Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100627/3/Fra/Ka

Linz, 09.07.1992

VwSen - 100627/3/Fra/Ka Linz, am 9.Juli 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 3. Kammer unter dem Vorsitz von Dr. Ilse Klempt sowie dem Berichter Dr. Johann Fragner und dem Beisitzer Mag. Michael Gallnbrunner über die Berufung des I H, M, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. E, gegen die mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 13. April 1992, VerkR96/4508/1991/Gz, wegen Übertretung des § 5 Abs.1 StVO 1960 verhängte Strafe, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird teilweise Folge gegeben. Die verhängte Geldstrafe wird auf 7.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 6 Tage herabgesetzt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 19, 20, 24 und 51 VStG.

II. Der Kostenbeitrag für das Strafverfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 700 S. Die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau hat mit Straferkenntnis vom 13. April 1992, VerkR96/4508/1991/Gz, über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.1 i.V.m. § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 11.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 11 Tage) verhängt, weil er am 2. November 1991 um 0.45 Uhr den PKW von der Diskothek K in M auf der M.straße in die A.straße gelenkt hat und sich hiebei in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden hat. Ferner wurde der Beschuldigte gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz in Höhe von 10 % der verhängten Strafe sowie zum Ersatz der Barauslagen von 10 S für den Alkomat verpflichtet.

I.2. Die fristgerecht gegen das o.a. Straferkenntnis eingebrachte Berufung richtet sich gegen das Strafausmaß.

Vom Rechtsinstitut der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Da hinsichtlich des entscheidungsgegenständlichen Faktums eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist durch eine Kammer zu entscheiden (§ 51c VStG). Hinsichtlich des Faktums 2 (§ 102 Abs.2 KFG) ergeht, da diesbezüglich keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, eine gesonderte Entscheidung durch das zuständige Einzelmitglied des unabhängigen Verwaltungssenates.

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

I.3.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

I.3.2. Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens eine Ermessensentscheidung. Gemäß Artikel 130 Abs.2 B-VG liegt im Bereich des verwaltungsbehördlichen Ermessens Rechtswidrigkeit dann nicht vor, wenn die Behörde von diesem im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, in Befolgung der Anordnung des § 60 AVG 1950 (§ 24 VStG 1950) in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist.

I.3.3. Die belangte Behörde begründet den Umstand, daß die Mindeststrafe nicht unterschritten werden konnte damit, daß gerade jugendliche Fahrzeuglenker im alkoholisierten Zustand sehr häufig Unfälle mit schwerwiegenden Folgen verursachen und ein erzieherischer Effekt nur durch eine empfindliche Strafe erreicht werden könne. Außerdem soll die Strafe auch eine abschreckende Wirkung für andere Verkehrsteilnehmer haben, was aber nur dann der Fall sei, wenn das drohende Übel auch als massiver Eingriff in der Sphäre der einzelnen Person empfunden werde. Geringe Geldstrafen entwickeln für Jugendliche heutzutage keine abschreckende Wirkung.

Der Berufungswerber weist in seinem Rechtsmittel vor allem auf die Bestimmung des § 20 VStG hin, wonach, wenn der Beschuldigte Jugendlicher ist, die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden kann. Diese Bestimmung hätte jedenfalls Anwendung finden müssen, zumal er am 24. Juni 1973 geboren ist, somit zur Tatzeit 18 Jahre und 4 Monate alt war. Die Rechtsansicht der Erstbehörde, die Mindeststrafe habe nicht unterschritten werden können, sei unrichtig, da einzige Voraussetzung für das Unterschreiten der Mindeststrafe der Umstand sei, daß der Beschuldigte jugendlich ist. Die Erwägungen der Erstbehörde, wonach die ausgesprochene Strafhöhe geboten gewesen sei, da gerade jugendliche Fahrzeuglenker in alkoholisiertem Zustand sehr häufig Unfälle mit schwerwiegenden Folgen verursachen und ein erzieherischer Effekt nur durch eine empfindliche Strafe erreicht werden könne, widerspreche klar dem Gesetzeswortlaut des § 20 VStG sowie den Intentionen des Gesetzgebers. Der Gesetzgeber habe mit dieser Bestimmung zum Ausdruck bringen wollen, daß gerade ein Jugendlicher nicht so streng wie ein Erwachsener bestraft werden solle.

Zu den Ausführungen des Berufungswerbers hinsichtlich der Bestimmung des § 20 VStG wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24.5.1989, Zl. 89/03/0048, verwiesen, wonach die außerordentliche Milderung bei einem Jugendlichen unabhängig davon in Betracht kommt, ob die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen. Der Verwaltungsgerichtshof hat weiters in seinem Erkenntnis vom 29.1.1992, Zl.92/02/0061, ausgesprochen, daß die Behörde, wenn ein Beschuldigter zum Tatzeitpunkt noch jugendlich ist, vom außerordentlichen Milderungsrecht des § 20 VStG Gebrauch machen müsse. Dies bedeute allerdings nicht, daß die Behörde eine den Strafrahmen unterschreitende Strafe zu verhängen hat, sie müsse jedoch bei der Strafbemessung berücksichtigen, daß im Hinblick auf die Bestimmung des § 20 VStG von einer Untergrenze des Strafrahmens von 4.000 S auszugehen sei (Anmerkung: diesem Fall lag ebenfalls eine Übertretung des § 5 Abs.1 i.V.m. § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 zugrunde).

Der unabhängige Verwaltungssenat ist unter diesen Prämissen unter Berücksichtigung der Umstände, daß der Beschuldigte zur Tatzeit Jugendlicher im Sinne des § 4 Abs.2 VStG war, daß keine einschlägige Vorstrafe vorliegt sowie im Hinblick auf die Einkommenssituation des Beschuldigten zur Auffassung gelangt, daß eine Herabsetzung der Strafe auf das nunmehr festgesetzte Maß geboten war. Eine Aufrechterhaltung der Strafe auf beinahe das Dreifache der Strafuntergrenze unter den genannten Voraussetzungen erschien als nicht vertretbar, andererseits erschien jedoch auch eine Herabsetzung auf das beantragte Ausmaß auf 5.000 S nicht vertretbar, da wegen des hohen Atemluftalkoholgehaltes (0,83 mg/l) doch von keinem geringfügigen Verschulden auszugehen ist.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

zu II. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen. Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t 6

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