Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-281217/34/Wim/Bu

Linz, 29.10.2010

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Leopold Wimmer über die Berufung des Herrn X, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. X, Dr. X, X, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 01.03.2010, BZ-Pol.09030-2009, wegen einer Übertretung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 5.10.2010, zu Recht erkannt:

 

 

I.     Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die verhängte  Geldstrafe auf 1200 Euro, die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe auf 55 Stunden herabgesetzt.

 

II.  Der erstinstanzliche Verfahrenskostenbeitrag vermindert sich auf 120 Euro. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 5, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über den Berufungswerber wegen Übertretung des § 130 Abs. 1 Z16  ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) eine Geldstrafe in der Höhe von 1500 Euro, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 69 Stunden, sowie ein 10%-iger Verfahrenskostenbeitrag verhängt.

 

 

Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen:

 

"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als iSd § 9

Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufene der Firma X Gesellschaft m.b.H, X, X (Arbeitgeberin), zu verantworten, dass am 23.10.2009 in der Arbeitsstätte der X GmbH, in X., X, Produktionshalle, der Arbeitnehmer X, geb. X, sich im frei zugänglichen Bereich es sogenannten Restdrahtspuler/Kabelaufwickler der Fa. X (Bj. Zwischen 1979 und 1983) aufhielt und bei laufender Maschine mit den Händen, welche mit  Handschuhen geschützt waren, in den aufzuwickelnden Stahldraht mit 2,78 mm Durchmesser gelangte, obwohl bewegte Teile von Arbeitsmitteln, die der Bearbeitung, Verarbeitung, Herstellung oder Zuführung von Stoffen oder Werkstücken dienen, wie Werkzeuge, sowie bewegte Werkstücke, die Quetsch-, Scher-, Schneid-, Stich-, Fang-, Einzugs- oder andere Gefahrenstellen bilden, durch Verdeckungen, Verkleidungen oder Umwehrungen gegen Gefahr bringendes Berühren gesichert sein müssen, soweit dies der jeweilige Arbeitsvorgang zulässt. Sofern die genannten Gefahrenstellen nicht durch Verdeckungen, Verkleidungen und Umwehrungen gesichert sind, müssen sonstige Schutzeinrichtungen vorhanden sein, die ein Gefahr bringendes Ingangsetzen oder Berühren bewegter Teile verhindern oder deren Stillsetzen bewirken. Dazu gehören insbesondere Sicherungen mit Annäherungsreaktion wie Lichtschranken, abweisende Einrichtungen, Schalteinrichtungen ohne Selbsthaltung oder ortsbindende Einrichtungen wie Zweihandschaltungen."

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber durch seine Rechtsvertretung rechtzeitig Berufung erhoben, das angefochtene Straferkenntnis seinem gesamten Innhalt nach angefochten und beantragt der Berufung Folge zu geben, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Berufungswerber einzustellen.

 

Zusammengefasst wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der verunfallte Arbeiternehmer seit ca. einem Monat im Werk X tätig gewesen sei, als es zum gegenständlichen Umfall kam. Der Arbeitnehmer sei vom Schichtführer genau in den Arbeitsplatz eingewiesen worden. Dieser sei ihm auch von seinem Arbeitsplatz in Wels her bekannt gewesen, da er dort bei ähnlichen Maschinen seit ca. drei Jahren unfallfrei gearbeitet habe. Am 23.10.2009 sei der Arbeitnehmer von drei Kollegen zumindest zweimal aufgefordert worden, den Gefahrenbereich vom Restdrahtspuler zu verlassen, da er sich in diesem Bereich vorschriftswidrig aufgehalten habe. Der Arbeitnehmer sei am 24.4.2009 wiederkehrend über die allgemeine Sicherheit unterwiesen worden und habe die Belehrung auch unterschrieben. In dieser Sicherheitsunterweisung wurde unter Punkt 6 Maschinenbedienung auch darauf hingewiesen nicht in laufende Maschinen zu greifen. Es bleibe unklar und für den Berufungswerber vollkommen unvorhergesehen und unvorhersehbar warum sich der Arbeitnehmer am 23.10.2009 gleich mehrmals in den Gefahrenbereich begeben habe, obwohl er dies die ganze Zeit vorher nie getan habe. Es bestehe auch keine arbeitstechnische Notwendigkeit in den Restdrahtspuler einzugreifen. Der Arbeitnehmer habe sich freiwillig und ohne Notwendigkeit in den Gefahrenbereich begeben und zwar gleich mehrmals bis es schlussendlich zu dem gegenständlichen Unfall gekommen sei.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld habe einen Bescheid über die Änderung durch Erweiterung der maschinellen Einrichtung bzw. Räumlichkeiten der Betriebsanlage erlassen. Zuvor habe es eine große Begehung der gesamten Betriebsanlage gegeben, bei der auch das Arbeitsinspektorat anwesend gewesen sei. Die gesamte Halle sei gewerberechtlich überprüft worden. Im Auflagenkatalog sei dieser Restdrahtspuler nicht beanstandet worden und seien keine weiteren Sicherheitsauflagen erteilt worden.

 

Der Dienstnehmer sei vor dem Unfall zweimal abgemahnt worden, sich nicht in den Gefahrenbereich zu begeben. Dass der gegenständliche Unfall dennoch passiert sei, läge am vorschriftswidrigen Verhalten des Dienstnehmers. Der Standort in X sei 2001 von der x gekauft worden und habe die Fa. X nach Übernahme Sicherheitsvorkehrungen getroffen, die deutlich über dem genehmigten gewerberechtlichen Standard lägen. Es gebe im Unternehmen ein generelles Sicherheits- und Gesundheitsmanagement welches von der AUVA zertifiziert sei. Es werde größter Wert auf die Sicherheit der Mitarbeiter gelegt. Auch im Rahmen des SGM – Systems sei dieser Restdrahtspuler bei dem es dann zum Unfall gekommen  sei, niemals beanstandet worden.

 

Am 22.12.2008 sei anlässlich einer Werksbesichtigung auch des Arbeitsinspektorates im Haus gewesen, auch dort sei der Restdrahtspuler in keinster Weise beanstandet worden. Eine Prüfbescheinigung gemäß § 82 GewO liege ebenfalls vor.

 

Der Aufwickler des Restdrahtspulers sei eine Anlage aus den 80iger Jahren. An sie sei daher nicht der CE – Standard anzulegen. § 45 Abs. 1 Arbeitsmittelverordnung sehe vor, dass bewegte Teile von Arbeitsmitteln durch Verdeckungen, Verkleidungen oder Umwährungen gegen gefahrbringendes Berühren gesichert sein müssten, soweit dies der jeweilige Arbeitsvorgang  zulasse. Selbst wenn die gegenständliche Maschine durch Gitter gesichert gewesen wäre, hätte dies den Dienstnehmer wohl nicht aufhalten können, sich in den verboten Bereich vor der Seiltrommel zu begeben. Denn auch nach Anbringung von Einzäunungen müsse die Möglichkeit bestehen bleiben, sich der Maschine zu nähern, anders sei diese nicht zu betreiben. Deswegen seien auch alle oben genannten  Maßnahmen und Belehrungen getroffen worden, um zu verhindern, dass sich ein Dienstnehmer der Seiltrommel nähere. Es könne daher davon ausgegangen werden, dass der Berufungswerber weder in subjektiver noch in objektiver Hinsicht eine Verwaltungsübertretung begangen habe.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung bei der neben dem Berufungswerber als Zeugen der gewerberechtliche/technische Geschäftsführer des konkreten Werkes sowie der anzeigende Arbeitsinspektor einvernommen wurden.

 

3.2. Im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde vom Berufungswerber noch zusätzlich ausgeführt, dass ein besseres Kontrollsystem als das des Unternehmens nicht geben könne. Trotzdem sei es möglich, dass ein Fehlverhalten eines Arbeitnehmers der bisher völlig unauffällig gewesen sei nicht innerhalb von 24 Stunden an den handelsrechtlichen Geschäftsführer gelange. Dies umso mehr als sich der Unfall an einem Freitag ereignet habe und der handelsrechtlichen Geschäftsführer seinen Arbeitsort an und für sich in Wels habe. Wäre der Verunfallte schon früher auffällig gewesen und nicht nur am Unfallstag und am Tag davor, wäre der Berufungswerber informiert worden und hätte entsprechende Maßnahmen gesetzt.

 

Die zahlreichen Kontrollen der damit befassten Behörden und auch des Arbeitsinspektorates dieser und gleichsinnig laufender Maschinen hätten keine Beanstandungen ergeben. Wäre die Gefahr tatsächlich so leicht erkennbar gewesen, so wären mit Sicherheit Beanstandungen erfolgt.

 

Der Berufungswerber hätte sich auch Sachverständiger bedient insbesondere der X, welche ihm durch die Prüfbescheinigung attestiert hätte, dass auch sämtliche arbeitnehmerschutzrelevanten Belange erfüllt gewesen seien.

 

Maschinen, die vor 1995 im Betrieb genommen worden seien, bedürften keiner Sicherheitsvorkehrungen wie sie sich aus der CE – Zertifizierung ergeben. Da eine Einhausung aller nicht mit CE- Zertifikat versehen Maschinen unmöglich sei wäre es richtig gewesen durch Belehrung und Einweisung die Gefahr für die Dienstnehmer soweit herabzusetzen, dass mit einem Unfall dieser Art nicht mehr gerechnet werden musste. Das Verhalten des Arbeitnehmers sei durch keine wie immer geartete Arbeitstechnische Notwendigkeit indiziert gewesen, so  wäre es insbesondere auch keinesfalls notwendig gewesen in den laufenden Draht zu greifen, weil ein gesondertes Aufspulgerät vorgeschaltet gewesen sei. Das Verhalten des Arbeitnehmers sei daher unvorhersehbar gewesen. Niemand könne aber sämtliche unvorhersehbaren Gefahren von vornherein ausschalten.

 

3.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

 

Der Berufungswerber ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der X GmbH. Diese betreibt neben einem Werk in Wels ein im Jahr 2001 von der x übernommenes Werk in X. In beiden Werken erfolgt unter anderem die Produktion von Stahlseilen.

Nach der Übernahme des Werkes X wurden vom Unternehmen generell und vorallem auch bei den großen Korbflechtanlagen bei denen ebenfalls Drahtabspulgeräte vorhanden sind, entsprechende Sicherheitsvorkehrungen getroffen, meist in Form von Einhausungen. Der gegenständliche Restdrahtspuler stammt aus den 80iger  Jahren und wurde bis zum Arbeitsunfall sicherheitstechnisch nicht verändert und wurden auch diesbezüglich keine Maßnahmen gesetzt.

 

Der verunfallte Arbeitnehmer war vor dem Arbeitsunfall schon ca. drei Jahre im Unternehmen X beschäftigt und auch im Umgang mit derartigen Maschinen betraut. Er war vor dem Arbeitsunfall ca. vier Wochen bereits im Werk X beschäftigt. Er wurde sicherheitstechnisch unterwiesen und hat auch eine entsprechende Erklärung über diese Unterweisung unterschrieben. Im Unternehmen besteht ein von der AUVA zertifiziertes Sicherheits- und Gesundheitsmanagementsystem und werden vierteljährliche Begehungen betreffend Sicherheit – Ordnung - Sauberkeit durch eine Kommission der unter anderem auch der Sicherheitsbeauftragte und die Sicherheitsvertrauenspersonen sowie der Betriebsrat und der Betriebsarzt angehören.

 

Der Arbeitnehmer hat sich bereits am Tag davor mehrmals im Bereich des Restdrahtspulers und zwar der Drahttrommel aufgehalten. Er wurde diesbezüglich sowohl von Arbeitskollegen als auch vom Schichtführer zwei Mal ermahnt.

 

Der Restdrahtspuler wird verwendet um Drahtreste aus der Seilproduktion aufzuwickeln und einer Entsorgung zuzuführen. Dazu wird von den Drahttrommeln, die bei der Produktion nicht vollständig aufgebraucht wurden, der Draht auf eine gemeinsame Spule aufgewickelt. Dazu ist es notwendig diesen Draht in die aufzuwickelnde Spule einzuhängen und zwar bei stehender Maschine und anschließend vom Bedienpult aus den Spulvorgang zu starten. Dieses Bedienpult befindet sich nicht im unmittelbaren Arbeitsbereich der Maschine und ist mit einer Notaus-Funktion versehen. Das Aufspulgerät hat eine traversierende Verlegevorrichtung die automatisch dafür sorgt, dass der Draht in geordneter Form auf die Spule aufgewickelt wird.

 

Der verunfallte Arbeitnehmer hat sich gegenüber der Seite, wo der Draht auf die Spule geführt wird, dieser genährt und wurde mit seinem Handschuh und somit auch mit seiner Hand vom Draht auf der aufwickelnden Spule erfasst und dort eingeklemmt.

 

Vor diesem Arbeitsunfall wurde diese Maschine wieder durch das Arbeitsinspektorat noch durch die Gewerbebehörde sicherheitstechnisch beanstandet noch ist bei den vierteljährlichen Begehungen eine solche Beanstandung erfolgt. Überdies wurde auch durch eine Prüfbescheinigung gemäß § 82b GewO vom 5.2.2008 der X keinerlei Beanstandung vorgenommen sondern bestätigt, dass die arbeitnehmerschutzrelevanten Belange im Betrieb eingehalten würden.

 

Für diese Maschine hat es noch keine spezielle Sicherheitsevaluierung gegeben, da im Unternehmen bei den größeren nach Ansicht des Unternehmens gefährlicheren Maschinen begonnen wurde und diese schrittweise durchgeführt worden ist.

 

Nach dem Arbeitsunfall wurde die Spulanlage durch ein Gitter eingehaust, sodass bei laufender Maschine überhaupt kein Zutritt mehr in diesem Bereich möglich ist. Weiters sind die Gittertüren mit Endschaltern ausgestattet, sodass beim Öffnen dieser Gittertüren automatisch die Maschine gestoppt wird. Diese Vorkehrungen wurden auch im Werk im Wels bei gleich gelagerten Maschinen umgesetzt.

 

 

3.4. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem erstinstanzlichen Verfahrensakt insbesondere auch den angefertigten Lichtbildern sowie den Aussagen der einvernommenen Zeugen, die in sich keine Widersprüche aufwiesen und allesamt glaubwürdig waren. Dies gilt auch für die Aussagen des Berufungswerbers.

 

Die beantragte Einvernahme des Zeugen X zum Beweis dafür, dass von Seiten des Arbeitsinspektorates vor dem Arbeitsunfall diese Maschine niemals beanstandet worden, war aus rechtlichen Gründen unerheblich und wurde diesem Antrag daher nicht Folge gegeben, wobei seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates die diesbezüglichen Ausführungen durchaus als zutreffend angesehen werden und dies auch im Sachverhalt entsprechend festgestellt worden ist. Dies kann jedoch den Berufungswerber nicht von seiner Verantwortung nach den arbeitsnehmerschutzrechtlichen Vorschriften entlasten, wie in der rechtlichen Begründung näher ausgeführt wird.

 

 


4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 130 Abs. 1 Ziff 16 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe von 145 bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 € bis 14 530 €, zu bestrafen ist, wer als Arbeitsgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Verpflichtung betreffend die Beschaffenheit, die Aufstellung, die Benutzung, die Prüfung oder die Wartung von Arbeitsmitteln verletzt.

Nach § 45 Abs. 1 Arbeitsmittelverordnung (AM-VO) müssen bewegte Teile von Arbeitsmitteln, die bei der Bearbeitung, Verarbeitung, Herstellung oder Zuführung von Stoffen oder Werkstücken dienen, wie Werkzeuge sowie bewegte Werkstücke, die Quetsch-, Scher-, Schneid-, Fang-, Einzugs- oder andere Gefahrenstellen bilden,  durch Verdeckungen, Verkleidungen oder Umwehrungen gegen Gefahr bringendes Berühren gesichert sein, soweit dies der jeweilige Arbeitsvorgang zulässt. Dies gilt auch bei Einstell- und Nachstellarbeiten, die  an im Gang befindlichen Betriebseinrichtungen durchgeführt werden müssen.

 

Gemäß § 45 Abs. 2 leg.cit müssen sonstige Schutzeinrichtungen, die ein gefahrbringendes Ingangsetzen oder Berühren bewegter Teile verhindern oder deren Stillsetzen bewirken, vorhanden sein, sofern Gefahrstellen nach § 1 AM-VO nicht durch Abdeckungen, Verkleidungen oder Umwehrungen gesichert sind. Dazu gehören insbesondere Sicherungen mit Annäherungsreaktion wie Lichtschranken, abweisende Einrichtungen, Schalteinrichtungen ohne Selbsthaltung oder ortsbindende Einrichtungen wie Zweihandschaltungen.

 

4.2. Grundsätzlich war das Restdrahtspulgerät zum Zeitpunkt des Arbeitsunfalls nicht besonders gesichert, sodass der Arbeitnehmer mit seiner Hand in die Spule geraten konnte. Der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung im Sinne der obigen gesetzlichen Bestimmungen ist somit erfüllt noch dazu wo wie sich nunmehr zeigt Sicherungsmaßnahmen durchaus möglich waren.

Grundsätzlich gilt die Arbeitsmittelverordnung auch für Arbeitsmittel, die vor dem Inkrafttreten der CE-Zertifizierung angeschafft und im Betrieb gesetzt wurden.

 

4.3. Zur subjektiven Tatseite ist zu nächst anzuführen, dass es sich bei der gegenständlichen Übertretung um ein so genanntes Ungehorsamsdelikt gemäß § 5 Abs. 1 VStG handelt, bei dem Fahrlässigkeit dann ohne weiters anzunehmen ist, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an einer Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Um ein Verschulden auszuschließen muss der Berufungswerber ein entsprechend wirksames Kontrollsystem eingerichtet haben. Dazu hat der initiativ von sich aus darzulegen, dass er alle Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Die bloße Erteilung von Weisungen reicht nicht aus, sondern entscheidend ist deren wirksame Kontrolle.

 

Im Unternehmen des Berufungswerbers gibt es durchaus beachtliche Sicherheits- und Kontrolleinrichtungen sowie insbesondere auch ein zertifiziertes Sicherheit- und Gesundheitsmanagement. Im gegenständlichen Fall war jedoch der Restdrahtabspuler überhaupt nicht abgesichert und hat sich der zwar generell belehrte Arbeitnehmer bereits am Tag zuvor mehrmals im Bereich dieses Gerätes aufgehalten und war auch ermahnt worden. Diese Maßnahmen haben aber offensichtlich nicht gereicht und waren auch nicht ausreichend wirksam um den gegenständlichen Arbeitsunfall zu verhindern. Gerade im konkreten Fall hätten hier noch massivere Maßnahmen und eine stärkere Überwachung des Arbeitnehmers durch die vom Berufungswerber eingesetzte Kontrollorgane und Verantwortlichen erfolgen müssen.

Auch die dargelegten Kontrolleinrichtungen  können den Berufungswerber nicht so weit entlasten, dass hier sein Verschulden ausgeschlossen wird. So kann auch eine Berufung auf externe Stellen sowie die Gewerbebehörde oder das Arbeitsinspektorat dies nicht bewirken, da es gemäß den gesetzlichen Bestimmungen die ureigenste Verpflichtung des Arbeitsgebers ist, für die Arbeitnehmersicherheit zu sorgen.

Die Gefahrenstelle war durchaus leicht zu erkennen gewesen, da hier eine Zutrittsmöglichkeit zu einem rotierenden Teil des Drahtaufspulers gegeben war zum Unfallszeitpunkt und hat auch mit relativ einfachen Maßnahmen nämlich einer Einhausung abgesichert werden können. Sie ist offensichtlich auch erkannt worden, da ansonsten vor dem Arbeitsunfall keine Ermahnungen ausgesprochen worden wären. Auch wenn zugestanden werden muss, dass eine Sicherheitsevaluierung für jede einzelne Maschine nicht gleichzeitig erfolgen kann so muss doch aufgrund des langen Zeitraumes seit der Übernahme des Werkes und der Einrichtung des SGM Systems und der leichten Erkennbarkeit der Sicherheitsmängel angeführt werden, dass eine Absicherung durchaus schon zumutbar gewesen wäre.

 

Eine Glaubhaftmachung, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschriften überhaupt kein Verschulden trifft, ist dem Berufungswerber nicht gelungen und ist daher auch die subjektive Tatseite als gegeben anzusehen.

 

4.4. Zur Strafbemessung ist auszuführen, dass diese von der Erstbehörde grundsätzlich nach den in § 19 VStG vorgesehenen Kriterien vorgenommen wurde und kann zunächst auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden.

 

Das im Betrieb vorhandene Sicherheits- und Gesundheitsmanagement System wirkt sich jedoch verschuldensmildernd aus, ebenso wird auch der Umstand vom Unabhängige Verwaltungssenat durchaus anerkannt, dass sich der Berufungswerber persönlich sowohl bei der Erstbehörde als auch im Berufungsverfahren gerechtfertigt hat und damit auch zum Ausdruck gebracht hat, dass ihm derartige Belange der Arbeitnehmersicherheit keinesfalls gleichgültig sind und er ein ernstliches Bemühen diesbezüglich dadurch auch dokumentiert hat. Weiters ist auch der Umstand als strafmildernd anzusehen, dass im Unternehmen und zwar sowohl im Werk, wo der Arbeitsunfall passiert ist, als auch im Werk in Wels im Anschluss an diesem Unfall auch entsprechende und nach Aussagen des Arbeitsinspektors offensichtlich auch zielführende Sicherheitsvorkehrungen gesetzt wurden. Diese Umstände rechtfertigen die im Spruch vorgenommene Strafherabsetzung.

 

Eine weitere Strafreduktion konnte einerseits angesichts der geschätzten Einkommensverhältnisse des Berufungswerbers, denen im gesamten Verfahren nicht entgegen getreten wurde und die auch nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates keinesfalls als zu hoch gegriffen angesehen werden können sowie der schweren Folgen des Verstoßes in Form eines Arbeitsunfalls nicht erfolgen.

 

Auch von der Anwendung der Bestimmungen der §§ 20 und 21 VStG (außerordentliche Strafmilderung bzw. Absehen von der Strafe) war abzusehen, da die hierfür notwendigen kumulativen Voraussetzungen (kein Überwiegen der Milderungsgründe, keine unbedeutenden Folgen der Tat) nicht gegeben waren.

 

5. Durch die vorgenommene Strafreduktion vermindern sich auch die erstinstanzlichen Verfahrenskosten und entfällt ein gesonderter Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren. Dies ergibt sich aus den in den Rechtsgrundlagen angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Dr. Leopold Wimmer

 

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen;

VwGH vom 23.03.2012, Zl. 2010/02/0294-5

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum