Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-165491/4/Br/Th

Linz, 27.10.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Frau X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 28. September 2010, Zl.: VerkR96-14128-2010-mi, wegen einer Übertretung der StVO 1960, zu Recht:

 

 

I.     Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z3 VStG eingestellt.

 

II.    Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.:       § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2008 - AVG iVm  § 24, § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.2 Z1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009.

Zu II.:    § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem o.a. Straferkenntnis über die Berufungswerberin  nach § 99 Abs.3 lit.a iVm § 24 Abs.3 lit.a StVO eine Geldstrafe von 21 Euro und im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden verhängt, weil sie am 22.03.2010, 15:30 Uhr bis 15:52 Uhr, in Attnang-Puchheim, Markstraße den Pkw mit dem Kennzeichen X, auf einer Straßenstelle, die mit einer Zickzacklinie gekennzeichnet war, geparkt habe.

 

 

1.1. Die Behörde erster Instanz führte begründend  folgendes aus:

Gemäß § 24 Abs. 3 lit. a StVO 1960 ist das Parken im Bereich des Vorschriftszeichens "Parken verboten" und "Wechselseitiges Parkverbot" nach Maßgabe der Bestimmungen des § 52 Z.13 a und 13 c sowie auf Straßenstellen, die mit einer Zickzacklinie gekennzeichnet sind, verboten.

 

Gemäß § 99 Abs.3 lit. a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726,00 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs. 1,1a, 1 b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist

 

Die Ihnen angelastete Verwaltungsübertretung wurde durch ein Organ der Gemeinde Attnang-Puchheim festgestellt und der Behörde zur Anzeige gebracht.

 

Mit Schreiben vom 21.06.2010 wurde Ihnen die im Spruch angeführte Verwaltungsübertretung mittels Strafverfügung der Behörde zur Last gelegt.

 

Gegen diese Strafverfügung haben Sie mit Schreiben der Behörde vom 25.06.2010, folgenden Einspruch bei der Behörde eingebracht:

 

"Ich bin der Ansicht das dieser Strafzettel unberechtigt ist.

Begründung:

1.   Die Linien auf denen ich geparkt habe sind GELB! Und ich habe im Internet regergiert, das die GELBE Linien nicht mehr gültig sind.

2.   Sind diese Linien keine Sperrlinie oder eine Parkverbotsfläche

3.   Ist weder ein Halte und Parkverbotsschild aufgestellt noch sonst irgendetwas."

 

Aufgrund Ihrer Angaben wurde die Meldungsiegerin einvernommen, wobei diese folgendes zu Protokoll gegeben hat:

 

"Zu Punkt 1) nach meiner Gesetzeskenntnis sind gelbe Linien sehr wohl gültig

 

Zu Punkt 2) eine Zicklinie bedeutet Parkverbot, d.h. man darf 10 Minuten halten

 

Zu Punkt 3) It. StVO (§ 55 Abs. 4-7) kann ein Parkverbot entweder durch eine gelbe Zickzacklinie oder durch Parkverbotstafeln kundgemacht werden"

Dieser im Ermittlungsverfahren gewonnene Sachverhalt wurde Ihnen mittels Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 26.08.2010, durch ordnungsgemäße Hinterlegung am 01.09.2010, nachweislich zur Kenntnis gebracht.

 

Die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme wurde bis zum heutigen Tage von Ihnen nicht genutzt.

 

Gemäß § 18 Abs.1 AVG hat sich die Behörde bei der Erledigung von Verfahren so viel als möglich einfacher, rascher und kostensparender Erledigungsformen zu bedienen.

Gemäß § 45 Abs.1 bedürfen Tatsachen, die bei der Behörde offenkundig sind und solche für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, keines Beweises.

Gemäß § 99 Abs. 5 StVO 1960 sind Bodenmarkierungen, ausgenommen die Darstellung von Verkehrszeichen, in weißer Farbe auszuführen; Zickzacklinien sind jedoch in gelber Kurzparkzonen in blauer Farbe auszuführen. Wenn es erforderlich ist, eine durch Bodenmarkierungen zum Ausdruck gebrachte Verkehrsregelung vorübergehend durch eine andere Regelung zu ersetzen, sind die dafür notwendigen Bodenmarkierungen in einer anderen Farbe auszuführen.

 

Voraussetzung für eine gesetzmäßige Beweiswürdigung ist ein ausreichend durchgeführtes Ermittlungsverfahren, in welchem die Parteien ihre Rechte geltend machen konnten (Grundsatz des Parteiengehörs - § 37 AVG).

 

Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung bedeutet nicht, dass die Behörde willkürlich vorgehen darf, sondern vielmehr, dass sie nicht an Beweisregeln gebunden ist. Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung ist im Zusammenhalt mit den Grundsätzen der Amtswegigkeit des Verfahrens (§ 39 AVG) und der materiellen Wahrheitsforschung (§ 37 AVG) zu sehen.

 

Grundsatz der freien Beweiswürdigung, dass heißt dass lediglich die Überzeugungskraft der Beweismittel im gegebenen Zusammenhang für ihre Bewertung maßgebend sind. Die Beweiswürdigung ist jedoch insofern nicht frei, als der maßgebende Sachverhalt vollständig erhoben und die Beweisführung tragfähig sein muss.

 

Zu den Bestimmungen des § 19 VStG.1991 wird festgestellt, dass Sie trotz schriftlichem Ersuchen keine Auskunft über Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse erteilten. Es wird daher ein fiktives monatliches Durchschnittseinkommen von 1.500,-, keine

Sorgepflicht und kein Vermögen angenommen.

 

Strafmildernd wurde Ihre bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit gewertet.

 

Straferschwerende Umstände lagen nicht vor.

 

Die Vorschreibung der Verfahrenskosten gründet sich auf die gesetzlichen Bestimmungen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.“

 

 

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerberin mit ihrer fristgerecht der Behörde erster Instanz per E-Mail übermittelten Berufung.

Sie führt darin sinngemäß aus, dass es sich um ungültige gelbe Markierungen gehandelt hätte, wobei es sich weder um eine Sperrlinie und mangels einer entsprechenden Beschilderung auch um keine Parkverbotsfläche handle. Sie könne diesbezüglich bei Bedarf ein Foto zur Verfügung stellen.

 

 

3. Die Behörde erster Instanz hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte hier unterbleiben (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck. Daraus ergibt sich nach Beischaffung eines Luftbildes von der verfahrensgegenständlichen Örtlichkeit die Entscheidungsgrundlage.

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Die Marktstraße weist laut dem Adressenregister des System DORIS insgesamt 12 Ordnungsnummern auf (ON 1, bis ON 19). Dieser im Ortsgebiet von Attnang Puchheim in nordöstlicher Richtung verlaufende Straßenzug erstreckt sich über eine Distanz von deutlich mehr als 100 Meter. Es finden sich dort bahnseitig gelegen zahlreiche Parkflächen (siehe Pfeil im Bild auf Höhe ONr.1).

Mit der hier laut Aktenlage weder aus der Anzeige noch in einer weiteren als Verfolgungshandlung zu wertenden Verfahrenshandlung näher präzisiert hervorleuchtenden Tatortbezeichnung (etwa durch Benennung einer Ordnungsnummer) lässt sich hier die Vorfallsörtlichkeit abstrakt jedenfalls nicht nachvollziehen.

Unter Hinweis auf das h. Erk. v. 22.7.2009, VwSen-130619 muss der Tatort auch bei sogenannten Parkdelikten geografisch ausreichend präzisiert sein um einerseits einen Beschuldigten nicht der Gefahr einer Doppelbestrafung auszusetzen und dessen Verteidigungsmöglichkeiten nicht zu behindern. Insbesondere Ersteres ist hier jedenfalls nicht gewahrt, weil mit der bloßen Bezeichnung „Marktstraße“ nicht vor einer weiteren Verfolgung an anderer Stelle dieses Straßenzuges schützt.

Auch das h. Erk. v. 04.05.2010, VwSen-164939/7/Bi/Th zielt in diese Richtung.

Im Sinne des § 44a Z1 VStG hat dies rechtlicher zur Folge, dass bei der Spruchformulierung "Markstraße" nicht von einer ausreichenden, vor Doppelbestrafung schützenden Tatort­umschreibung auszugehen ist.

Ebenso gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gilt eine binnen der Frist nach § 32 Abs.2 VStG zu setzende Verfolgungshandlung als ausreichend konkretisiert, wenn

a) ein(e) Beschuldigte(r)  in die Lage versetzt war, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und

b) weiters der Spruch geeignet ist, den/die Beschuldigte(n) (Bestrafte[n]) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (VwGH [Verst.Sen.] 13. Juni 1984, 82/03/0265, VwSlg. 11466 A/1984, sowie VwGH 17.4.1996, 95/03/0330 mit Hinweis auf VwGH 19.12.1990, 90/03/0159).

Dies ist hier nicht gegeben.

Es war daher, ohne auf die weiteren Argumente der Berufungswerberin und der Behörde erster Instanz einzugehen, spruch­gemäß zu entscheiden.

 

II. Verfahrenskosten fallen angesichts der Verfahrenseinstellung nicht an.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum