Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522625/3/Fra/Bb/Gr

Linz, 07.09.2010

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn X, vom 6. Juli 2010, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 16. Juni 2010, GZ VerkR21-13-2010, wegen Entziehung der Lenkberechtigung für die Klasse B mangels gesundheitlicher Eignung, zu Recht erkannt:

 

 

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

 

1. Der Bezirkshauptmann von Gmunden hat X (dem Berufungswerber) mit Bescheid vom 16. Juni 2010, GZ VerkR21-13-2010, die für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG mangels gesundheitlicher Eignung (§ 3 Abs.1 Z3 FSG), gerechnet ab Zustellung des Bescheides (= 6. Juli 2010) für die Dauer des gesundheitlichen Nichteignung entzogen und gleichzeitig festgestellt, dass für die Dauer der Nichteignung auch das Lenken von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen gemäß § 24 Abs.1 FSG untersagt ist. Des weiteren wurde der Berufungswerber gemäß § 29 Abs.3 FSG aufgefordert, seinen Führerschein nach Zustellung des Bescheides unverzüglich bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden abzuliefern. Einer allfälligen Berufung wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

2. Gegen den Bescheid, der am 6. Juli 2010 dem Berufungswerber nachweislich zugestellt wurde, richtet sich die vorliegende Berufung, die am 7. Juli 2010 – somit rechtzeitig – zur Post gegeben wurde. Die Berufung wurde bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden eingebracht.

 

Der Berufungswerber führt in seiner Berufung begründend an, dass er es, da er derzeit in Altmünster in Therapie sei, leider versäumt habe, sich bei Bezirkshauptmannschaft Gmunden zu melden. Er finde die Maßnahme überzogen, da er weiterhin zur Therapie gehe. Mit gesonderter Eingabe vom 15. Juli 2010 hat der Berufungswerber einen Nachweis für seine therapeutische Behandlung beigebracht.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Gmunden hat den Verwaltungsakt und die Berufung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates (§ 35 Abs.1 FSG), wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Führerscheinakt der Bezirkshauptmannschaft Gmunden und die Berufung.

 

Aus diesem Akt ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt zur Gänze, weshalb die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht erforderlich war. Im Übrigen wurde eine solche auch von keiner Verfahrenspartei beantragt.

 

4.1.  Für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ergibt sich folgender Sachverhalt, der seiner Entscheidung zugrunde liegt:

 

Aus Anlass aktenkundiger strafgerichtlicher - mit dem Lenken eines Kraftfahrzeuges verbundener - Vorfälle vom 27. November 2008 wegen des Verdachtes der gefährlichen Drohung, vom 9. März 2009 wegen des Verdachtes der Amtsanmaßung und eines aktuellen Vorfalles vom 2. Dezember 2009 um 17.45 Uhr in X, auf der X Landesstraße wegen des Verdachtes der Sachbeschädigung und Nötigung, wurde die Überprüfung der gesundheitlichen Eignung des Berufungswerbers zum Lenken von Kraftfahrzeugen veranlasst.

 

Der Berufungswerber unterzog sich am 30. März 2010 bei der Landesstelle Salzburg der Firma "X" einer verkehrspsychologischen Untersuchung.

 

In der verkehrspsychologischen Stellungnahme vom 12. April 2010 kam die Verkehrspsychologin nach Durchführung der Untersuchung zum Ergebnis, dass der Berufungswerber vom Standpunkt verkehrspsychologischer Begutachtung auf Grund der explorativ gewonnenen Daten, der nicht ausreichenden kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen sowie seiner Persönlichkeitsmerkmale derzeit zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B nicht geeignet ist.

 

Begründend führte die Gutachterin an, dass sowohl die Überprüfung der Beobachtungsfähigkeit als auch des Mehrfachreaktionsvermögens unter Belastung defizitäre Werte ergeben habe. Im Bereich visuomotorische Koordinationsfähigkeit habe sich eine unterdurchschnittliche Qualität bei einem im Normbereich gelegenen Arbeitstempo gezeigt und die für das Verkehrverhalten relevanten intellektuellen Voraussetzungen (logisch-formales Denkvermögen) seien nur niedrig ausgeprägt. In der testpsychologischen Persönlichkeitsuntersuchung habe sich der Berufungswerber als unzufrieden, gehemmt, wenig belastbar und empfindlich beschrieben. Auf Grund seiner Persönlichkeitsstruktur könne es in Situationen, die er als ungerecht, gefährlich etc. empfände, zu unkontrollierten Handlungen kommen. Dementsprechend sei auch die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung lediglich grenzwertig gegeben. Die Verkehrspsychologin empfahl eine Fortführung der Betreuung durch den Verein X und die Absolvierung eines neuropsychologischen Trainingsprogramms zur schnellst- bzw. bestmöglichen Rehabilitierung der kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen und zur Selbstwertstärkung.

 

Der Amtsarzt der Bezirkshauptmannschaft Gmunden, X, beurteilte den Berufungswerber - unter Zugrundelegung der Feststellungen in der verkehrspsychologischen Stellungnahme - im amtsärztlichen Gutachten gemäß § 8 FSG vom 26. April 2010 als nicht geeignet, um Kraftfahrzeuge der Gruppe 1, Führerscheinklasse B, zu lenken.

 

Die amtsärztlich festgestellte Nichteignung wurde im Wesentlichen mit den nicht ausreichenden kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen und der grenzwertigen Bereitschaft zur Verkehrsanpassung begründet.

 

 

4.2 In freier Beweiswürdigung erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat, dass sowohl das erstellte amtärztliche Gutachten gemäß § 8 FSG als auch die zu Grunde liegende verkehrspsychologische Stellungnahme schlüssig und nachvollziehbar begründet sind. Beide Gutachten kommen übereinstimmend zu dem Schluss, dass der Berufungswerber infolge nicht ausreichender kraftfahrspezifischer Leistungsfunktionen und seiner grenzwertig gegebenen Bereitschaft zur Verkehrsanpassung derzeit nicht zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Führerscheingruppe 1, Klasse B geeignet ist. Laut verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung kann derartigen Gutachten nur durch solche, die auf gleicher fachlicher Ebene erstellt wurden, entgegen getreten werden. Der Berufungswerber hat weder das Amtsarztgutachten noch die verkehrspsychologische Stellungnahme inhaltlich bekämpft, noch sonstige  Einwände dagegen erhoben, die diese entkräften hätten können. Sie konnten daher – ohne jeglichen Zweifel - der Entscheidung zugrunde gelegt werden.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat darüber in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

  1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder
  2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diesfalls ist gemäß § 13 Abs. 5 ein neuer Führerschein auszustellen.

Für den Zeitraum einer Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen A, B oder F ist auch das Lenken von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen unzulässig, es sei denn es handelt sich

  1. um eine Entziehung gemäß § 24 Abs.3 achter Satz oder
  2. um eine Entziehung der Klasse A mangels gesundheitlicher Eignung, die ausschließlich mit dem Lenken von einspurigen Kraftfahrzeugen zusammenhängt.

 

Eine der wesentlichen - in § 24 Abs.1 FSG genannten - Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung bildet gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG die gesundheitliche Eignung.

 

Gemäß § 3 Abs.1 FSG-GV gilt als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse im Sinne des § 8 FSG gesundheitlich geeignet, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften

  1. die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt,
  2. die nötige Körpergröße besitzt,
  3. ausreichend frei von Behinderungen ist und
  4. aus ärztlicher Sicht über die nötige kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit verfügt.

Kraftfahrzeuglenker müssen die für ihre Gruppe erforderlichen gesundheitlichen Voraussetzungen gemäß den nachfolgenden Bestimmungen erfüllen. Um die gesundheitliche Eignung nachzuweisen, ist der Behörde ein ärztliches Gutachten gemäß § 8 Abs.1 oder 2 FSG vorzulegen.

 

5.2. Der Berufungswerber verfügt nach dem amtsärztlichen Gutachten und der verkehrspsychologischen Stellungnahme derzeit nicht über die gesetzlich gebotene gesundheitliche Eignung, um Kraftfahrzeuge der Gruppe 1, Führerscheinklasse B eigenverantwortlich in Betrieb zu nehmen und zu lenken. Das Lenken eines Kraftfahrzeuges erfordert ein Mindestmaß an gesundheitlicher Eignung, das der Berufungswerber nach den gutachtlichen ärztlichen und verkehrspsychologischen Beurteilungen derzeit jedoch nicht besitzt. Im Interesse der Verkehrssicherheit dürfen nur solche Personen Inhaber einer Lenkberechtigung sein, die gesundheitlich zum Lenken von Kraftfahrzeugen der jeweiligen Klasse ausreichend geeignet sind.

 

Mangels derzeitiger gesundheitlicher Eignung des Berufungswerbers, welche gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG eine der wesentlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung darstellt, musste ihm daher seine Lenkberechtigung für die Führerscheinklasse B gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG zwingend entzogen und im Hinblick darauf seiner Berufung ein Erfolg versagt werden. Daran vermag - zumindest gegenwärtig – auch der Nachweis der  Inanspruchnahme von drei psychotherapeutischen Behandlungen nichts zu ändern. Um seine gesundheitliche Eignung wieder zu erlangen, wird dem Berufungswerber dringend angeraten, die ergriffene psychotherapeutische Betreuung über einen entsprechenden Zeitraum fortzusetzen bzw. den Empfehlungen der Verkehrspsychologin nachzukommen und das angeregte neuropsychologische Trainingsprogramm zu absolvieren. Erst dann erscheint es wohl sinnvoll, die (Wieder-)erteilung der Lenkberechtigung bei der Führerscheinbehörde zu beantragen.

 

Berufliche, wirtschaftliche, persönliche oder auch familiäre Schwierigkeiten und Nachteile, welche mit der Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind, rechtfertigen nach verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung keine andere Beurteilung. Im Interesse der allgemeinen Sicherheit im Straßenverkehr Verkehrssicherheit und damit des Schutzes der Allgemeinheit ist auf derartige Gründe nicht Bedacht zu nehmen.

Das Lenkverbot für vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge ist eine gesetzliche Folge der Entziehung der Lenkberechtigung und steht daher nicht zur behördlichen Disposition (vgl. § 24 Abs.1 letzter Satz FSG).

 

Die Ablieferungspflicht des Führerscheines ist in § 29 Abs.3 FSG begründet und ist zu Recht erfolgt. Hierbei handelt es sich ebenso um eine zwingende gesetzliche Anordnung.

 

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung ergibt sich aus § 64 Abs.2 AVG und entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Die Teilnahme am Straßenverkehr durch Kraftfahrzeuglenker, welche die gesetzlichen Voraussetzungen hiefür nicht erfüllen, stellt grundsätzlich eine Gefährdung der öffentlichen Verkehrssicherheit dar. Es war somit Gefahr im Verzug gegeben, weshalb der Berufung zu Recht die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweise:

 

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von insgesamt 13,20 Euro angefallen.

 

 

 

 

 

Dr.  Johann  F r a g n e r

 

 

 

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