Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-100613/2/Fra/Ka

Linz, 20.07.1992

VwSen - 100613/2/Fra/Ka Linz, am 20.Juli 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des H H,K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 21. April 1992, VerkR96-2119-1991/Wa, betreffend Übertretung des KFG 1967, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z.3 VStG.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Strafkostenbeiträgen.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat mit Straferkenntnis vom 21. April 1992, VerkR96-2119-1991/Wa, über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung nach § 102 Abs.1 erster Satz und § 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe in Höhe von 700 S (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) verhängt, weil er am 26. Mai 1991 um 19.00 Uhr den Traktor, mit angehängtem Ladewagen auf der G. Bezirksstraße im Ortschaftsbereich B bei km 10,11 in Richtung G gelenkt hat. Dabei hat er sich vor Antritt der Fahrt, obwohl es zumutbar war, nicht davon überzeugt, daß das Kraftfahrzeug sowie der Anhänger den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entsprach, weil beim Traktor die Beleuchtungseinrichtung sowie die Blinker nicht funktionierten und beim Ladewagen keine Rückstrahler, keine Blinker und keine 10 km/h-Tafel angebracht war.

Ferner wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Strafverfahren in Höhe von 70 S, d.s. 10 % der Strafe, verpflichtet.

I.2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Rechtsinstitut der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, weil keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war nicht anzuberaumen, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Strafbescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.1 VStG). I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Übertretungen nach § 102 Abs.1 KFG 1967 können in Ansehung der im ersten Halbsatz des ersten Satzes normierten Verpflichtung jeweils nur in Verbindung mit anderen, im einzelnen zu bezeichnenden "hiefür in Betracht kommenden Vorschriften" begangen werden (vgl. u.a. VwGH vom 28.9.1988, 88/02/0055). Der angefochtene Schuldspruch entspricht nicht diesen Kriterien. Er verstößt gegen die Bestimmung des § 44a Z.2 VStG. Ist der Lenker eines Kraftfahrzeuges hinsichtlich des "Sichüberzeugens" seiner Verpflichtung nicht nachgekommen, obwohl das Fahrzeug in mehrfacher Hinsicht den in Betracht kommenden Vorschriften nicht entspricht, so kommt das im § 22 VStG normierte Kumulationsprinzip zum Tragen (vgl. das oben angeführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes). Hat daher die Behörde den KFZ-Lenker lediglich einer Übertretung für schuldig befunden, obwohl mehrere Mängel festgestellt wurden, verstößt sie gegen das im § 22 VStG normierte Kumulationsprinzip. Dem unabhängigen Verwaltungssenat erscheint es nicht zulässig, einen diesbezüglich mangelhaften Spruch einerseits dahingehend zu ändern, daß die jeweiligen Übertretungen i.V.m. den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften erstmals dem Berufungswerber vorgehalten werden, denn diese Vorgangsweise käme quasi einer erstinstanzlichen Bestrafung gleich, wodurch der Beschuldigte in seinen praktischen Auswirkungen der ordentlichen Rechtsmittelinstanz verlustig gehen würde.

Darüberhinaus ist festzustellen: Die Strafverfügung vom 5.7.1991 scheidet nach hs. Auffassung als taugliche Verfolgungshandlung aus, denn jeweils wesentliches Tatbestandsmerkmal für die Subsumtion der Verwaltungsübertretung unter § 102 Abs.1 erster Satz KFG (oder auch unter § 103 Abs.1 KFG 1967) ist, in welcher Eigenschaft jemand gegen kraftfahrrechtliche Vorschriften verstoßen hat; sowohl beim Tatbestand des § 102 Abs.1 als auch des § 103 Abs.1 KFG 1967 ist die spruchgemäße Feststellung, daß der Beschuldigte "als Lenker" oder "als Zulassungsbesitzer" eines Kraftfahrzeuges zur Verantwortung gezogen wird, im Sinne des § 44a Z.1 VStG unerläßlich (vgl. VwGH vom 3.4.1985, 84/03/0208 u.a.). In der Strafverfügung fehlt die Feststellung, daß der Beschuldigte "als Lenker" das ihm zur Last gelegte Verhalten zu verantworten hat. In dieser Strafverfügung kommt zwar der Begriff "Fahrt" vor, dies bedeutet jedoch nicht denknotwendig, daß der Beschuldigte das gegenständliche Kraftfahrzeug auch gelenkt hat, denn Fahrt bedeutet lediglich, daß das Kraftfahrzeug in Bewegung war.

Die Zeugeneinvernahmen des Herrn K G sowie von Frau E G sind nun insofern wiederum nicht als taugliche Verfolgungshandlungen zu werten, als sich diese Aussagen nicht auf sämtliche der Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente bezogen haben. So fehlen Aussagen zur Beleuchtung und zu den Blinkern des Traktors. Im übrigen kann dieser Verfolgungshandlung nicht entnommen werden, ob die Erstbehörde die Absicht hatte, den Beschuldigten in der Eigenschaft als Zulassungsbesitzer oder als Lenker zu verfolgen, zumal dies - wie oben erwähnt - aus der beeinspruchten Strafverfügung nicht zweifelsfrei hervorgeht. Ob allenfalls die Einvernahmen der Meldungsleger taugliche Verfolgungshandlungen sind, ist nicht zu untersuchen, da diese bereits außerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist durchgeführt wurden.

Da somit Umstände vorliegen, welche die weitere Fortführung des Strafverfahrens hindern, war spruchgemäß zu entscheiden.

zu II. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r 6

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum