Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-222452/5/Kl/Pe

Linz, 21.10.2010

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung der Frau x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 13.8.2010, GZ. 0028234/2010, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 13.8.2010, GZ. 0028234/2010, wurde über die Berufungswerberin (im Folgenden Bw) eine Geldstrafe von 500 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 47 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 339 Abs.1 iVm § 94 Z5 GewO 1994 verhängt, weil sie als handelsrechtliche Geschäftsführerin der Firma x GesmbH, x, und somit als nach § 9 VStG verwaltungsstrafrechtliche Geschäftsführerin verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten hat, dass von dieser Firma am 11.6.2010 auf der Baustelle „Neubau Einfamilienhaus x“, x, Fliesenlegearbeiten und Trockenbau- und Malerarbeiten durchgeführt wurden, obwohl die Firma x GesmbH nicht in Besitz der dafür notwendigen Gewerbeberechtigung für das Gewerbe „Baumeister, Brunnenmeister“ ist. Somit wurde von der Firma x GesmbH zumindest am 11.6.2010 auf eigene Rechnung und Gefahr in Ertragsabsicht das reglementierte Gewerbe „Baumeister, Brunnenmeister“ im Sinne des § 94 Z5 GewO unbefugt ausgeübt.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Einspruch (gemeint wohl: Berufung) eingebracht und darin begründend ausgeführt, dass sie einen Baumeister mit Konzession im Ausmaß von 20 Wochenstunden zum Strafzeitpunkt beschäftigt hätte. Der beschäftigte Baumeister x habe alle notwendigen Kontrollen auf der Baustelle x, übernommen. Er sei als Baumeister angemeldet und durch die Gebietskrankenkasse versichert. Mittlerweile sei die Firma x GmbH seit ca. drei Wochen in Konkurs und sei die Bw auf Arbeitssuche (kein Einkommen seit 18.8.2010).

 

3. Der Magistrat der Landeshauptstadt Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt die öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z1 Gewerbeordnung 1994 – GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

 

Gemäß § 94 GewO 1994 sind folgende Gewerbe reglementierte Gewerbe:

Z5     Baumeister, Brunnenmeister

Z38   Keramiker; Platten- und Fliesenleger

Z47   Maler und Anstreicher; Lackierer

Z67   Stukkateure und Trockenausbauer (Handwerker)

 

Gemäß § 99 Abs.2 GewO 1994 ist der Baumeister weiters berechtigt, auch die Arbeiten anderer Gewerbe im Rahmen seiner Bauführung zu übernehmen, zu planen und zu berechnen und zu leiten. Er ist auch berechtigt, diese Arbeiten im Rahmen seiner Bauführung selbst auszuführen, soweit es sich um Tätigkeiten der Betonwarenerzeuger, Kunststeinerzeuger, Terrazzomacher, Schwarzdecker, Estrichhersteller, Steinholzleger, Gärtner, Stukkateure und Trockenausbauer, Wärme-, Kälte-, Schall- und Branddämmer und der Abdichter gegen Feuchtigkeit und Druckwasser handelt. Die Herstellung von Estrich und Trockenausbauertätigkeiten darf der Baumeister unabhängig von einer Bauführung übernehmen und ausführen. Soweit es sich um Arbeiten von nicht in diesem Absatz genannten Gewerbe handelt, hat er sich zur Ausübung dieser Arbeiten der hiezu befugten Gewerbetreibenden zu bedienen. Weiters ist er unbeschadet der Rechte der Brunnenmeister zur Durchführung von Tiefbohrungen aller Art berechtigt.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.

 

5.2. Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird der Bw die Durchführung von „Fliesenlegearbeiten und Trockenbau- und Malerarbeiten“ auf einer näher bezeichneten Baustelle vorgeworfen und diese Tätigkeiten dem Gewerbe „Baumeister, Brunnenmeister“ zugeordnet. Die Bw habe als handelsrechtliche Geschäftsführerin der Firma x GesmbH das reglementierte Gewerbe „Baumeister, Brunnenmeister“ ohne die dafür notwendige Gewerbeberechtigung unbefugt ausgeübt.

Im Grunde der vorzitierten Bestimmung des § 94 GewO 1994 ist aber festzuhalten, dass sowohl die Fliesenlegearbeiten ein gesondertes reglementiertes Gewerbe gemäß § 94 Z38 GewO 1994, die Trockenbauarbeiten ein gesondertes Gewerbe nach § 94 Z67 GewO 1994 und die Malerarbeiten ein gesondertes reglementiertes Gewerbe nach § 94 Z47 GewO 1994 darstellen.  Es hat daher die Bw entgegen dem im angefochtenen Straferkenntnis enthaltenen Tatvorwurf nicht das Baumeistergewerbe sondern vielmehr das Fliesenlegergewerbe, das Trockenausbauergewerbe und das Malergewerbe ausgeübt.

Da aber der gemäß § 44a Z1 VStG entsprechende Tatvorwurf neben der inkriminierten Tätigkeit auch jenes Gewerbe anzuführen hat, welches unbefugt ausgeübt wird, um den objektiven Tatbestand der Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO zu erfüllen, hat die Bw die ihr angelastete Tat der unbefugten Ausübung des Baumeistergewerbes nicht begangen. Es war daher der entsprechende Strafausspruch gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Ein entsprechender Tatvorwurf hinsichtlich der bereits genannten ausgeübten Gewerbe ist jedoch innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist von sechs Monaten noch nicht ergangen.

 

5.3. Wenn sich hingegen die belangte Behörde auf die in § 99 Abs.2 GewO 1994 dem Baumeister eingeräumten Rechte beruft, so ist ihr entgegenzuhalten, dass der Baumeister lediglich die angesprochenen Trockenausbauertätigkeiten selbst ausführen darf (§ 99 Abs.2 Satz 2 GewO 1994). Die übrigen Tätigkeiten wie Fliesenleger- und Malerarbeiten sind in § 99 Abs.2 GewO 1994 nicht genannt und dürfen daher gemäß der Regelung des § 99 Abs.2 Satz 1 iVm Satz 4 GewO 1994 nur durch hiezu befugte Gewerbetreibende ausgeführt werden. Diese dürfen daher keinesfalls von einem Baumeister ausgeführt werden.

 

5.4. Hinsichtlich der Rechtzeitigkeit der Berufung wurde hingegen das Parteiengehör gewahrt und legte die Bw dar, dass sie seit 26.8.2010 mittags für ca. zwei Wochen ortsabwesend gewesen sei und führte sie hiezu Herrn x als Zeugen an.

 

Gemäß § 17 Abs.3 Zustellgesetz ist das hinterlegte Dokument mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs.3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden konnte.

 

Entsprechend dieser Bestimmung wird daher die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam und beginnt daher die Rechtsmittelfrist ab diesem Datum zu laufen. Die am 13.9.2010 zur Post gegebene Berufung ist daher als rechtzeitig anzusehen.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte, waren gemäß § 66 Abs.1 VStG keine Verfahrenskostenbeiträge aufzuerlegen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

Beschlagwortung: Zuordnung der reglementierten Gewerbe; Baumeistergewerbe

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum