Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150783/12/Re/Hue

Linz, 23.11.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung des x, vertreten durch Rechtsanwältin x, x gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 12. März 2010, Zl. BZ-BauR-7239-2009e Scho, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

I.                  Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.  

II.              Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in der Höhe von 60 Euro, d.s. 20 % der verhängten Geldstrafe, zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 16 Abs. 2, 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 300 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von
30 Stunden verhängt, weil er am 8. August 2009 gegen 17.07 Uhr das Kfz mit dem amtlichen Kennzeichen x auf der A25 in Fahrtrichtung Knoten Wels bis zu km 14,580 gelenkt habe, ohne dass die für die Benützung vorgeschriebene Maut ordnungsgemäß entrichtet und am Kfz die vorgeschriebene Vignette ordnungsgemäß angebracht gewesen sei.

 

2. In der Berufung brachte die Vertreterin des Bw vor, dass sich der Bw auf den Vertrauensschutz berufe und ihm deshalb keine Nachteile erwachsen dürften. Der Bw sei der deutschen Sprache nicht mächtig, weshalb eine Deutsch sprechende andere Person nach der schriftlichen Zahlungsaufforderung über 120 Euro bei der x angerufen habe. Der x-Mitarbeiter hätte gesagt, die Zahlung nicht vornehmen zu sollen, da der Bw nach einem Schreiben seinerseits zu einer Ersatzmaut, welche viel geringer als 120 Euro sei, aufgefordert werde. Der Bw habe auf diese Aussage vertraut. Nunmehr sei er aber zur Zahlung von 300 Euro aufgefordert worden. Ihm dürfe aufgrund des Vertrauensprinzips kein Nachteil entstehen, da er sich auf eine behördliche Auskunft verlassen hätte.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der x vom 2. Dezember 2009 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach sei am Kfz keine gültige Mautvignette angebracht gewesen. Gem. § 19 Abs.4 BStMG sei dem Zulassungsbesitzer am 22. September 2009 schriftlich die Ersatzmaut angeboten, diesem Angebot jedoch nicht (zeitgerecht) entsprochen worden.

 

Die Lenkererhebung der belangten Behörde vom 10. Dezember 2009 beantwortete der Bw mit folgender E-Mail (Absenderadresse: x) vom 21. Dezember 2009:

"Hier mit bitte ich Ihnen nochmal ihre schreiben zuprüfen. Ich habe ein brief erhalten wo drinne stand das ich 120,00 € Überweisen soll. Aber ich hatte mich mit ihnen am 24.09.2009 in verbindung gesetzt als mit schreiben auch nach dem schreiben per telefon. Eine mit Arbeiter von Ihnen hat mir mit geteilt dass die Sache schon geklärt wurde und dass ich nichts bezahlen musste. Ich bitte SIe nochmal die sache zu klären mich mit einem schreiben bestädigen dass diese fall geklärt wurde. Benachrichtigen Sie mich bitte um diesen fall. ps: meine schreiben habe ich an diesen adresse per post zugeschickt   x (Österreich)."

 

Nach Strafverfügung vom 23. Dezember 2009 brachte die Vertreterin des Bw vor, dass der Bw eine Vignette gekauft und diese aufgrund der fehlenden Deutschkenntnisse mit Tesafilm an der Windschutzscheibe befestigt hätte. Zunächst sei dem Bw eine Ersatzmaut in der Höhe von 120 Euro angeboten worden. Bei einem Anruf bei der x habe er die Auskunft erhalten, dass diese auf die Ersatzmaut verzichten würde, wenn der Bw im Gegenzug dies kurz niederschreiben möge. Als er dies getan habe, sei unmittelbar die Strafverfügung über 300 Euro eingelangt. Aufgrund von fünf Sorgepflichten, der Insolvenz seines Arbeitgebers und einem monatlichen Wohngeld von 39 Euro wurde die "Befreiung der Zahlungsverpflichtung" beantragt.

Als Beilagen sind in Kopie das Ersatzmautangebot, ein Wohngeldbescheid und ein Beschluss des Amtsgerichts über ein Insolvenzeröffnungsverfahren angeschlossen.

 

Einer zusätzlichen x-Stellungnahme vom 28. Jänner 2010 ist neben rechtlichen Bestimmungen zu entnehmen, dass auf dem Kfz die Vignette samt Trägerfolie unter Zuhilfenahme nicht erlaubter Hilfsmittel an der Windschutzscheibe angebracht gewesen sei, weshalb auch das aufgedruckte Kreuz der Trägerfolie ersichtlich sei. Als Beilage sind drei Beweisfotos angeschlossen.

 

Dazu übermittelte der Bw am 26. Februar 2010 nochmals das Einspruch-Schreiben vom 12. Jänner 2010.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. Mittels Schreiben vom 2. Juli 2010 forderte der Oö. Verwaltungssenat den Bw auf innerhalb Frist Name und Adresse jener Person, welche mit der x telefoniert habe, sowie den vollständigen Namen des Gesprächpartners bei der x bekannt zu geben und den angeführten Schriftverkehr mit der x hinsichtlich des Ersatzmautangebotes vollständig vorzulegen.

 

Am 17. August 2010 teilte der Sohn des Bw, Herr x, dem Unabhängigen Verwaltungssenat telefonisch mit, dass der Brief an die x nicht kopiert worden sei und deshalb nicht vorgelegt werden könne.

 

Die Vertreterin des Bw gab zusätzlich mittels Schreiben vom 1. September 2010 bekannt, dass Herr x das Telefonat mit der x geführt habe, der Name des x-Gesprächpartners nicht bekannt sei und der Brief an die x mangels angefertigter Kopie nicht vorgelegt werden könne.  

Als Beilage ist die E-Mail vom 21. Dezember 2009 an die belangte Behörde angeschlossen.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

5.1. Gemäß § 10 Abs. 1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

Punkt 7.1 der Mautordnung besagt u.a., dass die Vignette – nach Ablösen von der Trägerfolie – unter Verwendung des originären Vignettenklebers unbeschädigt und direkt so auf die Innenseite der Windschutzscheibe anzukleben ist, dass sie von außen gut sicht- und kontrollierbar (z.B. kein Ankleben hinter einem dunklen Tönungsstreifen) ist. Jede andere Anbringung (z.B. durch [zusätzliche] Klebestreifen) ist nicht gestattet und verwirkt den Nachweis der ordnungsgemäßen Mautentrichtung.  

 

Gemäß § 20 Abs. 1 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 Euro bis 3.000 Euro zu bestrafen.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 250 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 zu keiner Betretung, so ist die x-Aktiengesellschaft ermächtigt, im Falle einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs.1 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung beruht, im Falle einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs.2 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen vier Wochen ab Ausfertigung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs.4).

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht (Abs.6). 

 

5.2. Unbestritten ist die Lenkereigenschaft des Bw zur Tatzeit und die Anbringung der Vignette mittels Tesafilm entgegen die Anbringungsvorschriften des Punktes 7.1 der Mautordnung. Der Bw hat somit das ihm vorgeworfene Delikt in objektiver Hinsicht verwirklicht.

 

Die Tat ist daher dem Bw  in objektiver – und da keine Entschuldigungs­gründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Nicht entschuldigend würde eine Rechtsunkenntnis bzw. die vom Bw vorgebrachte Unkenntnis der Anbringungsvorschriften für Vignetten wirken. Auch ein ausländischer Lenker ist verpflichtet, sich mit den rechtlichen und faktischen Voraussetzungen der legalen Benützung mautpflichtiger Strecken auf geeignete Weise vertraut zu machen. Es  sei von Fahrlässigkeit auszugehen, und zwar in dem Sinne, dass der Bw verabsäumt hat, sich vor der Anbringung der Vignette auf der Windschutzscheibe über die Notwendigkeit des Abziehens der Vignette von der Trägerfolie in Kenntnis zu setzen.

 

Hinsichtlich der vom Bw behaupteten Auskünfte eines x-Mitarbeiters betreffend des Ersatzmautangebotes ist zunächst festzustellen, dass es sich dabei nicht um behördliche Auskünfte gehandelt hat und gem. § 19 Abs. 6 BStMG subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut nicht bestehen. Damit konnte der Bw auch nicht in subjektiven Rechten verletzt werden. Schon aus diesem Grund sind die diesbezüglichen Behauptungen des Bw ohne rechtliche Relevanz für das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren, weshalb eine zusätzliche zeugenschaftliche Einvernahme von Herrn x entbehrlich war.

  

Unbeschadet der vorherigen Ausführungen wird darauf hingewiesen, dass – unbestritten – eine Bezahlung der angebotenen Ersatzmaut nicht erfolgt ist. Unterbleibt aber eine (zeitgerechte) Bezahlung der Ersatzmaut – aus welchen Gründen auch immer –, kommt dies einem Ausschlagen dieses Vergleichsangebotes der ASFINAG gleich, weshalb der Strafausschließungsgrund des § 20 Abs.3 BStMG nicht zustande gekommen ist. Zudem erscheint dem Unabhängigen Verwaltungssenat die Behauptung einer x-Auskunft, wonach eine Art "schriftlicher Einspruch" gegen das Ersatzmautangebot automatisch zu einer Reduktion der Ersatzmaut führt, in Anbetracht des Inhalts dieser angeblichen Aussage äußerst unwahrscheinlich, zumal diese inhaltlich unlogisch ist, in der Mautordnung nicht vorgesehen ist und  jedweden Erfahrungen des Oö. Verwaltungssenates mit x-Abläufen widerspricht, wobei es sich dabei lediglich um eine einfache Standardfragestellung gehandelt hat. Zusätzlich ist darauf hinzuweisen, dass die diesbezüglichen Behauptungen der (Vertreterin des) Bw inkonsistent sind: So wurde im Einspruch vom 12. Jänner 2010 behauptet, die x verzichte im Falle eines "schriftlichen Einspruchs" auf die Ersatzmaut zur Gänze, während in der Stellungnahme vom 10. Mai 2010 von einer "viel geringeren" (neuerlichen) Ersatzmautforderung gesprochen wird. Auch ist schlichtweg ein Irrtum des Bw über den konkreten Inhalt des (behaupteten) Telefonats mit der x schon deshalb wahrscheinlich, da der Bw nach eigener Aussage der deutschen Sprache nicht mächtig ist und der telefonische  Kontakt nur über dessen Sohn x erfolgt ist, welcher ebenfalls die deutsche Sprache nicht als Muttersprache führt (vgl. auch die Textierung der E-Mail an die belangte Behörde vom 21. Dezember 2009, welche offensichtlich von Herrn x stammt, sowie das Telefonat mit dem Oö. Verwaltungssenat vom 17. August 2010). Weder der Name des x-Gesprächspartners noch der (angebliche) Schriftverkehr mit der x konnte als Beweismittel genannt bzw. vorgelegt werden. Welchen Inhalts das (behauptete) Telefonat mit der x auch gewesen sein mag, bleibt dieses ohne direkten Einfluss oder Bezug auf den gegenständlichen Verfahrensausgang.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin lediglich die gesetzliche Mindeststrafe verhängt wurde. Die gesetzliche Mindeststrafe ist aus dem bloßen Grund einer schlechten finanziellen Situation des Bw nicht unterschreitbar. Mildernd wirkt lediglich die Unbescholtenheit. Überwiegende Milderungsgründe iSd § 20 VStG sind nicht ersichtlich und wurden auch nicht vorgebracht. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre, da die (kumulativen) Voraussetzungen (Unbedeutendheit der Tatfolgen, Geringfügigkeit des Verschuldens), dafür nicht gegeben sind. Der Verschuldensgrad der Fahrlässigkeit ist deliktstypisch und rechtfertigt die Anwendung des § 21 VStG keineswegs. Insbesondere ist der Schuldgehalt als nicht geringfügig anzusehen, da sich der Bw über die Anbringungsvorschriften von Vignetten im ausreichendem Umfang informieren hätte müssen.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden. Bei diesem Ergebnis war zusätzlich gem. § 64ff VStG ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Reichenberger

 

 

 

 

 

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