Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165470/9/Br/Th

Linz, 15.11.2010

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, vertreten durch RAe X, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Steyr vom 23. September 2010, Zl. S-5557/ST/10, nach der am 9. November 2010 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

 

I.   Der Berufung wird im Punkt 1) und 3) Folge gegeben; das Straferkenntnis wird in diesen Punkten behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt;

im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

II. Zu Punkt 1) u. 3) entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge. Zu Punkt 2) und 4) werden zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren 10 Euro und 40 Euro auferlegt (20% der verhängten Geldstrafe).

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009 – AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009 – VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 und § 64 Abs.1 u. 2  VStG.

 

 


 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bundespolizeidirektion Steyr hat über den Berufungswerber mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wegen der Übertretungen nach § 11 Abs.2, § 9 Abs.1, § 11 Abs.2 und § 20 Abs.2 StVO drei Geldstrafen in der Höhe von 50 Euro und eine von 200 Euro und für den Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen in der Dauer von 3 x siebzehn Stunden und einmal 66 Stunden verhängt, weil er als Lenker des KFZ  mit dem Kennzeichen X am 09.07.2010, um 21.24 Uhr, in Steyr,

1) es unterlassen, als er in der Haratzmüllerstraße stadtauswärts fahrend, bei StrKm 30,491 vom linken auf den rechten Fahrstreifen wechselte, diesen Vorgang so rechtzeitig anzuzeigen, dass sich im aufgelockerten Kolonnenverkehr, andere Straßenbenützer, insbesondere der Lenker des unmittelbar hinter ihm fahrenden Fahrzeuges (Zivilstreifenwagen), auf den angezeigten Vorgang einstellen konnte, in dem er die vorgeschriebene Anzeige ganz unterlassen habe;

2) er in der Haratzmüllerstraße stadtauswärts fahrend, bei StrKm 30,491 vom linken auf den rechten Fahrstreifen gefahren sei, wobei er die dort befindliche Sperrlinie überfahren habe, obwohl diese nicht überfahren werden dürfen;

3) es unterlassen habe, als er in der Haratzmüllerstraße stadtauswärts fahrend, bei StrKm 30,169 vom rechten auf den linken Fahrstreifen wechselte, diesen Vorgang so rechtzeitig anzuzeigen, dass sich im aufgelockerten Kolonnenverkehr, andere Straßenbenützer, insbesondere der Lenker des unmittelbar hinter Ihnen fahrenden Fahrzeuges (Zivilstreifenwagen), auf den angezeigten Vorgang einstellen hätte können, in dem er die vorgeschriebene Anzeige ganz unterlassen habe;

4) habe er auf der Haratzmüllerstraße stadtauswärts fahrend, von StrKm 30,169 bis zum StrKm 29,640, die zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet von 50 km/h um 52 km/h überschritten weil seine Fahrgeschwindigkeit mindestens 102 km/h betragen habe.

 

 

1.1. In der Begründung des Straferkenntnisses hat die Behörde erster Instanz erwogen:

Der dem Spruch zugrundeliegende Sachverhalt ist durch die eigene dienstliche Wahrnehmung von Organen der Straßen aufsieht zweifelsfrei erwiesen. Es steht daher fest, dass Sie die im Spruch angeführten Verwaltungsübertretungen begangen haben.

 

Gegen die Strafverfügung des Polizeidirektors von Steyr, vom 10.08.2010, AZ S-5557/ST/10, erhoben Sie fristgerecht Einspruch und Sie gaben dabei Ihre Vertretung durch die RAe X [gemeint wohl der namentlich genannten Rechtsanwaltssozietät] aus Steyr  bekannt. Sie gaben weiters bekannt, dass Sie Ihren Einspruch nur auf die Spruchpunkte 1-4 der bekämpften Strafverfügung beziehen und dass sowohl Tatsache als auch Ausmaß der Alkoholisierung welche nach § 14 Abs.8 iVm § 37a FSG Ihnen unter Spruchpunkt 5 der genannten Strafverfügung angelastet wurde, unbeeinsprucht bleibt und die Strafe bezahlt wird. Die genannte Strafverfügung ist daher in Bezug auf Spruchpunkt 5 in Rechtskraft erwachsen und die dazu verhängte Strafe ist gern § 49 Abs.3 VStG zu vollstrecken.

Mit Schreiben der BPD Steyr vom 02.09.2010 wurden Sie aufgefordert, binnen 2 Wochen ab Zustellung sich schriftlich zu rechtfertigen. In diesem Schreiben wurden Sie darauf hingewiesen, dass das Strafverfahren ohne Ihre Anhörung durchgeführt wird, wenn Sie von der Möglichkeit, sich zu rechtfertigen, nicht Gebrauch machen. Gleichzeitig mit der Aufforderung zur Rechtfertigung wurden Ihnen die/der

-     zugrundeliegende Anzeige

-     die Niederschriften über die zeugenschaftliche Einvernahmen der Meldungsleger

-     Aktenvermerk über den Abgleich der Tachoanzeige beim eingesetzten Zivilstreifenwagen mittels Laser-Geschwindigkeitsmessgerät in Kopie übermittelt.

Der dem Verwaltungsstrafverfahren zugrunde liegende Aktenvorgang ist Ihnen daher zur Gänze bekannt.

 

Sie wendeten sinngemäß ua ein:

-           Sie hätten Ihre Pflicht zur Anzeige des bevorstehenden Fahrstreifenwechsel erfüllt und selbst wenn Sie dieser Pflicht nicht nachgekommen wären, wäre es keinesfalls zu einer Gefährdung anderer Straßenbenutzer gekommen;

-           Sie hätten zwar nach dem Kreisverkehr einen Fahrstreifenwechsel durchgeführt, jedoch hätten Sie keine Sperrlinie überfahren;

-           Keinesfalls hätten Sie die auf der Haratzmüllerstraße (stadtauswärts) die höchste zulässige Geschwindigkeit im Ortsgebiet von 50 km/h um 52 km/h überschritten. Ihre Fahrgeschwindigkeit habe zu keinem Zeitpunkt auch nur annähernd 102 km/h betragen.

 

Sie beanstandeten die fehlende Eichung des Tachometers des nachfahrenden Zivilfahrzeuges und gaben an, dass der Abstand des nachfahrenden Zivilfahrzeuges mehrere 100 m betragen habe und deshalb der Rückschluss auf die Ihnen angelastete Geschwindigkeitsüberschreitung unzulässig wäre.

 

Erwägungen der Behörde:

Gern § 11 Abs 2 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung oder den bevorstehenden Wechsel des Fahrstreifens so rechtzeitig anzuzeigen, daß sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen können. Er hat die Anzeige zu beenden, wenn er sein Vorhaben ausgeführt hat oder von ihm Abstand nimmt.

 

Gem § 9 Abs 1 StVO dürfen Sperrlinien (§ 55 Abs. 2) nicht überfahren, Sperrflächen (§ 55 Abs. 4) nicht befahren werden. Befinden sich eine Sperrlinie und eine Leitlinie nebeneinander, so hat der Lenker eines Fahrzeuges die Sperrlinie dann zu beachten, wenn sie dem von ihm benützten Fahrstreifen näher liegt.

Gem § 20 Abs 2 StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges, sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erläßt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h und auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren.

Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 150 bis 2180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 48 Stunden bis zu sechs Wochen, zu bestrafen, wer die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 50 km/h überschreitet.

Gem. § 99 Abs. 3 lit. a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Woche, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs. 1,1a, 1b, 2, 2a, 2b oder 4 zu bestrafen ist.

Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 150 bis 2180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 48 Stunden bis zu sechs Wochen, zu bestrafen, wer die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 50 km/h überschreitet.

Nach der ständigen Judikatur des VwGH ist die Anzeige des bevorstehenden Wechsel des Fahrstreifens kein Selbstzweck, sondern es ist ein Tatbestandsmerkmal der diesbezüglichen Verwaltungsübertretung, das sich andere Straßenbenützer auf den Vorgang einstellen können müssen; vgl VwGH 15.12.1989, 89/18/0116, oder 15.12.1989,85/18/0134. Dies setzt zur Begehung dieser Verwaltungsübertretung das Vorhandensein potentiell betroffener, anderer Straßenbenützer voraus. Insofern wäre Ihr Einwand berechtigt, wenn tatsächlich keine anderen Straßenbenützer in der Nähe gewesen wären, als Sie es unterließen den bevorstehenden Fahrstreifenwechsel anzuzeigen.

Aus der zugrundeliegenden Anzeige und den Angaben der Zeugen geht jedoch hervor, dass zur Tatzeit aufgelockerter Kolonnenverkehr auf der Haratzmüllerstraße herrschte und das unmittelbar hinter Ihnen ein Fahrzeug fuhr, nämlich wie Ihnen erst später bekannt wurde, das Zivilstreifenfahrzeug der Polizei. Zudem geht aus dem Sachverhalt hervor, dass Sie die Fahrstreifenwechsel jedesmal durchführten weil vor Ihnen ein Fahrzeug fuhr und Sie an dem jeweils vor Ihnen fahrenden Fahrzeug im Anschluss vorbeifuhren. Sie wollten, wie Sie gegenüber den Polizisten angaben, einem anderen Fahrzeug, nämlich einem roten Mazda, entkommen, von dem Sie sich bedrängt gefühlt hätten. Aus den angeführten Erwägungen geht hervor, dass zum Zeitpunkt als Sie es unterließen den beabsichtigten Wechsel des Fahrstreifens anzuzeigen, aufgelockerter Kolonnenverkehr herrschte und sich jedenfalls vor Ihnen und hinter Ihnen ein Fahrzeug befand. Es kann daher nicht davon gesprochen werden, dass keine anderen Verkehrsteilnehmer in der Nähe gewesen wären, die wenigstens potentiell durch die unterlassene Anzeige des Fahrstreifenwechsels behindert oder gefährdet hätten werden können. Da somit objektiv alle Tatbestandsmerkmale der unter Punkt 1 und 3 angeführten Verwaltungsübertretung erfüllt sind, war von der Behörde eine Bestrafung auszusprechen.

 

Ihren Einwendungen, wonach Sie keine Sperrlinie überfahren hätten, stehen die glaubwürdigen Aussagen der Zeugen entgegen, dass dies doch der Fall gewesen sei.

Die Meldungsleger geben an, dass Sie Ihnen in einem annähernd gleichbleibenden Abstand von ca 25 bis 30 m von StrKm 30.169 bis StrKm 29,640, also über eine Fahrtstrecke von über 500 Metern nachgefahren seien und dabei eine Geschwindigkeitsablesung vom Tacho des Zivilstreifenfahrzeuges erfolgte, die 120 km/h ergeben habe.

Aus dem Aktenvermerk über die Überprüfung des Tachos des Zivilstreifenfahrzeuges mittels geeichtem Laser-Geschwindigkeitsmessgerät ergibt sich unter Abzug der Messtoleranz des Messgerätes eine gefahrene Geschwindigkeit von 111 km/h. Die Behörde hat bei der Anlastung der Verwaltungsübertretung trotzdem eine Messtoleranz von 15 % des abgelesenen Wertes zu Ihren Gunsten abgezogen. Es ist daher von einer von Ihnen gefahrenen Geschwindigkeit von mindestens 102 km/h im Ortsgebiet! auszugehen. Der VwGH führt in ständiger Rechtsprechung aus, dass das Nachfahren mit einem Dienstfahrzeug ein taugliches und zulässiges Beweismittel zur Feststellung einer Geschwindigkeitsüberschreitung sei, wobei es ohne Bedeutung sei, dass der Tachometer nicht geeicht sei; vgl etwa VwGH 03.03.1989, 88/11/0036. Dabei ließ der VwGH selbst eine Beobachtungsstrecke von nur 100 Metern als ausreichend zur Feststellung der Geschwindigkeit gelten; vgl VwGH 30.05.2007, 2003/03/0155. In Ihrem Fall liegt eine Beobachtungsstrecke von über 500 Metern vor, die der Behörde als jedenfalls ausreichend für die Feststellung der angelasteten Geschwindigkeitsüberschreitung erscheint. Ihre Einwendungen, dass Teile der stadtauswärts führenden Haratzmüllerstraße abschüssig bzw der Verlauf nicht gerade sei, sind einerseits nur in geringem Maße zutreffend und andererseits nicht relevant für die Feststellung der Geschwindigkeitsüberschreitung durch Nachfahren, weil dafür die Einsehbarkeit oder das Gefälle der zurückgelegten Beobachtungsstrecke kein Kriterium darstellt.

 

Die Glaubwürdigkeit Ihrer Einwendungen ist aus mehreren Gründen anzuzweifeln. Sie wiesen zur Tatzeit einen Atemalkoholwert von 0,37 mg/l auf. Dieser Wert liegt nur knapp unterhalb des Wertes von 0,4 mg/l mit dem schon von Gesetzeswegen die unwiderlegliche Vermutung einer Beeinträchtigung einhergeht und bei der mit einer Einschränkung der Wahrnehmungsfähigkeit zu rechnen ist. Sie gaben unmittelbar nach der Begehung der angelasteten Verwaltungsübertretungen, diese gegenüber den Polizisten zu und erklärten Ihre Handlungsweise mit der Flucht vor einem Ihnen nachfolgenden Fahrzeug. Dass dieses Fahrzeug bei Ihrer „Flucht" und damit bei der Begehung der Ihnen angelasteten Verwaltungsübertretungen schon längst nicht mehr hinter Ihnen war, haben Sie, wie aus der Anzeige hervorgeht, offenbar gar nicht bemerkt. Ein Umstand der ebenfalls gegen die Glaubwürdigkeit Ihrer Angaben zu dem Ihnen nachfahrenden Zivilstreifenfahrzeug spricht.

Die Behörde sieht keinen Grund an den klaren und schlüssigen Angaben der Meldungsleger zu zweifeln, bei denen es sich um besonders geschulte Organe der Straßenaufsicht handelt und denen zugemutet werden muss, dass Sie Übertretungen der angeführten Art, erkennen und darüber der Behörde verlässliche Anzeigen erstatten. Zudem müssten die Meldungsleger bei einer Falschaussage straf- und dienstrechtliche Konsequenzen gewärtigen. Sie hingegen, können sich so verantworten wie Sie es für den Ausgang des Verfahrens am Günstigsten erachten. Die Behörde sieht es daher als erwiesen an, dass sie tatsächlich die angelasteten Verwaltungsübertretungen begangen haben, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

 

Gemäß § 5 VStG genügt zur Strafbarkeit, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, fahrlässiges Handeln. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Beweislastumkehr bei Ungehorsamsdelikten). Der Beweis eines nicht vorwerfbaren und damit nicht schuldhaften Verhaltens ist Ihnen nicht gelungen.

 

Bei der Bemessung der Strafe wurde das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, berücksichtigt. Bei einer Gesamtbetrachtung des zugrundeliegenden Sachverhaltes und des zeitlichen sowie örtlichen Zusammentreffens mehrerer verkehrsrechtlicher Übertretungen ergibt sich das Bild einer hohen Gefahrenneigung Ihres Verhaltens. Die Strafbemessung erfolgte vor diesem Hintergrund äußerst milde und erscheint der Behörde gerade noch dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat angemessen und geeignet Sie in Hinkunft von der Begehung derartiger Übertretungen abzuhalten.

 

Erschwerend bei der Strafbemessung war das Vorliegen von einschlägigen verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen zu werten; mildernde Umstände lagen keine vor.

Sie wurden von der BPD Steyr wegen folgender Verwaltungsübertretungen rechtskräftig bestraft:

 

§ 20 Abs 2 StVO aus dem Jahr 2007

§ 20 Abs 2 StVO aus dem Jahr 2007

 

Weiters wird bei der Strafbemessung davon ausgegangen, dass Sie kein hierfür relevantes Vermögen besitzen, keine ins Gewicht fallenden Sorgepflichten haben und ein Einkommen von € 1000,- monatlich beziehen.

 

Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

 

2. Der Berufungswerber wendet sich dagegen mit seiner fristgerecht erhobenen Berufung mit folgenden Ausführungen: 

I. Mit dem bekämpften Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Steyr vom 23.09.2010, GZ: S-5557/ST/10, wird mir vorgeworfen, dass ich es am 09.07.2010 um 21:24 zweimal unterlassen hätte den Fahrstreifenwechsel durch (rechtzeitiges) Betätigen des Blinker anzukündigen, eine Sperrlinie überfahren und die zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet von 50 km/h um 52 km/h überschritten hätte.:

 

II. Gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Steyr vom 23.09.2010, S-5557/ST/10, meinen Rechtsvertretern zugestellt am 27.09.2010, erhebe ich durch meine ausgewiesenen bzw. bevollmächtigen Rechtsvertreter in offener Frist

 

Berufung

 

an den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich und stelle den

 

Antrag

 

a) die Berufungsbehörde möge eine öffentliche mündliche Verhandlung an Ort und Stelle unter Beiziehung eines KFZ - (Amts-)Sachverständigen durchfuhren hinsichtlich derer ich meine Einvernahme beantrage und

b) das angefochtene Straferkenntnis vom 23.09.2010, GZ: S-5557/ST/10 ersatzlos aufheben und das Verfahren einstellen;

c) in eventu die Strafhöhe herabsetzen

 

III. Meine Anträge begründe ich im einzelnem wie folgt:

In Pkt. 1 und 3 des bekämpften Straferkenntnisses wird mir vorgeworfen, dass ich meiner straßenverkehrsrechtlichen Pflicht - rechtzeitig vor jedem Fahrstreifenwechsel diesen mittels Blinkzeichen anzukündigen - zweimal nicht nachgekommen bin. Dieser Vorwurf entspricht nicht den Tatsachen, zumal ich jeden Fahrstreifenwechsel rechtzeitig durch Setzen des entsprechenden Blinkere nachgekommen bin.

Zudem wird eingeworfen, dass den erhebenden Beamten im Zivilfahrzeug im Zuge ihrer Verfolgungsfahrt durch andere Verkehrsteilnehmer bzw. durch andere Gegebenheiten (kurviger Verlauf der Fahrbahn) die freie Sicht auf mein Fahrzeug zeitweise genommen wurde. Für die Beamten war keine durchgehend uneingeschränkte Sicht auf mein Fahrzeug vorhanden.

Den Einvernahmen der erhebenden Beamten ist zu entnehmen, dass zum Vorfallszeitpunkt (21:24; Uhr) nur ein geringfügiges Verkehrsaufkommen auf der Haratzmüllerstrasse (Fahrtrichtung stadtauswärts) vorlag.

 

Selbst wenn die Behörde zu Recht angenommen hat was wiederum aus den obigen Gründen bestritten wird - dass ich es zweimal verabsäumt habe rechtzeitig vor dem Fahrstreifenwechsel ein Blinkzeichen zu setzten, so ist es keinesfalls zu einer Gefährdung der anderen Straßenbenützer bzw. des mich verfolgenden Zivilstreifenwagen gekommen. Der Zivilstreifenwagen fuhr zu diesem Zeitpunkt mit einem erheblichen Tiefenabstand hinter meinem Fahrzeug her Die Behörde wäre daher gemäß § 21 VStG aufgrund/der Geringfügigkeit bzw. der unbedeutenden Folgen meiner Übertretungen verpflichtet gewesen von der Verhängung einer diesbezüglichen Strafe abzusehen.

 

Beweis:            PV,

                        KFZ- (Amts-)Sachverständiger

                        Ortaugenschein.

 

In Punkt; 2. des bekämpften Straferkenntnisses wird mir vorgeworfen, dass ich auf: der Haratzmüllerstrasse stadtauswärts fahrend bei StrKm 30,491 vom linken auf den rechten Fahrstreifen gewechselt bin und dabei die Sperrlinie überfahren hätte Es ist richtig, dass ich nach dem Kreisverkehr einen Fahrstreifenwechsel durchführte. Die Sperrlinie habe ich hiebei aber nicht überfahren.

 

Beweis:       wie bisher

 

In Punkt 4. des bekämpften Straferkenntnisses wird mit vorgeworfen, dass ich die höchstzulässige Geschwindigkeit im Ortgebiet von 50 km/h um 52 km/h überschritten hätte. Dies ist nicht zutreffend Meine Fahrgeschwindigkeit betrug zu keinem Zeitpunkt - auch nur annähernd -102 km/h.

 

Zu Beginn der Verfolgungsfahrt war der Tiefenabstand zwischen meinem KFZ und dem mich verfolgende Zivilfahrzeug beträchtlich bzw. erheblich Das Zivilfahrzeug hat im Zuge der Verfolgungsfahrt auf mich aufgeschlossen und den Tiefenabstand zu meinem Fahrzeug stetig reduziert. Es war daher mit einer weit höheren Geschwindigkeit unterwegs als ich mit meinem KFZ. Zudem ist ein Teil der stadtauswärts führenden Haratzmüllerstrasse abschüssig bzw. ist der Straßenverlauf nicht gerade, und somit für die erhebenden Beamten durchgehend einsehbar. Als ich hinter mir. das Zivilfahrzeug mit ^geschaltetem Blaulicht bemerkt habe, habe ich mein Fahrzeug auf Höhe des Stadtbades Steyr bei der Bushaltestelle abgestellt.  

 

Ferner ist der Tachometer des Zivilfahrzeuges nicht geeicht bzw. befand sich kein geeignetes Messgerät im Zivilfahrzeug um meine Fahrgeschwindigkeit verlässlich feststellen zu können. Die von den Beamten zur Ermittlung der Tachoabweichung durchgeführten Messfahrten sind mit erheblicher Ungenauigkeit behaftet. Zu einem ist es unmöglich (ohne Prüfstand bzw. diesbezüglicher Messgeräte) zum Messzeitpunkt eine exakt gleichbleibende Fahrgeschwindigkeit einzuhalten und zum anderen ist auch das Messinstrument (Laser) wiederum mit einer Ungenauigkeit behaftet. Das von den Beamten durchgeführte Verfallen zur Ermittlung der Tachoabweichung ist keinesfalls geeignet um exakte und verlässliche Werte erzielen zu können.

 

Zudem können. die vom Beamten am Tacho abgelesenen Geschwindigkeiten - unabhängig von der tatsächlichen Tachoabweichung - nicht herangezogen werden, da das Zivilfahrzeug im Zuge der Verfolgung den Tiefenabstand auf mein Fahrzeug stetig reduziert hat und daher die Geschwindigkeit des Zivilfahrzeuges höher war als die meines Fahrzeuges.

 

Neben meiner Einvernahme wird die Abhaltung eines Qrtsaugenscheines und die Hinzuziehung eines KFZ-(Amts-) Sachverständigen zum demselbigen beantragt.

 

Beweis :           Parteieneinvernahme,

                        Ortsaugenschein,

                        KFZ-(Amts-)Sachverständiger,

 

Auch die verhängte Strafe selbst scheint der Höhe nach unangemessen und hätte mit einer wesentlich geringeren Strafe das Auslangen gefunden werden können.

 

X“

 

 

3. Da keine 2.000 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsverhandlung war hier trotz 500 Euro nicht übersteigender Geldstrafen wegen des gesonderten Antrages der Durchführung eines Ortsaugenscheins erforderlich. Darauf wurde letztlich auf Grund der beigeschafften maßstabsgetreuen und mit der Straßenkilometrierung versehenen Luftbilddokumentation des Streckenverlaufes verzichtet.

Vom Verhandlungsleiter wurde der Streckenbereich außerhalb der Berufungsverhandlung befahren.

 

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Verlesung des erstbehördlichen Verfahrensaktes im Rahmen der Berufungsverhandlung. Sowohl der Berufungswerber persönlich, als auch ein Vertreter der Behörde erster Instanz, nahm an der Berufungsverhandlung teil.

Die Meldungsleger Inspin. X und BI X wurden zeugenschaftlich zu deren Wahrnehmung einvernommen. Der technische Amtssachverständige Dipl.-Ing. (FH) X erstattete zur Frage der Feststellung der Fahrgeschwindigkeit am 5.11.2010 ein Gutachten, welches in dessen Beisein im Rahmen der Berufungsverhandlung zur Erörterung gelangte.

 

 

4. Erwiesener Sachverhalt:

Der Berufungswerber lenkte zur oben angeführten Zeit und Örtlichkeit  seinen 65 PS starken Pkw ab dem Kreisverkehr bei der Ennsbrücke in Richtung stadtauswärts. Weil ihm kurz vorher in ganz knappen Abstand ein Fahrzeug folgte sei er schneller gefahren um dieses gleichsam abzuhängen. Er führte folglich zwei Fahrstreifenwechsel  durch die vorher nicht angezeigt wurden, jedoch lt. Zeugen für andere Verkehrsteilnehmer nicht relevant wurden.

Er räumt im Rahmen seiner Verantwortung anlässlich der Berufungsverhandlung eine Fahrgeschwindigkeit von 90 km/h ein, bestreitet jedoch das Ausmaß der ihm angelasteten Fahrgeschwindigkeit und auch das Überfahren der Sperrlinie etwa 50 m nach dem Kreisverkehr im Bereich des dort gelegenen Schutzweges.

Offenbar in der Meinung des Berufungswerbers, das vorher knapp auffahrende Fahrzeug würde sich weiter hinter ihm befinden, beschleunigte er ab dem Bereich 500 m nach dem Kreisverkehr (Strkm 30,0) sein Fahrzeug auf der Haratzmüllerstraße auf deutlich mehr als 100 km/h. Am Tacho des ihm in einem gleichbleibenden Abstand von 25 bis 30 m mit Blaulicht und zuletzt auch unter Verwendung des Folgetonhorns bis zum Parkbad bei Strkm 29,4 nachfahrende Zivilstreifewagen der Polizei, wurde mehrfach eine Fahrgeschwindigkeit von 120 km/h abgelesen.  Vor dem Parkbad reduzierte der Berufungswerber schließlich abrupt seine Fahrgeschwindigkeit und hielt auf dem dortigen Busparkplatz an, wo an seiner Person auch ein Alkoholgehalt der Atemluft im Bereich des Führerscheingesetzes festgestellt wurde.

 

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Im Gegensatz zur Verantwortung des Berufungswerbers waren die Zeugenaussagen der Zivilstreifebesatzung Inspin. X und BezInsp. X auch vom Sachverständigen als schlüssig nachvollziehbar und auch für die Berufungsbehörde überzeugend.   

Beide Beamte schilderten die Umstände der Nachfahrt authentisch, nicht aufgesetzt und in jeder Richtung hin gut nachvollziehbar. Als Grund für die aufgenommene Nachfahrt wurde von BI X eine als aggressiv beobachteten Fahrweise genannt (extremes Beschleunigen zweier Pkw an einer Kreuzung vor dem Kreisverkehr).

Der Berufungswerber dürfte dabei übersehen haben, dass das Zweitfahrzeug den Kreisverkehr bereits vor ihm verlassen hatte, wobei er dieses als das ihm nachfahrende Polizeifahrzeug zu vermuten schien.

Jedenfalls führte er kurz nach dem Kreisverkehr in der Beschleunigungsphase einen Fahrstreifenwechsel durch, wobei er die Sperrlinie überfuhr.

Die als Beifahrerin im Fahrzeug befindliche Inspin. X blickte während der sich über insgesamt etwa zwei Kilometer erstreckenden Nachfahrt mehrfach auf den Tacho des Dienstkraftwagens, wobei sie jeweils 120 km/h ablesen konnte. Im Verlaufe der Nachfahrt blieb der Abstand weitgehend konstant, wobei er sich tendenziell im Zuge des Gefälleverlaufes im Bereich des Pumpwerks sogar etwas vergrößerte. Die Zeugin X setzte folglich vom Beifahrersitz aus das Blaulicht am Fahrzeugdach auf. Auch dieses dürfte vom Berufungswerber unbemerkt geblieben sein, sodass vom Lenker BI X in weiterer Folge auch noch das Folgetonhorn eingeschaltet wurde.

Ausgehend von der abgelesenen Fahrgeschwindigkeit am Dienstkraftwagen im Umfang von 120 km/h und einer gesicherten Nachfahrstrecke im gleichbleibenden Abstand von mehr als 500 m folgt laut Gutachten des SV vom 5.11.2010 eine beweissichere (anlastbare) Fahrgeschwindigkeit von 106 km/h.

Die Behörde erster Instanz lastete in der angefochtenen Entscheidung mit 102 km/h sogar noch von einer geringeren Geschwindigkeit an, sodass der Schuldspruch hier ohne Anhaltspunkte für Zweifel in diesem Umfang zu bestätigen war.

Der Sachverständigte erörterte unter Hinweis auf sein vorweg übermitteltes Gutachten, welches dem Rechtsvertreter noch vor der Berufungsverhandlung zur Einsicht gegeben wurde, die in Abzug zu bringenden Toleranzen. Insbesondere ist darin der sogenannten Parallaxenfehler im Umfang von drei Kilometer pro Stunde und die Tachoungenauigkeit. Zu Gunsten des Berufungswerbers wurde auch noch eine Abstandsverkürzung zum Vorderfahrzeug zu Grunde gelegt, welche jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit ohnedies nicht zutrifft. Die gutachterlichen Annahmen sind demnach sehr zu Gunsten des Berufungswerbers getätigt worden.

Wenn der Berufungswerber aus wohl durchaus verständlichen Gründen versucht einen ihm drohenden Kurzzeitentzug seiner Lenkberechtigung zu entgehen, sprechen die Fakten doch klar gegen ihn.  

Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass von derartigen Rasereien ein enormes abstraktes Gefahrenpotenzial ausgeht. Dies insbesondere in Ballungszentren, wo andere Verkehrsteilnehmer mit solch exzessiven Geschwindigkeiten nicht rechnen und sich darauf nicht einstellen können. Dies wurde vom VL etwa im Rahmen der Berufungsverhandlung unter Hinweis auf einen erst wenige Tage vorher in Oberösterreich geschehenen Verkehrsunfall mit drei jugendlichen Verkehrstoten dem Berufungswerber vor Augen zu führen versucht.

 

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

 

Zu 1. und 3.:

Nach § 11 Abs.2 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung oder den bevorstehenden Wechsel des Fahrstreifens so rechtzeitig anzuzeigen, dass sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen können. Er hat die Anzeige zu beenden, wenn er sein Vorhaben ausgeführt hat oder von ihm Abstand nimmt.

Das wesentliche Tatbestandsmerkmal der Übertretung nach § 11 Abs.2 StVO liegt in dem Vorwurf, dass der Fahrzeuglenker die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung nicht so rechtzeitig angezeigt hat, dass sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen konnten (VwGH 22.3.1995, 94/03/0319).

Nur beide Aspekte zusammen erfüllen die Voraussetzung für diese Schutznorm (vgl. ZfVB 1989/1254 mit Hinweis auf VwGH verst. Sen. 3.10.1985, 85/02/0053 u. ZfVB 1986/3/1344).

Wie oben festgestellt wurden keine Anhaltspunkte evident, inwiefern sich dadurch andere Verkehrsteilnehmer auf diesen Vorgang nicht hätten einstellen können bzw. irritiert worden wären. Aus der Anzeige lässt sich kein Umstand ableiten, warum die Anzeige der Fahrtrichtungsänderung aufgrund der Verkehrslage notwendig gewesen wäre. Diesbezüglich ist auf die Zeugenangaben der Meldungsleger zu verweisen.

Rechtlich war daher das Straferkenntnis in den beiden Punkten zu beheben und das Verfahren iSd § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

 

 

Zu 2. u. 4.:

Diesbezüglich kann grundsätzlich auf die zutreffende Subsumierung des Tatverhaltens seitens der Behörde erster Instanz und die ebenso umfassende Begründung verwiesen werden.

Nach § 9 Abs.1. StVO dürfen Sperrlinien (§ 55 Abs. 2) und Sperrflächen (§ 55 Abs. 4) grundsätzlich nicht überfahren, nicht befahren werden.

Wenngleich dem Überfahren der Sperrlinie hier nur der Charakter einer, ebenso wie das unterbliebe Anzeigen der Fahrtrichtungsänderung  folgenlos geblieben ist, handelt es sich bei Letzterem um eine offenbar bewussten Verstoß gegen diese Ordnungsvorschrift.

 

 

6. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

 

6.1. Insbesondere Rasereien in Ortsgebieten ist neben des hohen abstrakten Gefährdungspotenzials, auch prinzipiell ein Mangel an Bereitschaft zu einem verkehrsangepassten Fahrverhalten abzuleiten. Auch zwei einschlägige und mehrere andere Verwaltungsvormerkungen nach StVO und KFG lassen auf eine diesbezügliche mangelhaft ausgeprägte Wertverbundenheit schließen.

Die Behörde hat in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist. Diese Ermessensentscheidung ist nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen  (VwGH 4.4.2001, 99/09/0140, mit Hinweis auf Erk. VwGH [verst. Senat] 25. März 1980, Zl. 3273/78, VwSlg 10077 A/1980).

Was den objektiven Tatunwert betrifft ist zur Illustration insbesondere auf physikalisch bedingte Veränderung des Anhaltweges hinzuweisen.  Dieser liegt bei einer Bremsung mit 7,5 m/sek2 (ein einer Vollbremsung nahe kommender Verzögerungswert) aus 50 km/h unter Annahme einer Reaktionszeit von einer Sekunde bei 28,13 m, während dieser bei der vom Berufungswerber gefahrenen Geschwindigkeit bereits bei 90,17 m liegt. Der Punkt an dem der Pkw aus 50 km/h zum Stillstand gelangt wird bei dieser Ausgangsgeschwindigkeit noch ungebremst durchfahren (Berechnung mit Analyzer PRO 6.0).

Dies rechtfertigt daher neben spezialpräventiven Überlegungen auch aus spezialpräventiven Gründen die Verhängung einer durchaus spürbaren Geldstrafe. Der Führerscheingesetzgeber sieht darüber hinaus auch noch als erzieherische Maßnahme einen sogenannten Kurzzeitentzug der LB vor (s. VfGH 14.3.2003, G 203/02 ua).

Vor diesem Hintergrund ist selbst angesichts des bisher nicht bekannten Umstandes der Sorgepflichten des Berufungswerbers für ein Kind die im Punkt 4. verhängte Geldstrafe durchaus noch als angemessen zu erachten.

Der Berufung musste daher in den genannten Punkten sowohl im Schuld- als auch im Strafausspruch ein Erfolg versagt werden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

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