Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165117/7/Sch/Th

Linz, 02.11.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn X, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Mag. X vom 11. Mai 2010 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wels vom 4. Mai 2010, Zl. 2-S-23.856/09/G, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung (StVO) 1960, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung mit Lokalaugenschein am 21. Oktober 2010, zu Recht erkannt:

 

 

I.                   Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass im Spruch die Wortfolge "Polizei- oder Bundespolizeidienststelle" ersetzt wird durch das Wort "Polizeidienststelle".

 

II.                Der Berufungswerber hat als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 30,00 Euro (20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wels vom 4. Mai 2010, Zl. 2-S-23.856/09/G, wurde über Herrn X, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von 150 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden, verhängt, weil er am 21.09.2009 um 15.00 Uhr in Wels bei der Kreuzung Bauernstraße – Maria-Theresia-Straße in Fahrtrichtung Süden als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen X nach einem Verkehrsunfall, bei dem eine Person verletzt wurde und mit dem sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang stand, die nächste Polizei- oder Bundespolizeidienststelle nicht sofort verständigt habe.

 

Überdies wurde der Berufungswerber gemäß § 64 VStG zu einem Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren in der Höhe von 15,00 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Unbestritten ist, dass der Berufungswerber als Lenker eines Linienautobusses zum Vorfallszeitpunkt in Wels von der Kreuzung mit der Dragonerstraße kommend auf der Bauernstraße nach links in die Maria-Theresia-Straße einbiegen wollte. In Beachtung des bevorrangten Gegenverkehrs hielt er sein Fahrzeug im Kreuzungsbereich an. Nach Aussage der bei der Berufungsverhandlung einvernommenen Zeugin ist der Berufungswerber nach einem ersten Anhalten ein kurzes Stück weitergefahren und hat das Fahrzeug dann neuerlich angehalten. Etwa im selben Moment sah die Zeugin, wie eine entgegenkommende Mopedlenkerin zu Sturz kam. Die Zeugin beobachtete, dass sich die Mopedlenkerin überschlug und auch dabei den Sturzhelm verlor. Der Berufungswerber sei mit seinem Autobus in der Folge weitergefahren und in die Maria-Theresia-Straße eingebogen. Kurz danach befindet sich rechts eine Autobushaltestelle, an der er angehalten hat. Von der Zeugin wurde vermutet, dass der Buslenker nunmehr zu Fuß zurückkommen würde an die Unfallstelle, dem war allerdings nicht so, vielmehr fuhr der Berufungswerber in der Folge weiter.

 

Der Berufungswerber selbst hat bei der Verhandlung angegeben, dass schon vor dem Anhalten im Kreuzungsbereich, nach seinen Angaben hat er nur einmal angehalten, also gab es kein kurzes Anfahren und wiederum Anhalten, im Gegenverkehr eine Mopedfahrerin wahrgenommen habe. Er habe hierauf ein Schleifgeräusch gehört und daraus geschlossen, dass es die Mopedfahrerin "geschmissen" habe. Er habe auch aus dem Rückspiegel heraus beobachten können, wie die Mopedlenkerin auf der Fahrbahn mit ihrem Fahrzeug dahinrutschte. Er habe vermutet, dass die Lenkerin am rechtsseitigen Randstein angefahren sein würde. Gedanken darüber, warum die Mopedlenkerin am Randstein angefahren sein könnte, habe er sich nicht gemacht. Wäre die Mopedlenkerin am Bus angefahren, hätte er einen Zusammenhang mit ihm hergestellt, da dies nicht der Fall gewesen sei, habe er den Unfall nicht seinem Verhalten zugerechnet.

 

Die oben erwähnte Zeugin, aber auch andere an der Unfallstelle anwesende Personen, haben sich der Mopedlenkerin angenommen. Von einer dieser Personen wurden dann auch Rettung und Polizei verständigt. An Verletzungen der Mopedlenkerin sind aktenkundig Hautabschürfungen und Prellungen.

 

4. Gemäß § 4 Abs.2 StVO 1960 haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhange steht, wenn bei dem Verkehrsunfall Personen verletzt worden sind, sofort die nächste Polizeidienststelle zu verständigen.

 

Der Berufungswerber vermeint, sein Verhalten, also sein Linksabbiegen mit dem Omnibus, sei nicht ursächlich gewesen für den Sturz der erwähnten Mopedlenkerin. Dies begründet er damit, da es zu keiner Berührung mit seinem Fahrzeug gekommen sei.

 

Dem ist allerdings entgegen zu halten, dass mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang auch das Verhalten von Personen, die nicht unmittelbar vom Verkehrsunfall betroffen sind, die aber den oder die unmittelbar Betroffenen zu einem Verhalten veranlasst haben, das zu einem Verkehrsunfall geführt hat, mit dem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht. Auch dann, wenn ein Verkehrsteilnehmer nicht richtig oder nicht rechtzeitig reagiert hat, ist der Kausalzusammenhang zwischen der primären Unfallsursache und dem eingetretenen Erfolg gegeben (VwGH 22.03.2000, 99/03/0469).

 

Den aktenkundigen Angaben der Mopedlenkerin unmittelbar nach dem Verkehrsunfall, aber auch jenen der oben erwähnten Zeugin, kann entnommen werden, dass sich die Mopedlenkerin aufgrund des im Kreuzungsbereich sich befindlichen Autobusses zu einem Ausweichmanöver genötigt sah. Geht man von der bei solchen Abbiegemanövern keinesfalls untypischen Vorgangsweise eines linksabbiegenden Fahrzeuglenkers aus, dass nach einem ursprünglichen Anhalten noch ein kurzes Stück nachgefahren wird, nämlich so, wie die Zeugin den Vorgang geschildert hat, dann ist es ebenfalls nicht unschlüssig, wenn sich ein entgegenkommender Lenker darauf einrichtet, nämlich dass ein Ausweichmanöver notwendig werden könnte. Auch ein gewisses "Erschrockensein" kann daraus nachvollziehbar abgeleitet werden. Es mag nun dahingestellt bleiben, ob die Mopedlenkerin im konkreten Fall bei ihrem Ausweichmanöver überreagiert und somit zu ihrem Sturz beigetragen hat, jedenfalls kann angesichts der vorliegenden Fakten nicht davon ausgegangen werden, dass der Berufungswerber nicht als Unfallbeteiligter zu qualifizieren wäre. Ob ein Verkehrsteilnehmer als Unfallbeteiligter anzusehen ist oder nicht, ist anhand der obigen Kriterien zu beurteilen, er kann sich also nicht selbst vom Beteiligtenstatus befreien, etwa mit der Annahme, dass er nur dann ein Unfallbeteiligter sei, wenn es zu einem direkten Kontakt zwischen den beteiligten Fahrzeugen gekommen ist. Dazu kommt gegenständlich noch, dass der Berufungswerber den Verkehrsunfall direkt beobachtet hat. Er hat demnach gesehen, wie die Mopedlenkerin unmittelbar neben seinem Fahrzeug dahingerutscht war. Es kann also auch nicht der Einwand gelten, dass er allenfalls trotz gehöriger Aufmerksamkeit nichts vom Verkehrsunfall bemerkt hätte. Trotz dieser Wahrnehmungen und seiner Position im Kreuzungsbereich hat der Berufungswerber für sich die Entscheidung getroffen, dass er mit dem Verkehrsunfall nichts zu tun habe.

 

Somit hat der Berufungswerber die ihm zur Last getretene Übertretung des § 4 Abs.2 StVO 1960 zu verantworten. Dabei kommt es nicht darauf an, ob ihm allenfalls ein Fahrfehler zugerechnet werden kann; diese Frage ist vom Strafgericht offenkundig verneint worden, da der Berufungswerber vom Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung im Sinne des § 88 Abs. 1 StGB freigesprochen wurde.

 

5. Zur Strafbemessung:

 

Hier wird eingangs auf die Ausführungen im angefochtenen Straferkenntnis verwiesen. Die Nichteinhaltung der im § 4 StVO 1960 normierten Verpflichtungen können nicht als "Bagatelldelikte" mit unbedeutenden Geldstrafen abgetan werden. Der Schutzzweck dieser Bestimmung, nämlich unter anderem eine rasche und zielführende Unfallaufnahme durch die Polizeiorgane zu ermöglichen, muss bei der Strafbemessung Eingang finden.

 

Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit des Berufungswerbers wurde hinreichend berücksichtigt, Erschwerungsgründe lagen nicht vor.

 

Seine aktenkundigen persönlichen Verhältnisse, insbesondere das monatliche Einkommen von etwa 1.350 Euro, werden ihm die Bezahlung der Verwaltungsstrafe ohne weiteres ermöglichen.

 

Einer vom Berufungswerber angesprochenen Anwendung des § 21 Abs.1 VStG stand entgegen, dass ihm weder geringfügiges Verschulden noch unbedeutende Folgen der Tat zugesonnen werden können. Wenn sich ein Fahrzeuglenker in einer derartigen Situation, wie sich der Berufungswerber befunden hatte, dennoch nicht als Unfallbeteiligter sieht, kann dies nicht nur als geringfügiges Versehen abgetan werden. Von unbedeutenden Folgen der Tat kann zudem, sie müssten überdies kumulativ zum geringfügigen Verschulden noch dazu kommen, nicht die Rede sein. Hier wird, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die obigen Ausführungen zum Schutzzweck der Bestimmung des § 4 StVO 1960 verwiesen.

 

Die von der Berufungsbehörde verfügte Änderung im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses soll der begrifflichen Klarstellung dienen.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

S c h ö n

 

 

 

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