Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252480/17/Py/Hu

Linz, 24.11.2010

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn x,  vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz  vom 21. April 2010, GZ: 0022249/2008, wegen einer Übertretung nach dem Ausländerbeschäftigungs­gesetz (AuslBG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 6. Oktober 2010 zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 500 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 17 Stunden herabgesetzt wird.

Im Übrigen wird der Berufung keine Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis mit der Maßgabe, dass im Spruch die Wortfolge "von 19.10.2006 bis zumindest" entfällt, bestätigt.

 

II.     Der Beitrag des Berufungswerbers zum Verfahren vor der belangten Behörde verringert sich auf 50 Euro. Für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 19, 20, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  §§ 64 und 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 21. April 2010, GZ: 0022249/2008, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz – AuslBG 1975 idgF, eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 33 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 100 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben als unbeschränkt haftender Gesellschafter und somit als gemäß § 9 VStG nach außen vertretungsbefugtes Organ der Firma x mit dem Sitz in x, zu verantworten, dass von dieser Firma in der Betriebsstätte in x von 19.10.2006 bis zumindest am 16.04.2008 Frau x geboren x, vietnamesische Staatsbürgerin als Kosmetikerin beschäftigt wurde, obwohl für diese weder eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder der Ausländer weder eine Arbeitserlaubnis noch einen Befreiungsschein oder 'Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt' oder einen Aufenthaltstitel 'Daueraufenthalt-EG' oder einen Niederlassungsnachweis besitzt."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen aus, dass hinsichtlich des angeführten Gefälligkeitsdienstes auf die einschlägige Judikatur verwiesen werde, wonach Gefälligkeiten nur bei spezifischen familiären Bindungen zwischen Einzelpersonen möglich sind. Da die Ausländerin arbeitend in einer Betriebsstätte betreten wurde und für diese weder ein Feststellungsbescheid seitens des regionalen AMS ausgestellt war noch eine sonstige arbeitsmarktrechtliche Bewilligung vorlag, sieht die belangte Behörde den Tatbestand der dem Bw angelasteten Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht als erfüllt an. Einen Schuldentlastungsbeweis habe der Bw nicht erbringen können, weshalb die gegenständliche Verwaltungsübertretung auch hinsichtlich ihrer subjektiven Tatbestandsmäßigkeit erwiesen sei.

 

Zur verhängten Strafhöhe wird ausgeführt, dass die Verhängung der gesetzlichen Mindeststrafe tatangemessen erscheint. Bei der Strafbemessung ging die belangte Behörde von einem geschätzten monatlichen Nettoeinkommen in Höhe von 2.500 Euro aus, wertete weder strafmildernde noch straferschwerende Umstände und verhängte die gesetzliche Mindeststrafe.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Bw im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachte Berufung vom 11. Mai 2010. Darin führt der Bw aus, dass die Tatbeschreibung im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nicht der gesetzlich erforderlichen Konkretisierung entspricht. Vielmehr fehle eine Feststellung der genauen Tatzeit und habe die belangte Behörde die Grundsätze der materiellen Wahrheitsforschung sowie des rechtlichen Parteiengehörs ignoriert. Insbesondere habe es die belangte Behörde unterlassen darzulegen, woraus abgeleitet werde, dass Frau x für ihre Tätigkeit monatlich 400 Euro vom Bw erhalten habe und somit eine wirtschaftliche Abhängigkeit bestand. Nach der Aktenlage sei zudem davon auszugehen, dass Frau x lediglich ein einziges Mal im Nagelstudio in x angetroffen wurde, sodass auch selbstverständlich entsprechende Feststellungen erforderlich gewesen wären, aus welchen Gründen die Behörde erster Instanz von einer Beschäftigung im Zeitraum vom 19.10.2006 bis zumindest 16.4.2008 ausgehe. Tatsache sei, dass eine wie immer geartete Beschäftigung und ein dienstnehmerähnliches Verhältnis zu keinem Zeitpunkt vorlag, was jederzeit durch Einvernahme der beantragten Zeugen unter Beweis gestellt werden könne. Zudem würden jedenfalls die Voraussetzungen für eine Anwendung des § 20 VStG vorliegen.

 

3. Mit Schreiben vom 12. Mai 2010 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 6. Oktober 2010. An dieser nahmen der Bw mit einem Vertreter sowie eine Vertreterin des Finanzamtes Linz als Parteien teil. Als Zeugin wurde ein an der gegenständlichen Kontrolle beteiligter Beamte der KIAB sowie die Ehegattin des Bw einvernommen. Zur Befragung des Bw sowie seiner Ehegattin wurde ein Dolmetscher der Verhandlung beigezogen.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Bw ist unbeschränkt haftender Gesellschafter der Firma "x" (seit 1.1.2007 Rechtsformänderung auf KG) mit Sitz in x. Das Unternehmen betreibt am Standort x ein Nagelstudio. Als Kommanditistin der am 5. Mai 2006 unter FN x in das Firmenbuch eingetragenen Firma "x" scheint die vietnamesiche Staatsangehörige x, die  Schwester der Ehegattin des Bw, auf. Sie war im Bereich Fingernagelpflege fachlich qualifiziert und hielt sich als Asylwerberin in Österreich auf. Ein Feststellungsbescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservices, wonach Frau x einen wesentlichen Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft tatsächlich persönlich ausübt, lag nicht vor. Der Bw wusste nicht, dass Frau x in diesem Fall nur im Rahmen einer arbeitsmarktbehördlichen Bewilligung als Hilfskraft im Betrieb tätig werden durfte.

 

Die Kundenbetreuung im Nagelstudio wurde in der Regel durch die Ehegattin des Bw, Frau x, sowie den Bw durchgeführt. Anlässlich einer Kontrolle nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz am 16. April 2008 wurde die Kommanditistin und vietnamesische Staatsangehörige, Frau x, geb. am x, von den Kontrollorganen im Nagelstudio bei der Maniküre einer Kundin angetroffen. Sie wurde von der Ehegattin des Bw um Unterstützung ersucht, da diese alleine im Nagelstudio war und  zwei Kundinnen dringend ein Nagelservice verlangten. Frau x teilte auch den Kontrollbeamten mit, dass Frau x kurzfristig im Geschäft aushelfe. Aufgrund einer von Frau x den Kontrollbeamten gewährten Einsicht in die Buchhaltungsunterlagen stellte sich heraus, dass von der Firma "x" unter dem Verwendungszweck "Überweisung April 2008" 400 Euro an Frau x überwiesen wurden und in den Firmenunterlagen weitere derartige Belege für andere Zeiträume aufschienen.

 

Arbeitsmarktrechtliche Bewilligungen für die Beschäftigung der Frau x lagen nicht vor.

 

Im vom Bw vertretenen Unternehmen war zum Tatzeitpunkt kein ausreichendes Kontrollsystem eingerichtet, um Übertretungen des Ausländerbeschäftigungs­gesetzes hintan zu halten.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt, den Ausführungen des Bw in der Berufungsverhandlung sowie den Aussagen der in der Berufungsverhandlung einvernommenen Zeugen.

 

Seitens des Bw wurde nicht bestritten, dass seine im Unternehmen beschäftigte Ehegattin am 16. April 2008 aufgrund der Personalknappheit ihre Schwester gebeten hat, im Nagelstudio auszuhelfen. Den Angaben der Ehegattin des Bw in der mündlichen Berufungsverhandlung ist auch zu entnehmen, dass Frau x eine entsprechende Ausbildung im Verlängern von Fingernägeln hatte. Die Zeugin x bestätigte auch, dass sie ihre Schwester um Unterstützung gebeten hat, entsprechende Angaben wurden nach Aussagen des einvernommenen KIAB-Beamten auch bereits bei der Kontrolle getätigt. Als erwiesen steht aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens zudem fest, dass die gegenständliche ausländische Staatsangehörige regelmäßig Geldbeträge von der Firma "x" überwiesen erhalten hat. Sowohl der Bw als auch seine Ehegattin gaben dazu an, es habe sich um ein Darlehen gehandelt, wobei die Ehegattin des Bw eingestand, dass es mehrmals zu derartigen Überweisungen gekommen ist. Aus den Aussagen der Ehegatten geht zudem hervor, dass Frau x zu dieser Zeit kein eigenes Einkommen bezog und somit nicht nachvollziehbar ist, aus welchen Mitteln ein derartiges Darlehen hätte zurückgezahlt werden sollen, weshalb den diesbezüglichen Ausführungen kein Glaube geschenkt wird.

 

5. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortlich Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Vom Bw wird nicht bestritten, dass er als unbeschränkt haftender Gesellschafter der Firma "x" für die Einhaltung der verwaltungsstrafrechtlichen Bestimmungen verantwortlich ist.

 

5.2. Gemäß § 3 Abs.1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 idgF darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde, oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt. 

 

Nach § 2 Abs.2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung

a)    in einem Arbeitsverhältnis,

b)    in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,

c)     in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeit nach § 3 Abs.5 leg.cit,

d)    nach den Bestimmungen des § 18 leg.cit. oder

e)    überlassener Arbeitskräfte im Sinn des § 3 Abs.4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988.

 

Gemäß § 2 Abs.4 AuslBG ist für die  Beurteilung, ob eine Beschäftigung iSd Abs.2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. Eine Beschäftigung iSd Abs.2 liegt insbesondere auch dann vor, wenn

1.       ein Gesellschafter einer Personengesellschaft zur Erreichung des gemeinsamen Gesellschaftszweckes oder

2.       ein Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit einem Geschäftsanteil von weniger als 25 %

Arbeitsleistungen für die Gesellschaft erbringt, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet werden, es sei denn, die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice stellt auf Antrag binnen drei Monaten fest, dass ein wesentlicher Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft durch den Gesellschafter tatsächlich persönlich ausgeübt wird. Den Nachweis hiefür hat der Antragssteller zu erbringen. Nach Ablauf dieser Frist darf die Tätigkeit auch ohne den erforderlichen Feststellungsbescheid aufgenommen werden. Wird der Antrag nach Ablauf der Frist abgewiesen, ist die bereits begonnene Tätigkeit umgehend, spätestens jedoch binnen einer Woche nach Zustellung des Bescheides zu beenden.

 

Nach § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder eine Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12) erteilt, noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt" (§ 8 Abs.2 Z3 NAG) oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG" (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde; und zwar bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis zu 50.000 Euro.

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, ist der Begriff der Beschäftigung durch § 2 Abs. 2 AuslBG unter anderem in der Weise bestimmt, dass die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis als Beschäftigung gilt. Maßgebend für diese Einordnung in den genannten Beschäftigungsbegriff ist, dass die festgestellte Tätigkeit in persönlicher bzw. wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird. Als (der Bewilligungspflicht unterworfenes) Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 2 leg. cit. ist unter anderem auch eine kurzfristige oder aushilfsweise Beschäftigung anzusehen. Das Tatbestandselement der Beschäftigung ist ausschließlich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit zu beurteilen. Liegt eine Verwendung (vgl. § 2 Abs. 2 AuslBG) in einem Abhängigkeitsverhältnis vor, das typischerweise den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bildet, ist von einer der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterworfenen Beschäftigung auszugehen. Auf eine zivilrechtliche Betrachtung, ob überhaupt ein Arbeitsvertrag zu Stande kam, ob diesem (etwa im Hinblick auf § 879 ABGB oder mangels einer rechtsgeschäftlichen Willensübereinstimmung) Mängel anhaften, oder welche vertragliche Bezeichnung die Vertragsparteien der Tätigkeit gegeben haben, kommt es hingegen nicht an (vgl. z.B. VwGH vom 23. Mai 2002, Zl. 2000/09/0190, mwN).

 

Bei der Beurteilung des konkret erhobenen Sachverhaltes geht es nicht darum, dass lückenlos alle rechtlichen und faktischen Merkmale festgestellt sind, sondern darum, die vorhandenen Merkmale zu gewichten und sodann das Gesamtbild daraufhin zu bewerten, ob wirtschaftliche Unselbständigkeit vorliegt oder nicht. Das totale Fehlen des einen oder anderen Merkmales muss dabei nicht entscheidend ins Gewicht fallen. Die vorhandenen Merkmale werden in aller Regel unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Ihre Bewertung erfolgt nach einer Art "beweglichem System", in dem das unterschiedliche Gewicht der einzelnen Tatbestandsmerkmale zueinander derart in eine Beziehung zu setzen ist, dass man berücksichtigt, dass eine Art von wechselseitiger Kompensation der einzelnen Gewichte vorgenommen wird. Das bedeutet nichts anderes, als dass das Fehlen wie auch eine schwache Ausprägung des einen oder anderen Merkmales durch ein besonders stark ausgeprägtes Vorhandensein eines anderen oder mehrerer anderer Merkmale ausgeglichen bzw. überkompensiert werden kann (vgl. z.B. VwGH vom 22. Februar 2006, Zl. 2002/09/0187).

 

Seitens des Bw wird nicht bestritten, dass die vietnamesische Staatsangehörige, Frau x, zumindest am 16. April 2008 in dem von ihm betriebenen Nagelstudio in der x, bei Manikürarbeiten angetroffen wurde. Er bestreitet jedoch das Vorliegen einer unberechtigten Beschäftigung und bringt vor, dass es sich um einen Familiendienst gehandelt habe.

 

Bei der Beurteilung, ob in einem konkreten Fall von einem nicht dem Reglement des AuslBG unterliegenden Gefälligkeitsdienst eines Ausländers auszugehen ist, hat die Behörde eine Würdigung aller Umstände des Falles vorzunehmen (vgl. VwGH vom 18. Dezember 2006, Zl. 2005/09/0153, uva.). Dabei fallen Gefälligkeitsdienste dann nicht unter den Begriff der Bewilligungspflichten  Beschäftigung im Sinn des § 2 Abs.2 AuslBG, wenn sie nicht nur kurzfristig, freiwillig und unentgeltlich, sondern aufgrund spezifischer Bindungen zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger erbracht werden. Insgesamt ist auch im Zusammenhang mit der Behauptung bloßer Gefälligkeitsdienste gemäß § 2 Abs.4 AuslBG vom wahren wirtschaftlichen Gehalt und nicht von der äußeren Erscheinungsform auszugehen (vgl. VwGH vom 25. März 2010, Zl. 2010/09/0048). Als Familiendienste, die kein Arbeitsverhältnis begründen, sind solche im Rahmen einer familiären Beistands- und Mitwirkungspflicht erbrachte Leistungen anzusehen. Ob es sich um einen Familiendienst oder um ein Dienstverhältnis bzw. arbeitnehmerähnliches Verhältnis handelt, ist anhand aller Umstände des Falles, insbesondere auch unter Einbeziehung der Behauptungen und Zugeständnisse der Betroffenen zu beurteilen, wobei aber auch hinsichtlich von Leistungen, die von einer familiären Beistandspflicht erfasst wären, durchaus ein Dienstverhältnis vereinbart werden kann (vgl. mit zahlreichen weiteren Hinweisen VwGH vom 22. Oktober 2003, Zl. 2001/01/0135). Ob die Tätigkeit wie ein Beschäftigter oder als "Familiendienst" verrichtet wird, entscheidet sich nach dem Gesamtbild der den Einzelfall prägenden Umstände.

 

Im gegenständlichen Verfahren trat unzweifelhaft zutage, dass die Ausländerin von ihrer Schwester und Ehegattin des Bw am Tattag zur Mitwirkung im Nagelstudio aufgefordert wurde, da entsprechende Kundenwünsche vorhanden waren und Personalnot herrschte. Fest steht zudem, dass die Ausländerin vom Geschäftskonto des Nagelstudios (laufend) finanzielle Unterstützungen erhielt und selbst als fachkundig in der Nagelpflege anzusehen war. Dem im Akt einliegenden Versicherungsdatenauszug der Ausländerin ist zu entnehmen, dass sie seit dem 12.3.2007 jedenfalls bis zum Tattag zur Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft angemeldet war. Der Bw sowie seine Ehegattin wiederum gaben an, hinsichtlich der rechtlichen Voraussetzungen für den Einsatz der Ausländerin im Nagelstudio nicht ausreichend informiert gewesen zu sein. Die Gesamtsicht dieser Umstände führt zum Ergebnis, dass die Ausländerin offenbar bei Bedarf im Unternehmen des Bw aushalf und dafür finanzielle Unterstützungen aus den Mitteln des Nagelstudios erhielt. Die Angaben, es habe sich bei diesen Zahlungen um ein Darlehen der Ehegattin des Bw an ihre Schwester gehandelt, ist schon im Hinblick auf den in den Belegen aufscheinenden Auftraggeber, nämlich die "x" nicht glaubwürdig. Vielmehr ist von der regelmäßigen Erbringung von Dienstleistungen durch die Ausländerin für das vom Bw vertretene Unternehmen gegen Entgelt auszugehen, weshalb die Tätigkeit im Rahmen eines Familiendienstes mangels Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen nicht glaubwürdig nachgewiesen werden konnte.

 

Der objektive Tatbestand der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist daher als erfüllt zu werten.

 

5.3. Entgegen dem Berufungsvorbringen ist auch der Spruch der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ausreichend im Sinn des § 44a VStG konkretisiert, er war jedoch hinsichtlich der Tatzeit anlässlich der Berufung mangels anderer konkreter Sachverhaltsfeststellungen auf den Kontrolltag einzuschränken.

 

Dem § 44a Z. 1 VStG ist dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (VwGH vom 18. Mai 2010, Zl. 2007/09/0002-5). In Ansehung der Übertretung nach § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG muss unwechselbar feststehen, wann, wo und welcher Ausländer (das ist im Sinn des § 2 Abs.1 AuslBG jeder, der keine österreichische Staatsbürgerschaft besitzt) der Beschuldigte als Arbeitgeber unerlaubt beschäftigt hat (vgl. VwGH vom 22. Februar 2010, Zl. 2010/09/0023). Im gegenständlichen Fall steht die Beschäftigung am Kontrolltag, dem 16. April 2008, als erwiesen fest. Hingegen ist der von der belangten Behörde im Spruch ihres Straferkenntnisses festgelegte Tatzeitraum beginnend mit 19. Oktober 2006 nicht erwiesen und auch nicht nachvollziehbar, zumal weder aus den Angaben der Beteiligten anlässlich der Kontrolle noch aus den Eintragungen im Firmenbuch ein entsprechender Beginn der Beschäftigung hervorgeht. Aus Anlass der Berufung war daher der dem Bw zur Last gelegte Tatzeitraum auf den Kontrolltag entsprechend einzuschränken. Der Tatvorwurf ist damit ausreichend konkret umschrieben und erscheint es ausgeschlossen, dass der Bw für eine Beschäftigung der gegenständlichen Ausländerin im nunmehr eingeschränkten Tatzeitraum neuerlich zur Verantwortung gezogen werden könnte.

 

6. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Auch bei der Verwaltungsübertretung des § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt im Sinn des § 5 Abs.1 VStG (vgl. VwGH vom 22. Februar 2006, Zl. 2002/09/0207). Dem Bw ist es nicht gelungen glaubwürdig darzulegen, dass ihn an der vorliegenden Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes kein Verschulden trifft. Unkenntnis eines Gesetzes kann nämlich nur dann als unverschuldet angesehen werden, wenn jemandem die Verwaltungsvorschriften trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Wer ein Gewerbe betreibt, ist verpflichtet, sich vor der Ausübung über die das Gewerbe betreffenden Vorschriften zu unterrichten. Bestehen über den Inhalt der Verwaltungsvorschrift Zweifel, dann ist der Gewerbetreibende verpflichtet, hierüber bei der zuständigen Behörde Auskunft einzuholen. Wenn er dies unterlässt, so vermag ihn die Unkenntnis dieser Vorschrift nicht von seiner Schuld zu befreien.

 

Auch die Verantwortung des Bw, die Hinzuziehung der Ausländerin sei nicht durch ihn, sondern durch seine im Betrieb mitarbeitende Ehegattin erfolgt, vermag den Bw nicht zu entlasten. Im vorliegenden Verwaltungsstrafverfahren nach dem AuslBG hätte der Bw diesbezüglich darzulegen gehabt, dass in seinem Betrieb ein Kontrollsystem eingerichtet ist, das mit gutem Grund erwarten lässt, dass es die tatsächliche Einhaltung der Ausländerbeschäftigungsvorschriften sicherstellt (vgl. VwGH vom 16. Dezember 2008, Zl. 2007/09/0375). Der Bw hat nichts dergleichen behauptet und nicht einmal ansatzweise einen Nachweis für ein wirksames Kontrollsystem erbracht. Die gegenständliche Verwaltungsübertretung ist daher dem Bw auch in subjektiver Hinsicht vorzuwerfen.

 

7. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.

 

Hinsichtlich der Strafbemessung ist anzuführen, dass im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren als mildernd der nunmehr auf den Kontrolltag eingeschränkte Tatzeitraum sowie die lange Verfahrensdauer hervortraten.

 

Der Verfassungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 26. Juni 2008, Zl. B304/07 ausgesprochen, dass die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach der Rechtsprechung des EGMR nicht abstrakt, sondern im Lichte der besonderen Umstände jedes einzelnen Falles zu beurteilen ist. Die besonderen Umstände des Einzelfalles ergeben sich aus dem Verhältnis und der Wechselwirkung verschiedener Faktoren. Neben Faktoren, welche die Verfahrensdauer beeinflussen, nämlich die Schwierigkeit des Falles, das Verhalten des Beschwerdeführers und das Verhalten der staatlichen Behörden in dem bemängelten Verfahren, ist auch die Bedeutung der Sache für den Beschwerdeführer relevant (vgl. VfSlg. 17.307/2004; 17.582/2005, 17.644/2005). Nicht eine lange Verfahrensdauer schlechthin führt zu einer Verletzung, sondern nur eine Verzögerung, die auf Versäumnis der staatlichen Organe zurückzuführen ist. Der Rechtsprechung des EGMR ist daher keine fixe Obergrenze für die Angemessenheit der Verfahrensdauer zu entnehmen, ab deren Überschreitung jedenfalls eine Verletzung des Art.6 Abs.1 EMRK anzunehmen wäre (vgl. VfSlg. 16.385/2001 mH auf die Rechtsprechung des EGMR).

 

Im gegenständlichen Verfahren sind seit der Tatbegehung und der Erlassung des Erkenntnisses des Oö. Verwaltungssenates 2 1/2 Jahre vergangen, sodass von keiner iSd Art.6 Abs.1 EMRK zu qualifizierenden noch gänzlich angemessenen Verfahrensdauer auszugehen war. Dieser Umstand war daher als Milderungsgrund iSd § 24 Abs.2 StGB bei der Strafbemessung entsprechend zu werten.

 

Da Erschwerungsgründe auch im Berufungsverfahren nicht hervortraten, sieht sich der Unabhängige Verwaltungssenat im Hinblick auf den nunmehr verkürzten Tatzeitraum veranlasst, unter Anwendung des § 20 VStG die verhängte Geldstrafe unter die gesetzliche Mindeststrafe herab zu setzen. Nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Unabhängigen Verwaltungssenates erscheint die nunmehr verhängte Strafe sowohl aus spezial-, als auch aus generalpräventiven Gründen angemessen und geeignet, dem Bw die Unrechtmäßigkeit seines Verhaltens eindringlich vor Augen zu führen und ihn künftig zu einem gesetzeskonformen Verhalten anzuleiten.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

8. Der Kostenausspruch ist in der angeführten gesetzlichen Bestimmung begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Andrea Panny

 

 

 

 

 

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