Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165426/6/Kof/Jo

Linz, 04.11.2010

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des X, vertreten durch X gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 20.09.2010, VerkR96-3432-2010, wegen Übertretung des § 5 Abs.2 StVO, nach der am 27. Oktober 2010 durchgeführten mündlichen Verhandlung einschließlich Verkündung des Erkenntnisses, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das erstinstanzliche Straferkenntnis  bestätigt.

Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat
20 % der verhängten Geldstrafe zu zahlen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG  iVm  §§ 16, 19 und 24 VStG

§ 64 Abs.1 und 2 VStG

 

 

Der Berufungswerber hat somit insgesamt zu bezahlen:

-         Geldstrafe ...................................................................... 1.600 Euro

-         Verfahrenskostenbeitrag I. Instanz .................................. 160 Euro

-         Verfahrenskostenbeitrag II. Instanz …………………………... 320 Euro

                                                                                                 2.080 Euro

 

Die Ersatzfreiheitsstrafe beträgt ................................................ 14 Tage.

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die belangte Behörde hat über den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) das in
der Präambel zitierte Straferkenntnis – auszugsweise – wie folgt erlassen:

 

"Sie haben sich am 01.05.2010 um 03.35 Uhr in Ried im Innkreis im Krankenhaus nach Aufforderung durch ein besonders geschultes und von der Behörde hiezu ermächtigtes Organ der Straßenaufsicht geweigert, Ihre Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, wobei vermutet werden konnte, dass Sie zuvor gegen 02.45 Uhr in Hohenzell auf der L 1079 bei km 2.150 das Motorfahrrad mit dem Kennzeichen X in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigtem Zustand gelenkt haben.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO, BGBl. Nr. 159/1960 idgF.

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

 

Geldstrafe von Euro           Falls diese uneinbringlich ist,                                      gemäß

                                             Ersatzfreiheitsstrafe von

      1.600                                 14 Tagen                                     § 99 Abs.1 lit.b StVO

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 VStG zu zahlen:

160 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe.

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher  1.760 Euro."

 

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 23.09.2010 erhoben und insbesondere vorgebracht, er sei zur "Tatzeit" nicht dispositions- und diskretionsfähig gewesen.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 51c VStG) erwogen:

 

Entscheidungswesentlich ist im vorliegenden Fall einzig und allein, ob der Bw zur Tatzeit und am Tatort (01.05.2010, 03.35 Uhr im Krankenhaus Ried im Innkreis,
im Folgenden: KH) "zurechnungsfähig" war bzw. die Aufforderung zur Vornahme des Alkotest verstanden hat.

 

Am 27. Oktober 2010 wurde beim UVS eine öffentliche mündliche Verhandlung (mVh) durchgeführt, an welcher der Rechtsvertreter des Bw, ein Vertreter der belangten Behörde sowie der Zeuge und Meldungsleger, Herr X teilgenommen haben.

 

Anmerkung:  Im Folgenden wird der Name des Bw durch die Wendung "Bw"

       in der jeweils grammatikalisch richtigen Form – ersetzt.

 

Stellungnahme des Rechtsvertreters des Bw:

Ich verweise auf meine schriftlichen Eingaben, insbesondere auf die Berufungen.

 

Der Unfall–Ambulanzbrief des Krankenhaus Ried im Innkreis vom 1. Mai 2010 wurde verlesen.

Zu diesem gebe ich keine gesonderte Stellungnahme ab.

 

Die Entfernung vom Krankenhaus bis zum Wohnort des Berufungswerbers beträgt – laut "DORIS" – ca. 1,1 km.

 

Zeugenaussage des GI X:

Wir wurden vom Verkehrsunfall in Hohenzell, Hohenzeller Straße, Strkm. 2,15 – "beim Fahrbahnteiler" verständigt und sind mit dem Streifenwagen dorthin gefahren.

Als wir dort angekommen sind, ist der Bw bereits im Rettungswagen gesessen.

Das von ihm gelenkte Moped lag auf der Fahrbahn.

Wir haben dieses Moped aufgestellt und auf dem Fahrbahnrand abgestellt.

 

Die Rettung hat den Bw in das Krankenhaus verbracht.

Wir sind ebenfalls in das Krankenhaus gefahren, um die näheren Umstände des Verkehrsunfalles zu erheben.

 

Der Bw war im Aufnahmeraum des Krankenhauses.

Die Besatzung des Rettungswagens hat uns davon informiert, dass der Bw offenkundig alkoholisiert sei.

Ich habe selbst auch deutlichen Alkoholgeruch beim Bw festgestellt.

 

Obendrein haben wir den Alkomat im Streifenwagen mitgeführt.

 

Ich habe den Bw zur Vornahme des Alkotests aufgefordert.

 

Er gab zur Antwort, er sehe nicht ein, dass er einen Alkotest durchführen solle, da er kein Fahrzeug gelenkt habe.

 

Ich habe ihn insgesamt sicherlich ca. 3 bis 4-mal zur Vornahme des Alkotests aufgefordert, er hat jedes Mal verweigert.

 

Ich hab mich zuvor bei der behandelnden Ärztin erkundigt, ob die Vornahme des Alkotests möglich wäre. Dies wurde von der Ärztin bejaht.

 

Aus meiner Sicht wäre der Bw in der Lage gewesen, den Alkotest vorzunehmen.

 

Über Befragen des Rechtsvertreters des Berufungswerbers gebe ich an:

Der Bw hat offenkundig beim Lenken des Moped einen Sturzhelm getragen. Dieser lag noch an der Unfallstelle.

Es handelte sich dabei um einen sogenannten "Chat-Helm"

(= ein "halber Sturzhelm", ohne Kinnschutz und ohne Visier).

 

Über Befragen des Rechtsvertreters des Bw gebe ich an, dass ich im Krankenhaus mit dem Bw die Personalien aufgenommen habe.

Einen Ausweis hat er nicht vorgewiesen.

 

Ich habe den Bw zuvor nicht persönlich gekannt.

 

Zuvor an der Unfallstelle im Rettungsauto hat er sämtliche Angaben zur Person verweigert.

Im Krankenhaus hat er uns zumindest Name und Adresse gesagt.

Ob er uns auch das Geburtsdatum zu diesem Zeitpunkt gesagt hat oder ob wir dies auf andere Art und Weise in Erfahrung gebracht haben, kann ich heute nicht mehr angeben.

 

Jedenfalls hat der Bw auf meine mehrfache konkrete Aufforderung zum Alkotest jedes Mal eine konkrete Antwort gegeben, nämlich dass er nicht einsieht, den Alkotest vorzunehmen da er kein Fahrzeug in Betrieb genommen habe.

 

Die Dauer der Amtshandlung im Krankenhaus kann ich nicht mehr genau angeben, geschätzt ca. 15 bis 20 min.

 

Ich habe den Alkomat eingeschaltet, alleine das Aufwärmen bis zur Betriebsbereitschaft dauert ca. 15 min.

 

Während unserer Amtshandlung war die Ärztin des Krankenhauses anwesend.

 

Während der Amtshandlung habe ich ihn auch darüber aufgeklärt, welche Folgen eine Alkotestverweigerung hat.

 

 

 

Er hat immer wieder dasselbe gesagt, nämlich dass er nicht einsehe einen Alkotest vorzunehmen, da er kein Fahrzeug in Betrieb genommen habe.

 

Ob es zwischen dem Bw einerseits und der behandelnden Ärztin andererseits Diskussionen über die Behandlung gegeben hat, davon habe ich nichts bemerkt.

 

Für mich war nach den mehrfachen Aussagen des Bw, er sehe nicht ein einen Alkotest vorzunehmen, die Amtshandlung beendet.

 

Wir haben anschließend das Krankenhaus verlassen.

 

Wenn ich ins Krankenhaus fahre zwecks Vornahme eines Alkotests dann frage
ich grundsätzlich den behandelnden Arzt, ob beim Betreffenden die Vornahme des Alkotests möglich ist.

 

Ende der Zeugenaussage des Herrn GI X.

 

 

Schlussäußerung des Rechtsvertreters des Bw:

 

Die Berufung wird aufrecht erhalten.

Insbesondere wird auf den Arztbrief vom 14.05.2010 verwiesen, in welchem die Verletzungen dokumentiert sind, welche der Bw beim Verkehrsunfall erlitten hat.

 

Der Bw war im Zeitpunkt der Amtshandlung nicht dispositions- und diskretionsfähig.

 

Ich beantrage daher, den Berufungen stattzugeben und die erstinstanzlichen Bescheide (Straferkenntnis, Bescheid betreffend Entziehung der Lenkberechtigung ua) aufzuheben.

 

 

Unstrittig steht fest, dass der Bw am 1. Mai 2010 um ca. 02.45 Uhr auf einer näher bezeichneten Straße mit öffentlichem Verkehr in der Gemeinde Hohenzell ein Motorfahrrad gelenkt hat und dabei zu Sturz gekommen ist.

Der Bw wurde anschließend mit der Rettung in das KH verbracht.

 

Der Unfall-Ambulanzbrief des KH vom 1. Mai 2010 wurde bei der mVh – mit Zustimmung des Rechtsvertreters des Bw – verlesen.

 

 

Befund:

"Der Pat. kommt mit der Rettung, es wird über ein Sturzgeschehen mit e. Moped berichtet. Der Pat. ist vom Allgemeinzustand her wach, ansprechbar, Kreislaufparameter konnten auf Grund der Ablehnung sämtlicher medizinischer Maßnahmen nicht überprüft werden.

 

Er ist in seiner Koordinationsfähigkeit stark eingeschränkt, hat einen massiven Fötor ex ore, ungebührliches Benehmen u. lehnt jede medizinische Behandlung ab. Es finden sich mehrfache Excor. im Gesicht sowie auch an den Händen sowie ein Monokelhämatom. Dem Pat. wird erklärt, dass eine stationäre Beobachtung bzw. auch eine CT Untersuchung des Schädels notwendig ist sowie auch eine übersichtsmäßige Sonographie des Abdomens. Er lehnt sämtliche medizinische Untersuchungsmaßnahmen ab, möchte nach Hause gehen, auch eine stationäre Beobachtung lehnt er ab. Es wird ihm auch angeboten, dass jetzt ambulant die genannten Untersuchungen durchgeführt werden u. er bei unauffälligen Befund dann in häusliche Pflege entlassen werden kann. Auch diesen Vorschlag lehnt er ab. Die ganze Diskussion geht über mehr als 1 1/2 Stunden.

Pat. steht dann auf u. verlässt die Ambulanz, wäre auch nur unter Anwendung von Gewalt Untersuchungen bzw. auch einer Therapie zuzuführen was uns nicht möglich ist u. er verlässt dann selbstständig die Ambulanz.

Rö. wurden keine durchgeführt."

 

Der vom Rechtsvertreter des Bw zitierte Arztbrief vom 14.05.2010 beinhaltet keine Aussagen über das "situationsbezogene Verhalten" des Bw zur Tatzeit.

 

(Unbestrittene) Tatsache ist, dass der Bw anschließend das KH verlassen und sich nach Hause begeben hat.

Die Entfernung zwischen dem KH einerseits und der Wohnung des Bw andererseits beträgt ca. 1,1 km.

 

Nach stRsp des VwGH ist es bereits aufgrund eines "situationsbezogenen" Verhaltens eines KFZ-Lenkers entbehrlich, ein (amts-)ärztliches und/oder fach-ärztliches Sachverständigengutachten über die Zurechnungsfähigkeit einzuholen;

Erkenntnisse vom 09.09.2005, 2004/02/0097; vom 20.06.2006, 2005/02/0245;

vom 11.08.2006, 2006/02/0159; vom 21.09.2006, 2006/02/0196;

vom 23.05.2006, 2006/02/0091; vom 18.6.2007, 2007/02/0170.

 

Das Verhalten des Bw nach dem Verkehrsunfall und dem Verbringen in das KH

-         ca. 1,5-stündige Diskussion mit der behandelnden Ärztin

-         anschließend alleiniges Verlassen des KH, um nach Hause zu gehen

war zielgerichtet und in diesem Sinne auch erfolgreich;

VwGH vom 25.09.1991, 90/02/0217.

 

Bereits aufgrund dieses situationsbezogenen Verhaltens des Bw ist es daher entbehrlich, ein Gutachten eines (Amts-)Arztes und/oder Facharztes über seine Zurechnungsfähigkeit im Zeitpunkt der Verweigerung des Alkotests einzuholen.

 

Anders ausgedrückt:

Bereits aufgrund des situationsbezogenen Verhaltens des Bw steht fest, dass dieser im Zeitpunkt der Verweigerung des Alkotests (1. Mai 2010 um 03.35 Uhr im KH Ried im Innkreis, Aufnahmezimmer) "zurechnungsfähig" war.

 

Der amtshandelnde Polizeibeamte hat bei der mVh ausgesagt, dass er den Bw mehrfach zur Vornahme des Alkotests aufgefordert und der Bw mehrfach – konkret auf die vom Polizeibeamten gestellte Aufforderung – zur Antwort gegeben hat, dass er den Alkotest nicht mache bzw. er nicht einsehe, warum er den Alkotest durchführen solle.

 

Der amtshandelnde Polizeibeamte, hat bei der mVh einen sehr glaubwürdigen und kompetenten Eindruck hinterlassen, den Ablauf der Amtshandlung ausführlich und detailliert geschildert und im Übrigen in keiner Weise bei der Einvernahme den Anschein erweckt, die Bw in irgendeiner Art und Weise ungerechtfertigt belasten zu wollen;  VwGH vom 23.01.2009, 2008/02/0247.

 

Auch aus der Zeugenaussage des amtshandelnden Polizeibeamten ergibt sich, dass der Bw zur Tatzeit "zurechnungsfähig" war.

 

Betreffend den Schuldspruch war daher die Berufung als unbegründet abzuweisen.

 

Zur Strafbemessung ist festzustellen, dass die belangte Behörde sowohl hinsichtlich der Geldstrafe, als auch der Ersatzfreiheitsstrafe das gesetzliche Mindestmaß (1.600 Euro bzw. 14 Tage) verhängt hat.

Eine Herabsetzung dieser Strafe ist somit nicht möglich bzw. ist die Berufung auch betreffend das Strafausmaß abzuweisen.

 

Gemäß § 64 Abs.2 VStG beträgt der Kostenbeitrag für das Verfahren in I. Instanz 10 % und für das Berufungsverfahren weitere 20 % der verhängten Geldstrafe.

 

Es war daher

o        die Berufung als unbegründet abzuweisen,

o        das erstinstanzliche Straferkenntnis zu bestätigen und

o        spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden;  diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Mag. Josef Kofler

 

 

Beschlagwortung:

§ 5 Abs.2 StVO – situationsbezogenes Verhalten;

 

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