Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-401090/5/SR/Sta

Linz, 27.10.2010

 

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Beschwerde des x, geboren am x alias x, Staatsangehöriger von Afghanistan, derzeit Polizeianhaltezentrum Wien Roßauer Lände (PAZ Wien), vertreten durch x, pA x, x, wegen Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides und Rechtswidrigkeit der Anhaltung in Schubhaft durch den Bezirkshauptmann von Vöcklabruck seit dem 11. Oktober 2010 im PAZ Wien zu Recht erkannt:

 

 

I.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen; unter einem wird festgestellt, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

 

II.     Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Vöcklabruck) Kosten in der Höhe von insgesamt 426,20 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs. 1 und 83 Abs. 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 135/2009) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und der UVS-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 456/2008.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht auf Grund der Aktenlage und der Gegenschrift in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde von folgendem Sachverhalt aus:

 

1.1. Der undokumentierte Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) ist laut eigenen Angaben Staatsangehöriger von Afghanistan, volljährig (festgestellt im Asylverfahren) und zu einem unbekannten Zeitpunkt (vermutlich am 8. August 2010) illegal in das Bundesgebiet eingereist. Nach der Ankunft in Wien bestieg der Bf einen Zug und wollte damit nach Deutschland weiterreisen. Bei einer Kontrolle im Bereich des Linzer Hauptbahnhofes durch Organe des Stadtpolizeikommandos Linz (PI Linz Hauptbahnhof) stellte der Bf einen Antrag auf internationalen Schutz (im Folgenden: Asylantrag). Vor der illegalen Einreise in Österreich hat sich der Bf ca. 2 Wochen in Griechenland aufgehalten.

 

Seit dem 13. September 2010 ist Griechenland zur Führung des Asylverfahrens zuständig. In der Folge erklärte sich Griechenland zur Übernahme des Bf und zur Führung des Asylverfahrens bereit.

 

1.2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Erstaufnahmestelle WEST (im Folgenden: Bundesasylamt) vom 8. Oktober 2010, AI 10 06.996, zu eigenen Handen zugestellt am 11. Oktober 2010, wurde der Asylantrag gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 (im Folgenden: AsylG) als unzulässig zurückgewiesen und festgestellt, dass Griechenland für die Prüfung des Asylantrages zuständig ist. Gleichzeitig wurde der Bf gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 AsylG aus dem Bundesgebiet nach Griechenland ausgewiesen und die Zulässigkeit der Zurückschiebung, Zurückweisung oder Abschiebung für zulässig erklärt.

 

Innerhalb offener Frist hat der Bf dagegen Beschwerde an den Asylgerichtshof erhoben. Die Beschwerde langte am 21. Oktober 2010 beim Asylgerichtshof ein. Am 25. Oktober 2010 hat der Asylgerichtshof dem Bundesasylamt mitgeteilt, dass der Beschwerde keine aufschiebende Wirkung zuerkannt werde.

 

1.3. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 11. Oktober 2010, GZ. Sich40-2537-2010, wurde über den Bf zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2a Z 1. iVm § 80 Abs. 5 FPG iVm § 57 AVG 1991 verhängt.

 

Nach Wiedergabe der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und Darstellung des relevanten Sachverhaltes zeigte die belangte Behörde auf, dass der Bf nach Kenntnisnahme der Zustimmungserklärung seitens Griechenlands entgegen vorheriger Ausführungen den Aufenthalt in Griechenland bestritten und Angaben gemacht habe, um einer Abschiebung nach Griechenland zu entgehen. In diesem Zusammenhang habe der Bf klargestellt, dass er unter keinen Umständen nach Griechenland zurückwolle, sein Reiseziel Hamburg sei bzw. er sich im Westen Europas aufhalten wolle. Dass der Bf eine Abschiebung nach Griechenland mit allen Mitteln zu verhindern suche, zeigten auch seine unglaubhaften Versuche mit der behaupteten Minderjährigkeit auf. Weiters stellte die belangte Behörde fest, dass die Identität des Bf nicht gesichert und er abgesehen eines Bargeldbetrages in der Höhe von 486 Euro völlig mittellos sei.

 

Abstellend auf den Bescheid des Bundesasylamtes vom 11. Oktober 2010,        AI 10 06.996, mit dem der Asylantrag als unzulässig zurückgewiesen, die Zuständigkeit Griechenlands festgestellt und die Ausweisung nach Griechenland verfügt worden war, erachtete die belangte Behörde die Tatbestandsvoraussetzungen nach § 76 Abs. 2a Z. 1 FPG als gegeben.

 

In rechtlicher Hinsicht ging die belangte Behörde davon aus, dass bei Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 76 Abs. 2a FPG die Behörde im Gegensatz zu der Rechtsnorm des § 76 Abs. 2 FPG kein Ermessen im Hinblick auf die Anwendung gelinderer Mittel gemäß § 77 FPG habe. "Es bleibe jedoch zu prüfen, ob die Sicherung der Abschiebung bzw. des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung mittels Schubhaft notwendig" sei "und ob in der Person des Asylwerbers gelegene, besondere Umstände der Schubhaft entgegen" stünden.

 

Hinsichtlich der Notwendigkeit der Schubhaft werde festgehalten, dass in Fällen, in denen der Asylantrag gemäß § 5 AsylG zurückgewiesen und eine durchsetzbare Ausweisung erlassen worden sei, der Sicherungsbedarf bereits durch die im Fremdenrechtsänderungsgesetz 2009 geänderten Rechtsbestimmungen indiziert sei.

 

Mit einer zeitnahen Abschiebung sei in diesem Fall jedenfalls zu rechnen, da sich das Asylverfahren des Bf in finalem Stadium befinde und selbst im Falle des Einbringens eines Rechtsmittels im Asyl- und Ausweisungsverfahren von einer sehr kurzen Anhaltung in Schubhaft auszugehen sei.

 

Die Handlungsweise des Bf lasse erkennen, dass es ihm weniger um einen sicheren Aufenthalt sondern um eine umfassendere Betreuung und Versorgung in einem zentralen Schengenstaat gehe. Dafür habe er erhebliche Mittel und Mühen aufgewendet, sich nicht dem Verfahren in Griechenland gestellt und während der Weiterreise zahlreiche illegale Grenzübertritte in Kauf genommen. Gegenüber den österreichischen Behörden habe der Bf eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass er nicht in den offensichtlich zuständigen Mitgliedstaat zurückkehren wolle. Den Asylantrag in Österreich habe er erst im Rahmen einer Fremdenkontrolle gestellt und dabei ausgesagt, dass der Zielstaat Deutschland sei.

 

Nach umfassenden Ausführungen zu § 76 Abs. 2a FPG und der Bezugnahme auf den vorliegenden Sachverhalt kommt die belangte Behörde zum Ergebnis, dass sich der Bf, sollte er in Freiheit belassen werden, dem weiteren Zugriff der Behörde entziehen und in die Anonymität abtauchen werde. Ein gelinderes Mittel würde zudem die Gefahr beinhalten, dass der Bf nach einem Abtauchen in die Anonymität dem österreichischen Staat weiter finanziell zur Last fallen könnte. Dies auch unter dem Gesichtspunkt, dass das Abtauchen des Bf in die Anonymität in der Folge zu einer Zuständigkeit Österreichs im Asylverfahren führen würde.

 

In den Fällen des § 76 Abs. 2a FPG sei von der Verhängung der Schubhaft lediglich in absoluten Ausnahmefällen abzusehen. Derartige Umstände lägen im vorliegenden Fall aber nicht vor. Nach genauer Abwägung im Rahmen der Einzelfallprüfung komme die belangte Behörde zum Ergebnis, dass die Anordnung der Schubhaft verhältnismäßig sei.

 

Der Schubhaftbescheid wurde dem Bf am 11. Oktober 2010 in Anwesenheit eines Dolmetschers (Sprache Dari) ausgefolgt. Ohne Angabe von Gründen hat sich der Bf geweigert, die Übernahme des Schubhaftbescheides zu bestätigen. 

 

Nach der Ausfolgung des Schubhaftbescheides wurde der Bf um 12.10 Uhr festgenommen und in das PAZ Wien eingeliefert, wo er am 11. Oktober 2010 um 19.00 Uhr einlangte.

 

1.4. Mit E-Mail vom 13. Oktober 2010 teilte das Bundesasylamt der belangten Behörde mit, dass der Bescheid des Bundesasylamtes vom 11. Oktober 2010, AI 10 06.996, erlassen und durchsetzbar sei. In der Folge wurde der belangten Behörde am 19. Oktober 2010 zur Kenntnis gebracht, dass der Bf gegen diesen Bescheid Beschwerde an den Asylgerichtshof eingebracht habe.

 

2. Mit Schriftsatz vom 21. Oktober 2010, gerichtet an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, eingelangt am 21. Oktober 2010 erhob der Bf Beschwerde wegen "rechtswidriger In-Schubhaftnahme" und stellte den Antrag, die Rechtswidrigkeit seiner Anhaltung festzustellen. Neben dem Kostenbegehren wurde der Eventualantrag gestellt, festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft nicht vorliegen.

 

Nach Wiedergabe der persönlichen Daten (u.a.: "Geb. am 1.1.1992 oder 1.1.1994") brachte die Vertreterin vor, dass der Bf unmittelbar nach der Ausfolgung des zurückweisenden Asylbescheids des Bundesasylamtes festgenommen worden sei und sich seit diesem Zeitpunkt in Schubhaft befinde.

 

Gegen diesen Bescheid habe der Bf Beschwerde eingebracht und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt. In dieser Beschwerde sei geltend gemacht worden, dass Griechenland kein sicherer Dublinstaat wäre. Zur Untermauerung dieses Standpunktes sei auf die Spruchpraxis des EGMR hingewiesen worden. Auszugsweise gibt die Vertreterin einen Teil einer Entscheidung des EGMR in englischer Sprache wieder und folgt daraus, dass der Asylgerichtshof "dies respektieren" und der Beschwerde "jedenfalls die aufschiebende Wirkung zuerkennen" werde. Da die "zwingend vorgeschriebene Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einige Zeit in Anspruch nehmen" werde und "während dem überhaupt erst durch verschiedene Instanzen geklärt werden" müsse, ob der Bf nicht doch seinen Aufenthalt legalisieren könne, sei das Vorgehen der belangten Behörde auf keinen Fall geeignet, auf eine möglichst kurze Haftdauer hinzuwirken. Ein Ausschöpfen des Instanzenzuges sei auch nicht als unnötiges in die Länge ziehen des Verfahrens zu qualifizieren. Das Vorgehen der belangten Behörde stelle ebenfalls einen Verstoß gegen das rechtsstaatliche Prinzip dar, da dem Bf durch die Verhängung der Schubhaft der Zugang zu einer adäquaten Rechtsberatung und damit der realen Möglichkeit, seinen Aufenthalt zu legalisieren, erheblich erschwert worden sei.

 

"Die rechtsstaatswidrige Absicht" gestehe die belangte Behörde mit "entwaffnender Offenheit" selbst ein, indem sie auf die verkürzte Rechtsmittelfrist Bezug nehme.

 

Durch Zufall habe der Bf trotz der Inhaftierung Zugang zu einer "unabhängigen Rechtsvertretung" gefunden, sodass er trotz der verkürzten Rechtsmittelfrist eine Beschwerde gegen die Asylentscheidung einbringen habe können. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde befinde sich das Asylverfahren durch die Beschwerdeeinbringung nicht im finalen Stadium und es könne auch nicht die Rede von einer zeitlich sehr kurzen Anhaltung in Schubhaft sein. Schon aus diesem Grunde sei die Schubhaft rechtswidrig.

 

Zu keinem Zeitpunkt habe der Bf in Österreich Handlungen gesetzt, die vermuten ließen, dass er sich dem Verfahren entziehen werde. Dies vor allem deshalb, da es gerade sein Ziel sei, den Aufenthalt in Österreich zu legalisieren, da er sich in Griechenland nicht sicher fühle. Nach der Judikatur des VwGH sei die fehlende Ausreisewilligkeit allein noch kein Grund, um die Schubhaft zu verhängen. Der Logik der belangten Behörde folgend, hätte der Bf bereits vor der Asylantragsstellung bzw. der Bescheiderlassung ausreisen sollen. Der Bf möchte auf jeden Fall den rechtlich möglichen Weg gehen, um seinen Aufenthalt in Österreich zu legalisieren. Damit sei aber nicht automatisch ein Untertauchen verbunden. Der Umstand der illegalen Einreise könne nicht ein reales Risiko des Untertauchens begründen. Der Verwaltungsgerichtshof stelle in ständiger Rechtsprechung fest, dass dem Grund für eine allfällige Weiterreise nach Österreich Relevanz zukommen könne. Die Gründe des Bf seien der belangten Behörde bekannt und würden eine hinreichende Rechtfertigung für das Leugnen (Aufenthalt in Griechenland) aufgrund der wohlbegründeten Furcht vor Zurückschiebung darstellen.

 

Bis zur Festnahme am 11. Oktober 2010 habe sich der Bf im Lager Thalham aufgehalten und sei jederzeit zur Verfügung der Behörden gestanden. Die ihm zustehende Unterstützung habe der Bf bereitwillig angenommen und die belangte Behörde liefere keine triftiges Argument, warum der Bf durch Abtauchen in die Anonymität auf die Unterstützung verzichten sollte. Die Schubhaftverhängung bedürfe konkreter Umstände und dürfe nicht als Standardmaßnahme erfolgen. Da die belangte Behörde keine einzelfallbezogene Verhältnismäßigkeitsprüfung vorgenommen habe, sei die Verhängung der Schubhaft rechtswidrig.

 

Nach Ausführungen zu § 76 Abs. 2a FPG und der auszugsweisen Wiedergabe von Entscheidungen einiger Unabhängiger Verwaltungssenate, die sich auf "gleichgelagerte" Fälle bezogen hätten, vermeint die Vertreterin, dass die belangte Behörde eine konkrete Einzelfallprüfung verabsäumt habe.

 

Im Hinblick darauf, dass mit einem gelinderen Mittel das Auslangen gefunden werden hätte können, sei die Schubhaft von Anfang an rechtswidrig. Die Feststellung der belangten Behörde, dass der Bf seinen Aufenthalt in Österreich nicht legalisieren könne, sei nicht Aufgabe dieser Behörde und diese Beamten würden auch nicht über die fachliche Ausbildung verfügen, um über den Ausgang dieses Verfahrens entscheiden zu können. Es könne nämlich keinesfalls davon ausgegangen werden, dass der Asylantrag des Bf jedenfalls mangels Zuständigkeit Österreichs zurückgewiesen werde und es stimme absolut nicht, dass jeder Dublin-Treffer zu einer rechtskräftigen Ausweisung führe.

 

Die behördlichen Annahmen seien weder gerechtfertigt noch verhältnismäßig. Somit hätte die belangte Behörde das gelindere Mittel ernsthaft prüfen und anzuwenden gehabt. Abschließend geht die Vertreterin des Bf davon aus, dass die belangte Behörde im Widerspruch zur UNHCR-Richtlinie vom Februar 1999 die Haft verhängt und diese somit gänzlich missachtet habe.

 

3. Mit Schreiben vom 21. Oktober 2010 übermittelte die belangte Behörde per
E-Mail den Fremdenakt und erstattete eine Gegenschrift.

 

Einleitend wies die belangte Behörde auf den vorliegenden Schubhaftbescheid vom 11. Oktober 2010, den erhobenen und festgestellten Sachverhalt und die Einvernahmen im Asylverfahren hin. Die Einvernahmen im Asylverfahren würden erhebliche Widersprüche und den vehementen Rückkehrunwillen nach Griechenland aufzeigen. Nach ausführlicher Auseinandersetzung mit dem Verhalten des Bf im bisherigen Verfahren weist die belangte Behörde auf das (ursprüngliche) Reiseziel Deutschland hin und bekräftigt damit ihre bisherigen Überlegungen. Im Hinblick auf die am 21. Oktober 2010 beim Asylgerichtshof eingegangene Beschwerde geht die belangte Behörde davon aus, dass die Rückführung nach Griechenland zeitnah in der ersten Novemberwoche bewerkstelligt werden könne.

Für den Fall einer Fortsetzung der Reise nach Deutschland und der Ergreifung des Bf in Deutschland würde Österreich relativ wahrscheinlich die Zuständigkeit zur Führung des Asylverfahrens erlangen.

 

Anschließend beantragte die belangte Behörde die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

 

3.1. Mit E-Mail vom 25. Oktober 2010 teilte die belangte Behörde mit, dass der Asylgerichtshof der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 8. Oktober 2010 die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt habe und die Durchführbarkeit der Ausweisung somit mit 25. Oktober 2010 eingetreten sei. Es sei beabsichtigt, die Abschiebung nach Griechenland am 3. bzw. am 4. November 2010 vorzunehmen.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass bereits aus der Aktenlage der Sachverhalt hinlänglich geklärt ist. Da im Wesentlichen Rechtsfragen zu klären waren, konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1.1. Nach § 82 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009 (im Folgenden: FPG), hat der Fremde das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn er

1. nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2. unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde oder

3. gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Nach § 83 Abs. 1 FPG ist zur Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 82 Abs. 1 Z. 2 oder 3 der unabhängige Verwaltungssenat zuständig in dessen Sprengel die Behörde ihren Sitz hat, welche die Anhaltung oder die Schubhaft angeordnet hat. In den Fällen des § 82 Abs. 1 Z. 1 richtet sich die Zuständigkeit nach dem Ort der Festnahme.

 

Sofern die Anhaltung noch andauert, hat der unabhängige Verwaltungssenat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden (vgl. § 83 Abs. 4 FPG).

 

4.1.2. Dem Bf wurde am 11. Oktober 2010 der Schubhaftbescheid der belangten Behörde ausgefolgt, anschließend wurde er in das PAZ Wien verbracht und wird seither er in Schubhaft angehalten.  

 

Seine Beschwerde ist zulässig aber unbegründet.

 

4.2. Gemäß § 76 Abs. 1 FPG 2005 können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Nach § 76 Abs. 2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zweck der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

1. gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

2. gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

3. gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§ 60) verhängt worden ist oder

4. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Gemäß § 76 Abs. 2a FPG hat die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber Schubhaft anzuordnen, wenn

1. gegen den Asylwerber eine mit einer zurückweisenden Entscheidung gemäß    § 5 AsylG 2005 verbundene durchsetzbare Ausweisung erlassen wurde oder ihm gemäß § 12a Abs. 1 AsylG 2005 ein faktischer Abschiebeschutz nicht   zukommt;

2. eine Mitteilung gemäß § 29 Abs. 3 Z. 4 bis 6 AsylG 2005 erfolgt ist und der Asylwerber die Gebietsbeschränkung gemäß § 12 Abs. 2 AsylG 2005 verletzt hat;

3. der Asylwerber die Meldeverpflichtung gemäß § 15a AsylG mehr als einmal verletzt hat;

4. der Asylwerber, gegen den nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde, der Mitwirkungsverpflichtung gemäß § 15 Abs. 1 Z. 4 vorletzter Satz AsylG nicht nachgekommen ist, oder

5. der Asylwerber einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z. 23 AsylG 2005) gestellt hat und der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 aufgehoben wurde,

und die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig ist, es sei denn, dass besondere Umstände in der Person des Asylwerbers der Schubhaft entgegen stehen.

 

Gemäß § 80 Abs 1 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Sie darf gemäß § 80 Abs 2 FPG nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Mit Ausnahme der Fälle des § 80 Abs 3 und 4 FPG darf die Schubhaft nicht länger als 2 Monate dauern.

 

Die Schubhaft ist nach dem § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

 

4.3.1. Im Gegensatz zu den Schubhafttatbeständen des § 76 Abs. 1 und 2 FPG, die ihrer Formulierung nach eine Ermessensentscheidung bedingen, legt Abs. 2a leg. cit., der mit der Novelle BGBl. I Nr. 122/2009 eingefügt wurde, auf den ersten Blick eine zwingende Verhängung der Schubhaft bei Vorliegen der hier normierten Tatbestandselemente fest. Den Materialien zu § 76 Abs. 2a FPG ist zu entnehmen, dass "erweiterte Schubhafttatbestände geschaffen" wurden und in den normierten 5 Fällen "grundsätzlich von einem Sicherungsbedürfnis auszugehen sein wird". Dies erkläre sich aus den spezifischen Voraussetzungen der Z. 1 bis 5, welche Fälle umfasse, in denen nicht nur ein Ausweisungsverfahren eingeleitet oder eine Ausweisung bereits erlassen wurde, sondern auch beispielsweise eine zeitnahe Außerlandesbringung evident ist.

 

Weiters geben die Materialien an, dass der von den Höchstgerichten geforderten Verhältnismäßigkeitsprüfung durch den letzten Satz Rechnung getragen wird und gehen diesbezüglich von einem Anwendungsbereich der besonderen in der Person des Asylwerbers gelegenen Umstände "insbesondere" von "Alter" und "Gesundheitszustand" aus. Eine Beschränkung allein auf derartige Umstände wird wohl unzureichend sein, da nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 17.891/2006 und 18.196/2007) schon bei den Absätzen 1 und 2 des § 76 FPG eine umfassende Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen ist. Eine nunmehrige Einschränkung auf lediglich rein in der Person gelegene Umstände wäre somit verfassungsrechtlich bedenklich und ist über verfassungskonforme Interpretation aufzulösen. Darüber hinaus muss auch bei dieser Bestimmung die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft – mit besonderer aber nicht ausschließlicher Blickrichtung auf persönliche Verhältnisse des Schubhäftlings – vorliegen. Ein Vergleich mit den Materialien zeigt zudem, dass durch diese Norm das Institut des gelinderen Mittels nach § 77 FPG unberührt bleibt und somit in die Prüfung mit einzubeziehen ist.

 

Der Ansicht (der belangten Behörde), dass von einer zwingenden Schubhaftverhängung auszugehen sei, ist aber entgegenzuhalten, dass die Gesetzesbestimmung schon nach dem Wortlaut kumulativ zusätzlich zum Vorliegen der Z. 1 bis 5 jedenfalls auch die Schubhaft für die Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung notwendig sein muss. Dies kann aber nichts anderes bedeuten, als dass der Sicherungsbedarf zusätzlich zum Vorliegen der Tatbestandsmäßigkeit der Z. 1 bis 5 geprüft werden muss. Fraglos sind die genannten Fallkonstellationen ihrer Natur nach dazu geeignet, aufgrund ihres Vorliegens Indizien auch für das Bestehen eines Sicherungsbedarfs darzustellen.

 

Daraus folgt, dass das Vorliegen einer Alternative des § 76 Abs. 2a FPG als Indiz für das Bestehen des Sicherungsbedarfs gewertet werden muss, eine Prüfung aber nicht ersetzt. Ginge man nämlich davon aus, dass bei Vorliegen einer oder mehrerer Alternativen des § 76 Abs. 2a FPG zwingend die Schubhaft zu verhängen wäre, würde man dieser Bestimmung einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellen. Entsprechend der Rechtssprechung der Höchstgerichte, wonach die Schubhaft stets nur die ultima ratio sein darf, hat der Gesetzgeber, wie die Ausgestaltung der erweiterten Schubhafttatbestände und die Materialien dazu zeigen, trotz der Anordnung "hat zu verhängen" keine zwingende Schubhaftverhängung vorgesehen.

 

Mit der Schaffung des erweiterten Schubhafttatbestandes (§ 76 Abs. 2a Z. 1 FPG) hat der Gesetzgeber aber eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass nach der Erlassung einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 5 AsylG, verbunden mit einer durchsetzbaren Ausweisung, eine zeitnahe Außerlandesbringung evident und daher von einem grundsätzlichen Sicherungsbedürfnis auszugehen ist.

 

Die Fremdenpolizeibehörde hat bei ihrer einzelfallbezogenen Prüfung vorerst von dem grundsätzlich vorliegendem Sicherungsbedürfnis auszugehen und darüber hinaus zu klären, ob die Schubhaft notwendig ist oder ob besondere Umstände in der Person des Asylwerbers vorliegen, die dieser entgegen stehen.

 

Das dem Schubhafttatbestand immanente grundsätzliche Sicherungsbedürfnis wird im Hinblick auf die vorliegende durchsetzbare Ausweisung und die unmittelbar bevorstehende Außerlandesbringung dann zur Notwendigkeit der Schubhaft führen, wenn das bisherige Verhalten und/oder die Mitwirkung in den behördlichen Verfahren ein Untertauchen in die Illegalität befürchten lassen.

 

4.3.2. Der Bf hat sich in der Beschwerde auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes bezogen, wonach bei Eingriffen in das Recht auf persönliche Freiheit stets das unmittelbar anwendbare Gebot der Verhältnismäßigkeit zu beachten sei und die zuständige Fremdenpolizeibehörde in jedem Fall eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen habe. Darüber hinaus hat er angesprochen, dass der Verwaltungsgerichtshof daraus gefolgert habe, dass die die Schubhaft anordnende Behörde nachvollziehbar darzulegen hat, inwiefern die Anordnung der Schubhaft erforderlich ist, um den Sicherungszweck zu erreichen. In diesem Sinn seien auch Überlegungen anzustellen, ob dem Sicherungszweck bereits durch die Anwendung gelinderer Mittel gemäß § 77 FPG entsprochen werden kann. Zudem habe der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass dies im Ergebnis bedeute, dass die Schubhaft auch dann, wenn sie auf einen der Tatbestände des § 76 FPG gestützt werden soll, stets nur die ultima ratio sein dürfe.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verlangt die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit einer Schubhaft nach § 76 Abs. 2 FPG eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Außerlandesschaffung und dem privaten Interesse an der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen. Dabei ist der Frage nach dem Sicherungsbedürfnis nachzugehen, was die gerechtfertigte Annahme voraussetzt, der Fremde werde sich dem Verfahren oder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen oder diese Maßnahmen zumindest wesentlich erschweren.

 

4.3.3. Unbestritten steht fest, dass der Asylantrag des Bf gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und damit verbunden eine durchsetzbare Ausweisung nach Griechenland erlassen worden ist. Da der Asylgerichtshof der zuständigen Asylbehörde mitgeteilt hat, dass der Beschwerde die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt wird, ist die durchsetzbare Ausweisungsentscheidung nunmehr auch durchführbar.

 

Zum Zeitpunkt der Ausfertigung und Absendung des vorliegenden Bescheides lag dem Mitglied des Oö. Verwaltungssenates noch keine inhaltliche Entscheidung des Asylgerichtshofes vor.

 

Bei der Erstbefragung nach dem AsylG durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes hat der Bf nachvollziehbare und schlüssige Angaben zu seiner Reiseroute gemacht, sein Geburtsdatum mit 1. Jänner 1992 und als Reiseziel Deutschland angegeben. Trotz unterschiedlicher Fragestellungen hat der Bf immer wieder Griechenland als Zwischenstation angegeben und genau dargelegt, wann und wie er dieses erreicht hat. Übereinstimmend hat er auch von einem zweiwöchigen Aufenthalt in Athen gesprochen. Gründe, die gegen eine Asylantragstellung in Griechenland gesprochen hätten, hat der Bf nicht vorgebracht. Aus dem Verhalten des Bf und seiner Verantwortung zu diesem Zeitpunkt ist abzuleiten, dass der Bf eine Asylantragstellung weder in Griechenland noch in Österreich beabsichtigt hatte. Wäre es ihm nur darauf angekommen, Schutz vor Verfolgung zu finden, dann hätte er wohl bei Erreichen Griechenlands unverzüglich einen Asylantrag gestellt. Da er als Reiseziel Deutschland auserkoren hat, nutzte er seinen zweiwöchigen Aufenthalt in Griechenland nicht dazu, um Kontakt mit den zuständigen Behörden aufzunehmen. Der Bf behielt daher auch in der Folge sein bisheriges Verhaltensmuster bei und reiste illegal durch weitere Staaten um nach Deutschland zu gelangen. Auch wenn die Vertreterin des Bf nunmehr nachträglich in der Beschwerde glaubhaft machen möchte, dass es "gerade das Ziel" des Bf gewesen sei, seinen "Aufenthalt in Österreich zu legalisieren" da er sich in Griechenland nicht sicher gefühlt habe, steht dieses Vorbringen in klarem Widerspruch zum Verhalten und bisherigen Vorbringen des Bf. Hätte der Bf tatsächlich Österreich als Zielland auserkoren und "wohlbegründete Furcht" vor einer Abschiebung nach Griechenland gehabt, dann ist keinesfalls nachvollziehbar, dass der Bf nicht bereits nach seiner Ankunft in Wien mit den österreichischen Behörden Kontakt aufgenommen sondern erst im Zuge einer Kontrolle in Linz, auf der Fahrt nach Deutschland, einen Asylantrag gestellt hat. Bemerkenswert ist überdies, dass der Bf während der - unverzüglich begonnenen - Erstbefragung mit keinem Wort von der "wohlbegründeten Furcht" Griechenland betreffend gesprochen hat.

 

Hätte sich der Bf zum Zeitpunkt der Erstbefragung, als er noch "unberaten" war, im Sinne der Ausführungen der Vertreterin in der Beschwerdeschrift verantwortet, hätte ihm die Glaubwürdigkeit seines Vorbringens bei Vorliegen der weiteren Behauptungen der Vertreterin nicht abgesprochen werden können. Dass der Bf den zweiwöchigen Aufenthalt in Griechenland erst zu einem Zeitpunkt leugnet, zu dem die Zuständigkeit Griechenlands zur Führung des Asylverfahrens feststeht, und ihm eine Überstellung nach Griechenland droht, lässt sich keinesfalls mit den Beschwerdeausführungen erklären und als "hinreichende Rechtfertigung" ansehen. Ergänzend dazu ist auch noch auf die Aussage des Bf in der zweiten Einvernahme vor dem Bundesasylamt (27. September 2010) hinzuweisen. Nach Vorhalt, dass er am 8. August 2010 bei der Erstbefragung Griechenland noch als Transitland angegeben hat, sagte der Bf aus, dass er "über Griechenland nichts sagen" könne, da "er dieses Land nicht kenne" und auch noch nie in Griechenland gewesen sei. Es ist daher davon auszugehen, dass der Bf noch zum Zeitpunkt der zweiten Einvernahme vor dem Bundesasylamt keinerlei Kenntnis von der "Lage in Griechenland" hatte, wie sie nunmehr in der Beschwerdeschrift dargestellt wird.

 

Noch einmal zurückkommend auf das Beschwerdevorbringen, wonach der Bf "zu keinem Zeitpunkt seines Aufenthaltes in Österreich Handlungen gesetzt" habe, "die vermuten ließen, dass er sich dem Verfahren entziehen werde". Wie bereits ausgeführt, wollte sich der Bf ursprünglich in Österreich überhaupt keinem Verfahren unterziehen, da er Österreich nur als Transitland nutzen wollte, um nach Deutschland zu gelangen. Die Legalisierung des Aufenthaltes war von ihm nicht geplant und wurde erstmals in der Beschwerdeschrift behauptet. Bezogen auf das weitere Verhalten des Bf, nach außen erkennbar mit der ersten niederschriftlichen Befragung durch das Bundesasylamt (15. September 2010), kann der belangten Behörde nicht abgesprochen werden, dass der nunmehr "beratene" Bf mit allen Mitteln versucht habe, eine Überstellung nach Griechenland hinanzuhalten. Abgesehen davon, dass er sich bei der ersten Befragung durch das Bundesasylamt an einen Aufenthalt in Griechenland überhaupt nicht mehr erinnern konnte (tatsächlich jedoch, wie das Beschwerdevorbringen zeigt, den Aufenthalt bewusst verschweigen wollte), korrigierte er sein Alter nach unten, um als Minderjähriger einer Überstellung entgehen zu können. Nachdem in der zweiten Befragung durch das Bundesasylamt sein Vorbringen offenkundig nicht mehr aufrecht zu halten war, hat er in der Beschwerde davon Abstand genommen und ist mit keinem Wort mehr auf seine zuvor behauptete Minderjährigkeit eingegangen.

 

Nicht nur alleine das Verhalten des Bf in Österreich (Nichtmitwirkung an der Sachverhaltsfeststellung, falsche Angaben im Asylverfahren; mangelnde Bereitschaft freiwillig nach Griechenland zurückzukehren) zeigt auf, dass er keinesfalls gewillt ist, sich der Abschiebung nach Griechenland zu stellen, um sich dort dem Asylverfahren zu unterziehen. Dass der Bf an der Führung eines Asylverfahrens zum Zwecke der Feststellung der Flüchtlingseigenschaft im zuständigen Staat nicht interessiert ist, hat der Aufenthalt in Griechenland und das Verhalten in Österreich (Asylantrag erst im Zuge der fremdenpolizeilichen Kontrolle) gezeigt. Mit der Asylantragstellung in Österreich wollte der Bf augenscheinlich einer Festnahme entgehen, in der Folge den Aufenthalt in Österreich legalisieren um eine Abschiebung hintanzuhalten und durch sein Vorbringen (z.B.: behauptete Minderjährigkeit) das in der Dublin-VO vorgesehene Regelungsregime unterlaufen. Aufgrund des bisherigen Verhaltens des Bf und seines Vorbringens, das mehrfach geändert wurde, um eine Überstellung nach Griechenland zu verhindern, ist davon auszugehen, dass der Bf, bei Kenntnisnahme seines fehlgeschlagenen Versuches eine Abschiebung wirksam zu verhindern, unverzüglich untertauchen und seine unterbrochene Reisebewegung wieder aufnehmen werde. Bei Würdigung der gesamten Umstände und im Zusammenhang mit dem indizierten Sicherungsbedarf ist die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen, dass die Schubhaft zur Sicherung der Ausweisung nach Griechenland notwendig ist. Das von der Vertreterin dargestellte Wohlverhalten des Bf ist nicht geeignet, die Notwendigkeit der Schubhaft in Frage zu stellen. Im Hinblick darauf, dass der Bf bis zur Erlassung des Zurückweisungsbescheides und der damit verbunden durchsetzbaren Ausweisung keinerlei behördliche Zwangsmaßnahmen zu befürchten hatte, kann sein "Wohlverhalten", das dem Grunde nach von ihm erwartet wird und wozu er zum Teil verpflichtet ist (z.B.: den Ladungen ist Folge zu leisten), nicht so gewertet werden, dass das Sicherungsbedürfnis zu dem Zeitpunkt nicht gegeben sein soll, ab dem der Bf erstmals und zeitnah mit der Außerlandesbringung gegen seinen Willen zu rechnen hat.

 

Da weder aus der Aktenlage noch aus der Beschwerdeschrift besondere Umstände ableitbar sind, die in der Person des Bf liegen, war die belangte Behörde nicht gehalten, von der Schubhaftverhängung abzusehen.

 

Aufgrund des bisherigen Verhaltens des Bf ist die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen, dass der mit der Sicherungsmaßnahme verfolgte Zweck nicht auch durch die Anordnung gelinderer Mittel erreicht werden kann.

 

Die Verhängung und Aufrechterhaltung der Schubhaft ist im konkreten Fall auch verhältnismäßig, denn dem Recht des Bf auf Schutz der persönlichen Freiheit steht das dieses überwiegende Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen und damit an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung gegenüber. Um dieses Ziel zu gewährleisten war der Eingriff in das Recht des Bf auf den Schutz der persönlichen Freiheit erforderlich. Die belangte Behörde hat das bisherige Verfahren zielstrebig und unter Bedachtnahme darauf geführt, dass die knapp über zwei Wochen andauernde Schubhaft so kurz wie möglich gehalten wird.

 

Der gegenläufigen Einwendung des Bf war nicht zu folgen. Zum Entscheidungszeitpunkt liegt eine durchsetzbare Ausweisungsentscheidung vor. Im Hinblick darauf, dass der Asylgerichtshof der Beschwerde keine aufschiebende Wirkung zuerkannt hat, ist die Ausweisungsentscheidung auch umsetzbar. Aufgrund der Aktenlage ist davon auszugehen, dass der Bf am 3. oder 4. November  2010 nach Griechenland überstellt wird.

 

4.4. Im Ergebnis erweisen sich sowohl der Schubhaftbescheid als auch die Anhaltung in Schubhaft als rechtmäßig, weshalb die vorliegende Beschwerde gemäß § 83 FPG i.V.m. § 67c Abs. 3 AVG als unbegründet abzuweisen und gleichzeitig festzustellen war, dass die für die Anhaltung des Bf in Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum gegenwärtigen Zeitpunkt weiterhin vorliegen.

 

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bund als Rechtsträger der belangten Behörde (Verfahrenspartei: Bezirkhauptmann von Vöcklabruck) nach § 79a Abs. 1 und 4 AVG i.V.m. § 1 Z. 3 und 4 der Aufwandsersatzverordnung UVS, BGBl.Nr. II 456/200, antragsgemäß ein Aufwandsersatz in Höhe von insgesamt 426,20 Euro (57,40 Euro für den Vorlageaufwand und 368,80 Euro für den Schriftsatzaufwand) zuzusprechen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Eingabegebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

Mag. Stierschneider

 

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt;

VfGH vom 21.09.2011, Zl. B 1698/10-11

 

Beachte:

Vorstehender Bescheid wurde hinsichtlich Spruchpunkt I insoweit als er die zugrunde liegende Administrativbeschwerde auch in Bezug auf die Anhaltung des Bf in Schubhaft ab 27.10.2010 als unbegründet abweist und hinsichtlich seiner Feststellung, dass "zum gegenwärtigen Zeitpunkt" die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen, sowie in seinem Spruchpunkt II (Kostenzuspruch an den Bund) wegen Rechtswidrigkeit aufgehoben.

Im Übrigen wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

VwGH vom 18.04.2013, Zl.: 2011/21/0042 und 0238-7

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum