Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-231149/2/BP/Ga

Linz, 11.10.2010

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung der X, vertreten durch X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Eferding, vom 14. September 2010, GZ.: Sich96-49-2010, wegen einer Übertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz zu Recht erkannt:

 

I.  Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Die Berufungswerberin hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des  Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: §§ 24 und 51 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991-VStG iVm. § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

Zu II.: § 65f. VStG

 

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Eferding vom
14. September 2010, GZ.: Sich96-49-2010, wurde über die Berufungswerberin (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 1.000,-- Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 100 Stunden) verhängt, weil sie – als X und somit Fremde im Sinne des § 2 Abs. 4 Z. 1 des Fremdenpolizeigesetzes – sich in Österreich zwischen 4. Juli 2009 und zumindest 26. August 2010 in Österreich aufgehalten habe, obwohl sie nicht rechtmäßig eingereist sei, weder aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz noch aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sei, sie nicht im Besitz eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sei, ihr eine Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz nicht zukomme und sie nicht Inhaberin einer Beschäftigungsbewilligung, Entsendebewilligung oder Anzeigebestätigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz sei. Sie habe sich daher zwischen 4. Juli 2009 und zumindest 26. August 2010 gemäß § 31 FPG nicht rechtmäßig in Österreich aufgehalten.

 

Als verletzte Rechtsgrundlagen werden § 120 Abs. 1 Z. 2 iVm § 31 FPG genannt.

 

Nach Schilderung des bisherigen Verfahrensganges sowie nach Darstellung der einschlägigen Rechtsgrundlagen sieht die belangte Behörde sowohl die objektive als auch die subjektive Tatseite als gegeben an. Mangels des Vorliegens von Erschwerungsgründen sei die gesetzliche Mindeststrafe zu verhängen gewesen.

 

Nach illegaler Einreise nach Österreich am 2. April 2003 sei schließlich am 3. Juli 2009 das Asylbegehren der Bw rechtskräftig negativ abgeschlossen worden, weshalb sie sich – mangels gültigem Aufenthaltstitels - seit 4. Juli 2009 nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte. Dieser Sachverhalt sei der Bw im Rahmen der Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens am 26. August 2010 zur Kenntnis gebracht worden.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid erhob die Bw durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter eine rechtzeitige Berufung mit Schriftsatz vom 27. September 2010.

 

Darin stellt die Bw durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter zunächst den Antrag auf Aufhebung des in Rede stehenden Straferkenntnisses bzw. in eventu auf Aufhebung des Straferkenntnisses und Zurückverweisung an die belangte Behörde zur neuerlichen Entscheidung.

 

Es sei zwar richtig, dass die Bw derzeit über keinen gültigen Aufenthaltstitel verfüge und das Asylverfahren rechtskräftig negativ abgeschlossen sei, jedoch habe sie bei der belangten Behörde einen Antrag auf Erteilung der Niederlassungsbewilligung aufgrund erfolgter Integration eingebracht, über den noch nicht rechtskräftig entschieden worden sei. Gegen einen erstinstanzlich erlassenen Ausweisungsbescheid habe die Bw Berufung erhoben, über die ebenfalls nicht rechtskräftig entschieden worden sei. Es könne der Bw nicht schuldhaft angerechnet werden, den Ausgang dieser Verfahren in Österreich abzuwarten, sodass zumindest in Anwendung des § 21 VStG von einer Bestrafung abzusehen sei.

  

 

2.1. Mit Schreiben vom 30. September 2010 übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat erhob Beweis durch Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt.

 

Da im Verfahren bereits aufgrund der Aktenlage ersichtlich war, dass der angefochtene Verwaltungsakt aufzuheben ist, entfiel gemäß § 51e Abs. 2 VStG die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem – im Wesentlichen unwidersprochen gebliebenen -  unter den Punkten 1.1. und 1.2. dieses Erkenntnisses dargestellten, entscheidungs­relevanten Sachverhalt aus. Zusätzlich stellte eine telefonische  Nachfrage bei der zuständigen Niederlassungsbehörde klar, dass die Bw am 5. Oktober 2009 einen Antrag nach § 44 Abs. 3 NAG stellte, über den bislang keine rechtskräftige Entscheidung vorliegt.

 

2.4. Da im angefochtenen Bescheid keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Im vorliegenden Fall wurde die Erfüllung der objektiven Tatseite auch von der Bw selbst insofern nicht in Abrede gestellt, als die Unrechtmäßigkeit des Aufenthalts in Österreich derzeit anerkannt wird. Der im angefochtenen Bescheid vorgeworfene Tatzeitraum beginnt mit 4. Juli 2009.

 

Die Einleitung des in Rede stehenden Strafverfahrens fand am 26. August 2010 statt. Das Straferkenntnis I. Instanz erfolgte mit 14. September 2010 (Zustellung durch Hinterlegung am 16. September 2010). Fraglich ist - angesichts der in diesem Zeitraum erfolgten Novellierungen des Fremdenpolizeigesetzes (vgl. BGBl. I Nr. 129/2009 und 135/2009) – welche Fassung der einschlägigen Rechtsgrundlagen heranzuziehen ist.

 

Dauerdelikte sind bereits mit Setzung der Tathandlung vollendet, aber erst mit ihrem Aufhören beendet. "Der Lauf von Verjährungsfristen setzt erst mit der Beendigung der Tat ein; auch ist die gesamte Tat nach jener Rechtslage zu beurteilen, die in diesem Zeitpunkt gilt" (N. Raschauer, Wessely: Verwaltungsstrafrecht, Allgemeiner Teil, Graz 2005).

 

Daraus ergibt sich, dass hier relevant die Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses anzuwenden ist, somit die im September 2010 geltende Fassung des Fremdenpolizeigesetzes BGBl. I Nr. 135/2009.

 

3.2. Gemäß § 120 Abs. 1 Z. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 135/2009, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 5.000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu drei Wochen zu bestrafen, wer sich als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltsortes, bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmers möglich ist.

 

Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im        Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die          durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung   bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;

2. wenn sie aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation      des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur     Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für       Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;

3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten       Aufenthaltstitels sind, sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet      keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehe;

4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen    zukommt;

5. (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 122/2009)

6. wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem      Ausländerbeschäftigungsgesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs    Monaten, eine Entsendebewilligung, eine EU-Entsendebestätigung, eine   Anzeigebestätigung gemäß § 3 Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung          gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten,     innehaben oder

7. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.

 

3.3. Im vorliegenden Fall ist (wie im angefochtenen Erkenntnis vorgeworfen) – auch von der Bw - völlig unbestritten, dass sie keinen der  Tatbestände des § 31 Abs. 1 FPG erfüllt, und dass somit der objektive Tatbestand des unrechtmäßigen Aufenthalts grundsätzlich gegeben ist.

 

Die Einwendung, eine Bestrafung sei nicht zulässig, da der Bw - wegen ihres gemäß § 44 Abs. 3 NAG gestellten Antrages auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung aufgrund erfolgter Integration am 5. Oktober 2009 – die Tat subjektiv nicht vorwerfbar sei, bedarf allerdings einer näheren Erörterung.

 

3.4. Gemäß § 44 Abs. 3 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 135/2009 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen (§ 44a) oder auf begründeten Antrag (§ 44b), der bei der örtlich zuständigen Behörde im Inland einzubringen ist, eine quotenfreie „Niederlassungsbewilligung – beschränkt“ zu erteilen, wenn kein Erteilungshindernis gemäß § 11 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 vorliegt und dies gemäß § 11 Abs. 3 zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist.

 

Gemäß § 44b Abs. 3 begründen Anträge gemäß §§ 43 Abs. 2 und 44 Abs. 3 kein Aufenthalts- oder Bleiberecht nach diesem Bundesgesetz. Ebenso stehen sie der Erlassung und Durchführung fremdenpolizeilicher Maßnahmen nicht entgegen und können daher in fremdenpolizeilichen Verfahren keine aufschiebende Wirkung entfalten. Verfahren gemäß §§ 43 Abs. 2 und 44 Abs. 3 gelten über die Fälle des § 25 Abs. 2 hinaus als eingestellt, wenn der Fremde das Bundesgebiet verlassen hat.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 dürfen Aufenthaltstitel einem Fremden nicht erteilt werden, wenn

1. gegen ihn ein aufrechtes Aufenthaltsverbot oder Rückkehrverbot gemäß §§ 60 oder 62 FPG besteht;

2. gegen ihn ein Aufenthaltsverbot eines anderen EWR-Staates besteht;

3. gegen ihn eine durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde und seit seiner Ausreise nicht bereits achtzehn Monate vergangen sind, sofern er nicht einen Antrag gemäß § 21 Abs. 1 eingebracht hat, nachdem er seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig nachgekommen ist;

4. eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;

5. eine Überschreitung der Dauer des erlaubten sichtvermerksfreien oder sichtvermerkspflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt oder

6. er in den letzten zwölf Monaten wegen Umgehung der Grenzkontrolle oder nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig bestraft wurde.

 

3.5. Klar ist zunächst, dass der von der Bw relevierte Antrag gemäß § 44 Abs. 3 NAG erst am 5. Oktober 2009 eingebracht wurde. Der Zeitraum zwischen 4. Juli 2009 und 4. Oktober 2009 ist davon nicht betroffen, weshalb dafür eine die Schuld ausschließende Relevanz nicht bestehen kann. Weiters ergeben sich aus dem Sachverhalt keine Hinweise darauf, dass eine Antragstellung von Seiten der Bw von vorneherein unzulässig oder unbegründet gewesen wäre.

Das FPG enthält keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens, weshalb § 5 Abs 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat die Bw initiativ alles darzulegen, was für ihre Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

Die Bw bringt diesbezüglich insbesondere die Stellung eines Antrags gemäß § 44 Abs. 3 NAG (wie oben dargestellt) auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung - beschränkt vor.

Im Beschluss vom 14. September 2009, Zl. AW 2009/21/0149-5, hat der VwGH dargelegt, dass eine Abschiebung während eines anhängigen Verfahrens nach § 44 Abs 4 NAG nicht in Betracht kommt. Dabei führte der Verwaltungsgerichtshof begründend aus:

"§ 44 Abs. 4 NAG sieht die quotenfreie Erteilung einer 'Niederlassungsbewilligung – beschränkt' unter den in dieser Bestimmung genannten weiteren Bedingungen nur für solche Drittstaatsangehörige vor, die sich im Bundesgebiet aufhalten. Daraus ist zwingend abzuleiten, dass ihnen einerseits die Befugnis zur Inlandsantragstellung zukommt und dass sie andererseits – wenn ihr Antrag nicht zurückzuweisen ist – aber auch die Entscheidung über ihren Antrag im Inland abwarten dürfen, würde doch ein Verlassen  des Bundesgebietes, sei es auch in Befolgung einer Rechtspflicht, als Konsequenz stets die Abweisung eines Antrags nach § 44 Abs. 4 NAG zur Folge haben. Damit wäre indes die durch die genannte Bestimmung bezweckte Regelung für 'Altfälle' – auch wenn gemäß den Kriterien des § 11 Abs 3 NAG ein Aufenthaltstitel nicht zu erteilen wäre (siehe dazu ErläutRV 88 BlgNR 24. GP 11) – völlig 'ausgehebelt', was dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden kann."

 

Auch § 44b Abs. 3 NAG, wonach Anträge – u.a. – nach § 44 Abs. 3 NAG kein Aufenthalts- oder Bleiberecht nach diesem Bundesgesetz begründen und woraus sich ergibt, dass gegen Antragsteller nach dieser Bestimmung eine Ausweisung zulässig ist, kann demnach nicht in dem Sinn verstanden werden, dass ein Drittstaatsangehöriger während eines anhängigen Verfahrens nach § 44 Abs. 3 NAG zum Verlassen des Bundesgebietes verpflichtet wäre oder bei Bestehen einer Ausweisung – abgeschoben werden könnte.

In der Folge hat der VwGH im Erkenntnis vom 22. Oktober 2009, 2009/21/0293, explizit ausgeführt, dass Anträge nach den §§ 43 Abs 2, 44 Abs 3 und 4 NAG den Aufenthalt im Bundesgebiet voraussetzen und daraus zwingend das Recht abzuleiten ist, die Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer humanitären Niederlassungsbewilligung im Inland abwarten zu dürfen.

Mit der Novelle des NAG durch BGBl. I Nr. 122/2009 hat der Gesetzgeber jedoch ausdrücklich festgestellt, dass Anträge gemäß § 43 Abs 2 und § 44 Abs 3 NAG nicht nur kein Aufenthalts- oder Bleiberecht begründen, sondern auch der Erlassung und Durchführung fremdenpolizeilicher Maßnahmen nicht entgegen stehen und solche Anträge daher in fremdenpolizeilichen Verfahren keine aufschiebende Wirkung entfalten können. Verfahren gemäß §§ 43 Abs 2 und 44 Abs 3 gelten über die Fälle des § 25 Abs 2 hinaus als eingestellt, wenn der Fremde das Bundesgebiet verlassen hat.

3.6. Daraus folgt im Ergebnis, dass der Bw ab Antragstellung am 5. Oktober 2009 ein schuldhaftes Verhalten nicht vorgeworfen werden kann:

Es handelt sich bei einer Verwaltungsstrafe nach dem FPG anders als etwa bei einer Abschiebung um keine fremdenpolizeiliche Maßnahme im Sinn des § 44b Abs 3 NAG, weshalb diese Norm hier wohl nicht ins Treffen geführt werden kann. Im Gegenteil liegt für die Bw gemäß der zitierten Judikatur eine entschuldigende Notstandssituation iSd § 6 VStG mit einem unauflöslichen Interessenkonflikt vor, wenn sie einerseits zur Ausreise verpflichtet ist, eine fremdenpolizeiliche Maßnahme im Sinn des § 44b Abs 3 NAG (noch) nicht durchgeführt wurde und andererseits aber im Inland bleiben muss, damit ihr Antrag auf Verleihung eines humanitären Aufenthaltsrechtes überhaupt eine positive Erledigungschance hat (vgl. VwSen-231070/WEI/Fu/Sta vom 14. Juli 2010).

 

Da die Bw im vorliegenden Fall ab dem 5. Oktober 2009 berechtigt war, die Entscheidung über ihren Antrag auf Erteilung einer humanitären Niederlassungsbewilligung im Inland abzuwarten, kann ihr ab dem Zeitpunkt der Antragstellung nicht mehr der im angefochtenen Straferkenntnis zum Ausdruck kommende Vorwurf der Schuld gemacht werden. Es liegt diesbezüglich also keine Verwaltungsübertretung vor.

 

3.7. Anders verhält es sich grundsätzlich für den genau 3 Monate umfassenden Zeitraum zwischen dem Beginn und dem nun festgestellten Ende des in Rede stehenden Dauerdelikts. 3 Monate übersteigen fraglos den der Bw zuzubilligenden Zeitraum der Vorbereitung der Ausreise. Es ist im vorliegenden Fall jedoch auf § 31 VStG Bedacht zu nehmen.

 

Gemäß § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung
(§ 32 Abs. 2 und 3) vorgenommen worden ist.

 

Die Verjährungsfrist beträgt gemäß Abs. 2 leg. cit. 6 Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

 

Nach den unter Punkt  3.1. dieses Erkenntnisses getroffenen Feststellungen zu Vollendung und Beendigung von Dauerdelikten ist festzuhalten, dass im vorliegenden Fall, da nach dem 4. Oktober 2009 mangels Vorliegens der subjektiven Tatseite kein strafbares Verhalten mehr vorliegt, der 4. Oktober 2009 auch als Datum der Beendigung der Tat anzusehen ist. Daraus folgt aber, dass die Einleitung des in Rede stehenden Strafverfahrens am 26. August 2010 jedenfalls außerhalb der 6-monatigen Verfolgungsverjährungsfrist liegt und daher unzulässig war.

 

3.8. Es war daher der Berufung stattzugeben, das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen und spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

4. Bei diesem Ergebnis war der Bw gemäß den §§ 64 ff. VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde, noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Bernhard Pree

 

 

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