Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310405/12/Kü/Ba

Linz, 05.11.2010

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Thomas Kühberger über die auf das Strafausmaß eingeschränkte Berufung des Herrn X X, vertreten durch Rechtsanwalt X, X, X, vom 30. Juni 2010 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 14. Juni 2010, UR96-14-2010, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 20. Oktober 2010 zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als von der Verhängung einer Strafe abgesehen wird und über den Berufungswerber unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens eine Ermahnung ausgesprochen wird.

 

II.     Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 19, 21 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 14. Juni 2010, UR96-14-2010, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 79 Abs.2 Z 3 iVm § 15 Abs.3 Z 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) eine Geldstrafe von 360 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 17 Stunden verhängt, weil er von 13.9.2009 ab 16.25 Uhr bis 14.0.2009, 7.25 Uhr, im Gemeindegebiet von X, X, einen mit Stoff bezogenen Polstersessel verbrannt und somit eine Übertretung nach dem Abfallwirtschaftsgesetz begangen hat, da Abfälle außerhalb von hierfür genehmigten Anlagen nicht behandelt (verbrannt) werden dürfen.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Rechtsvertreter des Bw eingebrachte Berufung, welche im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 20. Oktober 2010 auf eine Berufung gegen die Strafhöhe eingeschränkt wurde.

Begründend wurde ausgeführt, dass vor der Zerlegung und Verbrennung des Sessels hohe Beamte der Feuerwehr diesen Sessel begutachtet hätten. Da weder der Bw noch andere irgendwelche Schadstoffe hätten feststellen können und weder die Experten noch der Polizist Einwände gehabt hätten, hätte er von der Rechtmäßigkeit seines Handelns ausgehen können. Fahrlässig handle ein Täter dann, wenn sich ein einsichtiger und besonnener Mensch des Verkehrskreises, dem der Handelnde angehöre, an seiner Stelle anders verhalten hätte. Der Bw habe unter den konkreten Umständen jene Sorgfalt an den Tag gelegt, die auch von einem einsichtigen und besonnenen Menschen zu erwarten wäre. Auch die anwesenden Feuerwehrexperten hätten den Sessel als völlig unbehandelt und auch unproblematisch qualifiziert. Insgesamt sei daher davon auszugehen, dass es durch die Verbrennung des Sessels zu keinen nachteiligen Folgen gekommen sei und aufgrund der gegebenen Situation jedenfalls von einem geringfügigen Verschulden auszugehen sei.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 5. Juli 2010 vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht­nahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 20. Oktober 2010, an welcher der Bw und sein Rechtsvertreter teilgenommen haben.

 

Nach rechtlicher Erörterung des Falles im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde vom Bw die vorliegende Berufung auf das Strafausmaß eingeschränkt und beantragt, in Anwendung des § 21 VStG eine Ermahnung auszusprechen.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Da die Berufung im Zuge der mündlichen Verhandlung auf das Strafaus­maß eingeschränkt wurde, ist der Schuldspruch des gegenständlichen Straferkennt­nisses in Rechtskraft erwachsen und hat sich daher der Unabhängige Verwaltungssenat inhaltlich mit der Entscheidung der Erstbehörde nicht auseinanderzusetzen.

 

5.2. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, in wie weit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Voraussetzung für die Anwendung des § 21 VStG ist daher das kumulative Vorliegen beider in dieser Gesetzesstelle genannten Kriterien, nämlich ein geringfügiges Verschulden und lediglich unbedeutende Folgen.

 

Liegen diese gesetzlichen Voraussetzungen vor, hat der Beschuldigte allerdings einen Rechtsanspruch auf Anwendung dieser Bestimmung (vgl. etwa VwGH vom 21. Oktober 1998, Zl. 96/09/0163).

 

Ein Verschulden des Bw kann im Grunde des § 21 Abs.1 VStG nur dann als geringfügig angesehen werden, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt.

 

Der Bw verantwortet sich damit, dass ein einsichtiger und besonnener Mensch in seiner Situation auch nicht anders gehandelt hätte. Faktum ist, dass der alte Sessel bei Verwendung im Zuge des Lagerfeuers gebrochen ist und anschließend vom Bw zerlegt wurde. Dabei war für die Anwesenden ersichtlich, dass der Sessel lediglich aus Holzresten bzw. einer Füllung aus Hanf bestanden hat sowie mit Leinen überzogen war und keinerlei Kunststoffe feststellbar waren. Der Bw ist daher davon ausgegangen, dass es sich hierbei um Brennstoffe handelt und wurde er in seiner Annahme auch von den anwesenden Freunden, die teilweise bei der Feuerwehr tätig sind, bestätigt. Insofern ist davon auszugehen, dass der Bw den Umstand verkannt hat, dass der gebrochene Sessel nicht mehr bestimmungsgemäß zu verwenden war und daher in Entledigungsabsicht zerlegt wurde, weshalb dieser im rechtlichen Sinn als Abfall zu qualifizieren war. Dem Bw kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn er vorbringt, dass die Voraussetzungen für die Anwendung des § 21 VStG vorgelegen sind. Zum einen muss aufgrund der obigen Ausführungen im gegen­ständlichen Fall das Verschulden des Bw als gering angesehen werden und ist weiters von unbedeutenden Folgen der Tat auszugehen. Die nicht brennbaren Materialien des Sessels wurden vom Bw am nächsten Tag aus den Ascheinhalten genommen und entsprechend entsorgt. Mithin ist festzuhalten, dass das tatbild­mäßige Verhalten des Bw aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Falles hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleiben, weshalb wie im Spruch zu entscheiden war.

 

6. Gemäß § 66 Abs.1 VStG entfällt damit auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

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