Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150786/13/Lg/Hue/Ba

Linz, 08.10.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ewald Langeder nach der am 22. September 2010 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Be­rufung des X X, X, X, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. X, X, X, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 18. Mai 2010, Zl. BauR96-267-2009, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

I.                  Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass der Spruch wie folgt abgeändert lautet:

 

"Sie haben am 3. August 2009, 15.15 Uhr, als Lenker des Kfz mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 3,5 Tonnen und dem behördlichen Kennzeichen X die mautpflichtige A8, km 37.400, Gemeinde Weibern, benutzt, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliegt, welche vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten ist. Am Kfz war keine gültige Vignette angebracht.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 20 Abs.1 iVm §§ 10 Abs.1 und 11 Abs.1 Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 (BStMG).

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie gem. § 20 Abs.1 BStMG iVm § 20 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von 150 Euro;

falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 16 Stunden.

 

Ferner haben Sie gem. § 64 VStG zu zahlen:

15 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe.

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 165 Euro."

 

II.              Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in der Höhe von 30 Euro zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 16 Abs. 2, 19, 20, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die in der Strafverfügung vom 19. November 2009, Zl. BauR96-267-2009, verhängte Strafe unter Anwendung des § 20 VStG auf 150 Euro bzw. 16 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe herabgesetzt. Die Strafverfügung besagt, dass der Berufungswerber (Bw) am 3. August 2009, 15.15 Uhr, auf der A8, km 37.400, Gemeinde Weibern, ein Kraftfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen X auf dem mautpflichtigen Straßennetz gelenkt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliege, welche vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten sei. Es sei am Kfz keine gültige Mautvignette angebracht gewesen.

 

2. In der Berufung brachte der Bw vor, dass die belangte Behörde unrichtiger Weise davon ausgegangen sei, dass mit dem Einspruch vom 24. November 2009 lediglich die Strafhöhe bekämpft worden sei. So habe der Bw in weiterer Folge zu den vorgelegten Beweismitteln Stellung genommen. So sei insbesondere auf die mangelnde Qualität der angeblich inkriminierenden Beweisbilder hingewiesen und beantragt worden, der ASFINAG die Vorlage verwertbarer Lichtbilder aufzutragen. Schließlich sei auch auf Materialprobleme hingewiesen worden, welche zu einer allfälligen Sichtbarkeit des von der ASFINAG in deren Schreiben vom 18. März 2010 als inkriminierend bezeichneten schwarzen Kreuzes auf der Vignette geführt habe. Da der Bw darüber hinaus die Vignette aufgrund der von einem Polizisten gegebenen Anleitung an der Innenseite seiner Windschutzscheibe befestigt habe, habe der Bw berechtigterweise davon ausgehen können, dass er die Mautvignette ordnungsgemäß an der Innenseite seiner Windschutzscheibe befestigt habe, sodass keinesfalls von einem fahrlässigen Vorgehen des Bw auszugehen sei.

 

Beantragt wurde die Beischaffung der Beweisfotos mit guter Auflösung samt Rasterauswertung der Vignette, aller weiterer vom Tattag aufliegenden Beweisfotos des gegenständlichen Kfz, eines Sachverständigengutachten zur Überprüfung der Fotos und Ausweises über die zurückgelegte Mautstrecken, der Absehung der Kosten des Strafverfahrens, da dem Einspruch zumindest der Höhe nach stattgegeben worden sei, die Durchführung einer Berufungsverhandlung und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens gem. § 45 VStG, in eventu die verhängte Geldstrafe zur Gänze "nachzusehen", in eventu die "Belassung" einer Ermahnung.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG vom 3. November 2009 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach sei am Kfz keine gültige Mautvignette angebracht gewesen. Gem. § 19 Abs.4 sei dem Zulassungsbesitzer schriftlich eine Ersatzmaut angeboten, diesem Angebot jedoch nicht (fristgerecht) entsprochen worden.

 

Nach Strafverfügung vom 19. November 2009, in der die Mindeststrafe verhängt wurde, brachte der (Vertreter des) Bw folgenden Einspruch ein:

"Der Einschreiter hat die ihm zur Last gelegte Tat nicht zu verantworten, da er gegen keine Rechtsnorm verstoßen hat. Mangels Vorwerfbarkeit seines Verhaltens wurde zu Unrecht einer Strafe gegen den Einschreiter verhängt [...]".

 

Nach Aufforderung zur Rechtfertigung vom 30. November 2009 brachte der Vertreter des Bw am 8. Jänner 2010 vor, dass sich aus der gesamten Anzeige nicht ergebe, in welcher Weise der Bw gegen die Bestimmungen der in der Anzeige bezeichneten Normen verstoßen haben soll. Auch sei aus der Aufforderung zur Rechtfertigung keinerlei Sachverhaltsfeststellung immanent, aus der sich ergeben würde, welches Verstoßes sich der Bw schuldigt gemacht habe. Soweit ihm vorgeworfene werde, dass am Kfz keine gültige Mautvignette angebracht gewesen sei, hätte die Erstbehörde zumindest feststellen müssen, ob überhaupt keine Mautvignette am Fahrzeug, ob diese schlecht leserlich oder anderweitig angebracht gewesen sei, wodurch die Gültigkeit einer vorhandenen Vignette infrage gestellt werde.

 

Einer ASFINAG-Stellungnahme vom 18. März 2010 ist neben rechtlichen Bestimmungen zu entnehmen, dass die Vignette nicht ordnungsgemäß aufgeklebt worden sei, da diese samt Trägerfolie an der Windschutzscheibe angebracht gewesen sei, weshalb auch das "aufgedruckte Kreuz" der Trägerfolie sichtbar sei. Deshalb sei die Mautvignette zum Tatzeitpunkt ungültig gewesen.

Als Beilage sind 4 Beweisfotos angeschlossen.

 

Dazu äußerte sich der Vertreter des Bw am 6. Mai 2010 dahingehend, dass selbst die ASFINAG von einer angebrachten Vignette ausgehe, die Trägerfolie aufgrund des sichtbaren aufgedruckten Kreuzes jedoch nicht abgezogen worden sei. Der Bw habe am 3. August 2009 nach dem Kauf die Vignette unbeschädigt und direkt auf die Innenseite der Windschutzscheibe aufgeklebt. Dass eine gültige (noch nicht abgelaufene) Vignette angebracht worden sei, sei auch aus den Beweisfotos in schlechter Auflösung ablesbar. Wenn "das schwarze X" der Trägerfolie noch sichtbar sei, so sei dies auf Fehlerhaftigkeit des Materials der Vignette zurückzuführen, sodass sich dieser Aufdruck "wohl nicht gelöst" habe. Eine Belehrung über die richtige Anbringung der Vignette sei dem Bw anlässlich des Kaufs jedenfalls nicht zuteil geworden. Die ASFINAG möge deshalb zu Qualitätsproblemen von in ihrem Auftrag produzierten Vignetten aus dem Jahr 2009 Stellung nehmen und die Beweisfotos in höherer Auflösung übermitteln. Nach dem Kauf der Vignette habe sich der Bw ausdrücklich bei einem zufällig anwesenden Polizisten darüber erkundigt, wie die Vignette anzubringen sei. Der Bw habe dann die Vignette entsprechend dieser "hoheitlichen Anleitung" aufgeklebt. In keinem Fall könne davon ausgegangen werden, dass der Bw das ihm vorgeworfene Delikt vorsätzlich oder absichtlich begangen habe. Der Bw sei vielmehr davon ausgegangen, dass er sämtlichen Verpflichtungen des BStMG ausreichend nachgekommen sei.   

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. Auf Anforderung übermittelte die ASFINAG dem Unabhängigen Verwaltungssenat am 26. Juli 2010 die Beweisfotos in originaler (digitaler) Qualität und gab am 17. August 2010 die telefonische Auskunft, dass weitere Beweisbilder nicht existieren.

 

5. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung brachte der Vertreter des Bw vor, dass die Erstbehörde irrtümlich von einem Einspruch gegen die Strafhöhe ausgegangen und deshalb im angefochtenen Straferkenntnis lediglich über die Strafhöhe entschieden habe, weshalb ein qualifizierter Begründungsmangel und Rechtswidrigkeit vorliege.

 

Zur Frage, ob es möglich sei, dass bei ordnungsgemäß aufgeklebter Vignette das auf dem Beweisfoto ersichtliche "X" ersichtlich ist, antwortete der verkehrstechnische Amtssachverständige, dass seit kurzem zur Kennzeichnung von ordnungsgemäß aufgeklebten Vignetten auf der Außenseite der abziehbaren Trägerfolie ein "X" und der Aufdruck "abziehen und aufkleben" angebracht sei. Die Innenseite dieser Trägerfolie sei mit der Vignette bzw. dem Klebstoff der Vignette in Kontakt. Da sich der vorerwähnte Aufdruck auf der Außenseite der Trägerfolie befinde, sei aus technischer Sicht nicht nachzuvollziehen, wie es möglich sein könnte, dass sie diesen Aufdruck sozusagen auf der Innenseite und dabei auf der Klebestelle der Vignette abbilde.

 

Der Sachverständige legte zur Demonstration eine entsprechende Trägerfolie vor und ergänzte, dass bei der Herstellung einer Vignette in der Weise vorgegangen werde, dass zuerst die Trägerfolie gedruckt und diese dann mit der gedruckten Vignette verklebt werde. Zur Vignettenherstellung und zur Sicherstellung, dass die Sicherheitsmerkmale auf der Vignette enthalten sind, gebe es ein eigenes Qualitätssicherungssystem, welches entsprechend der Qualitätssicherungsnorm QS 9000 und QS 9001 zertifiziert sei. Im gegenständlichen Fall sei aber festzuhalten, dass es sich um den Aufdruck auf der Abziehfolie handle. Diese würden in Chargen von mehreren einhunderttausend Stück als Massendruck hergestellt. Vor Freigabe würden diese Folien schon aus wirtschaftlichen Gründen entsprechend kontrolliert. Dabei würde schon augenscheinlich auffallen, wenn das "X" auf der falschen Seite aufgedruckt ist, da – wie es als Sicherheitsmerkmal gedacht sei – der Balken dieses "X" in die Farbumrandung der Allonge hineinrage. Da auf der Rückseite dieser Trägerfolie kein Farbenrand erkennbar sei, sei dies schon ein sehr einfaches augenscheinliches Kontrollmerkmal. Diese Sicherheitskriterien würden vor dem Druck kontrolliert und dann erst freigegeben. Aus technischer Sicht sei nicht nachvollziehbar, wenn nach Freigabe des Probedruckes sich die nachfolgenden Massendrucke nicht in gleicher Weise gestalten würden. Ein Fehldruck sei deshalb mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen.

Das zusätzlich vom Bw verwendete Hilfsmittel zur Anbringung der Trägerfolie mit Vignette auf der Windschutzscheibe sei auf dem Beweisfoto nicht ersichtlich.

 

Auf Nachfrage wurde dem Vertreter des Bw mitgeteilt, dass laut Auskunft der ASFINAG keine weiteren Beweisfotos vorliegen.

 

Der verkehrstechnische Amtssachverständige erläuterte dazu, dass es – entgegen dem GO-Box-Überwachungssystem – bei der automatischen Vignettenkontrolle keineswegs so sei, dass alle 10 bis 15 Balken eine Kamera montiert sei. Deshalb sei auch erklärlich, weshalb nur die gegenständlichen Beweisfotos vorliegen.

 

Der Vertreter des Bw legte Wert auf die Feststellung, dass auf dem Beweisfoto durch die Lochung der Vignette deren grundsätzliche Gültigkeit ersichtlich sei.

Der Name jenes Polizisten, welcher die Falschauskunft gegeben habe, sei ihm nicht bekannt.     

Beantragt wurde die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die Anwendung der §§ 21 oder 20 VStG.

 

6. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

6.1. Gemäß § 10 Abs. 1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

Punkt 7.1 der Mautordnung besagt u.a., dass die Vignette – nach Ablösen von der Trägerfolie – unter Verwendung des originären Vignettenklebers unbeschädigt und direkt so auf die Innenseite der Windschutzscheibe anzukleben, dass sie von außen gut sicht- und kontrollierbar ist. Jede andere Anbringung (z.B. durch [zusätzliche] Klebestreifen) ist nicht gestattet und verwirkt den Nachweis der ordnungsgemäßen Mautentrichtung.   

 

Gemäß § 20 Abs. 1 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 Euro bis 3.000 Euro zu bestrafen.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 250 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht (Abs.6). 

 

6.2. Zunächst ist auf die Frage des Umfanges des Einspruches vom 24. November 2009 einzugehen:

Aus dem Wortlaut des in diesem Erkenntnis wiedergegebenen Einspruches ist nicht ersichtlich, dass lediglich die Strafhöhe bekämpft worden sein soll. Die Erstbehörde ist dennoch – ohne nachvollziehbare Gründe – von einem eingeschränkten Einspruch ausgegangen. Aus diesem Grund war der Spruch des angefochtenen Bescheides entsprechend zu ergänzen (vgl. auch Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht, 2. Auflage, S. 223), zumal sich diese Angaben in der verfolgungsverjährungsunterbrechenden Strafverfügung vom 19. November 2009 finden.

 

Wenn der Vertreter des Bw dabei jedoch vermeint, die Erstbehörde habe sich in rechtswidriger Weise in der Begründung des bekämpften Bescheides nicht mit den Schuldfragen auseinandergesetzt, ist er darauf aufmerksam zu machen, dass sich die belangte Behörde in ihrer Begründung sehr wohl mit der objektiven und subjektiven Verwirklichung der Tat auseinander gesetzt hat.

 

6.3. Zum Sachverhalt: Der Vertreter des Bw behauptete (ohne weitere Darlegungen) einen (Qualitäts-)Mangel bei der gegenständlichen Vignette dahingehend, dass sich beim Abziehen der Vignette von der Trägerfolie das auf dieser Trägerfolie aufgedruckte "X" mitgelöst und sich dadurch das auf dem Beweisfoto ersichtliche Erscheinungsbild ergeben hätte. Der verkehrstechnische Amtssachverständige hat in der öffentlichen mündlichen Verhandlung näher  dargelegt, weshalb diese Tatsachenbehauptung auszuschließen ist und die Ursache des Erscheinungsbildes der Vignette auf dem Beweisbild in einer Vignette liegt, welche vor der Anbringung auf der Windschutzscheibe nicht von der Trägerfolie abgezogen wurde. Der Unabhängige Verwaltungssenat hegt an der Richtigkeit, Schlüssigkeit und Vollständigkeit dieses Gutachtens – dem der Bw auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegentreten ist – keinerlei Zweifel.

Es steht somit fest und ist erwiesen, dass die gegenständliche Vignette entgegen Punkt 7.1 der Mautordnung angebracht wurde, da die Vignette nicht von der Trägerfolie abgezogen wurde. Der Bw hat somit das ihm vorgeworfene Delikt in objektiver Hinsicht verwirklicht.

 

Die Behauptung des (Vertreters des) Bw, die Anbringungsart der Vignette sei nach Anleitung eines Polizisten erfolgt, ist vom Unabhängigen Verwaltungssenat mangels Bekanntgabe der persönlichen Daten dieses Polizisten nicht überprüfbar und erscheint in Anbetracht des Inhalts dieser angeblichen Aussage äußerst unwahrscheinlich, zumal es sich um eine sehr einfache Fragestellung gehandelt hätte und die Anbringung einer Vignette, welche sich noch auf der Trägerfolie befindet, ein zusätzliches Hilfsmittel erforderlich gemacht hat. Selbst wenn ein Angehöriger der Exekutive eine falsche Rechtsauskunft gegeben hätte, würde dies nach den von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entwickelten Grundsätzen (keine Erkundigung bei der zuständigen Behörde) nicht zu einem entschuldbaren Rechtsirrtum führen.

 

Wenn der Vertreter des Bw moniert, dass die Erstbehörde (im Spruch des Bescheides) zumindest feststellen hätte müssen, ob überhaupt keine Mautvignette am Fahrzeug angebracht oder ob diese schlecht leserlich oder anderweitig angebracht war, wodurch die Gültigkeit einer Vignette infrage gestellt werde, und wenn er damit auf einen iSd § 44a VStG relevanten Spruchmangel anspielen sollte, ist zu erwidern, dass in der Rechtsprechung des Oö. Verwaltungssenates zu dieser Frage bereits vielfach festgestellt wurde (vgl. neben vielen VwSen-150424/10/Lg/Hue v. 10.4.2007), dass das Aufzählen von Gültigkeitsvoraussetzungen für die Anbringung einer Mautvignette keine Spruchvoraussetzung iSd § 44a VStG darstellt. In dieser Rechtsprechung ist ausdrücklich ausgeführt, dass mit der Anführung des (in der Mautordnung näher definierten) Begriffs "ordnungsgemäß" im Spruch der Tatbestand des § 20 BStMG in einer den Erfordernissen des § 44a VStG genügenden Weise angesprochen ist und es keiner näheren Erläuterung bedarf, welche konkreten Vorgänge bzw. Maßnahmen die nicht ordnungsgemäße Anbringung der Vignette beruht.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und – da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Nicht entschuldigend würde eine eventuelle Rechtsunkenntnis bzw. eine Unkenntnis der Anbringungsvorschriften für Vignetten wirken. Der Lenker ist dazu verpflichtet, sich mit den rechtlichen und faktischen Voraussetzungen der legalen Benützung mautpflichtiger Strecken auf geeignete Weise vertraut zu machen. Trotz Zweifel sei von Fahrlässigkeit ausgegangen, und zwar in dem Sinne, dass der Bw verabsäumt hat, sich über die Notwendigkeit des Abziehens der Vignette von der Trägerfolie in Kenntnis zu setzen.

 

Vom Vertreter des Bw wurde zur Strafbemessung der Eventualantrag gestellt,    § 20 VStG (ao. Milderungsrecht) zur Anwendung zu bringen. Dabei wurde von ihm aber übersehen, dass die Erstbehörde im angefochtenen Bescheid das ao. Milderungsrecht bereits zur Gänze ausgeschöpft hat: Als Milderungsgrund wurden dabei die Tatsache, dass eine Vignette erworben wurde und die  Unbescholtenheit des Bw gewertet. Dazu ist zu bemerken, dass der Erwerb einer (gültigen) Vignette keinen anerkannten Milderungsgrund darstellt (insbesondere auch unter dem Aspekt, dass diese vorschriftswidrig unter Verwendung eines zusätzlichen Hilfsmittels angebracht wurde) und bei Vorliegen einer (bei ausländischen Kraftfahrern häufig gegebenen) Unbescholtenheit alleine von keinem  beträchtlichen Überwiegen von Milderungsgründen gesprochen werden kann. Die Tat bleibt auch nicht  so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre, da die (kumulativen) Voraussetzungen (Unbedeutendheit der Tatfolgen, Geringfügigkeit des Verschuldens) dafür nicht gegeben sind: Wegen der Tatsache, dass die gegenständliche Vignette aufgrund ihrer Lochung zur Tatzeit noch gültig gewesen wäre, kann nicht auf unbedeutende Folgen der Übertretung geschlossen werden. Die Nichtentrichtung der zeitabhängigen Maut vor Benützung einer Mautstrecke iS einer nicht ordnungsgemäßen Anbringung ist eo ipso erheblichen Tatfolgen gleichzusetzen. Hinsichtlich des Verschuldens ist – im Zweifel – zugunsten des Bw davon auszugehen, dass er mit den einzelnen Rechtsvorschriften nicht vertraut war, was dazu führt, dass das Verhalten des Bw zumindest als nicht unerheblich fahrlässig einzustufen ist. Dieser Verschuldensgrad ist jedoch durchaus deliktstypisch und rechtfertigt die Anwendung des § 21 VStG keineswegs.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

 

 

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