Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-165227/13/Bi/Kr

Linz, 20.09.2010

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, vertreten durch X, vom 9. Juli 2010 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Urfahr-Umgebung vom 22. Juni 2010, VerkR96-434-2010, wegen Übertretung der StVO 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 16. September 2010 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungs­entschei­dung) zu Recht erkannt:

 

            I.      Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

        II.      Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 18 Euro, ds 20 % der verhängten Strafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i und 19 VStG

zu II.: § 64 VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 16 Abs.2 lit.a iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 90 Euro (36 Stunden EFS) verhängt, weil er am 29. November 2009, 8.40 Uhr, in der Gemeinde Kefermarkt, B310 Mühlviertler Straße bei km 34.650, Fahrtrichtung Freistadt, mit dem Pkw X auf einer Straßenstrecke, die durch das Vorschriftszeichen "Überholen verboten" gekenn­zeichnet sei, ein mehrspuriges Kraftfahrzeug überholt habe.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 9 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 16. September 2010 wurde bei km 34.650 der B310 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit der Vertreterin des Bw, X, des Zeugen X (T) und des technischen Amtssach­ver­ständigen X (SV) durchgeführt. Die Berufungsent­scheidung wurde mündlich verkündet. 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, die Erstinstanz habe ihrer Beweis­wür­di­gung die Angaben des Zeugen unzutreffend als der Wahrheit entsprechend zugrunde gelegt, obwohl es sich bei diesem nicht um ein Straßenaufsichtsorgan handle. Der Zeuge sei mehr als unglaubwürdig. Zum einen habe er sich diesem nicht mit "hoher Geschwindigkeit" genähert; im Gegenteil sei der Zeuge auf­fallend langsam gewesen und er habe ihm mehrere Kilometer mit derselben geringen Geschwindigkeit nachfahren und eine günstige Gelegenheit zum Über­holen abwarten müssen. Zum andern habe er das Über­holmanöver vor Beginn des Bereichs des Vorschriftszeichens "Überholen verboten" begonnen und aufgrund der Geschwindigkeitsdifferenz auch vor dem Zeichen abgeschlossen. Die Schilderung des Zeugen ergebe, dass dieser den Verkehr nicht ordnungs­gemäß beobachtet habe. Die Ortsangabe "etwa auf Höhe der Fa Klettenbauer" sei zu ungenau und unglaubwürdig; ebenso sei die Angabe, er habe die 70 km/h-Beschränkung missachtet und das Überholverbot ignoriert, unrichtig. Bei seiner 1. Aussage habe der Zeuge angegeben, er habe ihn auf Höhe der FM-Küchen überholt, bei der 2. Einvernahme habe er gesagt, das Über­holmanöver habe dort bereits geendet. Von einem Überfahren einer Sperrfläche sei dann auch nicht mehr die Rede gewesen. Die unzureichende Konfrontierung des Zeugen mit seinen widersprüchlichen Aussagen stelle einen Verfahrens­mangel dar. Die unstimmige Aussage es Zeugen sei das einzige Beweismittel. Stelle man seine Verantwortung diesen Zeugenaussagen gegenüber, hätten erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des Tatvorwurfs entstehen müssen, die die Anwendung der Unschuldsvermutung zur Folge haben müssten. Beantragt wird Verfahrens­einstellung nach einer mündlichen Berufungsverhandlung; in eventu wegen Geringfügigkeit seines Verschuldens und Vorliegen der Voraussetzungen des § 21 VStG von einer Bestrafung abzusehen.


 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung an Ort und Stelle, bei der die Beschuldigten­vertreterin gehört, die Ausführungen der Erstinstanz in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses berücksichtigt, die örtlichen Gegebenheiten des dortigen Überholverbotsbereiches besichtigt, der Zeuge T unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB einvernommen und die technischen Nachvoll­ziehbarkeit seiner Schilderungen vom kfz-technischen Amts­sach­ver­ständigen gut­achterlich überprüft wurde. Sowohl der Bw als auch die Vertreterin der Erstinstanz sind zur Verhandlung entschuldigt nicht erschienen. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Zeuge X war am Sonntag, dem 29. November 2009, gegen 8.40 Uhr auf der B310 von Neumarkt iM kommend in Richtung Freistadt unterwegs, seine Gattin war Beifahrerin. Nach eigenen Aussagen ist der Zeuge ortskundig und ihm ist auch bekannt, dass das im Bereich Galgenau bestehende Überholverbot samt Geschwindigkeitsbeschränkung auf 70 km/h wegen zahlreicher auch schwerer Verkehrsunfälle bei den Betriebszufahrten der Firmen X, X, und X, X, erlassen wurde. Im Verbotsbereich bereits vor der X beobachtete er im Innen-Rückspiegel einen Pkw, der sich mit nach seiner Einschätzung sehr hoher Geschwindigkeit seinem Pkw näherte; er selbst hielt gemäß der dortigen Geschwindigkeits­beschränkung auf 70 km/h eine Geschwindigkeit laut Tacho von ca 75 km/h ein. Der Zeuge führte in der Verhandlung aus, der Pkw sei nach dem Aufschließen kurz hinter ihm geblieben und er habe den Eindruck gehabt, als überlege der Lenker kurz, bevor er auf Höhe der X zum Überholen angesetzt und mit großer Geschwindigkeitsdifferenz seinen Pkw als einziges vorhandenes Fahrzeug überholt habe. Das Überholmanöver habe nur kurz gedauert und es habe absolut keine Gefahr bestanden, auch der Gegenverkehr sei erst später gekommen, der Bw habe ihn auch beim Wiedereinordnen nicht geschnitten oder irgendwie gefährdet. Der Zeuge führte begründend aus, er habe sich zur Anzeige nur entschlossen, weil ihm der Hintergrund des Überholverbotes bekannt sei und ihm dessen Missachtung durch den Bw missfallen sei. Er habe seine Gattin gebeten, das Kennzeichen des überholenden Pkw zu notieren, und sei in Freistadt zur Polizei gefahren, um dort Anzeige zu erstatten. Er habe bei seiner Aussage beim Marktgemeindeamt Neumarkt iM am 22. März 2010 wahrheits­gemäß ausgesagt, dass der Überholvorgang vor der X am Beginn des dortigen Linkseinbiegestreifens beendet worden sei. Die Wortwendung vom "saloppen Beenden des Überholvorganges" dürfte auf seine Gattin zurückzu­führen sein, der Lenker, den er so wie das Fahrzeug nicht kenne und mit dem nie ein Kontakt bestanden habe, habe ihn nie gefährdet. Er habe auch nie Kilometer-Angaben gemacht.       

 

Die Besichtigung der Örtlichkeit hat ergeben, dass die Vorschriftszeichen "Geschwin­digkeitsbeschränkung 70 km/h" und "Überholen verboten", Beginn und Ende, gemäß den in der zugrundeliegenden Verordnung angeführten Kilo­meter­angaben angebracht sind.

 

Zur Glaubwürdigkeit des Zeugen ist vonseiten des UVS zu sagen, dass der Zeuge lediglich seine Beobachtung wiedergegeben hat, wobei ihm glaubhaft weder der Bw noch sein Fahrzeug bekannt waren, zumal zwischen den beiden nie ein Kontakt bestanden hat. Welches Interesse der Zeuge haben sollte, ihm völlig Unbekannte zu denunzieren, ist für den UVS nicht nachvollziehbar. Der Zeuge hat auch eindrucksvoll geschildert, dass es vor Erlassung des Überholverbots bei den dortigen Firmenzufahrten immer wieder zu schweren Verkehrsunfällen gekommen ist, auch mit Toten. Er hat auch überzeugend dargelegt, dass er sich über die Missachtung des Verbots durch den Bw so geärgert habe, dass er sich deswegen zur Anzeige entschlossen habe; er hat aber auch gleichzeitig betont, es habe nie eine Gefährdung durch den Bw stattgefunden und das Überhol­manöver an sich sei, auch wegen des geringen Verkehrsaufkommens am Sonntag, gefahrlos gewesen. Der Zeuge hat auch die von der Bw-Vertreterin hartnäckig ins Spiel gebrachte Version eines Irrtums hinsichtlich der Örtlichkeit des Überholmanövers, das laut dieser in Wahrheit schon vor dem Überhol­verbotsbereich stattgefunden habe, eindrucksvoll und ohne jeden Zweifel glaub­würdig widerlegt.

Aus der Sicht des UVS besteht für einen derartigen Irrtum, der wenn auch nachvollziehbar im Interesse des Bw gelegen sein mag, keinerlei Anhaltspunkt. Die Besichtigung des vom Zeugen geschilderten Bereichs des Überholmanövers ergab, dass sich auf Höhe des Betonwerkes x, x, rechtsseitig der B310 ca bei km 34.350 gelegen, eine kleine Fahrbahnerhöhung befindet, von der aus der weitere Verlauf der B310 über die Firmenzufahrt der x hinaus einsehbar und überschaubar wird, wobei dort nur Leitlinien in der Fahr­bahn­mitte aufgebracht sind. Bei km 34.600 beginnt eine Linkseinbiege­spur zur Fa x, x, linksseitig der B310 gelegen, wobei sich die Zufahrt selbst ca bei km 34.650 befindet. Nach den Ausführungen des technischen SV ist das vom Zeugen geschilderte Überholmanöver aus technischer Sicht in dieser Form möglich und daher schlüssig.

Zu den von Bw behaupteten Widersprüchen in der Zeugenaussage x ist zu sagen, dass dieser zwar Anzeige in Freistadt erstattet hat, wobei aber keine Niederschrift aufgenommen wurde, sondern die Schilderung offenbar mündlich an die tatort-zuständige PI Neumarkt iM weitergegeben wurde, wo dann erst die Anzeige verfasst wurde, dh über zwei Personen vom Hörensagen, weil der Meldungsleger nie mit dem Zeugen selbst gesprochen hat – so ist offenbar auch die Version vom Überfahren einer (dort nicht vorhandenen) Sperrfläche zu erklären. Die einzige im Akt dokumentierte und vom Zeugen x auch unter­schriebene Aussage stammt vom 22. März 2010 beim Marktge­meinde­amt Neumarkt iM, wobei auch die Einver­nahme in der Berufungsverhandlung keinen Widerspruch erkennen ließ. Auf dieser Grundlage war auch für den UVS die Glaubwürdigkeit des Zeugen x gegeben und daher aufgrund seiner Wahr­nehmungen zu entscheiden, auch wenn der Zeuge x kein Straßenaufsichtsorgan ist. Die Tatsache eines im Verlauf eines ca 1 km langen Verbots­bereichs statt­gefundenen Überholmanövers, bei dem nur der Pkw des Zeugen überholt wurde, konnte vom Zeugen x, der auch einen einwand­freien persönlichen Eindruck bei der Berufungsverhandlung hinterlassen hat, einwandfrei beobachtet und wieder­gegeben werden. Der Bw hat sich selbst am 13. Dezember 2009 als Lenker benannt.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 16 Abs.2 lit.a StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges mehr­spurige Kraftfahrzeuge auf Straßenstrecken, die durch das Vorschriftszeichen "Überholen verboten" gekennzeichnet sind, nicht überholen; es darf jedoch über­holt werden, wenn rechts zu überholen ist.

Gemäß der Verordnung des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 17. Mai 2005, VerkR10-8-2005-Ho, ist im Gemeindegebiet von Kefermarkt auf der B310 Mühlviertler Straße im Bereich von km 33.820 bis km 34.827 das Fahren mit einer höheren Geschwindigkeit als 70 km/h und das Überholen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen, ausgenommen Zugmaschinen, Motorkarren und selbstfahren­den Arbeitsmaschinen, in beiden Richtungen verboten.

Die Vorschriftszeichen gemäß § 52 lit.a Z10 lit.a StVO (Geschwindigkeits­be­schränkung 70 km/h), § 52 lit.a Z4a StVO (Überholen verboten) und § 52 lit.a Z11 StVO (Ende von Überholverboten und Geschwindigkeitsbeschränkungen) waren am Tag der Berufungsverhandlung laut Verordnung angebracht, eine fehlerhafte Kund­machung am Vorfallstag wurde nicht einmal behauptet.

 

Auf der Grundlage der unbedenklichen Zeugenaussage des Privatanzeigers x war davon auszugehen, dass der Bw im Überholverbotsbereich auf einer Strecke ca zwischen km 34.350 und km 34.600 den Pkw des Zeugen als einziges Kraftfahr­zeug überholt hat. Der in der Anzeige genannte und später in den Tatvorwurf über­nommene km 34.650 stammt offenbar vom Meldungsleger und stellt im Hinblick auf die Konkretisierung des Tatvorwurfs iSd § 44a Z1 VStG keinen wesentlichen Mangel dar, zumal der Bw dadurch nicht an einer zielführenden Verantwortung gehindert war und auch keine Verwechslungsgefahr bestand. Außerdem wurde ihm die Zeugenaussage x vom 22. März 2010 am 6. Mai 2010, dh innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist, zur Kenntnis gebracht.

Aus der Sicht des UVS besteht kein Zweifel, dass der Bw den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und, da ihm die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens iSd § 5 Abs.1 VStG nicht gelungen ist, sein Verhalten als Ver­wal­tungs­übertretung zu verantworten hat. Zugunsten des Bw war von einem Übersehen des Überholverbots angesichts geeigneter örtlicher Verhältnisse, dh von fahrlässigem Verhalten auszugehen; das Verschulden war dadurch aber nicht iSd § 21 VStG als geringfügig (im Sinne eines hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalts erheblich zurückbleibenden tatbild­mäßigen Verhaltens) einzustufen und wurde dafür auch kein Argument vorge­bracht.

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 bis 726 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit bis 2 Wochen Ersatzfreiheitsstrafe, reicht.

Die Erstinstanz hat laut Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses – zurecht – die bisherige Unbescholtenheit des Bw als mildernd und nichts als erschwerend gewertet. Die verhängte Strafe ist damit unter Bedachtnahme auf die Kriterien des § 19 VStG dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung wie auch zweifel­los den finanziellen Verhältnissen des Bw angemessen, hält general­präventiven Überlegungen stand und soll den Bw zur genauesten Beachtung von Überholverboten anhalten. Auch die Ersatzfreiheitsstrafe ist im Verhältnis zur Geldstrafe angemessen, sodass Anhaltspunkte für eine Strafherabsetzung nicht zu finden waren.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

 

Glaubwürdigkeit des Privatanzeigers über im Verbotsbereich erfolgtes Überholmanöver gegeben -> bestätigt

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum