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des Landes Oberösterreich
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VwSen-100625/12/Sch/Rd

Linz, 15.02.1993

VwSen - 100625/12/Sch/Rd Linz, am 15 Februar 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Dr. Schön über die Berufung des A St vom 15. Mai 1992 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 30. April 1991 (richtig: 1992), VerkR96/3208/1991/Pi/He, zu Recht:

I. Die Berufung wird hinsichtlich Faktum 1.b) abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis in diesem Punkt vollinhaltlich bestätigt. Im Hinblick auf alle übrigen Fakten wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren diesbezüglich eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat im Hinblick auf den abweisenden Teil der Entscheidung zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 200 S (d.s. 20% der verhängten Geldstrafe) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu leisten.

Im übrigen entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Strafkostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen: Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z1 und 3 bzw. 19 VStG. Zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.: 1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit Straferkenntnis vom 30. April 1991 (richtig: 1992) über Herrn A St, B, wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1.a) § 16 Abs.1 lit.a StVO 1960, 1.b) § 66 Abs.1 lit.b StVO 1960, 2.a) § 16 Abs.1 StVO 1960 und 2.b) § 16 Abs.1 lit.a StVO 1960 Geldstrafen von jeweils 1.000 S und Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 24 Stunden verhängt, weil er 1.) am 23. Mai 1991 um 7.15 Uhr den PKW auf der L Bundesstraße in Richtung L gelenkt und dabei bei Strkm. 16,5 a) trotz Gegenverkehrs überholt hat und b) überholt hat, obwohl der Geschwindigkeitsunterschied für einen kurzen Überholvorgang zu gering war und 2.) am 25. Mai 1991 um 7.18 Uhr den PKW auf der L Bundesstraße in Richtung Linz gelenkt und dabei bei Strkm. 15,8 a) im Bereich der dort befindlichen unübersichtlichen Kurve überholt hat und b) trotz Gegenverkehrs überholt hat. Überdies wurde er zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von insgesamt 400 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht. Am 22. Jänner 1993 wurde an Ort und Stelle eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung abgeführt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat folgendes erwogen:

Zu Faktum 1.a): Hier ist eingangs festzuhalten, daß dieses Delikt im Zuge des erstbehördlichen Verfahrens nicht bestritten worden ist, jedoch vom Berufungsantrag, der die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt, umfaßt wird. Auch aus der Begründung ist nicht ersichtlich, daß allenfalls dieses Faktum nicht in Berufung gezogen werden soll. Die Berufungsentscheidung hat sich daher auch auf dieses Faktum zu erstrecken.

In der Sache selbst ist auszuführen, daß eine glaubwürdige und schlüssige Aussage eines Zeugen vorliegt, der durch das Überholmanöver des Berufungswerbers im Gegenverkehr zum abrupten Abbremsen und Anhalten seines Fahrzeuges genötigt worden ist.

Was den Tatort betrifft, so ist im Rahmen der an Ort und Stelle abgeführten mündlichen Berufungsverhandlung hervorgekommen, daß der von der Erstbehörde angenommene Tatort bei Strkm. 16,5 den Tatsachen entspricht. Es liegt in der Natur der Sache, daß ein Überholmanöver nur im Fahren begangen werden kann und daher eine metergenaue Festlegung des Tatortes nicht möglich ist und auch nicht verlangt wird. Auf die entsprechende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Frage wird hingewiesen. Der Lokalaugenschein hat ergeben, daß der Überholvorgang etwa bei Strkm. 16,5 begonnen wurde und daher die Tatortbezeichnung zutreffend ist.

Zur Strafzumessung ist zu bemerken, daß vorschriftswidrige Überholmanöver stets eine Gefährdung der Verkehrssicherheit bedeuten können. Im konkreten Fall ist eine solche auch massiv eingetreten, da der Lenker eines entgegenkommenden Fahrzeuges zu einem abrupten Bremsmanöver bis zum Stillstand des Fahrzeuges genötigt wurde. Solche Übertretungen können keinesfalls als "Bagatelldelikte" mit "symbolischen" Strafen geahndet werden. Im Hinblick auf diese Erwägungen haben die Ausführungen des Berufungswerbers in bezug auf seine derzeit beschränkten Einkommensverhältnisse in den Hintergrund zu treten, abgesehen davon, daß einem Präsenzdiener nicht nur das Taggeld zusteht, sondern auch volle Verpflegung und Unterkunft, sodaß diese Faktoren bei der Feststellung der Einkommensverhältnisse gleichfalls zu berücksichtigen wären. Auch die Tatsache, daß diese Delikte im erstbehördlichen Verfahren nicht bestritten worden ist, ändert nichts im Hinblick auf die Strafzumessung. Selbst wenn man dem Berufungswerber eine gewisse Einsichtigkeit zugesteht, vermag dieser Umstand allein eine Herabsetzung einer Geldstrafe in der Höhe von 1.000 S für ein gefährliches Überholmanöver nicht zu rechtfertigen. Erschwerungsgründe lagen keine vor, der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit wurde bereits von der Erstbehörde berücksichtigt.

Zu Faktum 1.b): Diesbezüglich hat die durchgeführte Berufungsverhandlung ergeben, daß dieser Tatvorwurf nicht aufrechterhalten werden kann. Der technische Amtssachverständige hat im Rahmen der Verhandlung folgendes, hier gekürzt wiedergegebenes Gutachten herstellt: "Die Frage, ob ein Fahrzeuglenker mit zu geringem Geschwindigkeitsunterschied überholt hat, läßt sich so beantworten, daß entweder der Geschwindigkeitsunterschied nicht erreicht werden darf oder, daß das Fahrzeug in seiner Leistung so unterdimensioniert ist, daß eine Beschleunigung nicht möglich ist. Dies erübrigt sich im gegenständlichen Fall, da das Überholmanöver nicht beschleunigend durchgeführt wurde, sondern gleich aus der Annäherungsgeschwindigkeit heraus, also mit Geschwindigkeitsunterschied am Beginn des Überholmanövers. Geht man von einer Geschwindigkeit der überholten Kolonne von 50 bis 60 km/h aus und einer Geschwindigkeit des überholenden Fahrzeuges von 80 bis 90 km/h so wäre unter Bedachtnahme auf die konkrete Leistungsfähigkeit des überholenden Fahrzeuges der Geschwindigkeitsunterschied als ausreichend anzusehen. Geht man von den Angaben des Zeugen, der von einer Geschwindigkeit der überholten Kolonne von etwa 30 km/h spricht, aus, so ist der Geschwindigkeitsunterschied noch ausreichender.

Zu den Fakten 2.a) und 2.b): Im Rahmen der Berufungsverhandlung mußte festgestellt werden, daß die von der Erstbehörde angenommene Kilometrierung des Tatortes mit den Angaben des Zeugen nicht in Einklang zu bringen ist. Der Zeuge schildert die dem Berufungswerber bei Strkm. 15,8 zur Last gelegten Übertretungen in einem etwa einen Kilometer von diesem Tatort entfernt befindlichen Bereich. Diese Diskrepanz dürfte dadurch entstanden sein, daß dem Zeugen nicht bekannt war, daß die Straße eine sichtbare Kilometrierung aufweist, die eine genaue Zuordnung von Vorgängen ermöglicht. Nach Aussage des Zeugen hat er die Übertretungen beim GPK Bad Leonfelden angezeigt. In der Folge dürfte die Tatortfeststellung anhand der Beschreibung des Zeugen durch die Gendarmerie erfolgt sein, wobei eine Abweichung von etwa einem Kilometer entstand. Eine solche Differenz ist mit dem Konkretisierungsgebot des § 44a VStG nicht in Einklang zu bringen, wozu noch kommt, daß die L Bundesstraße im relevanten Bereich als kurvenreich angesehen werden muß und daher die Umschreibung "dort befindlichen unübersichtlichen Kurve" für eine Konkretisierung der Tat nicht ausreicht.

Es kann daher dahingestellt bleiben, ob durch Erhebungen der Erstbehörde im Hinblick auf den Tatort innerhalb der Frist des § 31 Abs.2 VStG, etwa durch einen Ortsaugenschein im Beisein des im Zuständigkeitsbereich der Erstbehörde beruflich tätigen Zeugen (allenfalls anstelle der Erlassung einer für Privatanzeigen ohnedies nicht vorgesehenen Strafverfügung) die Tatortfrage genau geklärt hätte werden können und daher diese Diskrepanz nicht erst im Berufungsverfahren aufgekommen wäre. Das Verwaltungsstrafverfahren war in diesen Fakten ohne Eingehen auf das Berufungsvorbringen und dessen Stichhaltigkeit einzustellen.

Zu II.: Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. S c h ö n 6

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