernahme seiner Gattin Helga Gratzl.

3. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht, weshalb die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben ist. Dieser hat, da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eine Kammer zu entscheiden. Am 7. Juli 1992 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Rechtsmittelwerbers, des Meldunglegers Bez.Insp. Brühwasser sowie der medizinischen Amtssachverständigen Dr. Susanne Kabelac durchgeführt.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Der Rechtsmittelwerber schilderte bei seiner Einvernahme im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung sowohl seinen Gesundheitszustand an diesem Tag als auch den Ablauf der Amtshandlung und insbesondere der Alkomatuntersuchtung in durchaus glaubwürdiger Weise und legte außerdem eine ärztliche Bestätigung Dris. H V vom 29. Juni 1992 vor, wonach er am 28. Oktober 1991 wegen spastischer Bronchitis in Behandlung gewesen sei, sowie eine Krankenstandsbestätigung der HTL B für die Zeit vom 24. bis 31. Oktober 1992. Die Alkomatuntersuchung habe sich so abgespielt, daß ihm der einschreitende Beamte das Gerät erklärt und gesagt habe, er solle alles hineinblasen, was er an Luftvorrat in der Lunge hätte. Beim ersten Mal scheine dies auch funktioniert zu haben, worauf er müsse noch einmal zwecks Kontrolle hineinblasen mußte. Der Beamte habe ihm aber nach dem Blasversuch erklärt, daß sei zuwenig gewesen. Er habe insgesamt vier Mal hineingeblasen, und es sei ihm vorgekommen, als ob seine Luftreserven immer weniger würden. Er habe zwischenzeitig abgesetzt und sich bemüht, daß entsprechende Volumen aufzubringen, jedoch habe er ein Stechen in der Lunge verspürt. Er habe den Gendarmen auch darauf hingewiesen, daß er Grippe hätte, den Test aber nicht verweigern wolle und ob es nicht eine andere Möglichkeit gebe. Der Beamte teilte ihm aber mit, der Test sei als verweigert anzusehen. Die beantragte zeugenschaftliche Einvernahme der Gattin des Rechtsmittelwerbers erübrigte sich aufgrund dessen glaubwürdiger Darstellung der Amtshandlung und des Verhaltens des Zeugen Brühwasser in der Berufung.

Der Meldungsleger H B konnte sich laut eigenen Angaben aufgrund der inzwischen verstrichenen Zeit nur mehr vage an die Amtshandlung erinnern, wußte aber noch, daß der Beschuldigte zur Vornahme der Atemalkoholprobe bereit war, weshalb er auch den Alkomat anforderte. Es sei kein Ausdruck eines Meßergebnisses zustandegekommen, wobei der Proband mindestens vier Mal geblasen habe. Es sei ihm weder erinnerlich, daß der Beschuldigte auf eine Erkrankung hingewiesen, noch daß er eine Vorführung zu einem Arzt oder eine Blutuntersuchung verlangt hätte, jedoch könne er sich erinnern, daß er den Eindruck gehabt habe, der Beschulditge wolle nicht richtig hineinblasen. Ihm sei an dessen äußerer Erscheinung nichts aufgefallen, was auf eine Grippe schließen ließ. Es sei auch nicht richtig, daß zwischen der Aufforderung zum Alkotest und dem Erscheinen des Funkwagens mit dem Alkomat lange Zeit vergangen wäre, da der in der Anzeige angeführte Zeitpunkt 21.00 Uhr der Abschluß der Amtshandlung war. Zu dieser Zeit seien bereits sämtliche Blasversuche absolviert gewesen und das Gerät mußte vorher noch aufgewärmt werden.

4.2. Aus dem Gutachten der medizinischen Sachverständigen geht hervor, daß lediglich eine massive Lungenfunktionsstörung eine Beeinflussung des Meßergebnisses vom Alkomaten erwarten ließe, die aber beim Beschuldigten nicht vorgelegen habe, da sie mit einer so schwerwiegenden körperlichen Beeinträchtigung einhergehe, die auch für einen medizinischen Laien sofort erkennbar wäre und ein rasches ärztliches Eingreifen erforderlich mache. Für eine ordnungsgemäße Alkomatmessung seien ein Luftvolumen der Ausatemluft von 1,5 l über eine Ausatmungszeit von drei Sekunden erforderlich und diese Anforderungen seien ohne Kraftaufwand erreichbar. Die grippebedingte spastische Bronchitis hätte die Alkomatuntersuchung nicht negativ beeinflussen können, da es sich hiebei um eine obstruktive Lungenfunktionsstörung handle und diese zu einer verlängerten Ausatmungszeit führen könne, nicht aber zu einem relevant eingeschränkten Lungenvolumen. Die verlängerte Ausatmungszeit sei kein Hindernis für die ordnungsgemäße Durchführung des Alkomattests und auch die Stirnhöhleneiterung könne lediglich zur Behinderung der Nasenatmung führen, während die Bedienung des Alkomat über eine reine Mundatmung erfolgen könne. Die geschilderten Schweißausbrüche beim Lenken des Fahrzeuges seien auf die erhöhte Körpertemperatur zurückzuführen, wobei das Ausheben und Heben der Batterie sicher einen Kraftaufwand bedeute. Wenn er das aber nicht vermochte, sei das noch kein Indiz für die Unfähigkeit zur Absolvierung eines Alkomattestes, da hiefür kein Kraftaufwand erforderlich sei.

4.3. Zusammenfassend geht der unabhängige Verwaltungssenat davon aus, daß der Beschuldigte am 27. Oktober 1991 unter den Nachwirkungen einer Grippeerkrankung litt, wobei ihm seine körperliche Schwäche auch selbst aufgefallen ist. Die Aufforderung zur Alkomatuntersuchung war insofern rechtmäßig, als der Beschuldigte selbst angegeben hat, einige Stunden vor dem Lenken des Fahrzeuges Alkohol in geringen Mengen getrunken zu haben. Der Meldungsleger war gemäß § 5 Abs.2 StVO ermächtigt und entsprechend geschult. Die Anhaltung erfolgte um 20.36 Uhr des 27. Oktober 1991, der Abschluß der Amtshandlung um 21.00 Uhr, wobei der Meldungsleger glaubwürdig angegeben hat, daß in der Zwischenzeit ein weiteres Gendarmeriefahrzeug mit Alkomat angefordert und dieser aufgewärmt wurde und sämtliche geschilderten Blasversuche absolviert wurden. Von einer unzumutbar langen Dauer der Amtshandlung ist daher nicht auszugehen.

Obwohl der Meldungsleger angegeben hatte, ihm sei von einer Grippe des Beschuldigen nichts erkennbar gewesen, geht aus der Anzeige hervor, der Beschuldigte habe sich damit verantwortet, er sei erst krank gewesen und könne deshalb nicht voll in den Alkomat blasen. Nicht nachvollziehbar ist allerdings seine Aussage er könne sich an Einzelheiten der Alkomatuntersuchung nicht mehr erinnern, wisse aber genau, daß er den Eindruck hätte, der Beschuldigte wolle gar nicht richtig hineinblasen.

Dafür daß der Rechtsmittelwerber verlangt habe, zu einem Arzt gebracht zu werden bzw. sich um eine Blutabnahme bemüht habe, traten in der mündlichen Verhandlung keine Anhaltspunkte zutage. Aus dem schlüssigen medizinischen Gutachten geht hervor, daß zum Zeitpunkt der Amtshandlung zwar beim Beschuldigten eine Gesundheitsbeeinträchtigung mit einer mässigradigen Bronchitis bestanden hat, ihn diese aber nicht daran gehindert hat, die ohne Kraftaufwand durchzuführende Atemluftprobe ordnungsgemäß zu bewältigen.

Aus diesem Grund war von einer Verweigerung der Atemluftprobe auszugehen und der Schuldspruch des bekämpften Straferkenntnisses sohin zu bestätigen.

4.4. Zur Strafbemessung ist auszuführen, daß nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates die Voraussetzungen für die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung deshalb gegeben waren, weil im gegenständlichen Fall kein Umstand als erschwerend zu werten war, während zahlreiche Milderungsgründe vorlagen. Auf Grund der mittlerweile eingetretenen Tilgung ist von der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit des Rechtsmittelwerbers auszugehen, der im übrigen bei der Berufungsverhandlung einen sehr guten Einduck hinterließ und auch bislang einen ordentlichen Lebenswandel geführt hat, mit dem die gegenständliche Übertretung in auffallenden Widerspruch steht. Zu berücksichtigen ist weiters, daß der Rechtsmittelwerber offensichtlich an diesem Tag seinen PKW nur gelenkt hat, weil er hinsichtlich des Wohnwagens einen Termin vereinbart hatte und diesen unbedint einhalten wollte, obwohl er sich nicht wohlfühlte. Der unabhängige Verwaltungssenat gelangt zu der Auffassung, daß das Verhalten des Rechtsmittelwerbers unter Unmständen gesetzt wurde, die einem Schuldausschließungsgrundbzw. Rechtvertigungsgrund nahekommen. Unverständlich ist allerdings, warum er nicht seiner Gattin, die ebenfalls eine Lenkerberechtigung besitzt, das Lenken des PKW's auf der heimfahrt überlassen hat.

Da im gegenständlichen Fall die genannten Milderungsgründe erheblich überwiegen, war eine Unterschreitung der gesetzlich vorgesehenen Mindeststrafe gerechtfertigt, wobei von einem Strafrahmen von 4.000 S bis 50.000 S auszugehen war.

Die nunmehr verhängte Strafe entspricht sowohl dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung als auch den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhälltnissen des Rechtsmittelwerbers (ca. 17.000 S netto monatlich, sorgepflichtig für ein Kind, Hälfteeigentum an einem Bungalow). Sie hält auch generalt- und spezialpräventiven Überlegungen stand.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II:.

Der Ausspruch über die Verfahrenskosten gründet sich auf die zitierten Gesetzesbestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

+Ergeht an:

Beilagen:

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer 6

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