Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165430/2/Zo/Eg/Th

Linz, 12.10.2010

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung der X, vertreten durch X, vom 15. September 2010 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 26. August 2010, Zl. VerkR96-49819-2009-Hai, wegen einer Übertretung der StVO 1960 zu Recht erkannt:

 

 

I.                   Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.                 Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG;

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat der Berufungswerberin im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass sie am 4. Juli 2009 um 06:15 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen X in Seewalchen am Attersee auf der A1 bei km 234,144 in Fahrtrichtung Wien gelenkt und dabei die in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 41 km/h überschritten habe. Sie habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 52 Z10a StVO 1960 begangen, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 160 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 84 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde sie zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 16 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte die Berufungswerberin aus, dass den Beweisanträgen der Rechtsvertretung nicht entsprochen worden sei und keine Standortbewilligung für die Radarkabine vorliege. Auch sei aus dem Radarfoto ersichtlich, dass sich im Nahbereich des gemessenen Fahrzeuges ein zweites Fahrzeug befunden habe, woraus die Fehlmessung abzuleiten sei. Weiters sei die Tatzeit unrichtig, da sich die Berufungswerberin auf der Fahrt in den Urlaub am angegebenen Tattag um 06:15 Uhr bereits viel weiter auf der A1 befunden habe. Die korrekte Eichung und Messung des gegenständlichen Verkehrsgeschwindigkeitsmessgerätes  wurde bestritten und die rechtsgültige Vorschreibung der Geschwindigkeitsbeschränkung in Frage gestellt.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Vöcklabruck hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie den Akt der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck betreffend die gegenständlichen Verkehrsbeschränkungen zu Zl. VerkR01-1900-2008. Daraus ergibt sich, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, weshalb gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG keine Verhandlung notwendig ist.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Die Lenkerin des PKW mit dem Kennzeichen X hielt mit diesem zur Vorfallszeit auf der A1 bei km 234,144 eine mit einem Radargerät gemessene Geschwindigkeit von 107 km/h ein. Entsprechend den vor Ort aufgestellten Verkehrszeichen war lediglich eine Geschwindigkeit von 60 km/h erlaubt. Abzüglich der Messtoleranz ergibt sich eine vorwerfbare Geschwindigkeitsüberschreitung von 41 km/h.

 

Zu dieser Geschwindigkeitsbeschränkung ist Folgendes auszuführen:

 

Im Zuge von Bauarbeiten auf der A1 Westautobahn wurden von der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck mit Verordnung vom 2. September 2008 zahlreiche Verkehrsbeschränkungen angeordnet. In dieser Verordnung wurden die aus den Plänen für die Bauphasen 1 bis 6 ersichtlichen Verkehrsbeschränkungen, Verkehrsgebote und –verbote für die Zeiträume verordnet, die aus dem Bescheid vom 2. September 2008 hervorgehen. Für den gegenständlichen Bereich wurde dabei ein Geschwindigkeitstrichter angeordnet, wobei die 100 km/h-Beschränkung bei km 234,808, die 80 km/h-Beschränkung bei km 234,558 und die 60 km/h-Beschränkung bei km 234,358 begonnen haben. Dieser Geschwindigkeitstrichter wurde erstmals in der Bauphase 2 eingerichtet und durch Aufstellen der Verkehrszeichen zwischen 23. und 26. September 2008 in Kraft gesetzt.

 

Die Geschwindigkeitsbeschränkungen waren in dieser Form auch während der Bauphase 3 gültig, allerdings hat die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck mit Verordnung vom 3. März 2009, Zl. VerkR01-1900-16-2008 angeordnet, dass die 60 km/h-Beschränkung erst bei km 234,108 beginnt. Dadurch wurde die vorher bestehende 80 km/h-Beschränkung bis km 234,108 verlängert. Diese abgeänderte Verordnung wurde durch das Entfernen der entgegenstehenden 60-km/h-Tafel durch die Autobahnmeisterei Seewalchen am 3. März 2009 kundgemacht.

 

Nach der Bauphase 4, welche nur einen kurzen Bauabschnitt zur Änderung der Verkehrsführung betraf, wurden in der Zeit vom 26. bis 28. Mai 2009 die Verkehrszeichen für die Bauphase 5 entsprechend dem bereits am 2. September 2008 verordneten Bauplan aufgestellt. Die Verkehrszeichen für die 60 km/h-Beschränkung wurden daher bei km 234,358 angebracht. Allerdings hatte die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck diese Verordnung bereits vor dem Aufstellen der Verkehrszeichen durch die Verordnung vom 19. Mai 2009 abgeändert. Durch diese Abänderungsverordnung wurde für die Bauphase 5 angeordnet, dass die 80 km/h-Beschränkung bis km 233,908 verlängert wurde und die 60 km/h-Beschränkung erst dort begann. Bei der Aufstellung der Verkehrszeichen wurde diese Abänderungsverordnung jedoch aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen nicht beachtet.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Das Verkehrszeichen gemäß § 52 lit.a Z10a StVO 1960 „Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)“ zeigt an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

 

Die Prüfung ordnungsgemäß kundgemachter Verordnungen steht dem UVS gemäß Artikel 129 Abs.3 B-VG nicht zu. Sofern der UVS Zweifel an der sachlichen Richtigkeit einer ordnungsgemäß kundgemachten Verordnung hat, hat er die Möglichkeit, diese durch den Verfassungsgerichtshof überprüfen zu lassen. Ist eine Verordnung jedoch nicht gehörig kundgemacht, so hat sie der UVS nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH nicht anzuwenden. Daraus ergibt sich, dass der UVS die Frage der Kundmachung der jeweiligen Verordnung zu prüfen hat.

 

5.2. Verkehrsbeschränkungen werden gemäß § 44 Abs.1 StVO durch das Anbringen der entsprechenden Straßenverkehrszeichen kundgemacht. Dabei kommt es nach der Rechtsprechung des VwGH zwar nicht auf das völlig exakte Aufstellen der Verkehrszeichen an, wenn der Aufstellungsort des Verkehrszeichens aber wesentlich von jener Stelle abweicht, die in der Verordnung vorgegeben wurde, ist die Verordnung nicht gehörig kundgemacht (vgl. zB VwGH v. 25.01.2002, 99/02/0014). Im gegenständlichen Fall ist die Geschwindigkeitsbeschränkung für die Bauphase 5 durch das Aufstellen der Verkehrszeichen zwischen 26. und 28. Mai 2009 in Kraft gesetzt worden. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Behörde ihre ursprüngliche Verordnung vom September 2008 durch die Verordnung vom 19. Mai 2009 abgeändert, weshalb dieser geänderte Verordnungstext hätte kundgemacht werden müssen. Das ist aber nicht geschehen, weshalb das Verkehrszeichen, welches den Beginn der 60 km/h-Beschränkung anzeigte, bei km 234,358 statt richtig bei 233,908 aufgestellt wurde. Die Geschwindigkeitsbeschränkung für die Bauphase 5 wurde daher nicht ordnungsgemäß kundgemacht und darf deshalb vom UVS nicht angewendet werden. Eine Bestrafung wegen Überschreitens der 60 km/h-Beschränkung ist also nicht möglich.

 

Am Radarstandort hätte nach dem Willen der Verkehrsbehörde eine 80 km/h-Beschränkung gelten sollen. Das Überschreiten dieser Geschwindigkeit kann dem Berufungswerber jedoch ebenfalls nicht vorgeworfen werden, weil innerhalb des beabsichtigten Geltungsbereiches der 80 km/h-Beschränkung einer 60 km/h-Tafel aufgestellt war und daher auch die 80 km/h-Beschränkung nicht ordnungsgemäß kundgemacht war.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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