Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550555/3/Wim/Rd/Bu

Linz, 12.11.2010

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Ilse Klempt, Berichter: Dr. Leopold Wimmer, Beisitzer: Mag. Thomas Kühberger) über den Antrag der X GmbH & Co KG,  vertreten durch X Rechtsanwälte GmbH, X, X vom 5. November 2010 auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Vergabeverfahren der X betreffend das Vorhaben "X, X – X", zu Recht erkannt:

 

 

Dem Antrag wird stattgegeben und der Auftraggeberin X GmbH  die Erteilung des Zuschlags bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren, längstens aber bis  5. Jänner 2011, untersagt.

Rechtsgrundlagen:

§§ 1, 2, 8 und 11 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 – Oö. VergRSG 2006, LGBl. Nr. 130/2006.

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Eingabe vom 5. November 2010, hat die X GmbH & Co KG (im Folgenden: Antragstellerin) einen Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungs­verfahren, zu untersagen, gestellt. Im Übrigen wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von insgesamt 7.500 Euro beantragt.

 

Begründend führte die Antragstellerin eingangs hiezu aus, dass die Auftraggeberin mit Bekanntmachung vom 1.3.2010 ein Vergabeverfahren betreffend die Leistungen "X, X" eingeleitet habe und es sich um einen Bauauftrag im Oberschwellenbereich handle.

 

Inhalt der Ausschreibung "X" sei

1.      Holz-Alu-Fenster;

2.      Glas-Alu-Blech-Fassade, Sonnenschutz

3.      Betonfertigteile, Wärmedämmung, Naturstein und

4.      Schwarzdecker, Spenglerarbeiten sowie

5.      ein diesbezügliches Gesamtangebot.

 

Als Abgabetermin wurde der 26.4.2010, 11.00 Uhr, und als Ausführungszeitraum 7/2010 bis 10/2010, festgesetzt. Gemäß Bekanntmachung waren bzw sind sowohl Varianten- wie auch Alternativangebote ebenso zulässig wie auch eine Aufteilung in Lose. Als Zuschlagskriterium wurde der niedrigste Preis festgesetzt.

 

Am 19.3.2010 sei im Rahmen einer ersten Nachsendung seitens der Auftraggeberin eine Klarstellung vorgenommen worden, dass in der Pos. 54.1329 A das Fenster als "... isoliertes Holz/Thermoschaum/Aluminium-Verbundfenster ..." beschrieben sei. Diese Formulierung sei so zu verstehen, dass der Thermoschaum nicht zwingend erforderlich sei. Holz-Alu-Fenster in klassischer Bauart seien ausdrücklich zugelassen, sofern alle anderen Kriterien des LV erfüllt seien.

Mit einer zweiten Nachsendung vom 2.4.2010 sei von der Auftraggeberin bekannt gegeben worden, dass sowohl Angebotsabgabetermin wie auch Angebotsöffnungstermin 26.4.2010, 10.00 Uhr bzw 10.10 Uhr (Eröffnung der Angebote) vorverlegt werden.

Im Rahmen einer dritten Nachsendung mit Änderungen und Klarstellungen zum LV vom 9.4.2010 sei seitens der Auftraggeberin ein gänzlich neues LV zum Angebotsteil 1. Holz-Alu-Fenster übermittelt worden. Darin enthalten seien wesentliche Änderungen, zumal der wesentliche Vertragsgegenstand (nämlich Holz-Alu-Fenster) gänzlich abgeändert worden sei. Anstatt eines Holz-Alu-Fensters mit vorgesetzter Scheibe, geklebt, in Nurglasoptik sei nun als Vertragsgegenstand ein Holz-Alu-Fenster mit Rahmen (vorgesetzte Scheibe, mit sichtbarem Alu-Profil gehalten) definiert worden.

 

Eine ebenfalls wesentliche Änderung des wesentlichen Vertragsgegenstandes, nämlich des Holz-Alu-Fensters, sei durch eine Abänderung in Bezug auf die Beschläge erfolgt. Anstatt der ursprünglich im LV und den AU enthaltenen "vollkommen verdeckt liegenden Beschlägen" sei festgehalten worden, dass auch "Standard-Drehkipp-Beschläge" verwendet werden könnten. Auch sei hinsichtlich der Pos. 02 01 54.13 Z das bewertete Schalldämmmaß entsprechend abgeändert bzw erhöht worden. Vor allem hinsichtlich der Fenster mit der Pos. 02 01 54.1329 CZ sei gemäß der 3. Nachsendung ein bewertetes Schalldämmmaß von 44 dB (Rw) definiert und vorgegeben gewesen.

 

Entgegen der Bekanntmachung sollten gemäß AU Alternativangebote nicht zulässig sein.

 

Gemäß AU, Pos. 00.11.03 Z seien folgende Unterlagen bei der Auftraggeberin einzureichen (Form der Angebote):

-                    vollständig ausgefülltes und rechtsgültiges Angebotsschreiben (Unterfertigung auf der dafür vorgesehenen Seite)

-                    ein Lang-LV ohne Preise mit ausgefüllten Bieterlücken oder Abgabe eines ausgefüllten Bieter-Lücken-Verzeichnisses

-                    ein Kurz-LV mit Preisen rechtsgültig gefertigt mit Firmenstempel

-                    ein ÖNORM-Datenträger (Diskette/CD) (gemäß Pos. 00.11.03.D Z ist ein Datenträgeraustausch gemäß ÖNORM B2063 erforderlich und verpflichtend)

 

Die Antragstellerin habe ein formrichtiges und formgültig unterfertigtes Angebotsschreiben vor Ablauf der gesetzten Angebotsfrist hinsichtlich des Angebotsgegenstandes "1. Holz-Alu-Fenster" gelegt und die angeforderten Unterlagen und Urkunden sowie einen ÖNORM-gerechten Datenträger beigelegt. Der Teilangebotspreis für das Teilangebot Holz-Alu-Fenster betrage brutto 1,817.219,54 Euro.

 

Mit Schreiben vom 17.6.2010 habe die Auftraggeberin mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, der Firma X & X KG, als Billigstbieter mit einer Angebotssumme von 1,809.250,80 Euro brutto, den Zuschlag zu erteilen. Die Zuschlagsentscheidung der Auftraggeberin wurde beim Oö. Verwaltungssenat angefochten und mit Erkenntnis vom 17.8.2010 vom für nichtig erklärt.

 

In Folge des Nachprüfungsverfahrens sei seitens der Auftraggeberin ein externer Sachverständiger mit der Prüfung der Gleichwertigkeit der von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin angebotenen Fenster beauftragt worden, der die Gleichwertigkeit und die Eignung der angebotenen Fenster festgestellt habe.

 

Mit Schreiben vom 27.10.2010 habe die Auftraggeberin mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, der Firma X GmbH & X KG mit dem Hauptangebot als Billigstbieter mit einer Angebotssumme von 1,799.890,80 Euro brutto, den Zuschlag zu erteilen. Das Ende der Stillhaltefrist wurde mit 10.11.2010 bekannt gegeben.   

 

Die X GmbH sei 100%ige Tochter der X und X GmbH, diese wiederum 100%ige Tochter der X GmbH, welche wiederum im 100%igen X stehe. Die X GmbH sei öffentliche Auftraggeberin iSd Art.14b Abs.2 Z2     B-VG.

 

Zum Interesse am Vertragsabschluss führt die Antragstellerin aus, dass ihr Unternehmen vor allem bei Sonderlösungen, Großbauten und im öffentlichen Bau im Zusammenhang mit der Herstellung, Lieferung und Montage von Fenster- und Türelementen, aber auch von Fassaden und Fassadenelementen (Holz, Holz-Alu) besonders versiert und bekannt sei. Die ausgeschriebenen Leistungen würden zu den Spezialgebieten im Unternehmen zählen und liege der Firmensitz nur unweit des Standortes des "X". Die Antragstellerin habe ein immenses Interesse, Aufträge, insbesondere prestigeträchtige, zu erhalten.

 

Zum Schaden bringt die Antragstellerin vor, dass ihr durch den Entgang des Auftrages ein unmittelbarer Schaden entstehen würde, welcher sich aus dem entgangenen (kalkulierten) Gewinn in Höhe von ca. 120.000 Euro, den Aufwendungen für die Angebotserstellung sowie aus voraussichtlich nicht kompensierbaren Auslastungsdefiziten, zusammensetze. Des Weiteren seien ca. 125 Arbeitsstunden für die Erstellung des Angebots samt sämtlichen beizuschaffenden Urkunden und Unterlagen, für die Kalkulation des Angebots und der einzelnen Angebotspreise, aufgewendet worden. Zudem würde ein wichtiges Referenzprojekt in Oberösterreich bzw in der Heimatstadt X verloren gehen.

 

Die Antragstellerin erachte sich in ihrem Recht auf Durchführung eines rechts-bzw gesetzeskonformen Vergabeverfahrens gemäß § 19 BVergG 2006 verletzt, zumal das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin zu Unrecht nicht ausgeschieden und somit nicht das Angebot der Antragstellerin als jenes mit dem niedrigeren  Preis für den Zuschlag in Aussicht genommen worden sei.

Es würden auch die Rechte der Antragstellerin auf Durchführung des Vergabeverfahrens unter Beachtung der Grundsätze des freien und lauteren Wettbewerbs, vor allem auch auf Einhaltung der Ausschreibungsunterlagen, des Ausscheidens von auszuscheidenden Angeboten, der willkürfreien Zuschlags­entscheidung und insbesondere der Vergleichbarkeit der Angebote, die durch die bekämpfte Entscheidung verletzt werden. Insbesondere erachte sich die Antragstellerin in ihrem Recht verletzt, den Zuschlag als diejenige (verbleibende) Bieterin zu erhalten, die das Angebot mit dem niedrigsten Preis (entsprechend den Vergabebestimmungen) gelegt habe.

 

Als Gründe für die Rechtswidrigkeiten bezeichnet die Antragstellerin das Nicht-Ausscheiden des Angebots der präsumtiven Zuschlagsempfängerin und führt hiezu im Wesentlichen aus, dass die technische Leistungsfähigkeit der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nicht gegeben sei, das Angebot den Ausschreibungsbedingungen widerspreche bzw unzulässigerweise zwei Angebote (möglicherweise in Form von unzulässigen Alternativ- und/oder Abänderungs­angeboten) vorlägen, das Angebot unverbesserbar sowie unbehebbar unvollständig sei sowie, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin, insbe­sondere für die notwendigen Montagearbeiten, nicht über einen Anerkennungs­bescheid im Sinne der §§ 373c f GewO (gemäß § 20 Abs.1 BVergG 2006) verfüge.

 

Im Detail wurde zur mangelnden technischen Leistungsfähigkeit nach Zitierung der Pos. 02 01 00.Z "Allgemeine Bestimmungen/Bieterangaben", Pos. 02 01 51.Z "Fenster und Fenstertüren aus Holz" und Pos. 00.11.31 Z der Vergabe­bestimmungen (AU), vorgebracht, dass die präsumtive Zuschlags­empfängerin nicht über eine Bescheinigung bzw eine Zertifizierung, wonach die angebotenen Fenstersysteme den geforderten Spezifikationen insbesondere nach ÖNORM B5300, Tabelle 2 und den Werten der Tabelle C1 entsprächen, verfüge.

 

Ein derartiger Nachweis bzw eine Bestätigung der Erfüllung der Gleichwertigkeit durch eine akkreditierte Prüf- und Überwachungsstelle sei von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin hinsichtlich der angebotenen Fenstersysteme nicht erbracht worden.

 

Die vertiefte Prüfung durch einen beigezogenen Sachverständigen (der Sachverständige sei nicht für das Fachgebiet "Fenster" für die Fachgruppe bzw das Fachgebiet "Fenster und Türen" in die Liste der Sachverständigen eingetragen) könne den fehlenden Eignungsnachweis insbesondere im Zeitpunkt der Angebotsabgabe nicht ersetzen und handle es sich im Übrigen beim beigezogenen Sachverständigen nicht um eine akkreditierte Prüf- oder Überwachungsstelle für die ÖNORM B 5300.

 

Das Fehlen einer technischen Zulassung des angebotenen Fenstersystems nach den Prüfkriterien der ÖNORM B 5300 (2002) stelle einen nicht behebbaren Mangel dar. Das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin sei somit unvollständig und fehlerhaft und wäre auszuscheiden gewesen.

 

Im Übrigen liege kein zuschlagsfähiges Angebot über die Vergabesumme gemäß Zuschlagsentscheidung der Auftraggeberin von brutto 1,799.890,80 Euro seitens der präsumtiven Zuschlagsempfängerin vor.

 

Überdies gehe die Antragstellerin – aufgrund der derzeit vorliegenden Unterlagen und Informationen – davon aus, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin die notwendige Gewerbebefugnis nicht oder nicht zeitgerecht nachgewiesen habe und daher dieses Angebot auch aus diesem Grund auszuscheiden sei. Weiters gehe die Antragstellerin davon aus, dass die Auftraggeberin die Angebotsprüfung, insbesondere die Prüfung der Befugnis der präsumtiven Zuschlagsempfängerin noch nicht abgeschlossen habe und sei auch aus diesem Grund die angefochtene Zuschlagsentscheidung für nichtig zu erklären.  

 

Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung verweist die Antragstellerin eingangs auf die Ausführungen zum Hauptantrag und führt weiters aus, dass ohne Erlassung einer einstweiligen Verfügung von einem Ablaufen der Stillhaltefrist auszugehen sei, womit die Auftraggeberin der präsumtiven Zuschlagsempfängerin den Auftrag erteilen könne. Damit wäre eine präjudizielle Vorentscheidung gefallen, zumal die weitere Rechtsdurchsetzung für die Antragstellerin erheblich erschwert werden würde. In jedem Fall würde dann die Antragstellerin den gegenständlichen Auftrag nicht mehr erhalten können.

 

Die Antragstellerin komme als zweitgereihte Bieterin für den Fall des Ausscheidens der präsumtiven Zuschlagsempfängerin als Zuschlagsempfängerin in Betracht. Würde der präsumtiven Zuschlagsempfängerin trotz der aufgezeigten Rechtswidrigkeiten dennoch der Zuschlag erteilt werden, drohe der Antragstellerin der Entgang des Auftrages und somit ein Schaden, der nur durch die vorläufige Untersagung der Zuschlagserteilung (wirksam) abgewendet werden könne.

 

Eine bloß "ex-post-Feststellung" der rechtswidrigen Zuschlagserteilung an die präsumtive Zuschlagsempfängerin und allenfalls zustehende Schadenersatz­forderungen der Antragstellerin gegen die ausschreibende Stelle würden das Interesse der Antragstellerin, den Auftrag zu erhalten, keinesfalls aufwiegen.

 

Grundsätzlich müsse eine ordnungsgemäße, insbesondere rechtsmangelfreie, nach­voll­ziehbare und vor allem dem "über allem" stehenden Gleichbehandlungs­grundsatz entsprechende Auftragsvergabe im Interesse der Auftraggeberin vorliegen und sei die Auftraggeberin somit verpflichtet, die Vergabe aus­schließlich gemäß den Bestimmungen des BVergG 2006 durchzuführen.

 

Wenngleich durchaus eingestanden werde, dass es sich um ein "besonders wichtiges" (weil auch prestigeträchtiges) Projekt handle, bewirke eine derartig besondere Wichtigkeit keinesfalls auch eine entsprechende Dringlichkeit bzw ein Dringlichkeitsinteresse der Auftraggeberin.                  

 

Zusammenfassend könne gesagt werden, dass der Erlassung der einstweiligen Verfügung weder Interessen der Auftraggeberin noch besondere öffentliche Interessen entgegenstehen würden. Hingegen überwiege das Interesse der Antragstellerin bei weitem.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat die X GmbH als Auftraggeberin am Nachprüfungs­verfahren beteiligt. Eine Stellungnahme hinsichtlich der Erlassung der einstweiligen Verfügung langte bis zum Entscheidungszeitpunkt nicht ein.

 

3.  Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 (Oö. VergRSG 2006) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesen (Vergabeverfahren), die gemäß Art.14b Abs.2 Z2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

 

Gemäß Art.14b Abs.2 Z2 lit.c B-VG ist die Vollziehung Landessache hinsichtlich der Vergabe von Aufträgen durch Unternehmungen im Sinne des Art.126b Abs.2, soweit sie nicht unter die Z1 lit.c fällt, sowie der Vergabe von Aufträgen durch Unternehmungen im Sinne des Art.127 Abs.3 und Art.127a Abs.3 und 8.

 

Gemäß Art.127 Abs.3 B-VG überprüft der Rechnungshof weiter die Gebarung von Unternehmungen, an denen das Land allein oder gemeinsam mit anderen der Zuständigkeit des Rechnungshofes unterliegenden Rechtsträgern mit mindestens 50 vH des Stamm-, Grund- oder Eigenkapitals beteiligt ist oder die das Land allein oder gemeinsam mit anderen solchen Rechtsträgern betreibt.

 

Die X GmbH ist 100%ige Tochter der X und X GmbH, diese ist wiederum 100%ige Tochter der X GmbH, welche wiederum im 100%igen Eigentum des X steht. Die X GmbH stellt als Unternehmen im Sinne des Art.127 Abs.3 B-VG einen öffentlichen Auftraggeber dar, der im Sinne des Art.14b Abs.2 Z2 lit.c B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fällt. Das gegenständliche Nachprüfungs­verfahren unterliegt daher den Bestimmungen des Oö. VergRSG 2006.  

 

Gemäß § 2 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 obliegt dem Unabhängigen Verwaltungs­senat die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs.1 leg.cit.

 

3.2.  Gemäß § 2 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 ist der Unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagsentscheidung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z16 lit.a BVergG 2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Der gegenständliche Antrag ist rechtzeitig und zulässig. Aufgrund der Höhe des Auftragswertes des ausgeschriebenen Bauauftrages sind die Bestimmungen für den Oberschwellenbereich anzuwenden.

 

3.3.  Gemäß § 8 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 hat der Unabhängige Verwaltungs­senat auf Antrag durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet scheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin zu beseitigen oder zu verhindern.

 

Gemäß § 11 Abs.1 leg.cit. hat der Unabhängige Verwaltungssenat vor Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin, der sonstigen Bewerber oder Bieter bzw. Bewerberinnen oder Bieterinnen und des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabe­verfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf ihre Erlassung abzuweisen.

 

Gemäß § 11 Abs.3 leg.cit. ist in einer einstweiligen Verfügung die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Ver­fügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung über den Antrag auf Nichtigerklärung, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird, außer Kraft.

 

3.4.  Bereits zu der vorausgegangenen sinngemäßen Regelung des Bundes­vergabe­gesetzes 1997 führte Elsner, Vergaberecht (1999), auf Seite 86 aus: Die Entscheidung hängt von einer Abwägung der möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers und einem allfälligen besonderen öffentlichen Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens ab. Dabei muss es sich um ein "besonderes" öffentliches Interesse handeln. Es wird nämlich (hoffentlich) bei jeder öffentlichen Auftragsvergabe ein öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens und Vergabe eines Auftrages bestehen. Aber auch daran, dass Vergabeverfahren fehlerfrei ablaufen, besteht öffentliches Interesse. Eine Nichterlassung einstweiliger Verfügungen wird daher nur bei sonstiger Gefahr für Leib und Leben und besonderer Dringlichkeit zulässig sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn besondere Interessen der Daseinsvorsorge gefährdet würden.

 

Art.2 Abs.4 Satz 1 (entspricht nunmehr Art.2 Abs.5) der Rechtsmittelrichtlinie darf nicht fälschlicherweise so ausgelegt werden, dass der vorläufige Rechtsschutz regelmäßig leerläuft. Mit diesem Interesse ist nicht das bei jeder Auftragsvergabe bestehende öffentliche Interesse an der zügigen Abwicklung gemeint. Nach der Beschlusspraxis des EuGH kommt es in der Interessens­abwägung maßgeblich darauf an, wer durch sein Verhalten die besondere Dringlichkeit der Auftragsvergabe verursacht hat. Für die öffentlichen Auftraggeber ergibt sich daraus eine echte Obliegenheit zu rechtzeitig geplanten und durchgeführten Beschaffungsvorgängen. Das Rechtsschutzinteresse des diskriminierten Bieters kann insoweit nur vom vorrangigen Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter der Allgemeinheit zurückgedrängt werden (vgl. Schenk, Das neue Vergaberecht, 1. Auflage 2001, S. 172f).

 

Auch der Verfassungsgerichtshof hat insbesondere in seiner Entscheidung zu Zl. B 1369/01 vom 15.10.2001 ein öffentliches Interesse im Hinblick auf das Postulat effizienten Einsatzes öffentlicher Mittel in der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter gesehen, dem die Nachprüfung des Vergabe­verfahrens letztlich dienen soll.

 

3.5. In Anbetracht der Tatsache, dass es sich beim gegenständlichen Vorhaben nicht um eine vordringliche Leistungserbringung handelt, kann daraus geschlossen werden, dass eine Gefährdung von Leib und Leben nicht aktuell ist. Auch trifft die Auftraggeberin im Hinblick auf die Rechtsnatur des Provisorial­verfahrens und auf die allgemeine Mitwirkungspflicht der Parteien im Verwaltungsverfahren die Behauptungslast betreffend die gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen. Die Auftraggeberin hat im Verfahren konkrete, mit der Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung drohende Nachteile nicht dargelegt, sodass davon auszugehen ist, dass die nachteiligen Folgen des vorläufigen Zuschlagsverbotes nicht überwiegen und daher dem Antrag stattzugeben ist (vgl. BVA 1.12.2000, N-56/00-9).

 

Die Antragstellerin hat denkmöglich ausgeführt, dass ihr durch die behauptete Rechtswidrigkeit der Entgang des Auftrages droht, somit ein Schaden, der nur durch die vorläufige Untersagung der Zuschlagserteilung abgewendet werden kann. Abgesehen von dem vorausgesetzten öffentlichen Interesse an der Vergabe des gegenständlichen Auftrages ist aber ein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens weder durch die Auftraggeberin vorgebracht worden noch dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Kenntnis gelangt. Vielmehr ist bei der Interessensab­wägung iSd Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu berücksichtigen, dass die Auftraggeberin ein Interesse an einem rechtmäßigen Vergabeverfahren haben muss. Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Vergabe­kontrollinstanzen, dass ein öffentlicher Auftraggeber bei der Erstellung des Zeitplanes für eine Auftragsvergabe die Möglichkeit von Nachprüfungsverfahren und die damit einhergehende Verzögerung ins Kalkül zu ziehen hat, zu verweisen. Dass sich durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine Verzögerung der Bedarfsdeckung und ein organisatorischer und finanzieller Mehraufwand ergeben können, liegt in der Natur der Sache. Da - wie bereits erwähnt - kein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an einem möglichst raschen Vertragsabschluss geltend gemacht wurde und auch nicht auf der Hand liegt, war dem Antrag stattzugeben.

 

Die im Vorbringen der Antragstellerin behaupteten Rechtswidrigkeiten sind zumindest denkmöglich. Eine Überprüfung, ob die behaupteten Rechtswidrig­keiten auch tatsächlich vorliegen, war im Rahmen des Provisorialverfahrens nicht durchzuführen.

 

Die Dauer der Aussetzung der Zuschlagserteilung ergibt sich aus § 11 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 iVm § 20 Abs.1 Oö. VergRSG 2006.

Gemäß § 20 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 ist über Anträge auf Nichtigerklärung von Entscheidungen eines Auftraggebers bzw. eine Auftraggeberin unverzüglich, spätestens aber zwei Monate nach Einlangen des Antrages zu entscheiden.

 

Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass für den  Unabhängigen Verwaltungssenat somit die Möglichkeit besteht, die Aussetzung der Zuschlags­erteilung für zwei Monate, auszusprechen.

 

Die einstweilige Verfügung ist gemäß § 11 Abs.4 Oö. VergRSG 2006 sofort vollstreckbar.

 

4. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13,20 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichts­hof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

 

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