Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100616/3/Bi/Hm

Linz, 26.05.1992

VwSen - 100616/3/Bi/Hm Linz, am 26 Mai 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch seine I. Kammer unter dem Vorsitz von Dr. Hans Guschlbauer, sowie Dr. Robert Konrath als Stimmführer und Mag. Karin Bissenberger als Berichterin über die Berufung des M E,L, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J R, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 30. April 1992, VerkR96/849/1992, zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich eingestellt.

II. Die Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge entfällt.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24, 45 Abs.1 Z.2 und 51 VStG. Zu II.: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat mit Straferkenntnis vom 30. April 1992, VerkR96/849/1992, über Herrn M E, L wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 99 Abs.1 lit.b i.V.m. § 5 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe von 18.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Tagen verhängt, weil er sich am 15. März 1992 um 16.15 Uhr in L, im Rettungsfahrzeug vor dem Gendarmeriepostengebäude als Lenker des PKW geweigert hat, seine Atemluft von einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl aufgrund des deutlichen Geruchs seiner Atemluft nach Alkohol, seiner veränderten Sprache, seiner leicht geröteten Bindehäute und seines unhöflichen und weinerlichen Benehmens vermutet werden konnte, daß er in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand um 15.55 Uhr auf der F-Landesstraße in G, Gemeinde L, bis zum Strkm 6/825,30, wo er verunfallte, den vorangeführten Kraftwagen gelenkt hat. Gleichzeitig wurde er zur Leistung eines Verfahrenskostenbeitrages von 1.800 S verpflichtet.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben, der, da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eine Kammer zu entscheiden hat. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht notwendig, da bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben war (§ 51e Abs.1 VStG).

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat folgendes erwogen:

3.1. Grundlage für das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren war eine Anzeige des Meldungslegers Rev.Insp. W des Gendarmerieposten Lembach i.M. vom 17. März 1992, wonach der Rechtsmittelwerber am 15. März 1992 um ca. 15.55 Uhr einen PKW auf Straßen mit öffentlichem Verkehr gelenkt hat und an einem Verkehrsunfall ursächlich beteiligt war, bei dem er selbst verletzt wurde. Im Zuge der Unfallerhebungen habe sich herausgestellt, daß der Rechtsmittelwerber Alkoholisierungssymptome aufwies, sodaß er um 16.15 Uhr im Rettungsfahrzeug vor dem Gendarmerieposten im Beisein des Arztes Dr. F zum Alkotest mittels Alkomat aufgefordert wurde, was er aber mit der Begründung verweigerte, er wolle zuerst die Wunde über dem Auge genäht haben. Dies wurde ihm zugebilligt und von Dr. F um 17.00 Uhr dem Meldungsleger mitgeteilt, daß E nunmehr verarztet sei. Dieser habe aber auf eine sofortige Einweisung ins Landeskrankenhaus Rohrbach wegen Herzrhythmusstörungen bestanden. Daraufhin hätte der Meldungsleger den Arzt ersucht, den Rechtsmittelwerber in seinem Auftrag zu fragen, ob er nunmehr bereit sei, den Alkotest mittels Alkomat am Gendarmerieposten Lembach durchzuführen, das der Beschuldigte aber entschieden abgelehnt habe. Der Akteninhalt besteht im wesentlichen aus einer Ladung zur mündlichen Verhandlung im Verwaltungsstrafverfahren vom 14. April 1992, womit dem Rechtsmittelwerber zur Last gelegt wurde, um 15.55 Uhr des 15. März 1992 den oben bezeichneten PKW gelenkt zu haben, wobei die Vermutung bestand, er könnte sich im alkoholbeeinträchtigten Zustand befinden, und daß er sich um 16.45 Uhr desselben Tages im Rettungsfahrzeug vor dem Gendarmeriepostenkommando Lembach geweigert habe, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen. Aus der Strafverhandlungsschrift vom 30. April 1992 geht hervor, daß der Rechtsmittelwerber sich dahingehend verantwortet hat, er wisse nicht mehr, daß er den Alkotest verweigert habe, da er beim Verkehrsunfall eine Bewußtseinsstörung davongetragen haben müsse. Im bekämpften Straferkenntnis wurde ihm schließlich zur Last gelegt, er habe um 16.15 Uhr den Alkotest verweigert, nachdem er um 15.55 Uhr das Fahrzeug gelenkt habe.

In der Berufung bekämpft der Rechtsmittelwerber nunmehr umfangreich den Tatvorwurf, beantragt die zeugenschaftliche Einvernahme des Meldungslegers zum Beweis dafür, daß ihm dieser die Wundversorgung zugebilligt habe - er habe eine stark blutende Schnittwunde oberhalb des rechten Auges beim Verkehrsunfall erlitten - ,sodaß offensichtlich auf die Durchführung des Alkomattestes kein Wert gelegt wurde. Er habe einen solchen nicht verweigert. Er beantragt weiter die Einvernahme der Zeugin E Sch zum Beweis der zuvor getrunkenen Alkoholmenge, sowie die Einvernahme mehrerer Zeugen zum Beweis der Notwendigkeit der Einweisung in das Landeskrankenhaus Rohrbach.

3.2. Abgesehen davon, daß dem Rechtsmittelwerber nunmehr grundsätzlich zwei verschiedene Versionen bezüglich der Tatzeit zur Last gelegt wurden, wurde bislang seitens der belangten Behörde auf die Durchführung von Erhebungen verzichtet, obwohl der Rechtsmittelwerber eine mit der Anzeige übereinstimmende Darstellung der Vorgangsweise des Meldungslegers geliefert hat, die zumindest wert gewesen wäre, überprüft zu werden. Dazu wären Zeugeneinvernahmen, in eventu auch die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens erforderlich gewesen. Grundsätzlich ist zu bemerken, daß es nicht die Aufgabe des unabhängigen Verwaltungssenates als Berufungsinstanz ist, derartige Verfahrensmängel zu sanieren oder sich eine der angebotenen Tatzeiten auszusuchen, zumal die Durchführung eines Verwaltungsstrafverfahrens im Sinne einer umfassenden Sachverhaltsermittlung in erster Linie Sache der Erstbehörde und nicht der Berufungsinstanz ist. Dazu kommt noch, daß für den Beschuldigten durch eine solche Vorgangsweise de facto der Instanzenzug verkürzt und somit der Rechtschutz massiv eingeschränkt würde, sodaß dem Rechtsmittel schon aus diesen Gründen Folge zu geben war.

3.3. Unabhängig davon fällt jedoch auf, daß die Schilderung des Rechtsmittelwerbers, der Meldungsleger habe ihm die Wundversorgung nach der Aufforderung zur Alkomat-Untersuchung zugebilligt, ihre Deckung in der Anzeige finden, weil laut Anzeige an Dr. F danach ein neuerliches telefonisches Ersuchen diesbezüglich erging. Dem würde aber der bisherige Tatvorwurf der Verweigerung der Atemluftuntersuchung im Rettungsfahrzeug vor dem Gendarmerieposten Lembach widersprechen, da in dieser Hinsicht nicht von einer abgeschlossenen Amtshandlung im Sinne des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. November 1982, 82/03/0107 (ZVR 1983/298), auszugehen ist.

Der Rechtsmittelwerber hat daher die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung - egal zu welcher Tatzeit - schon von der Örtlichkeit her nicht begangen, sodaß das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z.2 VStG einzustellen war.

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführte Gesetzesbestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer 6

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