Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550556/2/Kl/Rd/Hu VwSen-550557/6/Kl/Rd/Hu

Linz, 09.11.2010

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ilse Klempt über die Anträge der x,  vertreten durch Rechtsanwalt x, vom 5. November 2010 auf Nichtigerklärung der Wahl der Direktvergabe und auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Vergabeverfahren der Marktgemeinde x betreffend das Vorhaben "Abfallentsorgung", zu Recht erkannt:

 

 

Die Anträge auf Nichtigerklärung der Wahl der Direktvergabe und auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung vom 5. November 2010 werden als unzulässig zurückgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

§§ 1, 2, 3 und 8 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 – Oö. VergRSG 2006, LGBl. Nr. 130/2006 idF der Oö. Vergaberechtsschutzgesetz-Novelle 2010, LGBl.Nr. 68/2010 iVm § 2 Z37 Bundesvergabegesetz 2006 – BVergG 2006, BGB.I Nr. 17/2006 idF BGBl.I Nr. 15/2010

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Eingabe vom 5. November 2010 hat der x (im Folgenden: Antragstellerin) Anträge auf  Nichtigerklärung der Wahl der Direktvergabe sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Direkt­vergabe bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, zu untersagen, gestellt. Im Übrigen wurde die Zuerkennung der zu entrichtenden Pauschalgebühren beantragt.

 

Begründend führte die Antragstellerin eingangs hiezu aus, dass sie ein seit 1982 bestehender wirtschaftlicher Interessensverband mit Sitz in x und eingetragen im Vereinsregister der Bundespolizeidirektion bzw Sicherheits­direktion für das Bundesland Salzburg zu Zl x sei. Zweck des Vereins sei es, den lauteren und fairen Wettbewerb – insbesondere auch bei Ausschreibungen – zu fördern und unfairen Wettbewerb zu bekämpfen. Mitglieder des Schutzverbandes seien vor allem eine ganze Reihe von Innungen und Fachgruppen verschiedener Wirtschaftskammern, so insbesondere das Landesgremium x für Abfall- und Abwasserwirtschaft und damit sämtliche Abfallentsorger im Bundesland x.

 

Nachdem am 2. November 2010 bekannt geworden sei, dass die Auftraggeberin eine Direktvergabe im Oberschwellenbereich plane, wurde die Auftraggeberin am 3. November 2010 um entsprechende Mitteilung ersucht und wurde das Vorhaben der Direktvergabe bestätigt. Hinsichtlich der Ermittlung des Auftragswertes sei von der Auftraggeberin mitgeteilt worden, dass diesbezüglich keinerlei Auskunftspflichten bestehen und die Direktvergabe im Unterschwellenbereich erfolgen würde. Tatsächlich sei dies nicht richtig, da der Auftragswert aufgrund Kalkulation der derzeitigen Entsorgerin ca. 150.000 Euro betrage. Die Ermittlung des Auftragswertes könne sich nur auf Erfahrungswerte aus der Vergangenheit und unter Berücksichtigung der Marktverhältnisse beziehen.

 

Der Schwellenwert bei Direktvergaben sei nur noch bis 31.12.2010 aufgrund der Schwellenwertverordnung (BGBl. II Nr. 125/2009) bis 100.000 Euro angehoben, ansonsten bis 40.000 Euro. Beide Schwellenwerte würden gegenständlich überschritten werden. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass die hier gegenständlichen Dienstleistungen ab 1.1.2011 vergeben werden, wobei nach Ansicht der Antragstellerin aber ab 1.1.2011 der geringe Schwellenwert von 40.000 Euro zugrunde zu legen wäre. Weiters sei zu berücksichtigen, dass bei der Berechnung des Schwellenwertes für Direktvergaben das allgemeine Verbot des Auftragssplittens (§ 13 Abs.4 B-VergG 2006) im Hinblick auf "zusammengehörige" bzw "gleichartige" Aufträge zu beachten sei. In der Regel werden solche Abfallabfuhren für fünf Jahre ausgeschrieben.

 

Die Antragstellerin habe ein Interesse, diese Gesetzwidrigkeit im Interesse aller Abfallentsorger des Bundeslandes x aufzudecken, deren Interessen die Antragstellerin statutengemäß vertrete. Sämtliche Abfallunternehmen werden nämlich durch die Direktvergabe, dh nicht im offenen Verfahren bzw öffentlich ausgeschrieben, benachteiligt.

 

Zum Schaden wurde vorgebracht, dass die Antragstellerin keinen unmittelbaren Schaden, aber die Abfallentsorger des Bundeslandes x einen Schaden insoweit erleiden, als ein Mitbewerber wettbewerbsverzerrend bevorzugt werde und einen Gewinn lukrieren könne, da im offenen Verfahren andere Bieter zumindest die Möglichkeit des Zuschlags erhalten würden.

 

Durch die rechtswidrige Wahl der Direktvergabe seien die Mitglieder der Antragstellerin, insbesondere sämtliche der Landesinnung x zugehörigen Abfallentsorger, in ihrem Recht auf Durchführung eines vergaberechtskonformen Vergabeverfahrens und einer vergaberechtskonformen Zuschlagsentscheidung sowie in ihrem Recht auf ein offenes Verfahren des konkreten Dienstleistungs­auftrages der Haushaltsabfallsammlung und dessen Transport im Gebiet der Auftraggeberin, verletzt. Dadurch sei eine Rechtsverletzung auch in der korrekten Bestbieterermittlung zu sehen sowie auf Gleichbehandlung und Durchführung eines fairen Wettbewerbs.

 

Bei rechtskonformer Vorgehensweise hätte die Auftraggeberin die Abfallabfuhr in einem offenen Verfahren öffentlich ausschreiben müssen. 

 

Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wurde von der Antragstellerin auf die Ausführungen im Hauptantrag verwiesen und wurde weiters ausgeführt, dass die Direktvergabe am 8. November 2010 geplant sei, dh der Auftrag vergeben werde. Trotz Aufforderung habe sich die Auftraggeberin nicht bereit erklärt, Unterlagen zur Überprüfung ihrer Kalkulation des Auftragswertes zur Verfügung zu stellen. Aufgrund der rechtswidrigen Wahl des Direktvergabeverfahrens bestehe die Gefahr, dass die Mitglieder der Antragstellerin, allen voran sämtliche Abfallentsorger im Bundesland x, den Auftrag nicht erhalten. Dadurch würde den Mitgliedern der Antragstellerin, insbesondere aufgrund des Gewinnentgangs, aber auch durch die Wettbewerbsverzerrung durch Förderung eines Abfallunternehmens, ein erheblicher Schaden und ein Wettbewerbsnachteil entstehen. Des weiteren drohe auch der Verlust von Referenzen.

 

Durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung werden keinerlei öffentliche Interessen des gegenständlichen Vergabeverfahrens oder der Auftraggeberin wesentlich beeinträchtigt oder gar verletzt. Auch seien keine besonderen öffentlichen Interessen ersichtlich und bestehe keine Gefahr für Leib und Leben Dritter.

 

Es sei daher das Interesse der Antragstellerin an der Prüfung der angefochtenen Entscheidung der Auftraggeberin im konkreten Fall als überwiegend anzusehen.  

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat die Marktgemeinde x als Auftraggeberin am Nachprüfungs­verfahren beteiligt.

 

3. Eine mündliche Verhandlung konnte entfallen, weil der Nachprüfungsantrag zurückzuweisen war (§ 19 Abs.3 Z1 Oö. VergRSG 2006).

 

4.  Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 (Oö. VergRSG 2006) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesen (Vergabeverfahren), die gemäß Art.14b Abs.2 Z2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

 

Gemäß Art.14b Abs.2 Z2 lit.a B-VG ist die Vollziehung Landessache hinsichtlich der Vergabe von Aufträgen durch die Gemeinde. Das gegenständliche Nachprüfungsverfahren unterliegt daher den Bestimmungen des Oö. VergRSG 2006.

 

Gemäß § 2 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 obliegt dem Unabhängigen Verwaltungs­senat die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs.1 leg.cit.

 

4.2.  Gemäß § 2 Abs.3 Oö. VergRSG 2006 ist der Unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagsentscheidung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z16 lit.a BVergG 2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Gemäß § 3 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 kann ein Unternehmer bzw eine Unternehmerin bis zur Zuschlagsentscheidung bzw bis zur Widerrufserklärung die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers bzw der Auftraggeberin im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern ein Interesse am Abschluss eines den bundesgesetzlichen Bestimmungen auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens unterliegenden Vertrags behauptet wird und durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.  

 

Gemäß § 8 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 hat der Unabhängige Verwaltungssenat auf Antrag eines Unternehmers bzw. einer Unternehmerin, dem bzw. der die Antragsvoraussetzungen nach § 3 Abs.1 nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet scheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin zu beseitigen oder zu verhindern.

 

Gemäß § 2 Z37 BVergG 2006 sind Unternehmer Rechtsträger wie natürliche oder juristische Personen, öffentliche Einrichtungen oder Zusammenschlüsse dieser Personen und/oder Einrichtungen, eingetragene Personengesellschaften oder Arbeits- und Bietergemeinschaften, die auf dem Markt die Ausführung von Bauleistungen, die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienst­leistungen anbieten.

Tätigkeitsbild des Unternehmers ist das Anbieten von Leistungen auf dem Markt (vgl. EuGH vom 14.4.1994, C-389/92).

Im Grunde der Legaldefinition des Unternehmers bzw. der Unternehmerin erfüllt daher die Antragstellerin als im Vereinsregister eingetragener Interessensverband die Voraussetzungen nach § 2 Z37 BVergG 2006 nicht, da Vereinszweck gerade nicht das Anbieten von Leistungen auf dem Markt ist. Zweck des Vereins ist vielmehr, die Interessen der Mitglieder zu wahren, indem der lautere und faire Wettbewerb gefördert und der unfaire Wettbewerb bekämpft wird.

Darüber hinaus ist gemäß § 3 Abs.1 und § 8 Abs.1 Oö. VergRSG 2006 weitere Antragsvoraussetzung, dass durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

Da die Antragstellerin selbst aber weder Leistungen am Markt anbietet und daher auch keinen den bundesgesetzlichen Bestimmungen auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens unterliegenden Vertrag abschließen will, kann ihr selbst auch durch eine allfällig dadurch entstandene Rechtswidrigkeit kein Schaden entstehen oder drohen. Auch kann sie durch eine allfällig behauptete Rechtswidrigkeit in keinem subjektiven Recht verletzt werden. Dies geht auch aus dem Nachprüfungsantrag selbst hervor. Eine Verletzung von subjektiven Rechten und Drohung einer Schädigung kann sich daher nur auf die Mitglieder der Antragstellerin beziehen. Die Antragstellerin ist gemäß ihrer Eingabe aber in eigenem Namen aufgetreten und nicht namens bzw. in Vertretung konkreter Rechtspersonen bzw. Mitglieder.

 

Es fehlt daher der Antragstellerin die Antragslegitimation, weshalb sowohl der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wie auch der Antrag auf Nichtigerklärung der Wahl der Direktvergabe als unzulässig zurück zu weisen waren.

 

5. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 55,20 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr.Ilse Klempt

 

 

 

Beschlagwortung:

Unternehmer, Interessensvertretung, keine subjektive Rechtsverletzung

 

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde zurück- und abgewiesen;

VfGH vom 28.02.2012, Zl. B 1741/10-6

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