Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281220/25/Py/Sta

Linz, 28.10.2010

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn x, vertreten durch Rechtsanwälte x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 1. März 2010, GZ: Ge96-53-2009/DJ/RJ, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Mutterschutzgesetz (MSchG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am
23. September 2010 zu Recht erkannt:

 

I.       Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.     Der Berufungswerber hat einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in Höhe von 20 Euro (das sind 20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 9, 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  § 64 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 1. März 2010, Ge96-53-2009/DJ/RJ, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw)  wegen Verwaltungsübertretung nach § 37 Abs.1 iVm § 8a Mutterschutzgesetz 1979 (MSchG), BGBl. Nr. 221/1979 idF BGBl. I Nr. 53/2007 eine Geldstrafe in Höhe von 100 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafen in Höhe von 12 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Sie haben als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit gemäß § 9 Abs.1 VStG strafrechtlich Verantwortlicher der Dienstgeberin x. mit Sitz in x, Geschäftsanschrift x, x (wie von einem Organ des Arbeitsinspektorates X am 03. Februar 2009 im Zuge einer Mutterschutzerhebung festgestellt wurde), folgende Übertretung von Arbeitnehmerschutzvorschriften zu verantworten:

 

Am 03. Februar 2009 wurde die werdende Mutter x, von der x, in der Filiale in x, beschäftigt, ohne dass eine Ruhemöglichkeit für die werdende Mutter bereitgestellt wurde, obwohl gemäß § 8a Mutterschutzgesetz 1979 werdenden und stillenden Müttern, die in Arbeitsstätten sowie auf Baustellen beschäftigt sind, es zu ermöglichen ist, sich unter geeigneten Bedingungen hinzulegen und auszuruhen.

 

Dies stellt eine Übertretung des § 8a des Mutterschutzgesetzes 1979 dar, wonach dafür zu sorgen ist, dass es werdenden und stillenden Müttern, die in Arbeitsstätten sowie auf Baustellen beschäftigt sind, zu ermöglichen ist, sich unter geeigneten Bedingungen hinzulegen und auszuruhen."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtslage aus, dass auf Grund der dienstlichen Feststellungen eines Organs des Arbeitsinspektorates X die objektive Tatseite der im Spruch angeführten Verwaltungsübertretung als erwiesen anzusehen war. Zum Verschulden wird ausgeführt, dass die Rechtfertigung des Bw nicht geeignet war Gründe dazulegen, die einer Bestrafung im Wege stehen. Der Bw sei offensichtlich seiner Pflicht als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer der Arbeitgeberin x, für die Einhaltung des Mutterschutzgesetzes zu sorgen, nicht nachgekommen.

 

Zur verhängten Strafhöhe wird angeführt, dass als straferschwerend gewertet wurde, dass bereits durch einige Aufforderungen in früheren Fällen auf die Notwendigkeit der Bereitstellung einer Ruhemöglichkeit für Schwangere hingewiesen wurde.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Bw im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachte Berufung vom 29. März 2010.

 

In dieser wird vorgebracht, dass den Bw kein Verschulden an der ihm zur Last gelegten Tat trifft, da er ein geeignetes ordnungsgemäß funktionierendes internes System samt dienstrechtlicher Anweisungen und Kontrollen aufgebaut hat.

 

Das Unternehmen der x ist so strukturiert, dass dem Bw als handelsrechtlichem Geschäftsführer direkt mehrere Personen in leitender Funktion unterstellt sind. Dazu gehört der Leiter des Geschäftsführerbüros (Geschäftsführervertrieb) in x, welcher sich mit dem operativen Geschäft der x beschäftigt. Weiters sind dies der Chefeinkäufer sowie der gewerberechtliche Geschäftsführer, welcher für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften und bestimmte ihm sonst übertragene Agenden zuständig ist. Der Ebene "Geschäftsführer Vertrieb" sind vier Verkaufsleiter nachgeordnet, welche für jeweils bestimmte Bundesländer verantwortlich sind. In den jeweiligen Bundesländern ist – im Groben gegliedert nach politischen Bezirken – jeweils ein Bezirksleiter/eine Bezirksleiterin vor Ort, welche direkt die jeweiligen Filialen kontrolliert und betreut.

 

Als (intern) zuständiger Sachbearbeiter hat der gewerberechtliche Geschäftsführer der x, Herr x, am 28. Juli 2004 eine schriftliche (dienstrechtliche) Anweisung, gerichtet an alle Verkaufsleiter, die Unterlage mit der Bezeichnung "Gefährdungsbeurteilung / Unterweisung / Information für werdende Mütter", eingeführt. Diese Unterlage wurde an alle Verkaufs- und Bezirksleiter weitergeleitet, welche auch alle Filialleiter entsprechend instruierten. Originale der Gefährdungsbeurteilung liegen in allen Filialen der x auf. Diese Gefährdungsbeurteilung ist nach dem Bekanntwerden der Schwangerschaft von der Bezirksleiterin in qualifizierter Form zu beachten. Diese hat unverzüglich dafür Sorge zu tragen, dass die auf werdende Mütter anzuwendenden Schutzvorschriften eingehalten werden. Zu diesen Pflichten gehört auch die Anforderung einer Liege als Ruhemöglichkeit für werdende Mütter. Die Einhaltung dieser Vorgaben wird – hierarchisch – sowohl von den jeweiligen Verkaufsleitern, vom gewerberechtlichen Geschäftsführer als auch vom Bw (stichprobenartig) überprüft. Aus für den Bw unverständlichen Gründen hat die in der Vergangenheit ausgesprochen zuverlässige zuständige Bezirksleiterin, Frau x, aus einem einmaligen Versehen diese dienstrechtliche Anordnung zu spät beachtet und die relevanten Unterlagen zu spät an das zuständige Personalbüro weitergeleitet.  Aus diesem Grund dürfte zum Zeitpunkt der Kontrolle eine Ruhemöglichkeit nicht vorhanden gewesen sein. Konkret erfolgte die Ausfüllung des Formulars "Gefährdungsbeurteilung / Unterweisung / Information für werdende Mütter" am 10. Februar 2009 durch Frau x. Zu diesem Zeitpunkt war die erforderliche Ruhemöglichkeit bereits vorhanden. Zum Überprüfungszeitpunkt 3. Februar 2009 war Frau x die Durchführungsanweisung von Herrn Geschäftsführer x bekannt, wonach diese Gefährdungsbeurteilung innerhalb von 2 Wochen nach Bekanntwerden einer Schwangerschaft zu bearbeiten ist. Im Fall der gegenständlichen Schwangerschaftsmeldung wurde von Frau x versehentlich die Unterlage zu spät beachtet und bearbeitet und dürfte dadurch auch die Liegemöglichkeit für die schwangere Mitarbeiterin zu spät zur Verfügung gestellt worden sein. Auf Grund des nunmehr eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahrens wurde Frau x eine Abmahnung wegen Verstoßes gegen eine Dienstanweisung erteilt. Den Bw trifft daher an der gegenständlichen Verwaltungsübertretung kein Verschulden, sondern liegt ein einmaliges Versehen einer zuverlässigen Mitarbeiterin vor, das auch entsprechende dienstrechtliche Konsequenzen nach sich gezogen hat.

 

Zur verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit wird vorgebracht, dass der Bw mit 1. Jänner 2003 Frau x zur verantwortlich Beauftragten bestellt hat, wobei nach dem Inhalt dieser Bestellurkunde Frau x für die Einhaltung sämtlicher die Arbeitnehmer der x und deren Schutz betreffender Vorschriften – auch für die Teile der Arbeitnehmerschutz­vorschriften, welche auf die räumliche Ausstattung und/oder bauliche Ausstattung der jeweiligen Filialen oder sonstigen Arbeitsstätten der x abstellen – verantwortlich ist. Dies umfasst auch die Teile der Mutterschutzvorschriften, welche auf die räumliche Ausstattung und/oder bauliche Ausstattung der jeweiligen Filialen oder sonstigen Arbeitsstätten der x abstellen. Diese Bestellurkunde langte in der KW 13 2003 beim Arbeitsinspektorat X ein. Auf Grund dieser Bestellung ist Frau x für die behauptete Verwaltungsübertretung verantwortlich und nicht der Bw. Dass die Bestellung von Frau x rechtswirksam erfolgte, wurde in einer Mehrzahl von Erkenntnissen – auch des UVS Oö. - bestätigt.

 

Der Berufung angefügt ist die Bestellurkunde betreffend Frau x vom 1.1.2003 samt Anschreiben an das Arbeitsinspektorat X vom 25.3.2003 mit einer Filialliste, eine Dienstanweisung von Herrn x vom 28.7.2004, ein Formular "Gefährdungsbeurteilung/Unterweisung/Information", das ausgefüllte Formular "Gefährdungsbeurteilung/Unterweisung/Information" vom 10.2.2009 betreffend die verfahrensgegenständliche werdende Mutter, ein Schreiben vom 25.5.2009 betreffend die Abmahnung von Frau x sowie eine schriftliche Erklärung von Frau x vom 26.5.2009.

 

3. Mit Schreiben vom 8. April 2009 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 23. September 2010. An dieser nahmen der Rechtsvertreter des Bw sowie ein Vertreter des zuständigen Arbeitsinspektorates als Parteien teil. Als Zeugen wurden die Arbeitsinspektorin Frau x, Frau x und der gewerberechtliche Geschäftsführer des vom Bw vertretenen Unternehmens, Herr x, einvernommen. In das Verfahren einbezogen wurde hinsichtlich der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit zudem die Stellungnahme des Bw vom 9. September 2010 im Verfahren VwSen-281216 sowie die im Verfahren zu VwSen-281241 vorgelegte Spezialvollmacht des Bw vom 1.1.2003 betreffend die Bevollmächtigung von Frau x zur Bestellung von verantwortlichen Beauftragten und Ermächtigung zur Unterfertigung der Bestellurkunden.

 

Den vom Bw in der Berufung sowie in seiner Stellungnahme vom 9. September 2010 im Berufungsverfahren VwSen-281216 gestellten Beweisanträgen auf Zeugeneinvernahme betreffend die interne Aufgabenverteilung im Unternehmen bzw. die vorgesehenen Verantwortungsbereiche in den Bestellurkunden war nicht stattzugeben, da das Einlangen einer Bestellurkunde betreffend Frau x am 3. Juni 2005 beim Arbeitsinspektorat X nicht bestritten wurde und die weitere verwaltungsstrafrechtliche Beurteilung der Bestellung eine Rechtsfrage darstellt, die einem Beweis nicht zugänglich ist. Des weiteren konnte die Beischaffung und Verlesung der in der Berufung angeführten Verwaltungsstrafakten unterbleiben, da der Unabhängige Verwaltungssenat gehalten ist, die Beurteilung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit des Bw anhand der Sach- und Rechtslage fallbezogen durchzuführen. Ergänzend dazu ist auszuführen, dass sich die den jeweiligen Verfahren zugrunde liegenden Bestellurkunden sowohl hinsichtlich ihrer inhaltlichen Ausgestaltung, als auch hinsichtlich ihres Wirkungsbereiches (zB. Ausländerbeschäftigung, arbeitnehmerschutzrechtliche Vorschriften) unterscheiden und daher die Überprüfung des Vorliegens einer rechtsgültigen Bestellung im jeweiligen Einzelfall gegebenenfalls auch zu einem unterschiedlichen Ergebnis führt. Zudem war in den Verfahren auch die Frage des Zeitpunkts des Einlangens der jeweiligen Bestellurkunde beim zuständigen Arbeitsinspektorat bzw. bei der zuständigen Abgabenbehörde zu beurteilen, weshalb eine Beischaffung dieser Verwaltungsstrafakten zur Beurteilung des gegenständlichen Falles nicht erforderlich ist.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Bw ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der x, x, x.

 

Am 1. Jänner 2003 erteilte der Bw der Prokuristin und Vertriebsleiterin der x, Frau x, geb. x, x, die schriftliche Vollmacht, in seinem Namen Verkaufsleiter der x zur verantwortlich Beauftragten im Sinn des § 9 VStG zu bestellen und die Bestellurkunden zur Delegierung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit an die Verkaufsleiter der x zu unterzeichnen. Des weiteren räumte der Bw in dieser Spezialvollmacht Frau x ausdrücklich die Vollmacht ein, sich selbst in seinem Namen zur verantwortlichen Beauftragten zu bestellen und die Bestellurkunden zu unterfertigen, mit welchen Frau x die Verantwortlichkeit im Sinn des § 9 VStG hinsichtlich jener neu eröffneten Filialen der x übertragen wird, welche in jenen Verkaufsbezirken eröffnet werden, für welche Frau x durch den Bw die Verantwortlichkeit gemäß § 9 VStG übertragen erhalten hat.

 

Am 3. Juni 2005 langte beim Arbeitsinspektorat für den 19. Aufsichtsbezirk die mit 25. April 2005 datierte und von Frau x für die x unterfertigte Bestellurkunde betreffend Frau x, geb. x, Angestellte, x, ein. Das diesbezügliche, vom Rechtsvertreter des Bw unterfertigte Anschreiben an das Arbeitsinspektorat vom 1. Juni 2005 enthält folgenden Text:

 

Bestellung verantwortlicher Beauftragter:

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Beigeschlossen übermittle ich Ihnen die Bestellurkunde von Frau x, mit welcher diese von der x für den in der Bestellungsurkunde wiedergegebenen sachlich und räumlich abgegrenzten Bereich per 09.05.2005 zur verantwortlichen Beauftragten bestellt wurde.

 

Allfällige früheren Bestellungen werden hiermit ausdrücklich widerrufen.

 

Ich verbleibe mit der Bitte um Kenntnisnahme bzw. Erledigung,

 

                                                        mit freundlichen Grüßen

 

Beilage wie erwähnt

                                                                  x

 

Die als Beilage übermittelte Bestellurkunde lautet in den für dieses Verfahren maßgeblichen Punkten wie folgt:

 

 

II. Bestellung

 

Der Geschäftsführer der x, Herr x, bestellt Frau x zur verantwortlich Beauftragten für den im nachstehenden Punkt III. bezeichneten sachlich und räumlich abgegrenzten Bereich der x (§ 9 VStG).

 

Frau x nimmt diese Bestellung an und übernimmt die hiemit verbundene Verantwortung.

 

Den Parteien dieser Vereinbarung ist bekannt, dass die Bestellung von Frau x zur verantwortlichen Beauftragten hinsichtlich der den Arbeitnehmerschutz betreffenden Bestimmungen sowie der Normen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes erst dann rechtswirksam wird, wenn diese Bestellungsurkunde bei den zuständigen Arbeitsinspektoraten (§ 23 ArbIG) bzw. den zuständigen Zollbehörden (§ 28a AuslBG) eingelangt ist.

 

Die Vertragsparteien erklären ausdrücklich, dass Frau x als leitende Angestellte maßgebliche Führungsaufgaben zur selbstverantwortlichen Erledigung übertragen wurden, dh. ihr jene maßgebliche Verantwortung und Anordnungsbefugnis eingeräumt wurden, welche es ihr ermöglichen, für die Einhaltung der ihr übertragenen Rechtsvorschriften Sorge zu tragen.

 

Diese Befugnis befreit Frau x nicht davon, unverzüglich die zur Vertretung berufenen Organe der x von allfälligen Beanstandungen und Verfahren schriftlich zu informieren.

 

III. Verantwortungsbereich

 

Die Bestellung von Frau x zur verantwortlichen Beauftragten gemäß Punkt II. dieser Bestellungsurkunde bezieht sich ausdrücklich auf die im § 9 VStG bezogenen besonderen Fälle der Verantwortlichkeit für den nachstehend abgegrenzten Bereich:

 

A) Der räumlich abgegrenzte Bereich, für welchen Frau x die Verantwortlichkeit trägt, ist mit dem Gebiet der Bundesländer Wien und Niederösterreich, dh. mit allen in diesen Bundesländern gelegenen Niederlassungen / Filialen / Verkaufsstellen / Arbeitsstätten der x, festgelegt.

 

B) Der sachlich abgegrenzte Bereich, für welchen Frau x die Verantwortlichkeit trägt, betrifft

 

1) die Einhaltung sämtlicher die Arbeitnehmer der x und deren Schutz betreffenden Vorschriften und der Normen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes. Ausgenommen hievon ist die Verantwortlichkeit für die Einhaltung jener Teile der Arbeitnehmerschutzvorschriften, welche auf die räumliche Ausstattung und / oder bauliche Ausstattung der jeweiligen Filialen oder sonstigen Arbeitsstätten der x abstellen;

 

2) die Einhaltung jener Bestimmungen, welche das Inverkehrbringen (vgl. die Definition des § 1 Abs. 2 LMG 1975) aller von der x vertriebenen Waren nach Ablauf der Mindesthaltbarkeitsfrist bzw. der Verbrauchsfrist ua (vgl. z. B. § 4 Kosmetikkennzeichnungsverordnung, §§ 4 ff Lebensmittelkennzeichnungs­verordnung ua.) regeln (verbieten);

 

3) die Einhaltung jener Normen des allgemeinen und speziellen Zivil- und Verwaltungsrechtes, die den Schutz Dritter, die Verkehrssicherung, den Schutz von Angehörigen der x oder den Schutz der Konsumenten oder von Mitbewerbern zum Zwecke haben;

 

4) die Einhaltung aller notwendigen Vorkehrungen, um auszuschließen, dass durch die Übertretung der bei Ausübung seiner Tätigkeit zu beachtenden Bestimmungen ein strafrechtlich pönalisierter Erfolg eintritt.

 

Insbesondere, ohne dass die nachfolgende Aufzählung eine erschöpfende darstellt, handelt es sich bei dem oben festgeschriebenen Verantwortungsbereich um die Einhaltung der Normen des Arbeits- und Sozialrechtes, insbesondere des Arbeitsinspektions- und des Ausländerbeschäftigungsgesetzes und -  mit Ausnahme des sachlichen Bereiches des Einkaufes – des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb samt den aufgrund dieser Gesetze ergangenen Verordnungen, des Lebensmittelrechtes samt korrespondierender Verordnungen sowie des Gemeinschaftsrechtes.

 

Am 3. Februar 2009 stand in der Filiale x, x, für die von der x beschäftigte werdende Mutter x keine Möglichkeit zur Verfügung, sich unter geeigneten Bedingungen hinzulegen und auszuruhen.

 

Im vom Bw vertretenen Unternehmen war zum Tatzeitpunkt kein ausreichendes Kontrollsystem eingerichtet, das sicherstellte, dass in der Arbeitsstätte beschäftigten werdenden Müttern die Möglichkeit eingeräumt wird, sich unter geeigneten Bedingungen hinzulegen und auszuruhen.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt, dem Wortlaut der im Akt einliegenden, der in das Verfahren einbezogenen und der von den Parteien vorgelegten Urkunden und Unterlagen sowie den Aussagen der in der mündlichen Berufungsverhandlung am 23. September 2010 einvernommenen Zeugen.

 

Die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung wurde vom Bw nicht bestritten und steht auf Grund des durchgeführten Beweisverfahrens als erwiesen fest. Die dazu einvernommene Zeugin x schilderte in der mündlichen Berufungsverhandlung nachvollziehbar und glaubwürdig, welche Vorgangsweise im Unternehmen hinsichtlich der Beschäftigung werdender Mütter in Bezug auf arbeitnehmerschutzrechtliche Belange vorgesehen war. Sie bestätigte im wesentlichen auch das Berufungsvorbringen, wonach im Unternehmen bei Bekanntwerden von Schwangerschaften durch das standardisierte Formular hinsichtlich Gefährdungsbeurteilung/Unterweisung/Information für werdende Mütter grundsätzlich ein standardisiertes Vorgehen vorgesehen ist. Ihren Aussagen ist jedoch auch unzweifelhaft zu entnehmen, dass eine wirksame Kontrolle der erteilten Anweisungen nicht erfolgte bzw. keine entsprechenden Vorkehrungen getroffen wurden, mit denen eine Einhaltung der erteilten Weisungen sichergestellt war. Nach Bekanntwerden der Schwangerschaft der in der Filiale x beschäftigten Mitarbeiterin wurde der Bezirksleiterin trotz Nachfrage in der Zentrale in x keine Liegemöglichkeit für diese zur Verfügung gestellt (vgl. Tonbandprotokoll Seite 2, Zeugin x: "Ich weiß allerdings, dass ich die Unterlagen für die Unterweisung, die schriftlichen, bereits zur Verfügung hatte zum Zeitpunkt der Kontrolle. Eine Liege stand mir allerdings nicht zur Verfügung, dies auch deshalb, da ich ja eine andere schwangere Mitarbeiterin im Bezirk x hatte und ich ja von dort die Liege nicht einfach abziehen konnte." ... "Zu diesem Zeitpunkt ist in der Zentrale in x keine Liege vorhanden gewesen, mir wurde dann die Information gegeben, ich möge eine Kollegin in einem anderen Bezirk anrufen, ob sie eine hat, was ich dann auch gemacht habe." ... "Anweisungen, wie ich vorzugehen habe, wenn ich keine Liege auftreibe, wurden mir nicht gemacht.") Diese Aussage wurde auch vom gewerberechtlichen Geschäftsführer x in seiner Zeugenaussage insofern bestätigt, als er angab: "Eine gezielte Anweisung von mir an die Vertriebsleiter, was zu tun ist, wenn Liegen ausgehen, gab es nicht, weil das ja bisher auch nicht der Fall war" (vgl. Tonbandprotokoll Seite 5). Der Umstand, dass in einem Bezirk gleichzeitig mehrere Schwangerschaften den Einsatz einer Liegemöglichkeit erforderlich machen, erscheint jedoch nicht ausgeschlossen und denkunmöglich, weshalb auch für diesen Fall durch konkrete Anweisungen hätte Vorsorge getroffen werden müssen. Hinzu kommt, dass der Stellungnahme des Arbeitsinspektorates X vom 26. April 2010 zu entnehmen ist, dass das vom Bw vertretene Unternehmen bereits mit Schreiben vom 28. Mai 2008 anlässlich der Besichtigung der Arbeitsstätte x, x, auf das Fehlen einer Liegemöglichkeit für eine werdende Mutter hingewiesen wurde und die Vertreterin der Organpartei in der Berufungsverhandlung ausführte, dass auch zu bereits früheren Zeitpunkten vom Arbeitsinspektorat fehlende Liegemöglichkeiten für werdende Mütter in Filialen des vom Bw vertretenen Unternehmens beanstandet werden mussten. Im Ergebnis steht daher fest, dass zum Tatzeitpunkt im vom Bw vertretenen Unternehmen kein ausreichendes Kontrollsystem zur Sicherstellung der Einhaltung dieser gesetzlichen Bestimmungen vorlag.

 

5. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortlich Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Gemäß § 9 Abs.2 VStG sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

 

Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind gemäß § 9 Abs.2 VStG berechtigt, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

 

Gemäß § 8a Mutterschutzgesetz 1979 (MSchG), BGBl. Nr. 221/1979 idgF ist es werdenden und stillenden Müttern, die in Arbeitsstätten sowie auf Baustellen beschäftigt sind, zu ermöglichen, sich unter geeigneten Bedingungen hinzulegen und auszuruhen.

 

Gemäß § 37 Abs.1 leg.cit. sind Dienstgeber oder deren Bevollmächtigte, die den §§ 2a, 2b, 3 Abs.1, 3, 6 und 7, §§ 4 Abs.1 bis 3, 5 und 6, § 4a, § 5 Abs.1 bis 3, §§ 6 bis 8a, § 9 Abs.1 und 2, § 31 Abs.2, § 32 oder einen Bescheid nach § 4 Abs.2 Z9 und Abs.5, § 5 Abs.4, § 9 Abs.3 und 4 zuwiderhandeln, wenn die Tat nicht nach anderen Vorschriften mit strengerer Strafe bedroht ist, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 70 Euro bis 1.820 Euro, im Wiederholungsfall von 220 Euro bis 3.630 Euro zu bestrafen.

 

5.2. Zur bestrittenen verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit des Bw ist zunächst auszuführen, dass gemäß § 23 Abs.1 Arbeitsinspektionsgesetz 1993 (ArbIG) die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs.2 und 3 VStG für die Einhaltung von Arbeitnehmer/innenschutzvorschriften und für die Einhaltung dieses Bundesgesetzes erst wirksam wird, nachdem beim zuständigen Arbeitsinspektorat eine schriftliche Mitteilung über die Bestellung samt einem Nachweis der Zustimmung des/der Bestellten eingelangt ist. Es reicht daher gemäß § 23 Abs.1 ArbIG die Bestellung des/der verantwortlichen Beauftragten nicht aus, sondern ist für die Wirksamkeit der Bestellung eine Mitteilung an das zuständige Arbeitsinspektorat in schriftlicher Form erforderlich, wobei diese schriftliche Mitteilung "eingelangt" sein muss. Dies bedeutet nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass es nicht auf die Absendung der schriftlichen Mitteilung ankommt, sondern definiert vielmehr diese Bestimmung eine Bringschuld. Maßgeblich für das Zustandekommen und die Wirksamkeit der Bestellung ist daher das Einlangen beim zuständigen Arbeitsinspektorat.

 

Im Verfahren trat hervor, dass am 26. März 2003 beim Arbeitsinspektorat X eine mit 1. Jänner 2003 datierte Bestellurkunde betreffend die Bestellung von Frau x zur verantwortlich Beauftragten der x einlangte. Zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich am 3. Juni 2005, langte beim Arbeitsinspektorat x eine Bestellurkunde betreffend die Bestellung von Frau x zur verantwortlichen Beauftragten der x ein. In dem diesbezüglichen Anschreiben an das zuständige Arbeitsinspektorat X vom 1. Juni 2005 wird angeführt, dass allfällige frühere Bestellungen ausdrücklich widerrufen werden.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat ein nach § 9 Abs.2 VStG eröffneter gewillkürter Übergang der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit in eindeutiger Weise zu erfolgen, ohne dass die Behörde in die Lage versetzt wird, noch weitere Ermittlungen und Erhebungen über den jeweiligen Betrieb und seine Gliederung in räumlicher und sachlicher Hinsicht anzustellen. Sie sollen auch der Aufgabe enthoben sein, die Bestellung einer nur unter Zuhilfenahme weiterer Beweise möglichen Interpretation unterziehen zu müssen (vgl. VwGH vom 29.4.1997, 96/05/0282, vom 7.4.1995, 94/02/0470). Jedenfalls soll vermieden werden, dass Zweifel am Umfang des Verantwortlichkeitsbereiches entstehen und als deren Folge die Begehung von Verwaltungsübertretungen allenfalls überhaupt ungesühnt bleibt (vgl. VwGH vom 29.11.2005, Zl. 2002/06/0147, mwN). Wenn der Bw vermeint, es liege eine denkunmögliche Interpretation vor, wenn die Bestellung der Frau x dazu führen würde, dass die Bestellung der Frau x für bestimmte sachliche und räumliche Verantwortungsbereich nicht weiter bestehen bleibt, so ist ihm entgegen zu  halten, dass schon aus dem Wortlaut des dem Arbeitsinspektorat übermittelten Anschreibens eindeutig hervorgeht, dass frühere Bestellungen ausdrücklich widerrufen werden. Eine Interpretation dahingehend, dass es sich dabei nur um jene Belange handelt, auf die sich die Bestellurkunde der Frau x bezieht, würde dem objektiven Erklärungswert dieser Urkunde widersprechen und zudem die Behörde in die Lage versetzen, Interpretationen hinsichtlich des allenfalls Gewollten anzustellen. Dieser Rechtsauslegung wurde zudem vom Verwaltungsgerichtshofes in seinem Beschluss vom 24. September 2010, Zl. 2010/02/0077, betreffend die Beschwerde des Bw gegen das Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 2. Februar 2010, VwSen-281152/33/Py/Hu, bestätigt.

 

In dieser beim zuständigen Arbeitsinspektorat zuletzt eingelangten Bestellurkunde von Frau x betreffend die Einhaltung arbeitnehmerschutzrechtlicher Belange im vom Bw vertretenen Unternehmen ist unter Punkt III B 1. die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung für die Einhaltung jener Teile der Arbeitnehmerschutzvorschriften, die auf die räumliche Ausstattung und/oder bauliche Ausgestaltung der jeweiligen Filialen abstellen, ausdrücklich vom ausgenommen. Dies im Hinblick auf den Umstand, dass Frau x offenbar diesbezüglich keine Anordnungsbefugnis innerhalb der Unternehmensstruktur zukam (vgl. die Berufungsausführungen sowie die Ausführungen des Bw in der Stellungnahme vom 9. September 2010 im Verfahren VwSen-281216). Indem dem Bw im gegenständlichen Verfahren die fehlende Ausstattung einer Filiale der x mit einer Ruhemöglichkeit für die dort beschäftigte werdende Mutter zur Last gelegt wird, ist dieser Tatbestand vom Verantwortungsbereich der Bestellurkunde betreffend Frau x nicht umfasst.  Da somit hinsichtlich des dem Bw zur Last gelegten Tatvorwurfs eine Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung an einen/eine verantwortlich Beauftragte iSd § 9 Abs.2 VStG nicht vorliegt, ist gemäß § 9 Abs.1 VStG dem Bw als handelsrechtlicher Geschäftsführer der x die gegenständliche Verwaltungsübertretung vorwerfbar.

 

5.3. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

Es ist daher zu prüfen, ob sich der Bw entsprechend sorgfältig verhalten hat, um glaubhaft machen zu können, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Dem Bw ist es im Verfahren nicht gelungen, das Vorliegen eines wirksamen Kontrollsystems zur Verhinderung der gegenständlichen Verwaltungsübertretung glaubwürdig darzulegen. Wie der Verwaltungsgerichtshof schon mehrfach ausgesprochen hat, ist für die Befreiung von der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers die Einrichtung eines solchen Kontrollsystems entscheidend (vgl. zB VwGH vom 19.10.2001, Zl. 2000/02/0228). Die Erteilung von Weisungen entschuldigt den Arbeitgeber (bzw. den zur Vertretung nach außen Berufenen) nur dann, wenn er darlegt und glaubhaft gemacht hat, dass er Maßnahmen ergriffen hat, um die Einhaltung der erteilten Anordnungen betreffend die Beachtung der Rechtsvorschriften zu gewährleisten, insbesondere welche Kontrollen er eingerichtet und wie er sich vom Funktionieren des Kontrollsystems informiert hat. Das entsprechende Kontrollsystem hat selbst für den Fall eigenmächtiger Handlungen von Arbeitnehmern Platz zu greifen (vgl. z.B. VwGH vom 15. September 2004, Zl. 2003/09/0124, mwN). Der Bw hat jedoch nicht erkennbar dargelegt, wie sein behauptetes Kontrollsystem hätte funktionieren sollen. Es ist nicht nachvollziehbar, durch welche ineinander greifenden Maßnahmen die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen lückenlos hätte sichergestellt werden sollen. Offenbar wurde es vielmehr den jeweiligen Bezirksleiterinnen überlassen, für die Bereitstellung von Ruhemöglichkeiten in den ihnen übertragenen Filialen Sorge zu tragen und gab es im Unternehmen keine konkreten Anordnungen, wie diese dabei vorzugehen haben. Das Beweisverfahrens ergab zudem, dass die Einhaltung der für werdende Mütter vorgesehenen Vorgangweise nicht ausreichend überprüft wurde. Das Vorliegen eines wirksamen Kontrollsystems konnte der Bw daher nicht glaubwürdig darlegen, weshalb dem Bw die gegenständliche Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen ist.

 

6. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Die belangte Behörde hat hinsichtlich der Strafbemessung als erschwerend gewertet, dass das vom Bw vertretene Unternehmen bereits durch Aufforderungen in früheren Fällen auf die Notwendigkeit der Bereitstellung von Ruhemöglichkeiten für Schwangere hingewiesen wurde. Im Hinblick auf den Umstand, dass es mit diesen vom Arbeitsinspektorat gesetzten Maßnahmen offenbar nicht gelungen ist, in dem vom Bw vertretenen Unternehmen eine entsprechende Einhaltung der mutterschutzrechtlichen Bestimmungen sicherzustellen, erscheint die von der belangten Behörde verhängte, geringfügig über der gesetzlichen Mindeststrafe gelegene Geldstrafe sowohl aus spezial- als auch aus generalpräventiven Gründen angemessen und gerechtfertigt, um den Bw in Hinkunft zu einem gesetzeskonformen Vorgehen anzuleiten. Da auch im Berufungsverfahren keine Milderungsgründe hervortraten sieht das erkennende Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates keinen Anhaltspunkt, die von der belangten Behörde verhängte Geldstrafe herabzusetzen. Ebenso wenig wäre ein Vorgehen nach § 20 VStG angebracht. Eine Anwendung des § 21 VStG ist nicht in Erwägung zu ziehen, da die dafür erforderlichen kumulativen Voraussetzungen nicht vorliegen.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Andrea Panny

 

 

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