Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222411/13/Kl/Rd/Pe

Linz, 21.10.2010

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die auf das Strafausmaß beschränkte Berufung des Herrn x, vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 31. Mai 2010, Ge96-2420-2010, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1994 zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 350 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 30 Stunden herabgesetzt werden. Die Strafbestimmung hat zu lauten "§ 366 Abs.1 Einleitung GewO 1994".

 

II.     Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 35 Euro, das sind 10 % der nunmehr verhängten Geldstrafe.

Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und § 66 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 31. Mai 2010, Ge96-2420-2010, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 500 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden, wegen einer Verwaltungs­übertretung gemäß § 366 Abs.1 Z3 2. Fall iVm §§ 74 Abs.2 und 81 Abs.1 GewO 1994 und dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 11.11.2009, Ge20-35-79-01-2009 iVm § 367 Abs.1 Einleitung GewO 1994       verhängt, weil er als gemäß § 370 Abs.4 iVm § 370 Abs.1 GewO 1994 verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher Filialgeschäftsführer der x Aktien­gesellschaft mit Sitz in x, diese ist Inhaberin einer Gewerbeberechtigung für "Kleinhandel mit Waren aller Art, unter Ausschluss solcher, deren Verkauf an eine besondere Bewilligung (Konzession) gebunden ist, am Standort x, mit einer weiteren Betriebsstätte in x, nicht dafür Sorge getragen hat, dass die Vorschriften der Gewerbe­ordnung 1994 eingehalten werden.

 

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 23.11.2009, Ge20-37-88-02-2009, wurde die gewerbebehördliche Genehmigung zur Errichtung eines x-Lebensmittelmarktes in x unter Vor­schreibung von Auflagen erteilt. Als Betriebszeit (incl. Anlieferung) wurde Montag bis Samstag täglich von 06.00 Uhr bis 22.00 Uhr festgelegt.

 

Aus der Anzeige einer Nachbarin konnte entnommen werden, dass Anlieferungen auch außerhalb dieser Zeiten vorgenommen wurden. So wurden

1)      am 24.12.2009 um 00.00 Uhr (x),

2)      am 20.12.2009 um 20.30 Uhr,

3)      am 18.12.2009 um 22.15 Uhr (x),

4)      am 13.12.2009 um 23.00 Uhr (x),

5)      am 09.12.2009 um 05.40 Uhr

6)      am 07.12.2009 um 04.30 Uhr (x)

Anlieferungen vorgenommen, wodurch sich die Nachbarin in ihrer Nachtruhe gestört fühlte. Sie haben durch diese Anlieferungen außerhalb der genehmigten Betriebszeit eine gewerbliche Betriebsanlage, nach einer Änderung, die geeignet ist, die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub oder Erschütterung zu belästigen, betrieben, ohne die für diese Änderung erforderliche Genehmigung erhalten zu haben.   

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafver­fahrens beantragt. Begründend wurde die Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Zum Verschulden wurde vorgebracht, dass der Berufungs­werber alles in seiner Macht Stehende unternommen habe, Verwaltungsüber­tretungen hintanzuhalten, indem die ihm unterstehenden Mitarbeiter entsprechend geschult und laufend (zumeist täglich) kontrolliert werden. Dass es dennoch zu Unzulänglichkeiten kommen könne, liege nicht am Berufungswerber, sondern an der nicht beseitigbaren Unvollkommenheit seiner Mitarbeiter. Im Übrigen erscheine die verhängte Geldstrafe zu hoch bemessen, zumal der Berufungswerber über keine einschlägigen Vorstrafen verfüge und die Verwaltungsübertretungen keine nachteiligen Folgen nach sich gezogen haben. Überdies verfüge der Berufungswerber über ein monatliches Nettoeinkommen von 1.900 Euro und kein Vermögen. Aufgrund des geringen Verschuldens stünde der Anwendung des § 21 Abs.1 VStG nichts entgegen. Mit Eingabe vom 10. August 2010 wurde die Berufung auf die Bekämpfung der Strafhöhe eingeschränkt.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Vom Oö. Verwaltungssenat wurde ursprünglich für den 11. August 2010 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung anberaumt, welche jedoch aufgrund der Einschränkung der Berufung auf das Strafausmaß und der Mitteilung des Berufungswerbers, wonach diese seinerseits unbesucht bleiben würde, abberaumt wurde. Es konnte daher gemäß § 51e Abs.3 Z2 VStG eine öffentliche mündliche Verhandlung entfallen.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Auch bei der Strafbemessung obliegt es der Behörde gemäß § 60 AVG iVm § 24 VStG die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage, gelegen an der gesetzmäßigen Bemessung der Strafe, klar und übersichtlich zusammenzufassen.

 

5.2. Von der belangten Behörde wurde im angefochtenen Straferkenntnis über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 500 Euro bei einem Strafrahmen bis zu 3.600 Euro verhängt. Strafmildernd wurde die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit, straferschwerend kein Umstand gewertet. Überdies wurden die vom Berufungswerber bekannt gegebenen persönlichen Verhältnisse, und zwar ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 1.900 Euro und kein Vermögen, bei der Strafbemessung berücksichtigt.

 

Grundsätzlich erscheint die von der belangten Behörde verhängte Geldstrafe aufgrund der Anzahl der Tage, in denen Beginn bzw Ende der Betriebszeit nicht eingehalten wurden, durchaus tat- und schuldangemessen und auch geeignet, den Berufungswerber zur Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften zu bewegen.

 

Wenngleich der Schutz von Nachbarinteressen, insbesondere jener der Nachtruhe, weit vor jenem des wirtschaftlichen Interesses des Berufungswerbers zu stellen ist, konnte dennoch mit der nunmehr verhängten Geldstrafe in Höhe von 350 Euro noch das Auslangen gefunden werden.

Die dem Berufungswerber zur Last gelegten Tatzeiten fallen in die Vorweihnachtszeit bzw knapp vor den Weihnachtsfeiertagen, sodass wohl von einer Art "Ausnahmezeit" gesprochen werden kann, die eine intensivere Liefertätigkeit erforderlich macht. Im Übrigen wurde die Einhaltung der Nachtruhe – mit Ausnahme der Sonntage – nur geringfügig über- bzw unterschritten. Es darf aber auch die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Berufungswerbers nicht außer Acht gelassen werden.

 

Sollte es dennoch zu weiteren gleichartigen Verwaltungsübertretungen kommen, wäre jedoch mit einer empfindlicheren Geldstrafe zu rechnen.

 

Einer weitergehenden Herabsetzung der verhängten Geldstrafe stand aber – wie bereits ausgeführt – der Schutz der Nachbarinteressen vor etwaigen Beeinträchtigungen entgegen.

 

Der in der Berufungsschrift angesprochenen Anwendung des § 21 Abs.1 VStG konnte aber nicht näher getreten werden, zumal die kumulativen Voraussetzungen für das Absehen von der Strafe nicht gegeben sind. Immerhin wurde mehrmals die Einhaltung der Nachtruhe missachtet und sohin nachweislich Nachbarinteressen beeinträchtigt. Es kann sohin von keinen unbedeutenden Folgen der Übertretung und auch von keiner Geringfügigkeit des Verschuldens     ausgegangen werden.

 

Die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe war entsprechend herabzusetzen (§ 16 VStG).

 

6. Die Berichtigung der im Spruch des Straferkenntnisses zitierten Strafbestimmung war gesetzlich geboten.   

 

7. Weil die Berufung Erfolg hatte entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

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