Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164935/18/Bi/Kr

Linz, 04.11.2010

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung der X, vertreten durch Herrn RA X, vom 19. März 2010 (Datum des Eingangsstempels der Erstinstanz) gegen das Strafer­kenntnis der Bezirkshaupt­frau von Steyr-Land vom 2. März 2010, VerkR96-3224-2009, wegen Über­tretungen des KFG 1967, aufgrund des Ergebnisses der am 30. September 2010 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung sowie nach­träglicher Erhebungen samt Parteiengehör zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis im Punkt 1) behoben und das Verwaltungsstraf­verfahren diesbezüglich eingestellt wird.

     In den Punkten 2), 3), 4) und 5) wird die Berufung abgewiesen und              das Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II. Im Punkt 1) fallen keine Verfahrenskosten an.

     Die Rechtsmittelwerberin hat in den Punkten 2) bis 5) zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz Beträge von 2), 4) und 5) je  10 Euro und 3) 8 Euro, zusammen 38 Euro, ds 20 % der verhängten Strafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z3 und 19 VStG

zu II.: §§ 64 und 66 VStG

 

 


 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über die Beschuldigte wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 103 Abs.1 iVm 101 Abs.1 lit.e und 134 Abs.1 KFG 1967, 2) §§ 103 Abs.1 iVm 16 Abs.1 und 134 Abs.1 KFG 1967, 3) §§ 103 Abs.1 iVm 7 Abs.1 und 134 Abs.1 KFG 1967 und 4)  und 5 ) jeweils §§ 103 Abs.1 iVm 4 Abs.2 und 134 Abs.1 KFG 1967 Geldstrafen von 1) 300 Euro (90 Stunden EFS), 2), 4) und 5) jeweils 50 Euro (jeweils 30 Stunden EFS) und 3) 40 Euro (24 Stunden EFS) verhängt, weil sie, wie am 6. Mai 2009 um 14.35 Uhr in Steyr auf der B309 Ennser Straße vor dem Objekt Nr.10 festgestellt worden sei, als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung des Zulassungsbesitzers des Kraftfahrzeuges (Sattelzugfahrzeug mit Sattelan­hänger) mit den Kennzeichen X und X nach außen Berufener der X, nicht dafür gesorgt habe, dass der Zustand bzw die Ladung des genannten Kraftfahrzeuges den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht. Das Fahrzeug sei zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort von X gelenkt worden, wobei festgestellt worden sei, dass

1) die Ladung, die aus 3 Stück Betonelementen mit einem Gewicht von je 7800 kg bestanden habe, unzureichend gesichert gewesen sei,

2) sowohl der linke als auch der rechte hintere Rückstrahler defekt gewesen sei,

3) das genannte Kraftfahrzeug nicht mit ausreichenden Radabdeckungen wie Kotflügeln udgl versehen gewesen sei, weil an der 3. Achse rechts beim Sattel­anhänger der Kotflügel gefehlt habe,

4) dass die für die verkehrs- und betriebssichere Verwendung des genannten Fahrzeuges maßgebenden Teile nicht den Vorschriften des KFG entsprochen hätten, weil festgestellt worden sei, dass die Stoßstange links vorne scharfkantig gewesen sei und

5) der Einstieg am linken vorderen Rad gestreift habe.

Gleichzeitig wurden ihr Verfahrenskostenbeiträge von gesamt 49 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat die Berufungswerberin (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäfts­ver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 30. September 2010 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Bw, X (JP), ihres Rechts­vertreters Herrn RA X, sowie der Zeugen X (RF), X (DR), X (SS), und X (MK) durchgeführt. Der damalige Lenker X (HM) konnte nicht geladen werden, weil seine nunmehrige Adresse unbekannt ist; seine neuerliche Zeugeneinvernahme wurde auch nicht beantragt. Die Vertreterin der Erstinstanz war entschuldigt. Das Verfahren wurde schriftlich fortgesetzt und auf die mündliche Verkündung der Berufungs­entscheidung ausdrücklich verzichtet. 

 

3. Die Bw macht im Wesentlichen geltend, sie habe schon im September 2009 die Einvernahme der Zeugen SS, MK, DR und RF beantragt, die Auskunft darüber geben könnten, dass gerade der damalige Lenker HM, wie alle anderen Fahrer auch, immer wieder darauf aufmerksam gemacht worden sei, genügend Ketten und Gurte zur Befestigung des Ladegutes mitzunehmen, und auf seine Lenker­verantwortung hingewiesen worden sei. Jeder Mitarbeiter habe Zugriff auf die Ketten und Gurte im Magazin bzw Lager. Im Unternehmen seien alle Vor­kehrungen für eine ordnungsgemäße Ladungssicherung getroffen. Es könne nicht sein, dass ihr die Schlampigkeit und der Unwillen eines einzelnen Fahrers zum Vorwurf gemacht werden; sie habe auch nicht fahrlässig im Sinne eines Organisationsverschuldens gehandelt.

Die Zeugen hätten auch bezeugen können, dass jeder angestellte Fahrer wie auch HM als der damalige Lenker darauf hingewiesen worden sei, dass es strengstens untersagt sei, mit nicht den Verkehrsvorschriften entsprechenden Fahrzeugen zu fahren, und dass in diesem Fall unverzüglich die firmeninterne Werkstätte aufzusuchen sei. Sie hätten auch darüber Auskunft geben können, dass die Aussage von HM, er habe die angeführten Mängel dem Firmen­verantwortlichen zur Kenntnis gebracht und auch der Mechaniker hätte davon gewusst, unrichtig sei. Der Betriebsmechaniker sei für die Instandhaltung des Fuhrparks verant­wortlich und sei vereinbart, dass ein mangelhaftes Fahrzeug nicht verwendet werden dürfe. Der Mechaniker müsse alle Mängel vor Fahrt­antritt beheben und HM hätte mit dem Fahrzeug nicht fahren müssen. Beantragt wird, aufgrund des Verfahrens­mangels der unterbliebenen Zeugen­einvernahme das Straf­erkenntnis aufzuheben.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der die (Rechts-)Vertreter der Bw gehört, die Ausführungen der Erstinstanz in der Begründung des angefochtenen Straf­erkenntnisses berücksichtigt und die genannten Zeugen unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB einvernommen wurden. Außerdem wurden die vom technischen Amtssachverständigen X (SV) anlässlich der Fahrzeugkontrolle gemachten Fotos von der damaligen Ladung und ihrer Sicherung eingeholt, um die genauen Umstände der als mangelhafte bezeich­neten Ladungs­sicherung zu klären, und der Bw zur Kenntnis gebracht. Der Rechts­vertreter hat dazu eine schriftliche Stellungnahme erstattet.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Aus der Anzeige des Meldungslegers X (Ml), LPK Oö-LVA, lässt sich ersehen, dass HM als Lenker der genannten Fahrzeug­kombination am 6.5.2009 um 14.35 Uhr in Steyr auf der B309 Ennser Straße vor dem Haus Nr.10, Fahrtrichtung Enns, angehalten wurde, wobei festgestellt wurde, dass die geladenen 3 Betonelemente mit einem Gewicht von jeweils 7800 kg mit 8 Zurr­gurten unzureichend gesichert gewesen seien, weil im Niederzurrverfahren ein Teil der Ladung ungesichert geblieben sei. Außerdem seien am Anhänger keine Rückstrahler in Form eines gleichseitigen Dreiecks angebracht gewesen und an der 3. Achse rechts habe der Kotflügel gefehlt. Beim Sattelzugfahrzeug sei die Stoßstange vorne links scharfkantig gewesen und der Einstieg habe am linken vorderen Rad gestreift. Der SV stellte laut Gut­achten bei einer Teiluntersuchung gemäß § 58 KFG die genannten Mängel als "schwere Mängel" fest. Eine Vorladung nach § 56 KFG wurde veranlasst.

Die Bw verantwortete sich im Einspruch gegen die Strafverfügung der Erstinstanz vom 8.7.2009 damit, die Schäden seien anlässlich des Transportes, bei dem die Anhaltung erfolgt sei, verursacht worden und der Lenker sei auf dem Weg zurück in den Betrieb gewesen. Diese Verantwortung hat JP in der mündlichen Verhand­lung aufrechterhalten und näher ausgeführt, HM sei mit dem Kfz auf einer Baustelle in Ternitz unterwegs gewesen, habe dort Betonteile abgeladen und auf einer anderen Baustelle die in Rede stehenden Betonelemente aufgeladen. Beim Rangieren auf dieser Baustelle, die ein unbefestigtes Grundstück sei, auf der eine Halle abgerissen worden sei, deren Teile er bei der Beanstandung transportiert habe, sei das Kfz beschädigt worden und die vom SV vorgefundenen Schäden entstanden. HM habe aber zur Firma nach Neuzeug zurückfahren müssen, wo der Mechaniker SS sie repariert habe. SS sei Ansprechpartner für die Lenker bei Fahrzeugmängeln. Allerdings sei er, JP, organisatorisch der Chef des Unter­nehmens und SS müsse finanzielle Entscheidungen (zB Reifenkauf uä) mit ihm absprechen. Die Bw sei nach wie vor handelsrechtliche Geschäfts­führerin der X und als solche im Firmenbuch eingetragen, sie kenne sich aber bei  technischen Dingen nicht aus.

Zum Vorfall vom 6. Mai 2009 gibt JP an, HM habe ihn nicht, wie er ausgesagt hat, angerufen. Er habe HM damals genaue Anweisungen und sogar Zeichnungen zu den zu ladenden Betonteilen gegeben und dem damals schon einige Jahre beim Unternehmen beschäftigten Lenker sei daher und aufgrund seiner Erfahrung auch genau bekannt gewesen, welche Sicherungsmittel (Zurrgurte und Kantenschutz) er benötigen werde; diese habe er jederzeit in ausreichender Menge aus Neuzeug mitnehmen können. SS habe damals an der Baustelle in Ternitz beim Beladen mittels Kranwagen geholfen und die Sicherung der Betonteile auf dem Sattelanhänger überwacht. SS habe ihm danach gesagt, er habe HM noch darauf aufmerksam gemacht, genug Gurte mitzunehmen und HM habe gesagt, er habe genug mit. MK und DR seien auch auf der Baustelle in Ternitz gewesen, diese könnten ebenso wie SS bestätigen, dass das Kfz auf dem unbefestigten Gelände der Baustelle die festgestellten Schäden davongetragen habe und auch herausgezogen werden habe müssen. HM sei einfach schlampig gewesen, er hätte nur das Blech beim Einstieg etwas herausziehen müssen, dann wäre das in Ordnung gewesen. HM sei aufgrund mehrere Vorfälle, zB ungerecht­fertigter Verrechnungen nicht geleisteter Arbeitsstunden, falsch ausgefüllter Tacho­graphenscheiben und Werkzeugdiebstahl, am 6.7.2009 fristlos entlassen worden. Im übrigen habe HM im Einspruch gegen die gegen ihn ergangene Straf­verfügung, die er sich vom im Büro des Unternehmens beschäftigten Zeugen RF wegen seiner schlechten Deutschkenntnisse formulieren habe lassen, selbst ausgeführt, dass die Schäden beim Rangieren auf der Baustelle entstanden seien und er diese nur in der firmeneigenen Werkstätte herrichten lassen habe dürfen. HM habe, um seine Strafe nicht zahlen zu müssen, diese von der Firmenleitung ersetzen lassen wollen, was aber abgelehnt worden sei.

 

Die Zeugenaussage von HM vom 24. August 2009 vor der Erstinstanz wurde mangels Erreichbarkeit des Zeugen wegen Umzug in ein Nicht-EU-Land in der Berufungsverhandlung mit Zustimm­ung von JP und des Rechtsvertreters verlesen und erörtert. Demnach hat HM ausgeführt, ihm sei bewusst, dass er als Ladungssicherung nur Zurrgurte verwendet habe, obwohl er mindestens 3 Ketten verwenden hätte müssen. Er habe vor Fahrtantritt seinen Chef JP telefonisch informiert, dass er Ketten benötige und nur Zurrgurte im Fahrzeug seien; dieser habe gemeint die Zurrgurte genügten auch. Die Mängel habe er im Unternehmen dem Mechaniker mitgeteilt; hätte er die Fahrt verweigert, wäre er gekündigt worden. Hätte er das Sattelzugfahrzeug am Beladeort Ternitz stehen lassen, hätte er nicht gewusst, wie er heimkommen solle, weil ihn sein Chef sicher nicht geholt hätte.

 

Bei den Zeugeneinvernahmen am 30. September 2010 hat sich ergeben, dass DR, Lkw-Lenker im Unternehmen der Bw, auf der Baustelle in Ternitz entgegen den Annahmen von JP nicht anwesend war. RF bestätigte, dass er den Einspruch für HM formuliert hat – dieser wurde ebenfalls vorgelegt. Sowohl RF als auch DR haben bestätigt, den Lkw nachher in der Firma mit den beschriebenen Schäden gesehen zu haben. SS bestätigte, das Kfz sei beim Wegfahren in Neuzeug bei wesentlichen Dingen, wie zB den Bremsen, mit Sicher­heit in Ordnung gewesen; Kleinigkeiten wie ein fehlender Rückstrahler oder eine fehlende Gummirad­abdeckung würden ihn nicht am Wegfahren hinderten. Er untersuche optisch die Fahrzeuge, wenn sie in der Firma stünden, und repariere ihm aufgefallene Schäden und Mängel, auch auf Mitteilung eines Fahrers; die Lenker müssen ohnehin den Lkw vor dem Wegfahren auf Schäden untersuchen. Bei der Ladungs­sicherung, nämlich dem Über-Kreuz-Spannen der Gurte, habe er damals HM geholfen; seines Wissens seien es 10 Gurte gewesen, nicht nur 8. Die Ladung habe ca 20 Tonnen gehabt und 1 Gurt pro 2 Tonnen sei die Faustregel. Nach seinem Dafürhalten sei in Ternitz alles in Ordnung gewesen – wobei es schon sein könne, dass beim Beladen von Beton­teilen kleinere Schäden am Lkw entstehen, aber es sei sicher nicht so viel kaputt gewesen. Schäden könne er nur in der Firma reparieren.

 

MK, Hilfsarbeiter im Unternehmen der Bw, bestätigte zeugenschaftlich seine Anwe­sen­heit auf der Baustelle in Ternitz und seine Hilfeleistung bei der Ladungs­sicherung zusammen mit SS. Die Betonteile seien direkt auf die Holz-Ladefläche gelegt worden; sie hätten 10 oder sogar 12 neue Gurte verwendet, nicht nur 8; er denke, dass die Ladungssicherung so in Ordnung gewesen sei. Er könne sich nicht an ein angebliches Telefonat von HM mit JP auf der Baustelle erinnern; HM habe in seiner Anwesenheit nirgends angerufen. Es habe auch keinen Vorfall auf der Baustelle gegeben, dass HM irgendwo angefahren wäre mit dem Kfz, beim Laden sei auch nichts passiert. HM sei dann alleine mit der Ladung weggefahren.   

 

JP hat daraufhin seine Verantwortung insofern korrigiert, als HM ihm den Vorfall so geschildert habe; allerdings habe HM auch nicht immer die Wahrheit gesagt. Er sei von der Richtigkeit dieser Aussagen ausgegangen, weil erfahrungsgemäß solche Vorfälle auf Baustellen passieren können, nicht aber solche Schäden auf der Straße entstehen könnten. HM habe ihm erzählt, das Kfz sei irgendwo her­aus­­­gezogen worden.

 

Aus den vom SV übermittelten Fotos ergibt sich, dass die Ladungssicherung in der Form erfolgt ist, dass drei Betonelemente der Länge nach auf dem Sattelan­hänger gelagert und quer über alle drei mittels Zurrgurten gesichert wurden. Dadurch dass der mittlere Betonteil aufgrund der in der Anhängermitte etwas durchhängenden Holzauflagen etwas tiefer zu Liegen kam, haben die quer über alles gespannten Gurte den mittleren Betonteil überspannt, aber nicht gesichert; dieser Teil lag völlig frei. Von Ketten als erforderliches Sicherungs­mittel anstatt Gurten ist aber seitens des SV und auch des Ml nicht die Rede.

Die übrigen beanstandeten Mängel am Kfz sind aus den Fotos nicht zu ersehen, weil diese hauptsächlich die Ladungssicherung dokumentieren. Die Mängel ergeben sich im Einzelnen aus den beiden der Anzeige angeschlossenen, vom SV verfassten technischen Gutachten gemäß § 58 KFG. Demnach war am Lkw X die Stoßstange links vorne scharfkantig und der Einstieg streifte am linken vorderen Rad, am Anhänger X waren die Rückstrahler rechts und links defekt und an der 3. Achse fehlte rechts hinten der Kotflügel; alle wurden als schwere Mängel bezeichnet. Weiters wurde jeweils ein weiterer Mangel als schwer bezeichnet, aber nicht verbal beschrieben, worin dieser Mangel jeweils zu sehen ist, sodass beide weder in die Anzeige noch in die Tatanlastung aufge­nommen wurden. 

 

Die Bw hat zu den ausschließlich die Ladungssicherung betreffenden Fotos über ihren Rechtsvertreter eine Stellungnahme abgegeben und dazu ihrerseits Fotos vorgelegt, wonach die Betonteile an der vorderen Bordwand des Aufliegers bündig verladen waren, die zusätzlich mit 2 IPE-Trägern 180 und Eisenwinkeln verstärkt war und daher die Betonteile im Fall eines Unfalles abgefangen hätte. Die Fotos zeigen die Bordwand und die Winkel. Den neuen Beweisanträgen auf neuerliche Einvernahme von Herrn JP und dem SV war aber aus den unten dargelegten rechtlichen Überlegungen nicht zu entsprechen.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 103 Abs.1 Z1 KFG 1967 hat der Zulassungsbesitzer dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug (der Kraftwagen mit Anhänger) und seine Beladung – unbe­scha­det allfälliger Ausnahmegenehmigungen oder -bewilligungen – den Vorschrif­ten dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassen­en Verordnungen entspricht.

 

Zu Punkt 1) des Straferkenntnisses:

Gemäß § 101 Abs.1 lit.e KFG ist die Beladung von Kraftfahrzeugen und Anhän­gern unbeschadet der Bestimmungen der – hier nicht zutreffenden – Abs. 2 und 5 nur zulässig, wenn die Ladung und auch einzelne Teile dieser auf dem Fahrzeug so verwahrt oder durch geeignete Mittel gesichert sind, dass sie den im normalen Fahrbetrieb auftretenden Kräften standhalten und der sichere Betrieb des Fahrzeuges nicht beeinträchtigt und niemand gefährdet wird. Die einzelnen Teile einer Ladung müssen so verstaut und durch geeignete Mittel so gesichert werden, dass sie ihre Lage zueinander sowie zu den Wänden des Fahrzeuges nur geringfügig verändern können; dies gilt jedoch nicht, wenn die Ladegüter den Laderaum nicht verlassen können und der sichere Betrieb des Fahrzeuges nicht beeinträchtigt und niemand gefährdet wird. Die Ladung oder einzelne Teile sind erforderlichenfalls zB durch Zurrgurte, Klemmbalken, Transportschutzkissen, rutschhemmende Unterlagen oder Kombinationen geeig­neter Ladungs­sicherungs­mittel zu sichern. Eine ausreichende Ladungs­sicherung liegt auch vor, wenn die gesamte Ladefläche in jeder Lage mit Ladegütern vollständig ausgefüllt ist, sofern ausreichend feste Abgrenzungen des Lade­raumes ein Herabfallen des Ladegutes oder Durchdringen der Laderaum­begrenzung verhindern.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Diese muss nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen werden, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um diesen zu widerlegen, und ihn rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Die Tat ist entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Falles zu individualisieren, wobei der Umfang der notwendigen Konkretisierung vom einzelnen Tatbild abhängt.

 

Im ggst Fall wurde der Bw innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsver­jähr­ungs­frist, dh bis 6. November 2009, nur zur Last gelegt, die Ladungs­sicherung sei unzureichend; das Niederzurrverfahren sei für diese Art von Ladung nicht geeignet, weil ein Teil der Ladung ungesichert geblieben sei.   

Die letztlich als einziges Beweismittel für den Tatvorwurf geeigneten Fotos von der Ladung wurden im erstinstanzlichen Verfahren nicht angefordert – der Lenker HM hat im gegen ihn gemäß § 102 Abs.1 KFG gerichteten Strafverfahren diesen Tatvorwurf nicht bestritten – und weder der Ml noch der SV wurden in dieser Zeit einvernommen. Nunmehr ist Verfolgungsverjährung eingetreten, dh es liegen Umstände vor, die die Verfolgung ausschließen, sodass gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG mit Verfahrenseinstellung vorzugehen war.

 

Zu den Punkten 2) 3), 4)  und 5) des Straferkenntnisses:

Gemäß § 16 Abs.1 KFG 1967 gelten für Anhänger die Bestimmungen des § 14 über die Schlussleuchten und paarweisen Bremsleuchten, die hinteren Umriss­leuchten, Fahrtrichtungsanzeiger, Kennzeichenleuchten und Rückstrahler sowie Nebelschlussleuchten. Die Rückstrahler müssen von den Lichtaustritts­flächen der Leuchten getrennt sein, die Form eines gleichseitigen Dreiecks haben und so angebracht sein, dass eine Spitze des Dreieckes nach oben gerichtet ist.

Gemäß § 7 Abs.1 KFG müssen Räder von Kraftfahrzeugen mit einer Bauart­geschwindigkeit von mehr als 25 km/h und Räder von Anhängern, mit denen eine Geschwindigkeit von 25 km/h überschritten werden darf, mit ausreichenden Radabdeckungen wie Kotflügeln und dergleichen versehen sein.

Gemäß § 4 Abs.2 KFG dürfen Kraftfahrzeuge und Anhänger innen und außen keine vermeidbaren vorspringenden Teile, Kanten oder zusätzlichen Vor­rich­tungen aufweisen, die bei Verkehrsunfällen schwere körperliche Verletzungen erwarten lassen. Unvermeidbare vorspringende Teile, Kanten oder zusätzliche Vorrichtungen, die bei Verkehrsunfällen schwere körperliche Verletzungen erwarten lassen, müssen durch geeignete Schutz­vor­richtungen entsprechend abgedeckt oder, wenn dies nicht ohne schwere Beein­trächtigung der Verwend­barkeit des Fahrzeuges im Rahmen seiner Zweck­bestimmung durchführbar ist, entsprechend gekennzeichnet sein.

 

Die Bw hat grundsätzlich nicht bestritten, dass die genannten Mängel – defekte Rückstrahler, fehlende Gummiradabdeckung und der offenbar von einer Kollision herrührende Schaden am Lkw vorne samt verbogenem Einstieg – bei der Beanstandung vorhanden waren. Die für die Verantwortung, auf der Baustelle habe sich beim Beladen ein (nicht näher ausgeführter) Vorfall  ereignet, bei dem das Kfz sogar (irgendwo) "herausgezogen" werden habe müssen, genannten Zeugen haben diesen Vorfall in keiner Weise bestätigt. SS und MK haben sogar ausgesagt, da sei gar nichts passiert und HM sei auch nirgends angefahren.

Daraus folgt aber zwingend, dass die Schäden bereits vorher vorhanden gewesen sein müssen, dh dass der Mechaniker SS die Schäden vorher nicht gesehen hat bzw für nicht so wichtig hielt, um sich an die Reparatur zu machen – er hat selbst ausgesagt, das seien Kleinigkeiten, die wichtigen Dinge wie zB Bremsen seien ohnehin in Ordnung gewesen.

  

Richtig ist, dass ein funktionsuntüchtiger Rückstrahler bzw ein fehlender Gummi­schutz hinter einem Rad keine Mängel sind, die den technischen Zustand des Kfz so verschlechtert hätten, dass tatsächlich Gefahr für den Lenker, beförderte Personen oder andere Straßenbenützer bestanden hätte. Allerdings handelt es sich dabei um laut SV "schwere Mängel", für deren Behebung der Zulassungs­besitzer zu sorgen hat.  

Bei vorstehenden oder scharfkantigen Teilen im Frontbereich eines Kfz besteht Verletzungsgefahr bzw im Fall einer Kollision kann sich dadurch ein Schaden zusätzlich vergrößern bzw auch Personenschaden entstehen. Ein am Rad strei­fen­der verbogener Einstieg kann durch die Reibung zusätzlich Schäden hervor­rufen, die auch zu Verkehrsunfällen führen können. Da diese Schäden nicht im Baustellengelände entstanden sind, sondern bereits vorher bestanden haben müssen, wäre es Sache der Bw gewesen, durch ein entsprechendes funktio­nierendes Kontrollsystem diese Schäden festzustellen und deren Behe­bung zu veranlassen, bevor das Kfz am Straßenverkehr teilnimmt. Wenn der Mechaniker diesen Mängeln nicht die nötige Wichtigkeit zumisst, ist er dazu zu veranlassen, sich entsprechend sorgfältig um deren Reparatur zu kümmern, auch wenn dazu zeitgerecht Bestandteile zu beschaffen sind. Es wäre zweifellos in der Verantwortung der Bw gelegen, die Ver­wendung dieses mit Mängeln behafteten Kfz im Rahmen dieses Transportes zu unterbinden.

 

Die Bw ist gemäß § 9 VStG als handelsrechtliche Geschäftsführerin der X für die Einhaltung der kraftfahrrechtlichen Bestimmungen verantwortlich. Auch wenn sie intern faktisch wesentliche Entscheidungen von Herrn JP, der laut Firmenbuch Prokurist, aber nicht verantwortlicher Beauftragter ist (vgl VwGH 2.6.1998, 97/06/0206) und auf den daher strafrechtliche Verantwortlichkeit nicht übertragen werden kann, treffen lässt, ist sie als solche für die Tatzeit im Firmenbuch eingetragen und damit für die GmbH als Zulassungs­besitzerin nicht nur vertretungsbefugt sondern auch verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.

Bei einer X ist der handelsrechtliche Geschäftsführer nach außen vertre­tungs­befugtes Organ; der gewerberechtliche Geschäftsführer – die Bw ist laut Gewerberegister für einen Teilbereich der genannten X auch das – ist bei Verwaltungsstraf­verfahren nach dem KFG 1967 nicht relevant.  

 

Der UVS gelangt aus all diesen Überlegungen zur Auffassung, dass die Bw die ihr in den Punkten 2) bis 5) des Straferkenntnisses zur Last gelegten Tatbestände erfüllt hat, weil die (auch wiederholte) Erteilung von Weisungen an jeden Fahrer, vor Fahrtantritt jedes Fahrzeug auf Mängel zu untersuchen und sich bei Feststellung von Mängeln wegen der Reparatur an den Betriebsmechaniker zu wenden und sich im übrigen an die Bestimmungen des KFG zu halten, im Sinne der ständigen Rechtsprechung des VwGH nicht ausreicht. Die Bw hätte vielmehr darzulegen gehabt, dass sie Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorherseh­baren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen; die bloße Erteilung von Weisungen reicht nicht hin, der Zulassungsbesitzer hat viel­mehr die Einhaltung seiner Weisungen auch gehörig zu überwachen (vgl VwGH 29.1.1992, 91/03/0035; 24.8.2001, 2001/02/0146).

Die Bw hat auch mangelndes Verschulden im Sinne des § 5 Abs.1 VStG nicht glaubwürdig darzulegen vermocht, weshalb sie ihr Verhalten jeweils als Verwal­tungs­übertretung zu verantworten hat. 

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 134 Abs.1 KFG 1967 bis 5.000 Euro Geldstrafe bzw für den Fall der Uneinbringlichkeit bis sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

Die Erstinstanz hat laut Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses die finanziellen Verhältnisse der Bw – unbeeinsprucht – auf ca 1.500 Euro netto monatlich bei Fehlen von Sorgepflichten und Vermögen geschätzt, erschwerend nichts und mildernd das Nichtvorliegen einschlägiger Vormerkungen  gewertet.

Der UVS kann nicht finden, dass die Erstinstanz damit den ihr bei der Straf­bemessung zukommenden Ermessensspielraum überschritten hätte. Die verhän­gten Strafen entsprechen unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG dem Unrechts- und Schuldgehalt der einzelnen Übertretungen, liegen jeweils im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens, halten general­präventiven Überlegungen stand und sollen die Bw in Zukunft zu mehr Sorgfalt bei der Einhaltung der kraftfahrrechtlichen Bestimmungen veranlassen.   

Die Ersatzfreiheitsstrafen sind im Verhältnis zu den jeweiligen Geldstrafen angemessen; auch hier findet sich kein Ansatz für eine Strafherabsetzung.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz bzw dessen Entfall ist gesetzlich begründet.


 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

 

Tatumschreibung bei Ladungssicherung unzureichend -> Einstellung

BW = handelsrechtliche GF und für die Einhaltung des KFG für die GmbH verantwortlich -> Mängel haben schon vor dem Transport bestanden -> bestätigt

 

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