Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252470/2/WEI/Mu/Ba

Linz, 18.11.2010

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des X X, X, X, vertreten durch die X & X Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs-GmbH, X, X, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 15. April 2010, Zl. SV-27/10, wegen einer Verwal­tungsübertretung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz  (ASVG) zu Recht erkannt:

 

 

I.       Aus Anlass der Berufung wird die nach der Strafnorm des § 111 Abs 2 ASVG festzusetzende Geldstrafe in Anwendung des § 20 VStG auf den Betrag von 365 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 56 Stunden herabgesetzt. Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.     Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der Behörde erster Instanz wird auf 36,50 Euro herabgesetzt. Im Berufungsverfahren entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines weiteren Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsgrundlage:

zu I: §§ 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz – 1991 – AVG.

zu II: §§ 64 und 65 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis hat die belangte Behörde den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

„Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Firma X X-GmbH. in X, X, verwaltungsstrafrechtlich zu vertreten, dass durch oa. Firma Hr. X X, geb. am X, zumindest am 11.2.2010, in der Betriebsstätte oa. Firma in X, X („X X“) als Servicekraft mit Reinigungsarbeiten als Dienstnehmer beschäftigt wurde, ohne dass dieser Dienstnehmer vor Arbeitsantritt von oa. Firma als verantwortlicher Dienstgeberin beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet wurde. Der Monatslohn von Hrn. X X lag unter der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 (2) ASVG. Hr. X X arbeitete gemäß den Anweisungen und auf Rechnung oa. Firma. Er war somit Dienstnehmer. Da die Dienstgeber jeden von ihnen beschäftigten vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden haben, stellt dies eine Übertretung der Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) dar.“

 

Dadurch erachtete die belangte Behörde eine Verwaltungsübertretung nach dem § 33  Abs 2 iVm § 111  Abs 1 Z 1 und 2 ASVG als gegeben und verhängte nach dem Strafrahmen des § 111 Abs 2 ASVG eine Geldstrafe in Höhe von 750 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 96 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden 75 Euro (10 % der Geldstrafe) vorgeschrieben.

 

1.2. Begründend führt die belangte Behörde aus, dass der Sachverhalt, das rechtswidrige und schuldhafte Verhalten des Bw aufgrund der Anzeige des Finanzamtes Gmunden erwiesen sei.

 

Mit der Aufforderung zur Rechtfertigung sei gegen den Bw das Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet worden. Da der Bw innerhalb der gesetzten zwei­wöchigen Frist darauf nicht reagiert habe, sei das Strafverfahren ohne seine Anhörung durchgeführt worden.

 

Nach Darstellung der verletzten Verwaltungsvorschriften stellte die belangte Behörde weiters fest, dass der gegenständliche Tatbestand der angelasteten Verwal­tungsübertretung somit in objektiver Hinsicht erfüllt sei.

 

Zum Verschulden führte die belangte Behörde aus, dass für die Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genüge und es sich im vorliegenden Fall um ein Ungehorsam­keitsdelikt gehandelt habe.

 

Im Zuge der Strafbemessung seien keine Erschwerungsgründe hervorgekommen, während die völlige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit strafmildernd zu werten gewesen sei. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entspre­chender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnisses, welches dem Bw am 21. April 2010 durch Hinterlegung zugestellt wurde, richtet sich die am 23. April 2010 – und damit rechtzeitig – bei der belangten Behörde eingelangte Berufung.

 

In der Berufung wird zunächst bestätigt, dass die namentlich genannte Person vom 9. Februar 2010 bis 16. Februar 2010 bei der gegenständlichen Firma beschäftigt war. Allerdings wird darauf hingewiesen, dass der Dienstnehmer das Dienstverhältnis während der Probezeit beendet habe. Da dieser ohnehin bei der Oö. Gebietskrankenkasse angemeldet gewesen sei, wird um Aufhebung des Bescheides gebeten. Als Beweis wurden der Berufung die Belege des ELDA-Systems aus der sowohl die Anmeldung als auch die Abmeldung hervorgehen, angeschlossen.

 

Im Ergebnis wird demnach die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens angestrebt.

 

3.1. Der Magistrat der Stadt Steyr hat mit Vorlageschreiben vom 28. April 2010 die Berufung des Bw dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich unter Anschluss des von ihr geführten Aktes mit dem Ersuchen um Entscheidung übermittelt.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenates hat Beweis erhoben durch Einsicht­nahme in den Akt des Magistrates der Stadt Steyr zu Zl. SV-27/10. Da sich bereits aus diesem Akt der entscheidungsrelevante Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs 3 Z 1 und 2 VStG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

3.3. Nach der im Wesentlichen unbestrittenen Aktenlage ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich der folgende wesentliche S a c h v e r h a l t :

 

Am 11. Februar 2010 gegen 18.35 Uhr führten Organe des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck gemeinsam mit Beamten der Polizeiinspektion Gmunden und der Bezirkshauptmannschaft Gmunden, Fremdenbehörde, im gegenständlichen Lokal eine Kontrolle nach dem AuslBG und Erhebungen nach § 89 Abs 3 EStG durch. Dabei wurde die im Spruch angeführte Person beim Reinigen der Spieltische mittels Staubsauger angetroffen. Gegenüber den Organen bestritt dieser ein Dienstverhältnis und gab an, dass er vom Bw lediglich gebeten wurde, ihm kurz behilflich zu sein.

 

Im Personenblatt hat dieser Dienstnehmer nur den Familien- und Vornamen sowie seine Geburtsdaten und die Wohnadresse eingetragen.

 

Im Zuge der Anzeigenlegung ergab eine Hauptverbandabfrage, dass dieser Dienstnehmer nach der Kontrolle des Finanzamtes am 16. Februar 2010 um 09.30 Uhr mit Beschäftigungsbeginn am 9. Februar 2010 für 10 Stunden pro Woche mit einem Entgelt in Höhe von 330,64 geringfügig zur Sozialversicherung angemeldet wurde.

 

Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 11. März 2010 wurde gegen den Bw das Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet. Da der Bw darauf nicht reagierte, erließ daraufhin die belangte Behörde das angefochtene Straferkenntnis.

 

In der Folge bestätigt der Bw mit seinem Berufungsvorbringen, dass der gegenständliche Dienstnehmer vom 9. Februar 2010 bis 16. Februar 2010 in seinem Unternehmen beschäftigt war und führte weiters aus, dass dieser beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet wurde. Als Beweis legte er die diesbezüglichen ELDA-Auszüge vor. Daraus ist ersichtlich, dass zum einen dieser Dienstnehmer am 16. Februar 2010 rückwirkend mit 9. Februar 2010 geringfügig mit einen Monatslohn in Höhe von 330,64 Euro für 10 Stunden pro Woche (3 Tage) beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet und zum anderen dieser wieder am 22. Februar 2010 mit Ende des Beschäftigungsverhältnisses am 21. Februar 2010 beim zuständigen Sozialversicherungsträger abgemeldet wurde.

 

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich aus den angeführten Beweismitteln. Unbestritten steht fest, dass der gegenständliche Dienstnehmer für den Bw tätig war. Der Bw behauptet allerdings in seiner Berufung, dass diese Person beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet worden sei. Allerdings geht sowohl aus der Hauptverbandabfrage durch den Anzeigenleger als auch aus den vom Bw vorgelegten ELDA-Auszügen eindeutig hervor, dass die Anmeldung dieses Dienstnehmers am 16. Februar 2010 und somit erst nach der Kontrolle am 11. Februar 2010 erfolgte.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 111 Abs 1 Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz – ASVG (BGBl Nr. 189/1955 idFd Art I Teil 2 des SRÄG 2007, BGBl I Nr. 150/2009) handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 ASVG meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs 3 ASVG entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

 

1.  Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

 

2.  Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

 

3.  Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

 

4.  gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeich­nungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

Gemäß Absatz 2 ist die Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar

 

-         mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

 

-         bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

 

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestim­mungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erst­maligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Nach § 33 Abs 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

 

Entsprechend § 33 Abs 1a ASVG kann die Anmeldeverpflichtung auch in zwei Schritten erfüllt werden, nämlich derart, dass vor Arbeitsantritt die Dienstgeber­kontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben) und innerhalb von 7 Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung die noch fehlenden Angaben (vollständige Anmeldung) gemeldet werden.

 

Gemäß § 33 Abs 2 ASVG gilt Abs 1 für die nur in der Unfall- und Pensions­versicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

 

Nach § 4 Abs 1 Z 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgeber beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung (unmittelbar) auf Grund des ASVG versichert (Vollversicherung), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollver­sicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

 

Als Dienstnehmer iSd ASVG gilt gemäß § 4 Abs 2 ASVG derjenige, der in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäf­tigt wird, wobei hiezu auch Personen gehören, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merk­malen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen; unabhängig davon gelten Personen jedenfalls dann als Dienstnehmer, wenn sie entweder mit einem Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungscheckgesetz entlohnt werden oder wenn sie nach § 47 Abs 1 iVm Abs 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) lohnsteuerpflichtig sind, soweit es sich nicht um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs 1 Z 4 lit a oder b EStG oder um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs 1 Z 4 lit c EStG, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen, handelt.

 

Nach § 35 Abs 1 ASVG ist als Dienstgeber derjenige anzusehen, für dessen Rechnung der Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, wobei gemäß § 35 Abs 2 ASVG Besonderes für jene nach § 4 Abs 1 Z 4 und 5 ASVG pflichtversicherte und für nach § 8 Abs 1 Z 3 lit c ASVG teilversicherte Dienstnehmer, für Heimarbeiter und für nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz überlassene Dienstnehmer gilt. Die dem Dienstgeber gemäß § 33 ASVG vorgeschriebenen Pflichten können nach § 35 Abs 3 ASVG grundsätzlich auch auf Bevollmächtigte übertragen werden; dennoch hat der Dienstgeber auch in diesem Fall die in § 33 ASVG vorgesehene Meldung selbst zu erstatten, wenn eine der Voraussetzungen des § 35 Abs 4 ASVG vorliegt.

 

Von der Vollversicherung nach § 4 ASVG und damit von der Krankenversicherungspflicht sind nach § 5 Abs 2 leg cit u.a. geringfügig beschäftigte Personen ausgenommen.

 

Gemäß § 5 Abs 2 ASVG galt zum Tatzeitpunkt ein Beschäftigungsverhältnis als geringfügig, wenn es für eine kürzere Zeit als einen Kalendermonat vereinbart war und für einen Arbeitstag im Durchschnitt ein Entgelt von höchstens 28,13 Euro, insgesamt jedoch höchstens 366,33 Euro gebührte oder für mindestens einen Kalendermonat oder auf unbestimmte Zeit vereinbart war und im Kalendermonat kein höheres Entgelt als 366,33 Euro gebührte (vgl. Kundmachung vom 17. Dezember 2009, BGBl II Nr. 450/2009).

 

4.2. Im gegenständlichen Fall steht unbestritten fest, dass der im Spruch angeführte Dienstnehmer für die GmbH des Bw geringfügig tätig war und daher auch der Pflichtversicherung und somit der Meldepflicht nach § 33 Abs 2 ASVG unterlag.

 

Wenn der Bw behauptet, dass diese Person beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet war, so ist dem entgegenzuhalten, dass, wie zuvor bereits unter Punkt 3.3. dargestellt wurde, sowohl aus der Hauptverbandabfrage durch den Anzeigeleger als auch aus den mit der Berufung vorgelegten ELDA-Auszügen eindeutig hervorgeht, dass die Anmeldung dieses Dienstnehmers am 16. Februar 2010 und somit erst nachträglich (nach der Kontrolle am 11. Februar 2010) erfolgt war.

 

Da gemäß § 33 Abs 1 und 2 ASVG pflichtversicherte Personen (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden sind, und der Bw das Meldevergehen mangels erkennbarer Entschuldigungsgründe auch subjektiv zu verantworten hat, ist seine Strafbarkeit gegeben.

 

4.3. Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

4.4.  Bei der Strafbemessung ging die belangte Behörde von einem monatlichen Nettoeinkommen von 2.500 Euro und fehlenden Sorgepflichten aus. Dieser Einschätzung der persönlichen Verhältnisse ist die Berufung nicht entgegen getreten, weshalb sie auch im Berufungsverfahren zugrunde gelegt werden kann.

Im gegenständlichen Fall wurde im angefochtenen Straferkenntnis eine Geldstrafe in Höhe von 750 Euro, also mehr als die Mindeststrafe für eine Tatbegehung im Erstfall verhängt.

 

Aus der einleitenden Formulierung "unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes" im § 111 Abs 2 ASVG ergibt sich grundsätzlich, dass auch für jene nach § 111 Abs 1 ASVG zu ahndenden Übertretungen im Erstfall die Vorschriften über die außerordentliche Milderung der Strafe (§ 20 VStG: Unterschreiten der Strafuntergrenze bis zur Hälfte) bzw. über ein Absehen von der Strafe unter allfälliger gleichzeitiger Ermahnung (§ 21 VStG) in vollem Umfang zum Tragen kommen sollen, d.h. bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen im Zuge der Strafbemessung auch zwingend berücksichtigt werden müssen. Daraus folgt, dass im Ergebnis auch im Falle einer Übertretung gemäß § 111 Abs 1 ASVG im Zuge der Strafbemessung zunächst zu prüfen ist, ob gemäß § 21 VStG die Voraussetzungen für ein Absehen von der Strafe vorliegen; wenn dies nicht zutrifft, so ist noch darüber hinaus zu untersuchen, ob nach § 20 VStG eine Unterschreitung der Strafuntergrenze geboten ist (näher dazu VwSen-251936/2/Gf/Mu/Ga vom 03.10.2008 und VwSen-251903/2/WEI/Se vom 17.09.2009).

 

Die belangte Behörde ist wohl davon ausgegangen, dass die Folgen der Übertretung angesichts des Zeitraumes der nicht zur Sozialversicherung gemeldeten Beschäftigung nicht unbedeutend sein können. Auch der Oö. Verwaltungssenat ist der Auffassung, dass die Straflosigkeit einer nicht ganz kurzen Übertretung der Meldepflicht des § 33 Abs 1 und Abs 2 ASVG weder in spezial- noch generalpräventiver Hinsicht vertretbar erscheint, weil damit negative Beispiels- und Folgewirkungen für das Rechtsgeltungsbewusstsein verbunden wären. Auch das Verschulden des Bw kann nicht als geringfügig iSd § 21 Abs 1 VStG angesehen werden, weil die Tat nicht wesentlich hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt des gegenständlichen Ungehorsamsdelikts zurückblieb. Von unbedeutenden Folgen kann grundsätzlich bei tagelanger Nichtmeldung eines Dienstnehmers zur Sozialversicherung und dem damit verbundenen volkswirtschaftlichen Schaden nicht gesprochen werden. Die Anwendung des § 21 Abs 1 VStG scheidet daher aus.

 

4.5. Die belangte Behörde wertete die völlige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit als mildernd. Weitere Milderungs- oder Erschwerungsgründe wurden nicht festgestellt. Nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenats war aber im vorliegenden Erstfall auch die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung im Sinne des § 20 VStG in Betracht zu ziehen und zu prüfen, ob nicht gemäß dem § 20 VStG eine Unterschreitung der gesetzlichen Strafuntergrenze in Frage kommt.

 

Der Bw ist nach Ausweis der Aktenlage nicht nur verwaltungsstrafrechtlich völlig unbescholten. Er hat auch ein Tatsachengeständnis abgelegt, das sein Verschulden in einem milderen Licht erscheinen lässt und ihm schuldmindernd zugute zu halten ist. Nach der Kontrolle des Finanzamtes hat er ein rechtskonformes Verhalten gezeigt und den Arbeiter zur Sozialversicherung bei der Oö. Gebietskrankenkasse ordnungsgemäß angemeldet. Er war demnach zumindest nachträglich um rechtlich geordnete Verhältnisse bemüht. Erschwerungsgründe sind nicht hervorgekommen.

 

Dazu kommt der Umstand, dass sich die Dauer der geringfügigen Beschäftigung nach dem Tatvorwurf im bekämpften Straferkenntnis auf den 11. Februar 2010 beschränkt. An diese den Gegenstand des Berufungsverfahrens bildende Tatanlastung ist der unabhängige Verwaltungssenat im Rahmen der Sachentscheidung nach dem § 66 Abs 4 AVG (iVm § 24 VStG) gebunden. Er darf keine andere Tat anlasten. Ein Austausch wesentlicher Tatbestandsmerkmale (hier Tatzeit) führt zur Anlastung einer anderen Tat und ist daher unzulässig (vgl zB VwGH 20.11.1997, Zl. 97/06/0170). Eine ausdrücklich nur für einen Tag angelastete Beschäftigungsdauer, an der die entgegen § 44a Z 1 VStG völlig unbestimmte Beifügung das Wortes "zumindest" nichts zu ändern vermag (vgl dazu bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004], 1532, E 30 zu § 44a VStG), bedeutet auch nur ein dementsprechend geringes Unrecht, das dem Täter zum Vorwurf gemacht wird. Das Ausmaß des Verschuldens kann sich folgerichtig nur auf dieses im Spruch angelastete Unrecht beziehen. Es fällt daher gegenständlich nicht besonders ins Gewicht.

 

Nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenats überwiegen beim Bw die Milderungsgründe deutlich, zumal auch keine Erschwerungsgründe vorliegen. Bei der gegebenen Sachlage war daher gesamthaft betrachtet eine außerordentliche Strafmilderung gerechtfertigt. Dies auch im Hinblick darauf, dass der Gesetzgeber nach dem Wortlaut des § 111 Abs 2 ASVG eine erstmalige Übertretung tendenziell milder beurteilt.

 

Im Ergebnis war nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenats die Mindeststrafe von 730 Euro zu unterschreiten und die Geldstrafe auf 365 Euro zu reduzieren, weil dieser Betrag als angemessene und spezialpräventiv ausreichende Sanktion für die Nachlässigkeit des Bw zu werten ist.

 

Die Ersatzfreiheitsstrafe war nach § 111 Abs 2 ASVG innerhalb von zwei Wochen festzusetzen. Im angemessenen Verhältnis zur herabgesetzten Geldstrafe von 365 Euro war die Ersatzfreiheitsstrafe auf 56 Stunden zu reduzieren.

 

5. Der Berufung war daher gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs 4 AVG insoweit stattzugeben, als die verhängte Geldstrafe mit 365 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe mit 56 Stunden neu festzusetzen war. Im Übrigen war sie als unbegründet abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

 

Bei diesem Ergebnis verringerte sich gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz auf 36,50 Euro (10 % der Geldstrafe). Für das Berufungsverfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat war hingegen gemäß § 65 VStG kein weiterer Kostenbeitrag festzusetzen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigen Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. W e i ß

 

 

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