Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-222420/8/Bm/Hu/Ba

Linz, 01.09.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 9.6.2010, Ge96-35-4-2010-Bd/Pe, wegen Verwaltungsübertretungen nach der GewO 1994 zu Recht erkannt:

 

I.             Der Berufung zu Faktum 1. wird insoferne Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 700 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 65 Stunden herabgesetzt werden; hinsichtlich Faktum 2. wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.         Der Berufungswerber hat hinsichtlich Faktum 2. keinen Verfahrenskostenbeitrag zu leisten; zu Faktum 1. ermäßigt sich der Kostenbeitrag zum Verfahren I. Instanz auf 70 Euro, für das Berufungsverfahren ist kein Verfahrenskostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 idgF (AVG) iVm §§ 24, 45, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

zu II.: §§ 64, 65 und 66 VStG.   

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 9.6.2010, Ge96-35-4-2010, wurde über den Berufungswerber  (in der Folge: Bw) wegen zwei Verwaltungsübertretungen gemäß § 366 Abs.1 Z1 iVm § 1 und § 94 Z54 und § 94 Z7 GewO 1994 zwei Geldstrafen in der Höhe von 1.000 Euro (Faktum 1.) und von 300 Euro (Faktum 2.) verhängt.

 

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"1. Sie haben als unbeschränkt haftender Gesellschafter der x in x, und somit als das gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ und sohin strafrechtlich Verantwortlicher der obgenannten Firma zu vertreten, dass in der Zeit vom 28.05.2009 bis zum heutigen Tag, zumindest aber bis zum 06.04.2010, Tätigkeiten selbständig, regelmäßig und in der Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, angeboten wurden, die dem Gewerbe mit dem Wortlauf 'Pflasterer' gemäß § 94 Z. 54 GewO 1994 unterliegen, obwohl die angeführte Firma nicht im Besitz der dafür erforderlichen Gewerbeberechtigung ist.

 

Am 01.03.2010 um 08:00 Uhr wurde von Organen des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr auf der Baustelle in x, eine Kontrolle durchgeführt.

 

Im Zuge dieser Kontrolle wurde festgestellt, dass auf dem Firmenfahrzeug mit der Internetseite x für die Firma x Werbung gemacht wird.

Die Werbeaufschrift Ihrer Internethomepage auf dem Firmenfahrzeug stellt ein Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen dar und wird der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten.

 

Auf dieser Internetseite werden Leistungen wie Pflasterungen angeboten, für welche die Firma x keine Gewerbeberechtigung besitzt.

 

Sie bieten im Internet auf der Homepage x unter anderem Pflasterungen, Betonpflasterungen, Natursteine, Holz- und Hofeinfahrten unter der Infohotline x an. Des Weiteren wird eine Referentenliste bzw. Fotogalerie angeführt, aus welcher hervorgeht, bei welchen Kunden Sie bereits diese Pflasterungen durchgeführt haben.

 

Durch die von Ihnen angebotenen Tätigkeiten wie die Durchführung von Pflasterungen und das Errichten von Terrassen sind eindeutig Tätigkeiten ausgeführt worden, die dem Gewerbe 'Pflasterer' gemäß § 94 Z. 54 GewO 1994 unterliegen.

 

Der im Internet an einen größeren Kreis von Personen gerichteten Ankündigung kommt die Eignung zu, in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, dass die Tätigkeit des Gewerbes mit dem Wortlaut 'Pflasterer' gemäß § 94 Z. 54 GewO 1994 entfaltet ist.

 

Die Firma hat sowohl durch den am Fahrzeug angebrachten Schriftzug als auch durch das Anbieten im Internet Tätigkeiten angeboten, die dem Gewerbe mit dem Wortlaut 'Pflasterer' gemäß § 94 Z. 54 GewO 1994 vorbehalten ist, obwohl die angeführte Firma nicht im Besitz der dafür erforderlichen Gewerbeberechtigung ist.

Dadurch, dass diese Arbeiten von Arbeitnehmern der x durchgeführt wurden, sind die Bodenlegerarbeiten gemäß § 1 GewO 1994 selbständig, regelmäßig und in der Absicht, einen wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen, durchgeführt worden.

 

2. Sie haben als unbeschränkt haftender Gesellschafter der x in x, und somit als das gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ und sohin strafrechtlich Verantwortlicher der obgenannten Firma zu vertreten, dass am 1.3.2010 (Kontrolle durch die Organe der KIAB) Tätigkeiten selbständig, regelmäßig und in der Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, durchgeführt wurden, die dem Gewerbe mit dem Wortlaut 'Bodenleger' gemäß § 94 Z. 7 GewO 1994 unterliegen, obwohl die angeführte Firma nicht im Besitz der dafür erforderlichen Gewerbeberechtigung ist.

 

Am 01.03.2010 wurde von Organen des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr im Zuge einer Kontrolle auf der Baustelle x, im Obergeschoß des Gebäudes der inländische Arbeitnehmer, Herr x, geb. am x, beim Verschrauben von Fußbodenbrettern angetroffen.

 

Diese Tätigkeit stellt eine Tätigkeit des reglementierten Gewerbes gemäß § 94 Z. 7 GewO 1994 mit dem Wortlaut 'Bodenleger' dar.

 

Herr x war als Arbeitnehmer der obgenannten Firma mit einer Tätigkeit beschäftigt, die dem Bodenlegergewerbe zuzuordnen ist.

 

Die Firma hat daher Tätigkeiten durchgeführt, die dem Gewerbe mit dem Wortlaut 'Bodenleger' gemäß § 94 Z. 7 GewO 1994 vorbehalten ist, obwohl die angeführte Firma nicht im Besitz der dafür erforderlichen Gewerbeberechtigung ist.

 

Dadurch, dass diese Arbeiten von einem Arbeitnehmer x durchgeführt wurden, sind die Bodenlegerarbeiten gemäß § 1 GewO 1994 selbständig, regelmäßig und in der Absicht einen wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen, durchgeführt worden."

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw innerhalb offener Frist Berufung eingebracht und darin im Wesentlichen ausgeführt, dass der Vorwurf, das Pflasterergewerbe ausgeübt zu  haben, dem Grunde nach nicht bestritten wird.

 

Allerdings sei hinsichtlich der Schuldform nicht Vorsatz, sondern vielmehr Fahrlässigkeit anzunehmen.

 

Zu Faktum 2. wird in der Berufung angeführt, dass der Vorhalt, das Bodenlegergewerbe ausgeübt zu haben, nicht haltbar sei.

 

Herr x habe am 1.3.2010 seine Tätigkeit als Hilfsarbeiter bei der Firma aufgenommen. Er sei kein Bodenleger und sei Herr x aufgrund einer Wiedereinstellungsvereinbarung mit 1.3.2010 angestellt worden. Nachdem aufgrund der Witterung Außenarbeiten nicht möglich gewesen seien, sei er kurzfristig gebeten worden, bei dem neu zu errichtenden Bürogebäude der Firma bei den Bodenlegearbeiten mitzuhelfen. Sohin sei es nicht richtig, dass das Bodenlegergewerbe ausgeübt worden sei, zumal weder Selbstständigkeit, Regelmäßigkeit noch die Absicht gegeben war, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 25.8.2010, bei der der Bw anwesend war und gehört wurde.

 

Im Zuge der Berufungsverhandlung wurde vom Bw hinsichtlich Faktum 1. die Berufung auf die Strafhöhe eingeschränkt.

 

4.1. Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Bw ist unbeschränkt haftender Gesellschafter der x mit Sitz in x.

Im Zeitraum 28.5.2009 bis 6.4.2010 wurden auf der Internethomepage der x "x" Pflasterarbeiten angeboten.

 

Am 1.3.2010 wurde von Organen des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr, Team KIAB, im Zuge einer Kontrolle auf der Baustelle x, im Obergeschoß des Gebäudes der inländische Arbeitnehmer, x, beim Verschrauben von Fußbodenbrettern angetroffen.

 

Bei dem Standort "x", handelt es sich um den neuen Betriebssitz der x, welcher zum Zeitpunkt der behördlichen Überprüfung für die Benützung des Firmensitzes adaptiert wurde.

 

Für die baulichen Arbeiten, die für die Errichtung dieses Firmensitzes erforderlich waren, wurde der Arbeitnehmer der x eingesetzt.

 

Das obige hier entscheidungswesentliche Beweisergebnis ergibt sich aus dem Akteninhalt und dem Vorbringen des Bw.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 1 Abs.2 GewO 1994 wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbstständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist.

 

Gemäß § 1 Abs.4 GewO 1994 gilt auch eine einmalige Handlung als regelmäßige Tätigkeit, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann oder wenn sie längere Zeit erfordert. Das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen oder bei Ausschreibungen wird der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten.

 

Gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

5.2. Zu Faktum 1.:

Zu diesem Faktum wurde in der mündlichen Berufungsverhandlung vom Bw die Berufung auf die Strafhöhe eingeschränkt und zu seinen persönlichen Verhältnissen bekannt gegeben, dass er über ein monatliches Nettoeinkommen von 1.500 Euro verfügt und Sorgepflichten für zwei Kinder bestehen.

 

Die belangte Behörde ist bei der Strafbemessung zu Faktum 1. von einem monatlichen Nettoeinkommen von 2.500 Euro, keinem Vermögen und dem Nichtvorliegen von Sorgepflichten ausgegangen.

 

Wie oben ausgeführt, ist der Bw diesen von der Behörde zugrunde gelegten persönlichen Verhältnissen entgegen getreten.

Die Berufungsbehörde hat ein für die Strafbemessung relevantes Vorbringen bis zur Erlassung des Bescheides zu berücksichtigen.

Unter Berücksichtigung dieser vorgebrachten persönlichen Verhältnisse ist es erforderlich, die Geldstrafe zu reduzieren.

Eine weitere Herabsetzung der Geldstrafe ist aber unter Berücksichtigung des Unrechtsgehalts der Tat nicht möglich. Nach dem Schutzzweck der angeführten Norm soll eine geordnete Gewerbeausübung, die auch einen fairen Wettbewerb gewährleisten soll, garantiert werden. Eben diese geschützten Interessen hat der Beschuldigte durch die gegenständliche Verwaltungsübertretung verletzt. Zu berücksichtigen ist auch die doch lange Dauer der unbefugten Gewerbeausübung.

 

Zu Faktum 2.:

Nach der oben zitierten Bestimmung des § 1 Abs.2 GewO 1994 wird eine Tätigkeit dann gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbstständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist, betrieben wird.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes fallen unter den Begriff gewerbliche Tätigkeit alle jene Tätigkeiten nicht, die zur Befriedigung des Eigenbedarfes des Handelnden gesetzt werden, sohin insbesondere alle Tätigkeiten eines Gewerbetreibenden, die dieser zur Errichtung oder zur Änderung seiner Betriebsanlage setzt.

 

Nach dem durchgeführten Beweisverfahren steht fest, dass die vom Arbeitnehmer des Bw durchgeführten Bodenleger-Arbeiten im Rahmen der Renovierung des neuen Bürogebäudes für die Ausübung des Gewerbes "Errichten von Gartenmauern" gesetzt wurden. Demnach ist von einer Tätigkeit zur Befriedigung des Eigenbedarfes auszugehen, die – wie vorausgeführt – nicht die Voraussetzungen der Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 1 Abs.2 GewO 1994 erfüllt.

 

Das vorliegende Straferkenntnis war sohin in diesem Faktum zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum