Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240756/2/SR/Sta

Linz, 06.10.2010

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider aus Anlass der Berufung des x, vertreten durch x, Rechtsanwalt in x, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 1. Juli 2010, GZ SanRB96-11-2010, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Tabakgesetz, zu Recht erkannt:

I.                  Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt.

II.              Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24, 45, 51, und 27 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG;

zu II: § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 1. Juli 2010, GZ SanRB96-11-2010, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 400 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) verhängt, weil er es als Geschäftsführer der "x" mit dem Sitz in x, mit einer weiteren Betriebsstätte in x, im Einkaufszentrum "x", verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten habe, dass für den als x bezeichneten Bereich des Teils des Raumes des öffentlichen Ortes Einkaufszentrum "x" das Personal dieses Betriebes nicht in geeigneter Weise informiert und angewiesen worden sei, Raucherinnen und Rauchern das Rauchen zu verbieten, nicht auf das Rauchverbot ausreichend hingewiesen worden sei, sowie Aschenbecher auf Tischen aufgestellt gewesen seien und damit nicht dafür Sorge getragen worden sei, dass trotz des dort bestehenden generellen Rauchverbotes durch Gäste des Betriebes am 16. März 2010 um 13.27 Uhr nicht geraucht werde.

Als verletzte Rechtsgrundlagen werden § 13 Abs. 1 iVm § 13c Abs. 1 Z. 2 und Abs. 2 Z. 3 und § 14 Abs. 4 Tabakgesetz, BGBl. I Nr. 431/1995, in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung zuletzt geändert durch das Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. 105/2007 genannt.

Nach Schilderung des bisherigen Verfahrensganges und nach Darstellung der einschlägigen Rechtsgrundlagen sieht die belangte Behörde sowohl die objektive als auch die subjektive Tatseite als erfüllt an. Die Strafbemessung sei tat- und schuldangemessen erfolgt.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw zu Handen seines Rechtsvertreters am 1. April 2010 zugestellt wurde, richtet sich die vorliegende rechtzeitige Berufung vom 15. April 2010.

Darin verweist der Rechtsvertreter des Bw auf eine jüngst ergangene Rekursentscheidung des OLG Graz, die vom OGH bestätigt worden sei und führt weiters aus, dass im vorliegenden Straferkenntnis der dem Bw zur Last gelegte Sachverhalt nicht ausreichend konkretisiert worden sei. Darüber hinaus sei das Verschulden als gering zu beurteilen und hätte § 21 VStG zur Anwendung gelangen müssen. Indem die belangte Behörde den Beweisanträgen des Bw nicht nachgekommen sei, liege ein Verstoß gegen § 39 AVG vor.

Abschließend beantragte der Bw die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens.

2.1. Mit Schreiben vom 19. Juli 2010 übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Verwaltungssenat.

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat erhob Beweis durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsakt. Da sich daraus schon der entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei feststellen ließ und sich bereits ergab, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war, hatte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 51e Abs. 2 VStG zu entfallen.

2.3. Bei seiner Entscheidung geht der Oö. Verwaltungssenat von dem unter Punkt 1.1. dieses Erkenntnisses dargestellten entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus.

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 14 Abs. 4 des Tabakgesetzes, BGBl. I Nr. 431/1995, in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz, BGBl. I Nr. 120/2008, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung, wer als Inhaber gemäß § 13c Abs. 1 leg. cit. gegen eine im § 13c Abs. 2 leg. cit. festgelegten Obliegenheiten verstößt und ist mit Geldstrafe bis zu 2.000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 10.000 Euro, zu bestrafen.

Gemäß § 13c Abs. 2 Z. 3 Tabakgesetz hat jeder Inhaber gemäß § 13c Abs. 1 leg. cit. insbesondere dafür Sorge zu tragen, dass in den Räumen eines öffentlichen Ortes, soweit nicht die Ausnahme des § 13 Abs. 2 zum Tragen kommt, nicht geraucht wird.

Inhaber gemäß § 13c Abs. 1 Tabakgesetz ist der Inhaber eines öffentlichen Raums gemäß § 13 leg. cit.

 

3.2.1. Im vorliegenden Fall ist völlig unbestritten, dass die in Rede stehende Aktiengesellschaft mit Sitz in x, Inhaberin des als x bezeichneten Bereiches des Teils des Raumes des öffentlichen Ortes Einkaufzentrum "x" ist.

 

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde ist der Bw nicht als Geschäftsführer der genannten Aktiengesellschaft anzusehen.

 

Laut Aktenlage handelt es sich beim Bw um einen Prokuristen und nicht um ein Vorstandmitglied der vorliegenden Aktiengesellschaft (siehe Seite 3 des Auszuges aus dem Firmenbuch vom 25.3.2010).

 

Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zählen Prokuristen nicht zu den gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenen Organen. Der Prokurist einer Aktiengesellschaft kann nur dann als verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich angesehen werden, wenn er zur Vertretung nach außen als Organ dieser Gesellschaft entweder als Mitglied des Vorstandes oder satzungsgemäß befugt ist. Im Falle einer wirksamen Bestellung kann ein Prokurist verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 Abs. 2 letzter Satz VStG sein.

 

Auch wenn die belangte Behörde den Bw, der nach Aktenlage Prokurist der vorliegenden Aktiengesellschaft ist, als Geschäftsführer dieser Aktiengesellschaft bezeichnet, kann eine Bestrafung im Hinblick darauf, dass er weder dem Vorstand angehört noch satzungsmäßig zur Vertretung nach außen befugt ist, denkunmöglich auf § 9 VStG gestützt werden.

 

Schon aus diesem Grund war der Berufung stattzugeben und das Verfahren gegen den Bw einzustellen.

 

3.2.2. Ergänzend ist zur Zuständigkeit der belangten Behörde auszuführen:

 

Gemäß § 27 Abs. 1 VStG ist örtlich zuständig die Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.

 

Für die örtliche Zuständigkeit ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich allein entscheidend, wo der Täter gehandelt hat oder hätte handeln müssen. Wird ein zur Vertretung nach außen befugtes Organ zur Verantwortung gezogen, wird als Tatort im Regelfall der Sitz der Unternehmensleitung anzunehmen sein, jedoch ist auf das betreffende Tatbild bedacht zu nehmen (vgl. VwGH vom 15. Jänner 1998, 97/07/0137). Der Tatort liegt dort, wo die Dispositionen und Anweisungen zur Vermeidung der Verstöße gegen die Verwaltungsvorschriften hätten gesetzt werden müssen (vgl. u.a. ebenda).

 

Die in § 13c Abs. 2 Z. 3 Tabakgesetz postulierte Sorgepflicht von Inhabern eines öffentlichen Raumes zur Vermeidung von Verstößen gegen den Nichtraucherschutz beinhaltet neben dem unmittelbaren Einschreiten gegen das Rauchen vor Ort - nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates von der belangten Behörde völlig zurecht angenommen - u.a. das Personal eines Unternehmens in geeigneter Weise zu informieren und anzuweisen, Raucherinnen und Rauchern das Rauchen zu verbieten, dafür zu sorgen, dass auf das Rauchverbot hinreichend hingewiesen wird sowie das Aufstellen von Aschenbechern zu unterbinden.

 

Bei diesen Maßnahmen, die von einem verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen eines Unternehmens gefordert sind, handelt es sich fraglos um solche, die nicht an die Örtlichkeit des betreffenden öffentlichen Raums gebunden sind, sondern um Verfügungen die vom Sitz des Unternehmens aus ergehen oder koordiniert werden. Dass sich der Erfolg der Verletzung der Sorgetragungspflicht in der Regel am öffentlichen Ort manifestiert, ist im Sinne des § 27 VStG unerheblich. Nach dem reinen Wortlaut des § 13c Abs. 2 Z. 3 Tabakgesetz wäre im Übrigen auch anzudenken, ob nicht die Tatbestandsmäßigkeit alleine durch das Verletzen dieser Pflicht verwirklicht wird, ohne dass überhaupt an einem öffentlichen Ort geraucht wird, zumal das inkriminierte Verhalten bzw. Unterlassen in der Verletzung dieser Sorgetragungspflicht liegt.

 

Zusammenfassend ist also festzuhalten, dass Tatort im Sinne des § 13c Abs. 2 Z. 3 Tabakgesetz bei Inhabern eines öffentlichen Raums in Form von juristischen Personen, deren Sitz nicht mit dem in Rede stehenden Ort übereinstimmt, jedenfalls der Unternehmenssitz ist.

 

Aus den eben dargelegten Erwägungen ergibt sich konsequenter Weise, dass im vorliegenden Fall die örtlich unzuständige Behörde das Straferkenntnis I. Instanz erließ, weshalb der angefochtene Bescheid – unabhängig vom Berufungsvorbringen – auch aus diesem Grunde aufzuheben gewesen wäre. (vgl. VwSen-240737/2/BP/Gr vom 22. Juni 2010)..

4. Bei diesem Ergebnis war dem Bw gemäß § 65 VStG kein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorzuschreiben (Spruchpunkt II).

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Mag. Christian Stierschneider

 

 

Rechtssatz:

Siehe VwSen-240737/2/BP/Gr vom 22. Juni 2010

 

 

 

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