Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-231135/7/Fi/Fl

Linz, 17.11.2010

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 10. Kammer (Vorsitzender: Mag. Christian Stierschneider, Berichter: Mag. Dr. Johannes Fischer, Beisitzer: Mag. Dr. Bernhard Pree) über die Berufung der X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Vöcklabruck vom 3. September 2010, GZ Sich96-1032-2010, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005 mit diesem Bescheid zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt.

II.              Die Berufungswerberin hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24, 45 Abs. 1 Z 1, 2 und 3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 VStG.


Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Vöcklabruck (im Folgenden: belangte Behörde) vom 3. September 2010, GZ Sich96-1032-2010, wurde über die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe in der Höhe von 4.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 403 Stunden) verhängt, weil sie als Fremde in einem Asylverfahren wissentlich falsche Angaben über ihre Identität gemacht habe. Die Bw habe dadurch § 120 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (im Folgenden: FPG 2005) verletzt.

Wortwörtlich lautet dieses auszugsweise wie folgt:

"S T R A F E R K E N N T N I S

Sie stellten am X in der X unter den Personalien X, geb. am X, StA. v. X einen Asylantrag. Im Rahmen einer Erhebung über den österreichischen Verbindungsbeamten in X konnte ihre tatsächliche Identität festgestellt und Sie unter den Personalien X, geb. X, StA. v. X ehem. whft. in X identifiziert werden.

Es ergeht sohin folgender

S P R U C H

1. Gem. §120 Abs. 2 Ziffer 2 FremdenpolizeiG 2005 i.V.m. § 15 AsylG 2005 iVm. § 64 Verwaltungsstrafgesetz (VStG)

wird über Sie eine Geldstrafe in Höhe von                           Euro 4.000,00

+ Kosten des Strafverfahrens (= 10 % der Strafe)          Euro    400,00

GESAMT:                                                                               Euro 4.400,00

im Nichteinbringungsfall eine Freiheitsstrafe für die Dauer von 403 Stunden verhängt."

Begründend führt die Behörde – nach Wiedergabe der gesetzlichen Bestimmungen und Schilderung des Sachverhalts – im Wesentlichen aus, dass die Bw es bis zuletzt zu verantworten habe, dass diese gegenüber sämtlichen österreichischen Verwaltungsbehörden und gegenüber den österreichischen Strafgerichten unter von der Bw völlig frei erfundenen Personalien in Erscheinung getreten sei. Dies wie das Ermittlungsverfahren ergeben habe, um unter allen Umständen einen Aufenthalt in Österreich zu begründen bzw. durch Falschangabe der Identität im Falle eines negativ beschiedenen Asylantrages, den Aufenthalt in Österreich unrechtmäßig zu verlängern. Die Bw habe es tunlichst vermieden bzw. unterlassen wahrheitsgemäße Sachverhaltselemente (Identität, tatsächliche Herkunft etc.) gemäß § 15 Asylgesetz, die der Klärung des asylrelevanten Sachverhalts dienen, bekannt zu geben, vielmehr versuchte die Bw die österreichischen Asylbehörden durch ihre Scheinidentität zu täuschen und ihren Aufenthalt in Österreich dadurch zu verlängern. Darüber hinaus habe die Bw auch für ihre Tochter einen Asylantrag unter den erfundenen Personalien gestellt. Die belangte Behörde schließt ihre Begründung mit Erwägungen zur Strafbemessung und der Strafhöhe.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das der Bw am 4. September 2010 zugestellt wurde, richtet sich die am 17. September 2010 bei der belangten Behörde per Mail eingebrachte – und damit rechtzeitige – Berufung vom selben Tag, die dem Unabhängigen Verwaltungssenat von der belangten Behörde mit Schreiben vom 27. September 2010 unter Anschluss des vollständigen Verwaltungsaktes zur Entscheidung vorgelegt wurde.

Begründend führt die Bw aus, dass entgegen der Ansicht der belangten Behörde nicht sämtliche ihrer Aussagen wahrheitswidrig gewesen seien. Darüber hinaus gibt die Bw zum Teil Beweggründe für ihr Verhalten an und weist letztlich daraufhin, dass es ihr unmöglich sei, die vorgesehene Strafe "auf ein Mal" zu bezahlen.

2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Erstbehörde. Da bereits aufgrund der Aktenlage festgestanden hat, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte gemäß § 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden: VStG) von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Aus dem vorliegenden Akt (einschließlich der Schriftsätze der Parteien) ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde liegt:

Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 3. September 2010, GZ Sich96-1032-2010, wurde gegenüber der Bw gemäß § 120 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 eine Geldstrafe in der Höhe von 4.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 403 Stunden) verhängt, weil die Bw am 17. August 2007 in der X unter den Personalien X, geboren am X, Staatsangehörigkeit X, einen Asylantrag stellte, im Rahmen einer Erhebung über den österreichischen Verbindungsbeamten in X jedoch die wahre Identität der Bw festgestellt und die Bw als X, geboren am X, Staatsangehörigkeit X, identifiziert werden konnte. Gegen dieses Straferkenntnis erhob die Bw am 17. September 2010 rechtzeitig Berufung.

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Nach § 51c VStG hat der Unabhängige Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde – durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer zu entscheiden.

3.2.1. Gemäß § 120 Abs. 2 Z 2 FPG 2005, BGBl. I 100 idF BGBl. I 122/2009, begeht ein Fremder, der in einem Asylverfahren vor dem Bundesasylamt oder dem Asylgerichtshof wissentlich falsche Angaben über seine Identität oder Herkunft macht, um die Duldung seiner Anwesenheit im Bundesgebiet oder einen, wenn auch nur vorübergehenden, rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet zu erschleichen, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 1.000 bis 5.000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu drei Wochen, zu bestrafen.

3.3. Im Spruch des Straferkenntnisses wird der Bw vorgeworfen, am 17. August 2007 einen Asylantrag – wie sich im Rahmen einer Erhebung über den österreichischen Verbindungsbeamten in X herausstellte – unter falschen Personalien gestellt zu haben. Der Bw wird diesem Spruch zufolge (ausschließlich) angelastet, an diesem Tag – den 17. August 2007 – wissentlich falsche Angaben über ihre Identität und Herkunft in einem Asylverfahren gemacht zu haben. Hiezu ist jedoch festzuhalten, dass zu dem im Spruch angelasteten Tatzeitpunkt – dem 17. August 2007 – das von der Bw gesetzte Verhalten nicht verwaltungsstrafrechtlich nach § 120 Abs. 2 Z 2 FPG 2005, sondern strafgerichtlich nach § 119 FPG 2005 idF BGBl. I 100 zu ahnden war. Die Strafbarkeit der der Bw im Spruch angelasteten Handlung in Form einer Verwaltungsübertretung und damit im Rahmen der Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden wurde erst durch die FPG-Novelle BGBl. I 122/2009 begründet. Insofern ist eine Bestrafung der Bw, so wie sie der Bw im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angelastet wird, durch die belangte Behörde ausgeschlossen. Dabei ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass selbst bei Annahme der Zuständigkeit einer verwaltungsstrafrechtlichen Strafbarkeit eine Verfolgung in der angelasteten Form ausgeschlossen ist, zumal betreffend diesen Tatzeitpunkt – dem 17. August 2007 – bereits sowohl Verfolgungs- als auch Strafbarkeitsverjährung gemäß § 31 VStG eingetreten ist. Allfällige weitere – nach dem 17. August 2007 vorgenommene – wissentliche Falschangaben der Bw waren nicht Gegenstand des bekämpften Straferkenntnisses und somit vom Unabhängigen Verwaltungssenat nicht zu prüfen.

3.4. Aus diesen Gründen war daher der gegenständlichen Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z 1, Z 2 und Z 3 VStG einzustellen. Bei diesem Ergebnis war auf allfällige weitere Mängel des Spruchs iSd § 44a VStG nicht einzugehen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Bw gemäß § 66 Abs.1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Christian Stierschneider

 

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