Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240771/2/Sr/Sta

Linz, 07.10.2010

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des x geb. am x, x, vom 13. September 2010 gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 17. August 2010, GZ 0025581/2010, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz, zu Recht erkannt:

I.                  Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt.

II.              Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens entfällt. 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG 1991; § 66 Abs. 1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 17. August 2010, GZ 0025581/2010, wurden über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) wegen 2 Verwaltungsübertretungen nach dem Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz (LMSVG) Geldstrafen in der Höhe von je 200 Euro (insgesamt 400 Euro), für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von je 10 Stunden, verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag iHv insgesamt 40 Euro vorgeschrieben.

 

Im Straferkenntnis wurde der Bw wie folgt für schuldig befunden:

I. Tatbeschreibung:

Der Beschuldigte, Herr x, geboren am x, hat als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma x. x, und somit als nach § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher folgende Verwaltungsübertretungen zu verantworten:

Im Zuge einer Kontrolle durch Organe des Magistrates Linz, Gesundheitsamt, Lebensmittelaufsicht und Stadthygiene am 18.05.2010 um 13:27 Uhr bei der Firma x, x wurde festgestellt, dass:

a)     das Speiseeis Cookies eine starke Kontamination – 1300 KBE/g –mit Enterobacteriaceae aufweist, obwohl der Grenzwert für Enterobacteriaceae am Ende des Herstellungsprozesses gem Art. 4 der Verordnung (EG) 2073/2005 nur zwischen 10 und 100 KBE/g betragen darf. Diese Kontamination lässt eindeutig darauf schließen, dass bei der Produktion nicht die gebotene nötige Hygiene eingehalten wurde.

b)     das Speiseeis Vanille eine starke Kontamination – 800 KBE/g – mit Enterobacteriaceae aufweist, obwohl der Grenzwert für Enterobacteriaceae am Ende des Herstellungsprozesses gem Art. 4 der Verordnung (EG) 2073/2005 nur zwischen 10 und 100 KBE/g betragen darf. Diese Kontamination lässt eindeutig darauf schließen, dass bei der Produktion nicht die gebotene nötige Hygiene eingehalten wurde.

 

Gem. Art 4 der Verordnung (EG) 852/2004 über Lebensmittelhygiene hat der Lebensmittelunternehmer für die nötigen Maßnahmen zur Einhaltung der mikrobiologischen Kriterien zu sorgen, nach Anhang II, Kapitel IX Z. 3 dieser Verordnung sind Lebensmittel auf jeder Stufe der Erzeugung, der Verarbeitung und des Vertriebes vor Kontamination zu schützen. Aufgrund der oa. Untersuchungsergebnisse sind die hygienischen Bedingungen bei der Herstellung des jeweiligen Speiseeises als unbefriedigend zu beurteilen. Die Firma "x., x hat somit jeweils gegen die Vorschriften der Verordnung (EG) 852/2004 über Lebensmittelhygiene verstoßen.

 

II. Verletzte Verwaltungsvorschrift(en) in der gültigen Fassung:

Ad a und b)

Art. 4 der Verordnung (EG) 2073/2005

Anhang II, Kapitel IX Z. 3 der Verordnung (EG) 852/2004

Art. 4 der Verordnung (EG) 852/2004

 

IV. Kostenentscheidung:

Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens hat der Beschuldigte 10% der verhängten Strafe, das sind € 40,00 zu leisten.

Als Barauslagen hat der Beschuldigte zu leisten:

         € 114,00 Untersuchungskosten für AGES Linz Rg. 10-010071

         € 114,00 Untersuchungskosten für AGES Linz Rg. 10-010072

 

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der im Spruch dargestellte Sachverhalt aufgrund der Aktenlage sowie der Ergebnisse des durchgeführten Ermittlungsverfahrens erwiesen sei. Vom Bw sei grundsätzlich nicht bestritten worden, dass die angeführten Eisprodukte mit Enterobacteriaceae kontaminiert waren. Da bei der Erzeugung der Speiseeisprodukte nicht die gebotene Hygienepraxis aufgewendet worden sei, sei es zu einer Kontamination mit Enterobacteriaceae gekommen und der Bw habe die ihm angelasteten Verwaltungsübertretungen in objektiver Hinsicht erfüllt. Den Schuldentlastungsbeweis habe der Bw in seiner Rechtfertigung nicht erbracht und daher seien die Verwaltungsübertretungen auch hinsichtlich ihrer subjektiven Tatbestandsmäßigkeit als erwiesen anzusehen. Bei der Strafbemessung sei auf § 19 VStG Bedacht genommen worden. Mildernd sei die bisherige Unbescholtenheit des Bw gewertet worden. Straferschwerende Umstände seien nicht hervorgekommen. Die persönlichen Verhältnisse (monatliches Nettoeinkommen: € 1.700, Sorgepflichten für vier Kinder) seien berücksichtigt worden.

2. Gegen dieses dem Bw am 31. August 2010 durch Hinterlegung zugestellte Straferkenntnis erhob dieser das Rechtsmittel der Berufung, das am 14. September 2010 per E-Mail bei der belangten Behörde eingebracht wurde.

In der Berufung führt der Bw aus, dass er den Fahrlässigkeitsvorwurf entschieden zurückweise. Bei der Probenziehung am 18. Mai 2010 seien fünf Proben genommen worden, drei davon seien in Ordnung gewesen und zwei beanstandet worden. Dass drei Proben in Ordnung waren würde die Vermutung untermauern, dass das gelieferte Vanilleprodukt nicht in Ordnung gewesen sei und daher die beiden Sorten Cookies und Vanille verunreinigt habe. Es könne ihm daher nicht zur Last gelegt werden, dass er das Ergebnis nicht in Frage gestellt habe. Wie bereits in der Stellungnahme festgehalten, liege das Problem außerhalb seines Einflussbereiches. Der Vorfall erkläre sich wie jener vor ca. 20 Jahren. Damals sei auch eine Sorte nicht in Ordnung gewesen und in Zusammenarbeit mit der Lebensmittelbehörde sei hervorgekommen, dass das Eis, welches nach dem Joghurteis produziert worden war, erhöhte Keimzahlen aufgewiesen habe. Im Gegensatz zu anderen Sorten dürfe bei Joghurteis naturgemäß eine höhere Keimzahl vorhanden sein. Auch in diesem Fall habe man nicht von Fahrlässigkeit oder einer unsauberen Arbeitsweise ausgehen können. Im gegenständlichen Fall gebe es auch nur diese Erklärung. Dass jetzt kleinere Gebinde bestellt würden sei eine reine Vorsichtsmaßnahme. Wenn er die erhöhte Keimzahl nicht in Frage stelle, bedeute dies nicht, dass nicht sehr sorgsam gearbeitet wurde. Der Vorwurf, dass die Firma x in diesem Fall das x, nicht die gebotene Hygienepraxis angewendet habe, werde entschieden zurückgewiesen.

Er erhebe Einspruch gegen die Höhe der Strafe. In Anbetracht des Sachverhaltes und seines Lohnes in der Höhe von € 1.700 und vier kleinen Kindern sei die Strafe von ca. 40% des Lohnes überhöht.

Abschließend beantragt der Bw, ihm die Strafe zu erlassen oder diese in eine Ermahnung umzuwandeln, da "wir" der Meinung sind, dass das Problem außerhalb "unseres" Einflussbereiches gelegen ist.

Sollte dies nicht geschehen, werde eine mündliche Verhandlung beantragt.  

3.1. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat die Berufung – ohne vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung Gebrauch zu machen – dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 16. September 2010 zur Entscheidung vorgelegt.

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und in die Berufung. Da bereits aus der Aktenlage feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden.

3.3.  Aus den genannten Beweismitteln ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender Sachverhalt, der seiner Entscheidung zugrunde liegt:

3.3.1. Am 18. Mai 2010, um ca. 12.00 Uhr, hat ein Organ der Lebensmittelaufsicht im x (Firma x), x, eine Kontrolle nach dem LMSVG vorgenommen und um 12.16 Uhr und 12.22 Uhr jeweils eine Probenziehung (Stichprobe) vorgenommen.

3.3.1.1. Im Probenbegleitschreiben (Probenzeichen 4001HAWA0057/10) wurde festgehalten, dass am 18.5.2010, um 12.22 Uhr, eine Probe Speiseeis Vanille (250 ml) aus eigener gewerblicher Erzeugung aus der Speiseeisvitrine im Verkaufsraum entnommen und tiefgekühlt mit Isolierbox dem Institut für Lebensmitteluntersuchung Linz (im Folgenden: AGES) überbracht worden ist. Bei der Entnahme wies das am 17.5.2010 hergestellte Eis eine Temperatur von -10,8 Grad Celsius auf.

Aus dem Prüfbericht/Befund der AGES vom 1. Juni 2010 (Probennummer 10047137-001) geht hervor, dass die Probe Speiseeis Vanille am 18. Mai 2010 um 13.27 Uhr eingelangt ist und die Eingangstemperatur -16 Grad Celsius betragen hat. Die in der Zeit vom 18. bis zum 28. Mai 2010 vorgenommene mikrobiologische Untersuchung der vorliegenden Speiseeisprobe ergab eine Kontamination mit Enterobacteriaceae im Ausmaß von 800 KBE/g. Die weiteren mikrobiologischen Untersuchungen (Mesophile aerobe Gesamtkeimzahl, Escherichia coli, Koagulase-positive Staphylokokken und Salmonella sp.) zeigten keine Grenzwertüberschreitungen auf. Im anschließenden Gutachten hielt die AGES fest, dass bei der vorliegenden Probe der Grenzwert M (100 KBE/g) um ein Vielfaches (800 KBE/g) überschritten worden ist. Aufgrund des vorliegenden Untersuchungsergebnisses seien die hygienischen Bedingungen des Herstellungsprozesses als unbefriedigend zu beurteilen. Die deutliche Überschreitung der Prozesshygienekriterien deute auf eine hygienisch nachteilige Beeinflussung der Ware hin, welche insbesondere durch die Verwendung von hygienisch einwandfreien Zutaten, Temperaturkontrolle und eine entsprechende Reinigung und Desinfektion von Arbeitsgeräten etc. zu vermeiden wäre. Der Lebensmittelunternehmer habe die gemäß der guten Hygienepraxis erforderlichen betrieblichen Maßnahmen zur Verbesserung der Herstellungshygiene zu ergreifen sowie die Rohstoffqualität zu kontrollieren. Die vorliegende Probe entspreche nicht den Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 über Lebensmittelhygiene.

Dem Befund und Gutachten legte die AGES die Kostenmitteilung 10-010072 über einen Betrag von € 114,00 bei und beanspruchte die Kosten im Wege des Verwaltungsstrafverfahrens.

3.3.1.2. Im Probenbegleitschreiben (Probenzeichen 4001HAWA0056/10) wurde festgehalten, dass am 18.5.2010, um 12.16 Uhr, eine Probe Speiseeis Cookies (250 ml) aus eigener gewerblicher Erzeugung aus der Speiseeisvitrine im Verkaufsraum entnommen und tiefgekühlt mit Isolierbox dem Institut für Lebensmitteluntersuchung Linz (im Folgenden: AGES) überbracht worden ist. Bei der Entnahme wies das am 14.5.2010 hergestellte Eis eine Temperatur von -14,6 Grad Celsius auf.

Aus dem Prüfbericht/Befund der AGES vom 1. Juni 2010 (Probennummer 10047138-001) geht hervor, dass die Probe Speiseeis Cookies am 18. Mai 2010 um 13.27 Uhr eingelangt ist und die Eingangstemperatur -16 Grad Celsius betragen hat. Die in der Zeit vom 18. bis zum 28. Mai 2010 vorgenommene mikrobiologische Untersuchung der vorliegenden Speiseeisprobe ergab eine Kontamination mit Enterobacteriaceae im Ausmaß von 1300 KBE/g. Die weiteren mikrobiologischen Untersuchungen (Mesophile aerobe Gesamtkeimzahl, Escherichia coli, Koagulase-positive Staphylokokken und Salmonella sp.) zeigten keine Grenzwertüberschreitungen auf. Im anschließenden Gutachten hielt die AGES fest, dass bei der vorliegenden Probe der Grenzwert M (100 KBE/g) um ein Vielfaches (1300 KBE/g) überschritten worden ist. Aufgrund des vorliegenden Untersuchungsergebnisses seien die hygienischen Bedingungen des Herstellungsprozesses als unbefriedigend zu beurteilen. Die deutliche Überschreitung der Prozesshygienekriterien deute auf eine hygienisch nachteilige Beeinflussung der Ware hin, welche insbesondere durch die Verwendung von hygienisch einwandfreien Zutaten, Temperaturkontrolle und eine entsprechende Reinigung und Desinfektion von Arbeitsgeräten etc. zu vermeiden wäre. Der Lebensmittelunternehmer habe die gemäß der guten Hygienepraxis erforderlichen betrieblichen Maßnahmen zur Verbesserung der Herstellungshygiene zu ergreifen sowie die Rohstoffqualität zu kontrollieren. Die vorliegende Probe entspreche nicht den Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 über Lebensmittelhygiene.

Dem Befund und Gutachten legte die AGES die Kostenmitteilung 10-010072 über einen Betrag von € 114,00 bei und beantragte die Kosten im Wege des Verwaltungsstrafverfahrens.

3.3.2. Am 16. Juni 2010 hat das Gesundheitsamt eine Anzeige wegen des Verdachtes der Übertretung von § 90 Abs. 3 Z. 1 LMSVG der belangten Behörde übermittelt und die Befunde, Gutachten und Kostenmitteilungen der AGES beigelegt.

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 28. Juni 2010, zugestellt mittels RSa am 2. Juli 2010, wurde der Bw nach umfassender Tatanlastung zur Rechtfertigung aufgefordert.

Innerhalb der eingeräumten Frist hat der Bw mit Schriftsatz vom 4. August 2010 Stellung genommen und wie folgt ausgeführt:

Wir bedauern, dass bei zwei der entnommenen Eisproben im x erhöhte Keimzahlen festgestellt wurden. Wir sind wieder den gesamten Produktionsablauf mit dem Personal mehrmals durchgegangen, um eventuelle Schwachstellen zu finden. Als mögliche Schwachstelle könnte das große Gebinde, 15 kg Eimer, für die Vanille-Produktion sein. Der 15kg Eimer reicht für mehrere Produktionsvorgänge und wird dadurch mehrmals geöffnet. Da könnten ungewollt Keime eingebracht werden. Wir haben mit der Lieferfirma des Vanilleproduktes Kontakt aufgenommen und vereinbart, dass das Produkt nur mehr in 2kg Säcken geliefert wird, damit wird die Kontaminierung auf ein Minimum reduziert. Wir denken, dass wir das Problem damit gelöst haben. Mein monatliches Netto-Einkommen ist € 1.700 und ich habe 4 Kinder im Alter von 1 bis 8 Jahren. Ich ersuche Sie von einer Strafe abzusehen und es bei einer Ermahnung zu belassen.

Ohne weiteres Ermittlungsverfahren hat die belangte Behörde das angefochtene Straferkenntnis erlassen.

3.4. Unstrittig ist, dass die beiden entnommenen Eisproben die in den vorliegenden Gutachten festgestellte Kontamination aufgewiesen haben. Aus den beiden Gutachten geht jedoch nicht hervor, dass von der jeweils übermittelten (Stich)Probe fünf Probeneinheiten gesondert entnommen und einer Untersuchung zugeführt worden sind. Die Ausführungen in den Gutachten lassen im Gegenteil darauf schließen, dass die beiden vorgelegten Eisproben jeweils nur einer Untersuchung zugeführt und die Gutachten ausschließlich auf Grundlage dieser Ergebnisse erstellt worden sind. Die Ansicht des Bw, dass 5 Proben untersucht worden sind, ist darauf zurückzuführen, dass die AGES in ihren Gutachten den Verordnungstext wiedergegeben hat, wonach 5 Teilproben einer Stichprobe zu entnehmen und einer Untersuchung zuzuführen sind.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

4.1. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

4.1.1. Gemäß § 90 Abs. 3 Z. 1 LMSVG begeht, wer den in der Anlage genannten unmittelbar anwendbaren Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft oder den näheren Vorschriften zur Durchführung dieser Rechtsakte gemäß § 4 Abs. 3 oder § 15 zuwiderhandelt, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 20 000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 40 000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

Im Teil 2 Z. 1 der Anlage zum LSVG wird die Verordnung (EG) Nr. 852/2004 vom 29. April 2004 über Lebensmittelhygiene (ABl. Nr. 139 vom 30. April 2004, berichtigt durch ABl. Nr. L 226 vom 25. Juni 2004), angeführt.

4.1.2. Gestützt u.a. auf die Verordnung (EG) Nr. 852/2004, insbesondere auf Artikel 4 Abs. 4 und Artikel 12, hat die Kommission der Europäischen Gemeinschaften die Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 über mikrobiologische Kriterien für Lebensmittel erlassen.

Gemäß Art. 5 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 (Spezifische Bestimmungen über die Probenahme und Untersuchung) sind die im Anhang I genannten Untersuchungsmethoden sowie Probenahmepläne und –verfahren als Reverenzverfahren heranzuziehen.

Nach Abs. 3 kann die Anzahl der gemäß den Probenahmeplänen in Anhang I zu ziehenden Probeeinheiten verringert werden, wenn der Lebensmittelunternehmer anhand zurückliegender Aufzeichnungen nachweisen kann, dass er über funktionierende HACCP-gestützte Verfahren verfügt.

Wird jedoch die Untersuchung speziell zur Bewertung der Akzeptabilität einer bestimmten Lebensmittelpartie oder eines Prozesses durchgeführt, sind als Minimum die in Anhang I aufgeführten Probenahmepläne einzuhalten.

 

Gemäß den Begriffsbestimmungen (Art 2 der Verordnung [EG] Nr. 2073/2005) bedeutet:

Probe: eine aus einem oder mehreren Einzelteilen zusammengesetzte Einheit bzw. Menge oder eine Stoffportion, die auf unterschiedlicher Weise aus einer Gesamtheit oder einer großen Stoffmenge ausgewählt wurde und Informationen über ein bestimmtes Merkmal der untersuchten Gesamtheit oder des untersuchten Stoffes liefert und als Grundlage für eine Entscheidung über die fragliche Gesamtheit oder den fraglichen Stoff oder den Prozess, durch den sie/er zustande kam, bilden soll.

Repräsentative Probe: eine Probe, bei der die Merkmale der Partie, aus der sie entnommen wurde, erhalten bleiben. Dies trifft vor allem auf eine Stichprobe zu, bei der jeder Artikel oder Teil der Partie mit gleicher Wahrscheinlichkeit in die Probe gelangt.

 

Nach Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 werden mit dieser Verordnung die mikrobiologischen Kriterien für bestimmte Mikroorganismen sowie die Durchführungsbestimmungen festgelegt, die von den Lebensmittelunternehmern bei der Durchführung allgemeiner und spezifischer Hygienemaßnahmen gemäß Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 einzuhalten sind. Die zuständige Behörde überprüft die Einhaltung der in der vorliegenden Verordnung festgelegten Bestimmungen und Kriterien gemäß der Verordnung (EG) Nr. 882/2004, unbeschadet ihres Rechts, weitere Probenahmen und Untersuchungen im Rahmen von Prozesskontrollen in Fällen, in denen der Verdacht besteht, dass Lebensmittel nicht unbedenklich sind, oder im Zusammenhang mit einer Risikoanalyse durchzuführen, um andere Mikroorganismen, deren Toxine oder Metaboliten nachzuweisen und zu messen.

 

Kapitel 2 Punkt 2.2 des Anhang I zur VO (EG) Nr. 2073/2005 lautet:

Lebensmittelkategorie:   Speiseeis und vergleichbare gefrorene Erzeugnisse auf

                                      Milchbasis

Mikroorganismen:           Enterobacteriaceae

Probenahmeplan:           n        5

                                      c        2

Grenzwerte:                            m      10 KBE/g

                                      M       100 KME/g

[n = Anzahl der Probeeinheiten der Stichprobe; c = Anzahl der Probeneinheiten, deren Werte zwischen m und M liegen]

Interpretation der Untersuchungsergebnisse:

Die angegebenen Grenzwerte beziehen sich auf jede einzelne untersuchte Probeeinheit. Die Testergebnisse weisen auf die mikrobiologischen Bedingungen des entsprechenden Herstellungsprozesses hin.

Das Untersuchungsergebnis ist:

·                     befriedigend, sofern alle gemessenen Werte ≤ m sind,

·                     akzeptabel, sofern möglichst viele c/n Werte zwischen m und M liegen und die übrigen gemessenen Werte ≤ m sind,

·                     unbefriedigend, sofern ein gemessener Wert oder mehrere gemessene Werte > M sind oder mehr als c/n Werte zwischen m und M liegen.

 

4.2. Wie unter Punkt 4.1.2. dargestellt, sind zur Ermittlung der Kontamination von Speiseeis mit Enterobacteriaceae anlässlich der mikrobiologischen Analyse 5 Probeneinheiten von der Stichprobe zu ziehen.

 

Aus den beiden, dem gegenständlichen Verfahren zugrundeliegenden Gutachten der AGES geht der Vorgang der Untersuchung, insbesondere der Umstand, ob auch die erforderliche Mindestmenge von 5 Proben analysiert wurde nicht hervor.

 

Die deckungsgleichen Ausführungen in den beiden Gutachten lassen aber nur den Schluss zu, dass jeweils nur eine einzige Probe gezogen und einer Untersuchung unterworfen worden ist.

 

Das Ergebnis der Analyse der einzigen Probe, die einen Wert von über "M" hervorgebracht hat, lässt mangels weiterer untersuchter Probeneinheiten keine Interpretation im Sinne der Anlage I der Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 zu.

 

Dieser Umstand muss daher im vorliegenden Fall insofern zu Lasten der belangten Behörde gehen, als gemäß Art 6 Abs. 2 EMRK im Zweifel zugunsten des Bw davon auszugehen ist, dass das einzige und damit verfahrensentscheidende Beweismittel nicht auf ordnungsgemäßem Weg zustande gekommen ist (vg. idS bereits die h. Erkenntnisse VwSen-240148/2/Gf/Km vom 10.10.1995, Vwsen-240313/Gf/Km vom 29.5.1998, VwSen-240497/2/WEI/Eg/Da vom 6.4.2005 und VwSen-240518/2/WEI/Eg/An vom 7.4.2005).

 

5. Im Ergebnis war daher aus Anlass der vorliegenden Berufung das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen. Bei diesem Ergebnis entfällt auch gemäß § 66 Abs. 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Mag. Christian Stierschneider

 

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